Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 13.12.2004, Az.: 3 A 2385/03
Vergabe bestimmter Noten bei der Beurteilung eines Beamten einer bestimmten Beamtengruppe; Individuelle Bewertung der Leistung eines Beamten nach einer Beförderung in eine andere Beamtengruppe; Beschränkte Überprüfung von dienstlichen Beurteilungen durch ein Gericht; Vornahme einer unzulässigen Verkürzung des generellen Beurteilungsmaßstabs als Fehler in einem Beurteilungsverfahren; Abgabe der Beurteilung eines Beamten unter Berücksichtigung der dafür vorgesehenen "Wertungsstufen"; Beurteilung nach der Wertungsstufe 3 für einen Beamten in einem neuen Statusamt; Verbindlichkeit eines Beurteilungsergebnisses durch eine Beurteilungskonferenz
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 13.12.2004
- Aktenzeichen
- 3 A 2385/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 25369
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2004:1213.3A2385.03.0A
Verfahrensgegenstand
Dienstliche Beurteilung (Untätigkeit)
Prozessführer
A., B.
Prozessgegner
Bezirksregierung Lüneburg, Auf der Hude 2, 21339 Lüneburg
Amtlicher Leitsatz
Das für die Beurteiler verbindliche Ergebnis einer Beurteilerkonferenz, bestimmte Notenstufen nicht bzw. für bestimmte Beamtengruppen ( hier: erstmalige Beurteilung im neuen Statusamt ) eine bestimmte Notestufe zu vergeben, verstößt gegen allgemeine Beurteilungsgrundsätze und führt zur Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Beurteilung.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2004
durch
den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Schulz,
den Richter am Verwaltungsgericht Lassalle,
den Richter am Verwaltungsgericht Fahs sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zum Stichtag 1. September 2002 eine neue dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Ihr Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 2004 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Beurteilung.
Der 1954 geborene Kläger ist seit April 2000 Kriminalkommissar (Besoldungsgruppe A 9 gehobener Dienst). Der Kläger hat den Dienstposten eines Sachbearbeiters im Kriminalermittlungsdienstdienst beim Polizeikommissariat ......... inne.
Zum Stichtag 01.09.2002 wurde der Kläger für den Zeitraum 01.09.2000 bis 31.08.2002 beurteilt. Der Beurteilungsentwurf wurde ihm am 15.08.2003 ausgehändigt; die endgültige Beurteilung wurde am 27.08.2003 bekannt gegeben. Das Gesamturteil lautete jeweils "Entspricht voll den Anforderungen" ( Wertungsstufe 3 ). Ein entsprechendes Ergebnis hatte eine dem Kläger für denselben Beurteilungszeitraum im November 2002 ausgehändigte Beurteilung, die die Beklagte in dem dagegen anhängig gemachten Klageverfahren ( AZ 3 A 799/03 ) aufgehoben hatte.
Unter dem 12.09.2003 legte der Kläger gegen die Beurteilung Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass die inhaltliche Identität mit der im vorangegangenen Verfahren aufgehobenen Beurteilung auffalle, obwohl diese Beurteilung insoweit fehlerhaft gewesen sei, als der Erstbeurteiler fälschlich von einer Beförderung im Beurteilungszeitraum ausgegangen war; wenn die jetzt angegriffene Beurteilung der aufgehobenen entspreche, sei dies ein Indiz für die schlichte Übernahme insbesondere der einzelnen Leistungsmerkmale, was keine eigenständige Beurteilung darstelle. Zudem sei fehlerhaft unterlassen worden, einen Beurteilungsbeitrag des zuständigen Arbeitsgruppenleiters innerhalb des Kriminalermittlungsdienstes beizuziehen, der, ebenso wie der Erstbeurteiler, dem Kläger gegenüber zu erkennen gegeben habe, dass die Beurteilung eine Gesamtergebnis der Wertungsstufe 4 haben müsse. Schließlich sei, angesichts des rechnerischen Durchschnitts der einzelnen Leistungsmerkmale von 3,46, im Einzelnen nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen das schlechtere und nicht das bessere von den Gesamtergebnissen erreicht wurde, zwischen denen den ermittelte Schnitt hier liegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage, mit der der Kläger sein Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt der Kläger vor, dass trotz des mit personellen Veränderungen einhergehenden und darauf zurückzuführenden Wechsels des Erstbeurteilers ein Beurteilungsbeitrag des früheren Erstbeurteilers hätte eingeholt werden müssen, zumal dieser ebenso wie der jetzige Erstbeurteiler in seiner vorgelegten Stellungnahme darauf verwiesen habe, auf Grund der Ergebnisse der Beurteilerkonferenzen angehalten worden zu sein, gleichsam wider besseres Wissen lediglich die Wertungsstufe 3 zu vergeben. Insbesondere weist der Kläger auf die Protokolle der Beurteilerkonferenzen hin und meint, die sich aus diesen Protokollen ergebende Vorgabe, Wertungsstufe 5 nicht zu vergeben, stelle eine unzulässige Maßstabsverkürzung dar, die auch auf die Beurteilung des Klägers durchschlage. Insgesamt sei hiernach eine individuelle Beurteilung der Leistungen des Klägers nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zum Stichtag 01.09.2002 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 06.01.2004 aufzuheben, soweit dieser dem entgegensteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den ergangenen Bescheid und weist ergänzend darauf hin, dass ein Beurteilungsbeitrag des früheren Leiters des KED nicht habe eingeholt werden müssen, zumal der frühere und der jetzige Leiter sich im Gespräch über die Leistungen des Klägers ausgetauscht hätten. Im Übrigen seien in den Protokollen der Beurteilerkonferenzen keine Anhaltspunkte für eine Maßstabsverkürzung gegeben. So enthalte das Protokoll vom 14.08.2000 die Formulierung, dass die Wertungsstufe 5 im Statusamt A 9 möglichst nicht vergeben werden soll; das schließe die Vergabe dieser Wertungsstufe in begründeten Einzelfällen durchaus ein. Angesichts der vergebenen Noten in der Beurteilungsrunde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wertungsstufe 3 eine unterdurchschnittliche Beurteilung darstelle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Klage hat Erfolg. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und daher aufzuheben; im Beurteilungsverfahren wurde gegen die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten verstoßen, so dass der Kläger aus diesem Grunde neu zu beurteilen ist.
Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von den Gerichten nur beschränkt überprüfbar (vgl. hierzu insbesondere Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 37.91 - <Buchholz 232.1 § 40 Nr. 15 mit umfangreichen Nachweisen>). Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber der dem Dienstherrn gegebenen Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), die sie den Beurteilungen zu Grunde legt, verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93 -, BVerwGE 97, 128 = ZBR 1995, 145 = DVBl. 1995, 625 = DÖV 1995, 999). Dabei bleibt es auch im Hinblick auf die zur Kontrolle berufsbezogener Prüfungsentscheidungen ergangenen Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 17. April 1991 (BVerfGE 84, 34 und 59) nach einem klarstellenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. März 1993 (- 2 B 25/93 -, DÖD 1993, 179 = ZBR 1993, 245 = DVBl. 1993, 956 = DÖV 1993, 1051) bei der ständigen Rechtsprechung, wonach die dienstliche Beurteilung eines Beamten ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil der für den Dienstherrn handelnden Vorgesetzten darüber zum Inhalt hat, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn entspricht und diese Wertung nicht in vollem Umfang durch Dritte nachvollzogen werden kann (vgl. BVerwGE 60, 245 f. [BVerwG 26.06.1980 - 2 C 8/78]). Dies schließt nach wie vor auch ein, dass die einer dienstlichen Beurteilung von Beamten zu Grunde liegenden Tatsachen nur insoweit einer konkreten Darlegung und gerichtlichen Feststellung bedürfen, als der Dienstherr entweder historische Einzelvorgänge aus dem gesamten Verhalten des Beamten ausdrücklich in der dienstlichen Beurteilung erwähnt oder die dienstliche Beurteilung bzw. einzelne in ihr enthaltene wertende Schlussfolgerungen erkennbar auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete aus dem Gesamtverhalten im Beurteilungszeitraum herausgelöste Einzelvorkommnisse stützt; dagegen ist hinsichtlich der in dienstlichen Beurteilungen enthaltenen (reinen) Werturteile nicht die Darlegung und der Beweis der zu Grunde liegenden unbestimmten Fülle von Einzeltatsachen (Vorkommnissen, Verhaltensweisen und Erscheinungen) erforderlich, sondern solche Werturteile sind lediglich so weit plausibel und nachvollziehbar zu machen, dass das Verwaltungsgericht sie im Rahmen der näher dargelegten Prüfungsmaßstäbe nachprüfen kann (vgl. BVerwGE 60, 245 <248 ff.>[BVerwG 26.06.1980 - 2 C 8/78]).
Gemessen daran hat die Klage Erfolg.
Ein durchgreifender Beurteilungsfehler dürfte bereits, wie der Kläger meint, darin liegen, dass eine Beurteilungsnotiz des früheren Erstbeurteilers nicht eingeholt worden ist. Der jetzige Erstbeurteiler KHK ... weist in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass der Erstbeurteilerwechsel "kurz vor Beginn des Beurteilungsverfahrens zur inzwischen aufgehobenen Beurteilung" stattgefunden habe. Mit der aufgehobenen Beurteilung ist ersichtlich diejenige aus dem anhängig gewesenen Klageverfahren 3 A 799/03 gemeint; das Beurteilungsverfahren hatte im November 2002 begonnen ( 14.11. Aushändigung des Entwurfs ). Damit war KHK ... den überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraumes der für den Kläger zuständige Erstbeurteiler. Zwar sehen die Beurteilungsrichtlinien vom 29.12.1999 ( Nds. MBl. 2000, 127 ) für den Fall eines Beurteilerwechsels einen Beurteilungsbeitrag nicht ausdrücklich vor; da es sich bei den Richtlinien um Willenserklärungen der Verwaltung handelt, können diese jedoch durch die tatsächliche Praxis modifiziert werden. Aus dem am heutigen Tage verhandelten Parallelverfahren - AZ 3 A 947/03 - ist allerdings bekannt, dass die dortige Versetzung des Erstbeurteilers zum einer Beurteilungsnotiz geführt hat. Entsprechendes müsste sodann im Interesse einer größtmöglichen Vergleichbarkeit der Beurteilungen auch im vorliegenden Verfahren gelten. Insoweit kann sich die Beklagte nicht, wie dies ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung getan hat, auf eine fehlende allgemeine Praxis berufen, denn - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beurteiler nach der Rechtsprechung die Leistungen des zu Beurteilenden direkt nicht aus eigener Anschauung kennen muss - die Beurteilungsrichtlinien gehen von einer möglichst engen dienstlichen Beziehung zwischen den Genannten ( Ziffer 8.1 der Richtlinie: "grundsätzlich die unmittelbaren Vorgesetzten" ) aus ( vgl. auch Ziffer 12.3 der Richtlinie, wonach für eine Abordnung von mehr als drei Monaten ein Beurteilungsbeitrag zu fertigen ist ).
Dieser Gesichtspunkt muss indessen nicht abschließend geklärt werden. Ein Fehler des Beurteilungsverfahrens liegt allein deswegen vor, weil im Rahmen der Beurteilerkonferenzen eine unzulässige Verkürzung des sich aus Ziffer 5.5 der Beurteilungsrichtlinie ergebenden Beurteilungsmaßstabs vorgenommen worden ist. Zu einer derartigen Maßstabsverkürzung hat die Kammer mit Urteil vom 12.02.04 ( AZ 3 A 760/03; über den Zulassungsantrag hat das Nds. OVG - 5 LA 154/04 - noch nicht entschieden ) ausgeführt:
In der ersten Stellungnahme des Zweitbeurteilers vom 20.02.2003 heißt es unter Ziffer
"4.
BeurteilungsmaßstabIn der maßstabsbildenden Konferenz am 05.08.02 wurde vereinbart, mit der Vergabe der Wertungsstufe 5 in der Gruppe mit dem Statusamt A 9 sehr behutsam umzugehen.
In der Umsetzung dieser Aussage in den 3 Zweitbeurteilerkonferenzen auf PI-Ebene wurde vereinbart, die Wertungsstufe 5 nicht zu vergeben, um im Quervergleich Ungerechtigkeiten zu vermeiden und notwendige Elemente der Personalsteuerung zur Entfaltung kommen zu lassen. Diese Entscheidung berücksichtigte auch die Schwierigkeit, dass 65 Bedienstete im statusrechtlichen Amt durch vier verschiedene Zweitbeurteiler im Quervergleich bewertet werden mussten."
Mit dieser Vereinbarung ist auf PI-Ebene eine unzulässige Maßstabsverkürzung vorgenommen worden, denn der Maßstab nach der Beurteilungsrichtlinie sieht 5 Wertungsstufen vor. Das schließt zwar nicht aus, dass die Wertungsstufe 5 nicht vergeben wird, dies aber allein deshalb, weil die zu beurteilenden Beamten leistungsmäßig und damit aus individuellen Gründen diese Stufe nicht erreichen. Darauf ist hier, wie die Stellungnahme ausdrücklich belegt, jedoch nicht abgestellt worden, sondern es sind in gewisser Weise "übergeordnete Gesichtspunkte" ohne Berücksichtigung des Leistungsstands des Einzelnen zur Begründung herangezogen worden.
Ein durchgreifender Grund dafür ist nicht ersichtlich. Aus Ziffer 9.2 der Richtlinie ( hier nicht einschlägig ) ergibt sich, dass im Falle der Besoldungsgruppen A 11 und höher ein Richtwert von 10% für die Wertungsstufe 5 vorgesehen ist, der aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit um 5% überschritten werden darf. Mithin könnten, sofern man diese Bestimmung hilfsweise heranziehen wollte, ca. 10 Beamte mit der Wertungsstufe 5 beurteilt werden, ohne dass eine Grenze ( Stichwort Noteninflation ), die der Beklagten in gewisser Weise vorgegeben wäre, überschritten wird. Der Hinweis auf die Vielzahl der Beamten greift ebenfalls nicht, denn diese Problematik ( verschiedene Zweitbeurteiler ) stellt sich in anderen Polizeiinspektionen und für andere Besoldungsgruppen ebenso; zudem dienen die Beurteilerkonferenzen gerade dazu, die gebotene Differenzierung bei der Notenvergabe sicherzustellen.
Auf die Darstellung des Zweitbeurteilers in Ziffer 5 seiner Stellungnahme vom 20.02.2003 ( letzter Absatz ) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn die "einhellige Auffassung der vier Zweitbeurteiler" zum Leistungsstand des Klägers ist unerheblich. Für den Kläger gibt es lediglich einen Zweitbeurteiler; die Konferenzen haben nicht den Sinn, die Leistung Einzelner zu bewerten.
Ebenso wenig kommt es auf die weitere Stellungnahme des Zweitbeurteilers vom 27.06.2003 an. Zwar wird mit dieser Stellungnahme offensichtlich "zurückgerudert". Dennoch stützt auch diese Stellungnahme im Ergebnis die Erste, wenn es dort heißt, dass "das Für und Wider der Vergabe der Wertungsstufe 5 mehrfach eingehend erörtert" worden sei. Eine Erörterung in diesem Sinne kann es nicht geben, weil die Richtlinie die Vergabe der Notenstufe 5 vorsieht, wenn die Leistungen dem entsprechen. Damit bestätigt auch diese eingehende Erörterung im Ergebnis den Abschluss der Vereinbarung, der in der ersten Stellungnahme angesprochen wurde."
Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Im Protokoll der Zweitbeurteilerkonferenz der PI Stade vom 14.08.2002 - aus etwaigen Protokollen anderer Inspektionen für die Vorgehensweise innerhalb der PI {J.} Rückschlüsse zu ziehen wäre unzulässig, vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 21.10.2004, 5 LA 121/04 - wird auf die Zweitbeurteilerkonferenz auf Bezirksebene am 05.08.2002 Bezug genommen. Für die letztgenannte Sitzung wird als Ergebnis festgehalten:
"Im Statusamt A 9 soll die Wertungsstufe 5 möglichst nicht vergeben werden".
In Umsetzung dieses Ergebnisses heißt es zum Stichwort "Maßstabsbildung" für die PI Stade zum Statusamt A 9:
"Wertungsstufe 5: - keine -"
Weiter heißt es im letzten Absatz:
"Die vorgenommene Maßstabsbildung ist für die Erstbeurteiler bindend."
Die entsprechenden Formulierungen finden sich im Protokoll der Erstbeurteilerkonferenz vom 22.08.2002, in dem auf die vorangegangenen Sitzungen Bezug genommen wird.
Mit diesen Formulierungen wird das 5-stufige Notensystem, das die Richtlinie vorgibt ( dort Ziffer 5.5 ), unzulässig eingeschränkt. Dem steht das Wort "möglichst", auf das die Beklagte hinweist, nicht entgegen, denn auch die Zielsetzung, den Beurteilungsmaßstab einzuschränken, soweit möglich, ist mit der Richtlinie, die diese Notenstufe bei Vorliegen der dort genannten Kriterien uneingeschränkt vorsieht, nicht zu vereinbaren. Die Beurteilungsrichtlinie verlöre ihren Sinn als schriftlich niedergelegte Regelung für die Erstellung der Beurteilungen, wenn es auch im Falle derart erheblicher Abweichungen - die Frage der in Betracht kommenden Notenabstufungen betrifft den Kernbereich des Beurteilungswesens - allein auf eine geübte Praxis ankäme, von Fragen einer erforderlichen Zustimmung des die Richtlinie erlassenen Innenministeriums oder der zuständigen Stufe der Personalvertretung ( zu dieser Erwägung vgl. bereits Urteil der Kammer vom 17.08.2000, 3 A 1420/99, zu Fragen einer Maßstabsverschiebung durch eine Beurteilerkonferenz bei Beurteilungen für Polizeibeamte des mittleren Dienstes ) einmal abgesehen.
Diese Vorgaben sind für die Erstbeurteiler auch bindend. Dies ergibt sich ausdrücklich und unter Nennung eines Grundes ( Abweichungen führen zu Ungerechtigkeiten innerhalb der PI ) aus dem Protokoll vom 14.08.2002. Dem steht nicht entgegen, dass Zweitbeurteiler, auf deren Entscheidung es maßgeblich ankommt ( Ziffer 13.2.6 der Richtlinie ), aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit von diesen Vorgaben abweichen können. Zum einen ändert dies nichts daran, dass auf einen am Beurteilungsverfahren Beteiligten bindend Einfluss genommen wird ( vgl. hierzu die Stellungnahme des Erstbeurteilers vom 17.11.2003, Seite 1, letzter Absatz, letzter Satz ) und das gesamte Verfahren damit jenseits individuell erbrachter Leistungen auf eine bestimmte "Schiene gehoben" wird. Zum anderen ist auch auf der Ebene der Zweitbeurteiler eine Abweichung "nur im Konsens mit allen Zweitbeurteilern" ( so das Protokoll vom 14.08.2002 ) möglich, so dass auch insoweit ein die individuelle Leistungsbewertung ausschließender Verfahrensschritt vorgesehen wird, der dazu führt, dass es nicht mehr maßgeblich auf den Zweitbeurteiler, sondern auf die Entscheidung einer Vielzahl ( = Konferenz ) von Zweitbeurteilern ankommt, was die Richtlinie nicht vorsieht.
Zusätzlich und davon unabhängig gilt ein Weiteres:
Aus den genannten Protokollen ergibt sich im Sinne einer Maßstabsbildung, dass im Statusamt A 9 alle 41 Beamten, "die erstmalig in diesem Statusamt eine Regelbeurteilung erhalten", mit Wertungsstufe 3 zu beurteilen sein sollen. Dass diese Beamten dieses Ergebnis erzielen, mag im Hinblick auf ihre individuellen Leistungen zutreffend sein, wobei auch durch die Kammer der Grundsatz "Nach Beförderung wertungsmäßig eine Stufe runter" bestätigt worden ist, weil die betreffenden Beamten sich nunmehr an dem höheren Statusamt messen lassen müssen. Eine insoweit jenseits des Leistungsstandes der einzelnen Beamten erfolgende Festlegung widerspricht jedoch ebenfalls den Grundsätzen einer individuellen Bewertung und ist damit unzulässig. Hinsichtlich der diesbezüglich gegebenen Bindungswirkung kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden, weil die zitierten Formulierungen sowohl für den Ausschluss einer Vergabe der Wertungsstufe 5 als auch für die erstmaligen Beurteilungen im Statusamt A 9 Geltung beanspruchen.
Demgegenüber kann sich die Beklagte insbesondere nicht darauf berufen, dass die Richtlinie die Bildung einer Rangreihe ausdrücklich vorsieht. Zutreffend ist, dass Ziffer 9.3 der Richtlinie diese Möglichkeit erwähnt. Im Zusammenhang der Ziffer 9 der Richtlinie geht es jedoch bereits um die individuellen Beurteilungen, während Bestimmungen über Beurteilerkonferenzen in Ziffer 11 der Richtlinie enthalten sind. Nach dieser Bestimmung haben die Konferenzen den Zweck, "den für die Beurteilung vorgegebenen Maßstab zu verdeutlichen und auf leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungsergebnisse hinzuwirken". Damit geht es in diesem Stadium des Beurteilungsverfahrens lediglich um abstrakte Fragen, etwa, ob die Erbringung einer bestimmten Leistung dieser oder jener Notenstufe zuzuordnen wäre. Auf individuelle Leistungen und auf einzelne Beamte kommt es hier noch nicht an, wie sich auch aus dem Hinweis auf datenschutzrechtliche Belange in Ziffer 11.3 der Richtlinie ergibt. Auf individuell erbrachte Leistungen kann es auf einer Konferenz auch nicht in der Form ankommen, dass eine Rangfolge der zu beurteilenden Beamten gebildet wird, aus der sich verbindlich ergibt, eine Spitzengruppe von x Beamten erhält die Notenstufe y, eine weitere Anzahl erhält die nächstgeringere Notenstufe und so fort; dies führte dazu, dass die genannte Konferenz und nicht, wie von der Richtlinie in Ziffer 8 vorgesehen, die jeweiligen Beurteiler jedenfalls für die Gesamtnote der Beurteilung zuständig wären.
Auf die übrigen Erwägungen des Klägers kommt es hiernach nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Grund, die Berufung zuzulassen, bestand nicht.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GKG auf 4000 EUR festgesetzt.
Fahs
RiVG Lassalle ist urlaubsbedingt an der Beifügung seiner Unterschrift gehindert M. Schulz