Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 23.12.2003, Az.: 6 A 1075/03
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 23.12.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 1075/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40750
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2003:1223.6A1075.03.0A
In der Verwaltungsrechtssache
...
gegen
...
hat die sechste Kammmer des Verwaltungsgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom...
durch...
am...
für Recht erkannt:...
Tatbestand:
I.
Der Kläger ist als Beamter des Landes Niedersachsen beihilfeberechtigt mit einem Beihilfebemessungssatz von 50 v.H. Im Sommer 2002 unterzog er sich einer zahnärztlichen Behandlung, bei der die Zähne 12 und 22 durch Implantate ersetzt wurden.
Am 8. Juli 2002 übermittelte der Kläger dem Beklagten Kostenvoranschläge seines Zahnarztes zu Einzelimplantaten für die nicht erhaltungswürdigen Zähne 12 und 22 in Höhe von 2.834,22 € und die prothetische Behandlung in Höhe von 2.915,64 €. Er bat um Mitteilung der beihilfefähigen Aufwendungen. Der Beklagte wies dazu unter dem 9. Juli 2002 darauf hin, dass Aufwendungen für implantologische Leistungen einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen nur bei bestimmten Indikationen beihilfefähig seien und bat um Ausfüllung eines beigefügten Vordruckes durch den Zahnarzt. Nachdem die weiteren Erläuterungen des Zahnarztes vorlagen, teilte der Beklagte dem Kläger unter dem 12. Juli 2002 mit, dass die Implantate nicht und die prothetische Behandlung in Höhe von 1.674,89 € beihilfefähig seien.
Der Kläger unterzog sich der implantologischen Behandlung. Dafür stellte ihm der Zahnarzt unter dem 27.August 2002 insgesamt 5.570,22 € in Rechnung. Die Rechnung legte der Kläger dem Beklagten unter dem 2.September 2002 zusammen mit weiteren Rechnungen zur Erstattung im Rahmen der Beihilfe vor. Mit Beihilfebescheid vom 4.September 2002 erkannte der Beklagte von der Zahnarztrechnung vom 27. August 2002 1.771,33 € als beihilfefähig an. Erläuternd wies er darauf hin, dass je Medikament, Verbandmittel und dergleichen ein Eigenanteil einzubehalten sei, dass die Aufwendungen für die individuelle Charakterisierung und /oder die Farbgebung durch Bemalen nicht beihilfefähig seien, dass Material- und Laborkosten in Höhe von 60 v.H. beihilfefähig seien, dass die implantologischen Leistungen nicht beihilfefähig seien, weil die hierfür erforderliche Indikation nicht vorliege und der Beklagte legte im Einzelnen dar, welche Aufwendungen von den einzelnen Rechnungsbeträgen beihilfefähig sind.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen ausführte, dass die Schließung der beiden Zahnlücken zwar auch durch die Erneuerung der erst vor kurzem erstellten Brücke rechts und der etwas älteren, aber intakten Brücke links möglich gewesen wäre. Die Zerstörung intakter Brücken sei aber nicht sinnvoll, weil Brücken den Belastungen nicht in dem Maße standhielten wie moderne Implantate. Außerdem habe sich die Behandlungsdauer durch die von ihm gewählte Behandlungsmethode insgesamt verkürzt und die von ihm gewählte Behandlungsmethode sei auch billiger. Die von ihm gewählte Methode trage auch für die Zukunft, falls einmal ein Gebiss oder die Erneuerung der beiden Frontstifte notwendig werde. Zur Stützung seines Widerspruchsvorbringens legte er eine Begründung für die Implantation durch seinen Zahnarzt und einen Kostenvoranschlag über die Alternativbehandlung vor. Der Beklagte schaltete den Amtsarzt ein. Nach dessen Ansicht war es möglich, den vorhandenen Zahnersatz auch wieder durch einen Brückenersatz zu ersetzen. Der Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2003 als unbegründet zurück und führte aus, dass Aufwendungen für implantologische Leistungen nur bei bestimmten Indikationen beihilfefähig seien, eine solche Indikation aber nicht vorliege. Dem Kläger könne daher keine weitere Beihilfe bewilligt werden. Am 20. März 2003 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor: Die Implantate seien notwendig gewesen und die Behandlungs- und Materialkosten seien auch der Höhe nach angemessen. Die ökonomische Behandlungsweise habe die vom Zahnarzt empfohlene Lösung anstelle der vom Beklagten angesprochenen teureren Brückenlösung erfordert. Die aus Sicht des Beklagten beihilfefähige Lösung hätte die Zerstörung und Erneuerung der erst vor kurzem erstellten Brücke rechts und der etwas älteren aber intakten Brücke links notwendig gemacht. Er habe sich für die kostengünstigere Behandlungsart entschieden. Diese sei auch beihilfefähig mit der Folge, dass ihm eine weitere Beihilfe zu gewähren sei. Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verpflichten, ihm für die in der zahnärztlichen Rechnung vom 27. August 2002 ausgewiesenen zahnärztlichen Leistungen eine weitere Beihilfe von 1899,45 € zu gewähren und den Bescheid des Beklagten vom 4. September 2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2003 aufzuheben, soweit er dem entgegen steht.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er erwidert: Der Kläger habe keinen weiteren Beihilfeanspruch im Hinblick auf die Zahnarztrechnung vom 27. August 2002, denn die Aufwendungen für implantologische Leistungen seien wegen fehlender Indikationen nicht beihilfefähig. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 6 Abs. 1 Nr.3 der Beihilfevorschriften lückenhaft und unvollständig sei, denn die Beihilfevorschriften seien abschließende Regelungen. Die vom Kläger diskutierte Alternativprüfung sei nicht durchzuführen, da auch die fiktiven Kosten einer Brückenversorgung nicht dazu führen könnten, dass die Implantatversorgung beihilfefähig sei. Im Rahmen der Beihilfe könnten nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden, die tatsächlich entstanden seien. Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich kein weitergehender Anspruch des Klägers. Dieser Rückgriff auf die allgemeine Fürsorgepflicht sei nur dann zulässig und geboten, wenn ansonsten die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt werde. Das sei hier nicht der Fall.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Gründe
II....
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für die streitbefangene zahnärztliche Behandlung nach Maßgabe des § 87 c Abs. 1 NBG kein weiterer Anspruch auf Beihilfe zu. Maßgeblich sind dabei die zur Zeit der Entstehung der hier geltend gemachten Aufwendungen geltenden Fassungen des Beamten- und Beihilferechts. Nach § 6 Nr. 1 der Beihilfevorschriften - BhV - in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Nds. MBl. S. 145 ff) sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für eine vom Zahnarzt vorgenommene Leistung. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit richten sich für zahnärztliche und kieferorthopädische Leistungen nach der Anlage 2. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 BhV. Aufwendungen für implantologische Leistungen einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen sind danach nur bei Vorliegen einer der folgenden Indikationen beihilfefähig:
Einzelzahnlücke, wenn beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig sind, Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne 8 und 7 fehlen und Fixierung einer Totalprothese.
Beim Kläger liegt keine dieser Indikationen vor. Das bestreitet er nicht und es ist nicht ernsthaft zweifelhaft. Der Beklagte hat dies in den angefochtenen Bescheiden zutreffend erkannt. Auf die Ausführungen wird deshalb verwiesen.
Soweit der Kläger meint, ihm stehe eine weitere Beihilfe zu, weil eine Alternativbehandlung teurer gewesen wäre, länger gedauert hätte und weitere Folgekosten nach sich gezogen hätte, führt dies nicht zu einem Erfolg des Klagebegehrens, denn darauf kommt es für die Entscheidung nicht an. Nicht die Beihilfe von Alternativlösungen steht hier im Streit, sondern die durchgeführte Implantatversorgung und diese ist nur bei Vorliegen einer der in der Anlage 2 ausdrücklich genannten Indikationen beihilfefähig. Die vom Kläger angestellte und geforderte ökonomische Betrachtungsweise findet in den Beihilfevorschriften keine Grundlage.
Das Klagebegehren ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger aus der allgemeinen Fürsorgepflicht aus § 87 Abs. 1 NBG einen Anspruch herleiten könnte. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 NBG sorgt der Dienstherr auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie. Er schützt ihn bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter. Diese Fürsorgepflicht mag in besonderen Fällen dazu führen, dass der Dienstherr Zahlungen für ärztliche Aufwendungen leistet, die die Beihilfevorschriften nicht vorsehen. Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben, denn implantologische Leistungen sind in den Beihilfevorschriften abschließend so geregelt worden, dass eine Beihilfe für solche Aufwendungen nur dann geleistet wird, wenn eine der dort genannten Indikationen vorliegt. Da das hier gerade nicht der Fall ist, ist ein weiterer Beihilfeanspruch des Klägers nicht gegeben.
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