Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 10.12.2003, Az.: 14 A 3233/03

Beamtenverhältnis; Beamter; Dienstherr; Dienstpflichtsverletzung; Dienstvergehen; Disziplinarklage; Entfernung; finanzielle Notlage; Geringwertigkeit; Milderungsgründe; Paket; Pflichtenmahnung; Postbeamter; Posthauptschaffner; psychische Ausnahmesituation; schweres Dienstvergehen; Strafbefehl; Unterhaltsbeitrag; Unterschlagung; Versuchungssituation; Vertrauensverhältnis; Zueignung eines Postpakets; Zugriffsdelikt

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
10.12.2003
Aktenzeichen
14 A 3233/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48310
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Posthauptschaffner, der ein Paket an sich bringt, begeht ein schweres Dienstvergehen und kann deswegen durch Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt im Wege der Disziplinarklage die Entfernung des beklagten Beamten aus dem Beamtenverhältnis wegen der Unterschlagung eines Pakets, in dem sich Postwertzeichen im Wert von 163,00 Euro befanden.

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Am 3. September 2003 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben. Sie macht geltend: Durch die Unterschlagung des Pakets mit den Postwertzeichen habe sich der Beklagte eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht, was auch durch seine Erklärungen und den rechtskräftigen Strafbefehl festgestellt sei. Durch das Zugriffsdelikt auf ihm anvertraute Werte habe der Beklagte das zu seinem Dienstherrn bestehende Vertrauensverhältnis vollständig zerstört, denn die Post sei auf absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit ihnen anvertrautem Geld oder geldwerten Dingen angewiesen, da eine lückenlose Kontrolle aller Beamten nicht möglich sei. Wer diese unabdingbare Voraussetzung des Vertrauens in die Bediensteten des Postbetriebes zerstört habe, könne nicht länger Beamter bleiben. Milderungsgründe seien nicht gegeben. Denn die finanzielle Lage, die der Beklagte angeführt habe, sei nicht existenzbedrohend gewesen. Denn er habe seiner angespannten Lage im Hinblick auf die anstehende Sonderumlage beim Wohnungseigentum etwa durch den Verkauf seiner Belegschaftsaktien begegnen können. Auch sei die Lage keineswegs unverschuldet eingetreten, so dass ein Absehen von der Höchstmaßnahme nicht gerechtfertigt sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

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Der Beklagte beantragt,

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auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

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Er räumt den Vorfall und seine Dienstpflichtverletzung ein. Indes sei die Entfernung aus dem Dienst zu schwerwiegend. Es müsse berücksichtigt werden, dass er in den vergangenen 23 Jahren beanstandungsfrei Dienst bei der Post geleistet habe. Auch sei der unterschlagene Wert von 163,00 Euro verhältnismäßig gering. Ihm sei der Wert des Pakets vorher nicht bekannt gewesen. Der Strafbefehl des Amtsgerichts habe lediglich zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, nicht aber zu einer Freiheitsstrafe geführt. Bei dem Vorfall handele es sich um eine unbedachte, im Grunde seiner Persönlichkeit fremde Augenblickstat, zu der er sich als passionierter Briefmarkensammler habe hinreißen lassen, weil er erkennen konnte, dass sich in dem zuzustellenden Paket Postwertzeichen befanden.

Entscheidungsgründe

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Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht der angeschuldigte Sachverhalt zur Überzeugung der Disziplinarkammer fest. Der Beklagte hat sich das Paket mit Postwertzeichen im Wert von insgesamt 163,00 Euro zugeeignet, obwohl es seine Pflicht als Posthauptschaffner war, es zuzustellen. Er hat den Vorfall eingeräumt und dieser ist durch den rechtskräftigen Strafbefehl in tatsächlicher Hinsicht in ausreichender Weise geklärt. Die Disziplinarkammer sieht gemäß § 57 Abs. 2 des Bundesdisziplinargesetzes - BDG - vom 9. Juli 2001 (BGBl. I S. 1510, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3926) von einer erneuten Prüfung dieser tatsächlichen Feststellungen ab.

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Auch ist das Disziplinarverfahren form- und verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Der Beklagte ist als Bundesbeamter im Bereich der privatrechtlich organisierten Post tätig. Die dienstrechtlichen Zuständigkeiten der Aktiengesellschaften sind im Postpersonalrechtsgesetz vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325, 2353) in Verbindung mit dem Organisationserlass des Bundeskanzlers vom 17. Dezember 1997 (BGBl. I 1998 S. 68) geregelt und die Aktiengesellschaften sind ermächtigt worden, die dem Dienstherrn „Bund“ obliegenden Rechte und Pflichten gegenüber den bei ihnen beschäftigten Beamten wahrzunehmen. Der Vorstand nimmt die Befugnisse der Obersten Dienstbehörden sowie des Obersten Dienstvorgesetzten wahr. Die Befugnisse einer Dienstbehörde unterhalb des Vorstandes werden von den selbständigen Niederlassungen und den selbständigen Geschäftsbereichen und die Befugnisse eines Dienstvorgesetzten unterhalb des Vorstandes von den Leiterinnen/Leitern der selbständigen Niederlassungen und der selbständigen Geschäftsbereiche jeweils bezüglich der ihnen nachgeordneten Beamten wahrgenommen. Das regelt die Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten im Bereich der Deutschen Post AG vom 24. Juni 1999 (BGBl. I S 1583). Die Anordnung des Vorstandes der Deutschen Post AG zur Übertragung disziplinarrechtlicher Befugnisse im Bereich der Deutschen Post AG vom 13. November 2001 (BGBl. I S. 3355) bestimmt nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG, dass die jeweiligen Leiterinnen/Leiter der Niederlassung der DHL Express als Dienstvorgesetzte die Disziplinarklage erheben können. Das ist hier der Fall.

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Durch die Privatisierung der Post werden die beamtenrechtlichen Pflichten aus dem Treueverhältnis zum Dienstherrn nicht berührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juni 2000 - 1 D 4.99 - BVerwGE 111, 231). Es stellt auch keine Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung dar, dass Beschäftigte im Beamtenstatus und andere Arbeitnehmer bei der Deutschen Telekom AG oder bei der Deutschen Post AG unterschiedlichen Pflichtenbindungen unterliegen und für die Beamten das Bundesdisziplinarrecht gilt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 2002 - 2 BvR 2257/96 - ZBR 2002, 353 = Die PersV 2002, 473).

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Auch sonst begegnet im vorliegenden Fall das Verfahren vor Erhebung der Disziplinarklage keinen Bedenken. Der Beklagte wurde abschließend zum Ermittlungsergebnis angehört und die Aufsichtsbehörde wurde beteiligt.

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Der Beklagte ist eines Dienstvergehens im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG schuldig.

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Er hat dadurch, dass er sich das Paket zugeeignet hat, gegen seine Pflicht zur uneigennützigen Amtswaltung und zum achtungswürdigen Verhalten innerhalb des Dienstes, wie es in § 54 Sätze 2 und 3 BBG festgehalten ist, verstoßen. Sein Verhalten ist in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt als Posthauptschaffner und das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Seine Tätigkeit als Zusteller ist weitgehend selbständig und kann vom Dienstherrn nicht ständig kontrolliert werden. Daher setzt seine Tätigkeit ein besonderes Vertrauen des Dienstherrn voraus, dass Zusteller Pakete nicht unterschlagen.

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Der Beamte hat auch schuldhaft im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG gehandelt. Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe stehen ihm nicht zur Seite. Er hat die Tat vorsätzlich begangen.

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Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme erkennt die Kammer entsprechend dem Antrag der Klägerin darauf, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Hier handelt es sich um ein schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Entfernung des Beamten aus dem Dienst erfordert. Denn ein Beamter, der ihm amtlich anvertraute Sachen und Wertgegenstände zum Zwecke privater Nutzung an sich bringt, zerstört regelmäßig die Vertrauensgrundlage zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung. Der Dienstherr ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit seiner Bediensteten im Umgang mit den ihnen anvertrauten Gütern in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. Auch die Allgemeinheit erwartet von den Beamten, dass sie nicht die ihnen im Dienst anvertrauten Sachen und Wertgegenstände an sich bringen. Wer die hierfür unerlässliche Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach der ständigen Rechtsprechung der Disziplinargerichte mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses durch ein auf Dienstentfernung lautendes Disziplinarurteil rechnen. Dies ist zur Pflichtenmahnung auch an die übrigen Beamten erforderlich und gebietet die notwendige Selbstreinigung des öffentlichen Dienstes. Es wäre nicht zu vermitteln, wenn ein Beamter nach einem derartig schwerwiegenden Vertrauensbruch im öffentlichen Dienst verbliebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1997 - 1 D 60.96 - zit. nach juris). Daher ist es bei der Unterschlagung anvertrauter Gegenstände oder der Unterdrückung eines einem Postboten anvertrauten Paketes regelmäßig gerechtfertigt, auf die Höchststrafe, d.h. die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

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Davon kann nur dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn einer der von der Rechtsprechung anerkannten Milderungsgründe vorliegt. Indessen sind derartige Milderungsgründe nicht gegeben.

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Als solcher ist anerkannt ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war (vgl. BVerwG, U. v. 26. März 1996 - 1 D 58/95 - Buchholz 232 § 54 S. 2 BBG Nr. 7 und U. v. 23. September 1997 - 1 D 3.96 - DokBer B 1998, 67, 69). Indessen bestand eine solche Notlage bei dem Beklagten im Tatzeitraum nicht. Denn dies setzt voraus, dass vorhandene Mittel nicht ausgereicht hätten, um den notwendigen Lebensbedarf des Beamten und seiner Familie abzudecken. Der Beamte müsste mit dem Zugriff auf dienstliche Geldbeträge oder Wertgegenstände eine existentielle Notlage abwenden oder zumindest zu mildern versuchen. Zutreffend wurde im zusammenfassenden Ermittlungsergebnis darauf hingewiesen, dass es bei der vom Beklagten behaupteten anstehenden Forderung von 1.000,00 Euro für die Reparatur des Daches des von ihm und seiner Ehefrau mitbewohnten Hauses, in dem sich ihre Eigentumswohnung befindet, durchaus möglich gewesen wäre, durch andere finanzielle Anstrengungen diese Forderung zu erfüllen. So hätte der Beklagte seinerzeit Aktien der Deutschen Post AG, die er als Beschäftigter bevorzugt erhalten hatte, verkaufen können oder er hätte sich von seinem Pkw trennen können. Hinzu kommt, dass die Forderung nicht völlig unvorbereitet den Beklagten treffen konnte, da bekanntlich derartige Maßnahmen bei Eigentümerversammlungen lange vorher beschlossen werden, so dass ein Ansparen möglich ist. Der Beklagte hat sich im übrigen in der mündlichen Verhandlung nicht - mehr - auf diesen Milderungsgrund berufen.

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Entgegen der Ansicht des Beklagten vermag die Kammer auch nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Vorfall um eine spontane kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat gehandelt hat. Dieser Milderungsgrund kommt u.a. dann in Betracht, wenn ein Beamter unter dem Einfluss eines von außen auf seine Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung gerät, sich an dienstlichem Vermögen oder Eigentum zu vergreifen, so etwa bei einem plötzlich eintretenden Bedarf oder unter dem Einfluss einer Drohung, z.B. durch Gläubiger. Die Geltungmachung von Forderungen kann allerdings nur dann eine Versuchungssituation auslösen, wenn der Beamte sich in einer solch angespannten finanziellen Lage befindet, dass es ihm aus seiner Sicht unmöglich ist, die Schulden auf andere Weise zu begleichen. Die Bezahlung der Forderung darf nicht aufschiebbar und muss so dringend sein, dass sie geeignet ist, ihn zu einem unbedachten und kopflosen Handeln zu veranlassen. Anders als beim Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage kommt es bei diesem Milderungsgrund nicht darauf an, ob der Beamte seine finanzielle Situation selbst verschuldet hat. Entscheidend ist allein das Bestehen einer angespannten finanziellen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 1990, ZBR 1991, 216 [BVerwG 09.10.1990 - BVerwG 1 D 5.90] und Urteil vom 15. März 1994 - 1 D 19.93 - DokBer B 1994, 287, 289). Von einem derartigen plötzlich eintretenden Bedarf, der den Beklagten zu einer kopflosen Handlung verführt hätte, vermag die Kammer nicht auszugehen. Denn die Entscheidung, das Dach am betreffenden Hause zu erneuern und dafür bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Umlage zu erheben, traf den Beklagten nicht plötzlich und unvorbereitet. Auch ist eine besondere Versuchungssituation, die ihn zu kopflosem Handeln veranlasst hätte, nicht erkennbar. Das Befördern von Päckchen und Paketen gehört zum täglichen Geschäft des Beklagten. Er muss daher, wenn er das betreffende Paket gerade als ein solches, mit dem Postwertzeichen verschickt werden, erkannt hat, gezielt danach gesucht haben, es an sich zu bringen. Auch macht seine Einlassung, er sei als passionierter Briefmarkensammler in die Versuchung gekommen, sich die Postwertzeichen anzueignen, deutlich, dass er nicht aufgrund eines von außen auf seine Willensbildung einwirkenden Ereignisses gehandelt hat, sondern insoweit - seine Einlassung einmal als zutreffend unterstellt - einer persönlichen langjährigen Neigung nachgegeben hat.

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Schließlich kann auch nicht von einer psychischen Ausnahmesituation ausgegangen werden, die den Beklagten zu der betreffenden Tat verleitet hätte. Bei diesem Milderungsgrund muss für den Betreffenden eine schockartig ausgelöste vorübergehende psychische Ausnahmesituation bestanden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. August 2000 - 1 D 44.98 - ZBR 2001, 47, 49 = NVwZ-RR 2001, 249). Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen, unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der einerseits zu einem für einen derartigen Schockzustand typischen Fehlverhalten des Betroffenen führen kann und der den Beamten so aus der Bahn wirft, dass er nicht mehr in der Lage ist, entsprechend den sonst gegebenen Wertvorstellungen und Hemmschwellen zu handeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2001 -¨1 D 22.00 - NVwZ-RR 2001, 772, 773 [BVerwG 09.05.2001 - BVerwG 1 D 22.00]). Für eine derartige plötzliche Schocksituation sind vorliegend keinerlei Gesichtspunkte vorgetragen oder erkennbar, als der Beklagte das Paket am Dienstag, den 12. März 2002 an sich genommen hat, oder als er zunächst am Donnerstag, den 14. März 2002, seine Frau anrief, damit sie das Paket versteckte.

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Entgegen der Ansicht des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, zu seinen Gunsten sei zu berücksichtigen, dass er nur einen Wert von 163 Euro an sich gebracht hat. Abgesehen davon, dass er bei der Ausführung der Tat noch nicht wissen konnte, welchen Wert die im Paket vermuteten Wertzeichen haben, liegt die obere Wertgrenze für den Milderungsgrund der Geringwertigkeit, die bei einem Zugriffsdelikt zum Absehen von der Entfernung aus dem Dienst führen kann, bei etwa 50 Euro (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2002, DÖV 2002, 33).

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Schließlich kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht davon ausgegangen werden, als Milderungsgrund müsste seine bisherige beanstandungsfreie Führung berücksichtigt werden. Denn dabei handelt es sich nicht um einen anerkannten Milderungsgrund.

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Danach ist die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis als die gebotene Disziplinarmaßnahme.

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Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BDG war dem Beklagten für die Dauer von 6 Monaten ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v.H. der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen, zu belassen. Dabei ist nach der Vorschrift eine Einbehaltung von Dienstbezügen nach § 38 Abs. 2 BDG nicht zu berücksichtigen. Damit hat der Gesetzgeber im Falle der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine Regel aufgestellt, von der die Disziplinarkammern nur unter ganz besonderen Umständen abweichen können. Indessen ist eine längere Belassung des Unterhaltsbeitrags über 6 Monate hinaus nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BDG nicht geboten, da dafür sprechende Umstände nicht erkennbar sind. Auch kann die Kammer hinsichtlich des Zeitraums von 6 Monaten davon ausgehen, dass es dem Beklagten im Hinblick auf den erheblichen Zeitraum seit dem Verstreichen der vorgeworfenen Tat möglich sein wird, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Denn er muss seit längerem damit rechnen, aus dem Dienst entfernt zu werden; nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 7. September 1987 - 1 DB 19.87 - NVwZ 1988, 158) muss er seine Bemühungen auf jede ihm körperlich und geistig zumutbare Erwerbstätigkeit erstrecken.

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Der Klage gegen den Beamten war daher mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BDG stattzugeben. Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 BDG gebührenfrei.

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Die Kostenentscheidung ist gemäß § 3 BDO iVm § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

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Die Berufung gegen dieses Urteil bedarf gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 BDG nicht der Zulassung.

Sonstiger Langtext

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Rechtsmittelbelehrung:

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Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Oldenburg, 14. Kammer - Kammer für Disziplinarsachen des Bundes - Schloßplatz 10, 26122 Oldenburg,

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schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen und zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von der Vorsitzenden der Kammer verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. In der Berufungsschrift ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen.