Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.02.2013, Az.: L 3 KA 43/09
Rücknahme und Korrektur von Honorarrückforderungsbescheiden in der vertragsärztlichen Versorgung; Abrechenbarkeit der HPV-Diagnostik
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.02.2013
- Aktenzeichen
- L 3 KA 43/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 36328
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0227.L3KA43.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 29.04.2009 - AZ: S 16 KA 269/05
Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs. 2 S. 1 BMV-Ä
- Nr. 4805 EBM-Ä
- Nr. 4880 EBM-Ä
- Nr. 4980 EBM-Ä
- § 34 Abs. 4 S. 2 EKV-Ä
- § 106a Abs. 2 S. 1 SGB V
- § 82 Abs. 1 SGB V
- § 44 Abs. 2 S. 2 SGB X
Redaktioneller Leitsatz
1. Zur Abrechenbarkeit des Nachweises menschlicher bzw viraler Nukleinsäure seit 1989.
2. Der Leistungslegende zur Gebührenposition 4980 EBM-Ä lässt sich entnehmen, dass die HPV-Diagnostik für den Vertragsarzt nur bei einer Hybridisierung "menschlicher" DNA berechnungsfähig ist. Die Hybridisierung bakterieller oder viraler DNA war auch vor der Aufnahme des Zusatzes einer "menschlichen" DNA-Hybridisierung von dem Leistungsinhalt der Vorgängerregelung (Nr. 4880 EBM-Ä) nicht umfasst. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.351.771 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Rücknahme und Korrektur bestandskräftiger Honorarrückforderungsbescheide.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe an der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Er betreibt ein Einsendelabor, in dem ua endokrinologische und zytologische Untersuchungen durchgeführt werden.
Mit bestandskräftigen Bescheiden vom 21. März 2001 sowie 2. Mai 2001 berichtigte die Beklagte die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale IV/1996 bis IV/2000 und forderte von ihm Honorar iHv 1.351.771,04 Euro zurück. Zu Unrecht habe er in allen Behandlungsfällen zur HPV-Diagnostik (Nachweisverfahren humaner Papillomaviren) die mit 600 Punkten bewertete Gebührenposition 4980 (Hybridisierung menschlicher DNA mit markierten Sonden, ggf mit Southern-Transfer und anschließender qualitativer Auswertung mittels Audioradiographie oder nicht-radioaktiver Verfahren, je Sonde) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen ((EBM); in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung) abgerechnet. Erbracht habe er bei dem Nachweisverfahren zwar den Leistungsinhalt der mit 250 Punkten bewerteten Gebührenposition 4805 EBM (Nachweis mikrobieller/viraler Nukleinsäure aus einem Körpermaterial (Direktnachweis) mittels Hybridisierung ohne Amplifikation, ggf. einschließlich Aufbereitung). Eine Umwandlung der abgerechneten in die tatsächlich erbrachte Gebührenposition sei aber nicht möglich, da die Nr 4805 EBM dem Abschnitt O III (spezielle Laboratoriumsuntersuchungen) des Bewertungsmaßstabs zugeordnet sei und nach den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen (Labor-RL) erst nach einem entsprechenden Fachkundenachweis abgerechnet werden könne. Die vom Kläger für die HPV-Diagnostik abgerechneten Gebührenpositionen seien daher ersatzlos zu berichtigen.
Nachdem der Kläger im Juli 2003 einen Fachkundenachweis erbracht und eine Genehmigung zur Abrechnung der Nr 4805 EBM erhalten hatte, beantragte er gemäß § 44 Abs 2 S 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Rücknahme und eine Korrektur der bestandskräftigen Rückforderungsbescheide. Er sei bereits vor Erteilung der Abrechnungsgenehmigung zur Durchführung der HPV-Diagnostik berechtigt gewesen. Daher sei die Beklagte bei Erlass der Bescheide von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.
Die Beklagte lehnte es jedoch ab, die Rückforderungsbescheide zurückzunehmen. Der Kläger habe eine Abrechnungsgenehmigung für die Nr 4805 EBM erst nach der erfolgreichen Teilnahme an einem Labor-Kolloquium im Juni 2003 erhalten. In dem die Honorarrückforderung betreffenden Zeitraum sei er daher noch nicht berechtigt gewesen, die Gebührenposition abzurechnen; die Bescheide seien zu Recht ergangen (Bescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 22. Oktober 2004).
Der Kläger hat am 15. September 2005 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Beklagte sei verpflichtet, die Rückforderungsbescheide zurückzunehmen und zu korrigieren. Zwar stehe nach dem Gesetzeswortlaut eine solche Korrekturentscheidung im Ermessen der Beklagten; es sei aber offensichtlich, dass eine Umwandlung der damals berichtigten Nr 4980 EBM in die Nr 4805 EBM von der Beklagten erwogen, aber in der irrigen Annahme, dass der Kläger dafür die Abrechnungsvoraussetzungen nicht erfülle, zu Unrecht verworfen worden sei.
Mit Bescheid vom 22. November 2007 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers im nachgeholten Vorverfahren zurückgewiesen. Die Beklagte sei bei Erlass der Rückforderungsbescheide nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der Kläger habe den nach den Labor-RL für die Abrechnung der Nr 4805 EBM erforderlichen Fachkundenachweis erst nach dem Quartal IV/2000 erbracht. Ihm sei auch für die Vorgängerregelung in Nr 4505 EBM aF keine Abrechnungsgenehmigung erteilt worden - und zwar weder mit den vom Kläger angegebenen Schreiben vom 28. Dezember 1990 noch mit Schreiben vom 18. Dezember 1991.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. April 2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Rückforderungsbescheide nicht rechtswidrig iS von § 44 Abs 2 S 2 SGB X seien und daher die Voraussetzungen für eine Rücknahme nicht vorlägen.
Gegen dieses Urteil (zugestellt am 15. Mai 2009) hat der Kläger am 15. Juni 2009 Berufung eingelegt. Im Wesentlichen macht er geltend, das SG habe den Wechsel der hier maßgeblichen Gebührenpositionen aus dem Kapitel P in das Kapitel O III des Bewertungsmaßstabs unzutreffend gedeutet. Die Beklagte habe ihm auf Anfrage vom 24. November 1989 mit Schreiben vom 12. Juni 1990 die Abrechnung der HPV-Diagnostik nach der Nr 4880 EBM aF aus dem Kapitel P genehmigt. Die Gebührenposition sei zwar anschließend in die Nr 4505 EBM aF bzw 4774 EBM aF aus dem Kapitel O III umgewandelt worden. Dennoch sei er weiterhin - auch nach dem Sinn und Zweck der Übergangsregelungen in der Labor-RL - berechtigt gewesen, das ihm genehmigte Nachweisverfahren zu erbringen und abzurechnen. Soweit er hierfür mit der Nr 4980 EBM eine nicht einschlägige Gebührenposition angesetzt habe, sei die Beklagte bei der Honorarberichtigung verpflichtet gewesen, eine Umwandlung in die Nr 4805 EBM vorzunehmen. Immerhin habe die Beklagte selbst in der "Umsteigetabelle", die sie mit Schreiben vom 20. Juli 1994 an ihn wegen Änderungen im EBM versandt habe, die Nr 4505 EBM als eine berechnungsfähige Leistung angesehen. Unabhängig davon sei schließlich zu berücksichtigen, dass die Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Honorarrückforderung die "quantitätsmäßigen Grenzen", die das BSG in seiner Rechtsprechung für sachlich-rechnerische Berichtigungen aufgestellt habe, überschritten.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. April 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2007 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Rückforderungsbescheide für die Quartale IV/1996 bis IV/2000 zurückzunehmen und ihn für diesen Zeitraum unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, dass es erst seit der Neueinführung der Nr 4505 in den Bewertungsmaßstab mit Wirkung zum 1. April 1993 möglich gewesen sei, die HPV-Diagnostik zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen. Davor sei die Leistung für Vertragsärzte nicht berechnungsfähig gewesen. Daher sei auch die Behauptung des Klägers, der Bewertungsausschuss habe die Nr 4880 EBM aF in die Nr 4505 EBM aF umgewandelt, unzutreffend. Richtig sei vielmehr, dass der Bewertungsausschuss die Nr 4880 EBM aF ohne eine Veränderung des Leistungsinhalts in die Nr 4980 EBM umgesetzt habe.
Auf Nachfrage des Senats hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) mitgeteilt, dass es sich bei der zum 1. April 1993 eingeführten Nr 4505 EBM aF um die Neuaufnahme einer Leistung in den Bewertungsmaßstab handele. Eine alternative Abrechnungsmöglichkeit für den Nachweis viraler Nukleinsäure habe nicht bestanden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen.
1. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Er hat keinen Anspruch auf Rücknahme und Korrektur der bestandskräftigen Honorarrückforderungsbescheide.
2. Als Rechtsgrundlage für das vom Kläger geltend gemachte Begehren kommt wegen der Bestandskraft der Rückforderungsbescheide nur die Regelung in § 44 Abs 2 S 2 SGB X in Betracht. Danach "kann" ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor; die Rückforderungsbescheide, in denen die Beklagte die vom Kläger in den Quartalen IV/1996 bis IV/2000 für die HPV-Diagnostik abgerechneten Gebührenpositionen 4980 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt hat, sind rechtmäßig.
a) Die Rückforderungsbescheide sind dem Grunde nach nicht zu beanstanden.
So sind die KÄVen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf. Dasselbe gilt, wenn der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen die Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchführt und abgerechnet hat (vgl hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-2500 § 39 Nr 3 mwN). Rechtsgrundlage für diese Befugnis sind § 45 Abs 2 S 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs 4 S 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) in den seit 1. April 1997 geltenden Fassungen. Nach diesen für die Abrechnung der Quartale bis IV/2003 maßgeblichen und im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die KÄV von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtigzustellen (vgl BSGE 89, 90, 93 f [BSG 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R] = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6). Seit dem 1. Januar 2004 ist in § 106a Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ((SGB V); idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190) sogar ausdrücklich normiert, dass KÄVen und Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung prüfen.
Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage dem Grunde nach berechtigt gewesen ist, die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale IV/1996 bis IV/2000 zu berichtigen und zu Unrecht gezahlte Vergütung zurückzufordern, soweit der Kläger zur HPV-Diagnostik die Gebührenposition 4980 EBM abgerechnet hat. Der dazugehörigen Leistungslegende lässt sich nämlich entnehmen, dass diese für den Vertragsarzt nur bei einer Hybridisierung "menschlicher" DNA berechnungsfähig ist. Auf Nachfrage der Beklagten hat der Kläger aber eingeräumt, dass bei der HPV-Diagnostik keine menschliche DNA untersucht wird. Insoweit folgt die fehlende Berechnungsfähigkeit für die hier streitbefangenen medizinischen Leistungen bereits aus dem Wortlaut der Gebührenposition (vgl zur Bedeutung des Wortlauts bei der Auslegung des EBM ua BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die HPV-Diagnostik auch nicht mit der Vorgängerregelung zur Gebührenposition 4980 EBM (die bis Ende 1995 gültige Nr 4880 EBM aF) berechnungsfähig gewesen. Zwar trifft es zu, dass in die Leistungslegende der Vorgängerregelung der Zusatz einer "menschlichen" DNA-Hybridisierung erst zum 1. April 1993 aufgenommen worden ist. Allerdings zeigt deren systematische Stellung innerhalb des Abschnitts "Zytogenetik" des Bewertungsmaßstabs, in dem ausschließlich humangenetische Untersuchungen beschrieben werden, dass die Hybridisierung bakterieller oder viraler DNA auch vor der Aufnahme des Zusatzes von dem Leistungsinhalt der Vorgängerregelung nicht umfasst gewesen ist (vgl zur Bedeutung einer systematischen Interpretation der Leistungstatbestände des EBM bei unklarem Wortlaut BSG, Urteil vom 15. August 2012 - B 6 KA 34/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Außerdem hatte der Bewertungsausschuss die HPV-Diagnostik vor dem 1. April 1993 noch nicht bewertet; vielmehr ist die hierfür maßgebliche Gebührenposition (Nr 4505 EBM aF (Nachweis viraler Nukleinsäure)) damals erstmalig in das Kapitel O III des Bewertungsmaßstabs eingeführt worden und nach Auskunft der KÄBV vom 28. November 2012 hat vorher hierzu keine alternative Abrechnungsmöglichkeit bestanden.
b) Auch im Übrigen sind die Rückforderungsbescheide nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Beklagte weder verpflichtet gewesen, im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung eine Umwandlung vorzunehmen, noch hat sie hierbei "quantitätsmäßige Grenzen" überschritten, die die Rechtsprechung aufgestellt hat.
aa) In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung - auch soweit sie sich nur auf bestimmte Bereiche oder Leistungen der ambulanten Versorgung erstreckt - nicht rückwirkend erteilt oder zuerkannt werden kann. Die Unzulässigkeit rückwirkender Statusbegründungen ergibt sich aus dem System des Vertragsarztrechts, das weiterhin durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt ist. Mit dieser Beschränkung ist verbunden, dass diesen die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen - abgesehen von Notfällen - vorher förmlich zuerkannt worden sein muss. Dies gilt für alle Arten der Statusbegründung im Vertragsarztrecht also sowohl für die Zulassung von Vertragsärzten als auch für die Ermächtigung von Krankenhausärzten oder für die Genehmigung zur Anstellung von Ärzten. Ebenso wenig können andere - nicht auf der Statusebene angesiedelte - Genehmigungen, die beispielsweise an die persönliche Qualifikation eines Arztes anknüpfen und zur Erbringung bestimmter Leistungen berechtigen, rückwirkend erteilt werden (vgl zu alledem BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 mwN).
Die in diesem Verfahren maßgeblichen Anforderungen an die fachliche Befähigung zur Erbringung von Laboratoriumsleistungen in der vertragsärztlichen Versorgung werden im Anhang zu Abschnitt E der Labor-RL geregelt. Dort haben die Partner des BMV-Ä und des EKV-Ä die Anforderung eines Fachkundenachweises festgelegt. Die Vereinbarung dient dem Ziel, die Qualität von Laboratoriumsuntersuchungen in der vertragsärztlichen Versorgung sicherzustellen. Bei der Richtlinie selbst handelt es sich um einen Vertrag mit normativer Wirkung, mit dem Rechte und Pflichten ua für die Vertragsärzte begründet bzw verändert werden (vgl hierzu auch BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 15). Die Regelungen im Abschnitt E der Labor-RL sind aus Gründen des Gemeinwohls von der Ermächtigungsgrundlage des § 135 Abs 2 SGB V gedeckt und mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl zu alledem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Juli 2002 - L 5 KA 2592/00 - juris, mwN). Auch der Senat hat keine Zweifel an der Gültigkeit der Labor-RL als Qualitätssicherungsvereinbarung.
Unter Berücksichtigung dessen wäre der Beklagten im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung der vom Kläger in den Quartalen IV/1996 bis IV/2000 erbrachten HPV-Diagnostik eine Umwandlung der dafür abgerechneten Nr 4980 EBM in die Nr 4805 EBM nur möglich gewesen, wenn der Kläger bereits vor 1996 den hierfür erforderlichen Fachkundenachweis erbracht hätte und ihm anschließend eine entsprechende Abrechnungsgenehmigung für die dem Kapitel O III des EBM zugeordnete Gebührenposition erteilt worden wäre. Hieran fehlt es vorliegend aber; der Kläger hat den erforderlichen Fachkundenachweis erst 2003 und damit nach dem hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum erbracht.
bb) Der Umfang der hier streitbefangenen Honorarrückforderungen kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden nur auf begrenzte Teile eines solchen Bescheids bzw - wirtschaftlich betrachtet - auf kleinere Anteile der gesamten Honorarforderung eines Vertragsarztes beziehen darf (vgl hierzu grundlegend BSGE 89, 62 [BSG 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R] = SozR 3-2500 § 85 Nr 42; zuletzt fortgeführt durch BSG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - B 6 KA 22/09 B - juris). Eine derartige Beschränkung der Korrekturbefugnis der KÄVen besteht allenfalls dann, wenn die Rechtswidrigkeit einer vertragsärztlichen Honorarforderung nicht auf das (individuell-pflichtwidrige) Verhalten eines Vertragsarztes, sondern auf Mängel oder Auslegungsschwierigkeiten bei den normativen Grundlagen der Honorarverteilung zurückzuführen ist und die Vertragsärzte sich über diese Rechtsunsicherheiten im Klaren sind (vgl hierzu Clemens, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a Rn 200 ff mwN). Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor.
c) Schließlich sind die Rückforderungsbescheide auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht zu beanstanden.
aa) Nach der stRspr des BSG kann die Befugnis der KÄVen zur Honorarberichtigung auf bundesmantelvertraglicher Grundlage aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt sein. Dies ist ua anzunehmen, wenn die Fehlerhaftigkeit eines Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die außerhalb des Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung liegen (vgl zu den verschiedenen Fallkonstellationen für die Gewährung von Vertrauensschutz bei der sachlich-rechnerischen Berichtigung BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 22 mwN). Hierauf stellt der Kläger auch ab, indem er geltend macht, die Beklagte habe ihm auf Anfrage mit Schreiben vom 12. Juni 1990 genehmigt, die HPV-Diagnostik mit der Vorgängerregelung zur Gebührenposition 4980 EBM (die bis Ende 1995 gültige Nr 4880 EBM aF) abzurechnen.
Eine tatsächliche Grundlage für die Gewährung von Vertrauensschutz lässt sich hieraus aber nicht ableiten. So hat die Beklagte im Schreiben vom 12. Juni 1990 lediglich darauf hingewiesen, dass "Leistungen aus dem Kapitel P (...) selbstverständlich durch (den Kläger) durchgeführt werden können." Nur über die "Laborleistungen des Abschnitts O III BMÄ/E-GO muß der Vorstand der Bezirksstelle entscheiden." Sowohl aus dem Wortlaut der Erklärung als auch anhand der Gegenüberstellung verschiedener Leistungsbereiche aus dem damals gültigen Bewertungsmaßstab wird deutlich, dass die hier (als Vorgängerregelung zur Nr 4980 EBM) maßgebliche Nr 4880 EBM aF aus dem Kapitel P vom Kläger genehmigungsfrei erbracht und abgerechnet werden konnte. Ein solcher Hinweis aber kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in die ausdrückliche Erteilung einer (im Übrigen auch für den Kläger erkennbar nicht erforderlichen) Abrechnungsgenehmigung umgedeutet werden.
Ferner kann offenbleiben, ob dem Kläger deshalb Vertrauensschutz zu gewähren ist, weil ihn die Beklagte in dem Schreiben vom 12. Juni 1990 nicht darauf hingewiesen hat, dass bislang noch keine Bewertung der HPV-Diagnostik durch den Bewertungsausschuss vorliegt und die Leistung daher auch nicht über andere Gebührenpositionen des damals gültigen EBM (insbesondere die Nr 4880 EBM aF) berechnungsfähig gewesen ist. Selbst wenn man die insoweit missverständliche Antwort der Beklagten auf die Anfrage des Klägers vom 24. November 1989 als einen Umstand ansehen würde, der außerhalb des Bereichs einer sachlich und rechnerisch korrekten Honorarabrechnung liegt und daher - wie dargelegt - zur Gewährung von Vertrauensschutz führen könnte, kann sich der Kläger in dem hier maßgeblichen Berichtigungszeitraum (Quartale IV/1996 bis IV/2000) nicht mehr darauf berufen. So hat der Bewertungsausschuss bereits zum 1. April 1993 klargestellt, dass sich die Nr 4880 aF EBM nur auf die Hybridisierung "menschlicher" DNA mit markierten Sonden bezieht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist für den Kläger erkennbar gewesen, dass die HPV-Diagnostik über diese Gebührenposition nicht (mehr) berechnungsfähig ist und er sich bei seiner Honorarabrechnung fortan nicht mehr auf die missverständliche Antwort der Beklagten im Schreiben vom 12. Juni 1990 stützen kann.
Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte im Schreiben vom 20. Juli 1994 in einer "Umsteigetabelle" die Gebührenposition 4505 aF EBM (Nachweis viraler Nukleinsäure) aufgeführt hat. Auch insoweit fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Gewährung von Vertrauensschutz. Denn dass der Kläger den für die Abrechnung der HPV-Diagnostik erforderlichen Fachkundenachweis erst 2003 erbracht hat, ist allein darauf zurückzuführen, dass er bewusst für die entsprechenden diagnostischen Leistungen trotz der Klarstellung des Bewertungsausschusses zum 1. April 1993 regelmäßig nur die Gebührenpositionen 4980 EBM bzw 4880 aF EBM abgerechnet hat, für die ein solcher Nachweis nicht erforderlich gewesen ist.
3. Nach alledem hat die Beklagte zutreffend darauf abgestellt, dass die angefochtenen Rückforderungsbescheide rechtmäßig ergangen sind und der Kläger keinen Anspruch nach § 44 Abs 2 S 2 SGB X auf deren Rücknahme und Korrektur hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm den §§ 47 abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und bemisst sich anhand der vom Kläger geltend gemachten Nachvergütung. Der Senat hat hierbei (trotz der unterschiedlichen Bewertung der Gebührenpositionen 4980 EBM (600 Punkte) und 4805 EBM (250 Punkte)) auf den gesamten Rückforderungsbetrag abgestellt, weil sich wegen der unterschiedlichen Abrechnungsmöglichkeiten (je Erregerart oder -typ für die Nr 4805 EBM) voraussichtlich keine nennenswerten Differenzen zu dem Nachvergütungsbetrag ergeben dürften.