Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 20.02.2013, Az.: L 1 KR 593/11
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 20.02.2013
- Aktenzeichen
- L 1 KR 593/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64253
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 07.11.2011 - AZ: S 44 KR 674/08
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. November 2011 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die stationäre Behandlung des Patienten I. 46.018,42 € nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 9. Juni 2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 46.018,42 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Vergütung für die Behandlung des bei der Beklagten versicherten I. in der Zeit vom 24. März bis 27. April 2007.
Der Versicherte war am 24. März 2007 eine Treppe heruntergefallen und dabei mit dem Kopf aufgeschlagen. Er zog sich dabei einen Schädelbasisbruch im Bereich der rechten Mittelohrkammer sowie eine Hirnblutung links frontal mit einem Hirnödem zu. Der Versicherte wurde zunächst in das Krankenhaus J. eingeliefert, dort intubiert und beatmet. Eine Behandlung des Schädelhirntraumas war dort nicht möglich. Das Krankenhaus J. bemühte sich daher zunächst um eine Verlegung in das Krankenhaus K.. Dieses lehnte die Übernahme des Versicherten nach zwei Stunden ab. Daraufhin veranlasste das Krankenhaus J. die Verlegung des Versicherten in das Marienhospital L.. Dort wurde ihm umgehend eine Hirndruckmesssonde implantiert. Nachdem diese einen steigenden Hirndruck angezeigt hatte, erfolgte eine Craniektomie zur Druckentlastung. Der Patient wurde weiterhin bis zum 21. April 2007 künstlich beatmet und am 27. April 2007 in eine Rehabilitationsmaßnahme entlassen.
Unter dem 25. Mai 2007 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung des Versicherten einen Betrag von 46.018,42 € in Rechnung. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine neurochirurgische oder eine unfallchirurgische Behandlung gehandelt habe. Hintergrund dieser Frage war, dass das Marienhospital L. im Jahr 2007 im niedersächsischen Krankenhausplan für den Bereich Neurochirurgie nicht aufgenommen war. Für den Bereich L. war stattdessen die Paracelsus-Klinik in den Krankenhausplan aufgenommen worden. Der MDK kam in seinem Gutachten zu der Auffassung, es habe sich um eine neurochirurgische Maßnahme gehandelt. Daraufhin lehnte die Beklagte die Zahlung der Rechnung ab, weil die erbrachten Leistungen nicht Bestandteil des Versorgungsauftrages der Klägerin gewesen seien.
Die Klägerin hat am 28. Juli 2008 beim Sozialgericht (SG) Osnabrück Klage erhoben. Sie trägt vor, der Versicherte sei als Notfall stationär aufgenommen worden. Daher komme es auf den Inhalt des Versorgungsvertrages nicht an. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), wonach Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrages berechnet werden dürften, gelte nicht für Notfallpatienten. Auch habe es sich entgegen der Auffassung der Beklagten um eine unfallchirurgische Leistung gehandelt, für die das Marienhospital O. zugelassen sei.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, es habe sich nicht mehr um einen Notfall gehandelt, denn der Versicherte sei bereits im Krankenhaus J. notfallmäßig versorgt worden. Zum Zeitpunkt der Verlegung habe kein Grund bestanden, die Verfahrens- und Zulassungsbestimmungen nicht einzuhalten. Es sei nicht hinzunehmen, dass ein Krankenhaus im Internet gezielt falsch informiere und sich über die Zulassungsbestimmung hinwegsetze.
Das SG hat das Gutachten des Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik des Krankenhauses M., Prof. Dr. F. N., vom 31. August 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, bei dem Versicherten habe ein schweres Schädelhirntrauma mit rechtshemisphärischen Kontusionsblutungen frontotemporal betont mit einem Hirnödem und einer Schädelbasisfraktur vorgelegen. Bei der Behandlung habe es sich eindeutig um eine neurochirurgische Behandlung gehandelt und nicht um eine unfallchirurgische. Zur Frage, ob ein Notfall vorlag hat sich der Sachverständige nicht geäußert, weil diese Frage nicht Gegenstand des Gutachtenauftrags gewesen sei.
Mit Urteil vom 7. November 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs sei § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm dem am 1. November 1992 in Kraft getretenen Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 5 SGB V zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen (Niedersächsischer Landesvertrag). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entstehe die Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V stehe ein Vergütungsanspruch gegenüber, wenn die Versorgung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich gewesen sei.
Dieser Vergütungsanspruch bestehe indes nur für Behandlungen, die von dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst seien. Darüber hinaus sei ein Krankenhaus nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht zu einer Krankenhausbehandlung verpflichtet und könnten Versicherte nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V Leistungen in dem Krankenhaus nicht beanspruchen. Die konkreten Behandlungsberechtigungen eines Krankenhauses würden durch den erteilten Versorgungsauftrag bestimmt. Bei Plankrankenhäusern gelte die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan gemäß § 109 Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative SGB V als Abschluss des Versorgungsvertrages. Hier sei ein Vergütungsanspruch der Klägerin nicht gegeben, denn sie habe eine Leistung außerhalb ihres Versorgungsauftrages erbracht. Im Jahre 2007 sei sie für den Bereich der Neurochirurgie nicht im Krankenhausbedarfsplan aufgenommen gewesen. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin eine Leistung der Neurochirurgie und nicht der Unfallchirurgie erbracht habe.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aufgrund einer Notfallbehandlung. Ein Notfall liege nur vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit bestehe und ein teilnahmeberechtigter Leistungserbringer mangels Erreichbarkeit, Umfang des Teilhaberechts, Qualifikation oder eigener Bereitschaft zur Behandlungsübernahme nicht rechtzeitig zur Verfügung stehe. Ein Notfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz KHEntgG sei gleichbedeutend mit dem Notfallbegriff des § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V. Danach liege ein Notfall nur vor, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Patienten so dringlich sei, dass ein zugelassener Leistungserbringer nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden könne. Eine dringende Behandlungsbedürftigkeit sei anzunehmen, wenn ohne sofortige Behandlung Gefahr für Leib und Leben bestehe oder Schmerzen unzumutbar lange andauern würden. Keine Notfallbehandlung liege vor, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten es zulasse, dass er einen zugelassenen Leistungserbringer aufsuchen könne. Es müsse also eine sofortige ärztliche Behandlung erforderlich und dem Erkrankten die Inanspruchnahme eines Vertragsbehandlers nicht zumutbar sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. In unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus der Klägerin habe sich die Paracelsus-Klinik mit 42 Betten in der Abteilung Neurochirurgie befunden, deren Versorgungsauftrag den Bereich der Neurochirurgie umfasse. Dies sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Hinzukomme, dass der Versicherte im Krankenhaus in J. bereits erstversorgt worden, und von dort beatmet und intubiert in das Krankenhaus der Klägerin verlegt worden sei. Das Vorliegen eines akuten Notfallgeschehens dürfte vor diesem Hintergrund zweifelhaft sein.
Gegen das ihr am 21. November 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Dezember 2011 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Im Berufungsverfahren stützt die Klägerin ihren Anspruch im Wesentlichen darauf, dass entgegen der Auffassung des SG eine Notfallbehandlung vorgelegen habe. Daneben macht sie weiterhin geltend, es habe sich bei dem Versicherten der Beklagten um einen Unfallverletzten gehandelt, den die Klägerin aufgrund ihrer Zulassung im Bereich Chirurgie/Unfallchirurgie ohnehin habe behandeln dürfen.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. November 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die stationäre Behandlung des Patienten I. 46.018,42 € nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 9. Juni 2007 zu zahlen;
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, es habe weder ein Notfall noch eine Behandlungsberechtigung der Klägerin aufgrund ihrer Zulassung vorgelegen und stützt sich auf das klageabweisende Urteil des SG.
Zur Klärung der Frage, ob es sich bei der Behandlung des Versicherten medizinisch um eine Notfallbehandlung gehandelt hat, hat der Senat das ergänzende Gutachten des Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik des Krankenhauses M., Prof. Dr. F. N., vom 23. November 2012 eingeholt. Dieser hat die Frage des Gerichts, ob es sich bei der Behandlung des Versicherten im Krankenhaus der Klägerin um eine Notfallbehandlung im medizinischen Sinne gehandelt habe, eindeutig bejaht. Mit der endotrachealen Intubation und Etablierung einer maschinellen Beatmung sei im Falle des Versicherten die Notfallbehandlung bei weitem nicht abgeschlossen gewesen, zumal keine eigentliche neurochirurgische Therapie durchgeführt worden sei. Im Krankenhaus der Klägerin sei am Aufnahmetag eine notfallmäßige, neurochirurgische Operation (Anlage einer Hirndruckmesssonde über eine rechtsseitige Bohrlochtrepanation) erfolgt. Dies beweise zweifelsohne die fortbestehende Notfallsituation.
Auf die weitere Frage des Senats, ob im Hinblick auf die Ablehnung der Übernahme der Versorgung durch das Krankenhaus K. eine möglichst umgehende Versorgung des Versicherten durch Überweisung in das aufnahmebereite Krankenhaus der Klägerin geboten gewesen sei, hat der Sachverständige folgendes ausgeführt:
Unter Würdigung der Tatsache, dass die behandelnden Erstversorger keine fachärztlich-neurochirurgische Expertise aufgewiesen hätten, vor allem beim Vorliegen eines führend neurochirurgischen Krankheitsbildes, sei eine Verzögerung des weiteren Behandlungsprozesses nicht vertretbar, sondern eine umgehende Verlegung in die Betreuung durch einen Facharzt für Neurochirurgie indiziert gewesen. Es sei zu betonen, dass unter den obigen Aspekten mit allen Komplikationen eines schweren Schädelhirntraumas (Notfallsituation) zu rechnen gewesen sei, die die Erstversorger nicht einzuschätzen und zu beherrschen vermocht hätten. Daher sei unter den damals bekannten Umständen über den Gesundheitszustand des Versicherten eine möglichst umgehende Versorgung in das aufnahmebereite Krankenhaus der Klägerin aus medizinischer Sicht erforderlich gewesen.
Die Beklagte hat gegen das Gutachten eingewandt, der Gutachter habe sich nicht mit der rechtlichen Einordnung eines Notfalls durch das BSG in dem Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96 - auseinandergesetzt. Außerdem habe er nicht berücksichtigt, dass sich in unmittelbarer Nähe zur Klägerin die Paracelsus-Klinik befinde, deren Versorgungsauftrag den Bereich der Neurochirurgie umfasse.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten sowie die Patientenakten des Versicherten der Beklagten, die bei der mündlichen Verhandlung und Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß §§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG in dem angefochtenen Urteil steht der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch zu.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klage als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig ist. Die Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten ist ein Streit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, ein Vorverfahren nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten ist (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 24/08 R - mwN). Die Klägerin hat, den Anforderungen des BSG entsprechend, den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl. BSG aaO).
Zutreffend hat das SG weiter ausgeführt, Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs sei § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V iVm dem Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 2 zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, wenn die Versorgung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich gewesen ist.
Der Senat stimmt dem SG auch dahingehend zu, dass die Klägerin bei dem Versicherten eine neurochirurgische Leistung erbracht hat, die im Jahr 2007 außerhalb ihres Versorgungsauftrages lag, weil das Marienhospital L. für den Bereich der Neurochirurgie nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen war. An der Feststellung, dass es sich um eine neurochirurgische Leistung gehandelt hat, kann es nach Überzeugung des Senats aufgrund des erstinstanzlichen Gutachtens von Prof. Dr. N. und seinem Ergänzungsgutachten vom 23. November 2012 iVm den in der Patientenakte des Versicherten befindlichen medizinischen Unterlagen über die durchgeführten Behandlungen nicht den geringsten Zweifel geben.
Wenn die Klägerin gleichwohl Anspruch auf die Vergütung für die Behandlung des Ver- sicherten hat, dann allein deswegen, weil es sich bei diesem um einen Notfallpatienten gehandelt hat und nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG die Regelung, dass Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrages berechnet werden dürfen, für die Behandlung von Notfallpatienten nicht gilt.
Mit dem Sachverständigen Prof. Dr. N. geht der Senat, entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG davon aus, dass die notfallmäßige Behandlung des Versicherten nicht mit der Intubation und der Beatmung im Krankenhaus J. abgeschlossen war. Dies insbesondere deswegen nicht, weil die Ursache der Erkrankung des Versicherten, das Schädelhirntrauma, im Krankenhaus J. weder adäquat diagnostiziert noch behandelt werden konnte. Das ergibt sich im Übrigen auch schon daraus, dass sich das Krankenhaus J. bemüht hat, den Versicherten umgehend in eine geeignete Klinik zu verlegen. Der Sachverständige hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine weitere Verzögerung des Behandlungsprozesses medizinisch nicht vertretbar war, nachdem das ursprünglich vorgesehene Krankenhaus K. die Übernahme des Versicherten nach einer zweistündigen Wartezeit abgelehnt hatte. Vielmehr sei eine umgehende Verlegung in die Betreuung durch einen Facharzt für Neurochirurgie indiziert gewesen.
Angesichts dieser Situation hat das aufnahmebereite Krankenhaus der Klägerin die Übernahme des Versicherten und seine umgehende neurochirurgische Behandlung auf Wunsch des Krankenhauses J. aus medizinischen Gründen nicht verweigern können. Aufgrund der Patientenunterlagen und der Ausführungen des Sachverständigen ist der Senat der Überzeugung, dass bei einer weiteren Verzögerung der neurochirurgischen Behandlung des Versicherten, die durch eine Ablehnung der Übernahme zweifellos eingetreten wäre, dessen Gesundheit und Leben akut bedroht gewesen wären. Wenn aber somit eine Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der Behandlung bestand, hat diese auch Anspruch auf die dafür anfallende Vergütung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch der Gutachter des MDK in seiner Stellungnahmen vom 9. Juni 2009 ausgeführt hat, es habe sich um eine schwere Schädelverletzung gehandelt, aufgrund derer alle möglichen Komplikationen hätten auftreten können.
Aus welchen Gründen das Krankenhaus J. nach dem vergeblichen Versuch der Verlegung des Versicherten in das Krankenhaus K. sich nicht um dessen Verlegung etwa in die Paracelsus-Klinik bemüht hat, spielt für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle. Das Verhalten des zugelassenen Krankenhauses J. fällt insoweit in die Sphäre der Beklagten. Die Klägerin durfte im vorliegenden Fall davon ausgehen, dass ein medizinischer Notfall vorlag und daher die Behandlung des Versicherten übernehmen.
Zu beachten ist hier auch, dass im vorliegenden Fall der Versicherte keine freiwillige Entscheidung dahingehend getroffen hat, das Krankenhaus der Klägerin aufzusuchen und sich dabei auch noch bewusst gewesen wäre, ein für seine Behandlung nicht zugelassenes Krankenhaus aufzusuchen. Vielmehr ist er ohne eigenes Zutun notfallmäßig dorthin verlegt worden von einem zugelassenen Leistungserbringer, dem Krankenhaus J., das sich zuvor vergeblich bemüht hatte, den Kläger in einem anderen zugelassenen Krankenhaus unterzubringen. Die Situation unterscheidet sich daher grundlegend von den Konstellationen, die das BSG zu entscheiden hatte; etwa mit seinem Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96 -. In jenem vom BSG entschiedenen Fall lag nach dem dort mitgeteilten Sachverhalt zwar eine Behandlungsbedürftigkeit, eindeutig jedoch kein Notfall im medizinischen Sinn vor und es fand eine Überweisung in die nicht zugelassenen Klinik zur Durchführung einer geplanten Operation statt. Dies war hier nicht der Fall.
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 2. Januar 2013 das Urteil des BSG vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 5/08 R - dahingehend zitiert, dass die Notfallbehandlung als solche nur bis zur umgehenden Verlegung des Patienten zu einem zugelassenen Leistungserbringer zulässig sei, vermag das an der Würdigung des hier vorliegenden Sachverhalts durch den Senat nichts zu ändern. Zum Einen ging es in jenem Rechtsstreit des BSG in erster Linie um die Frage, ob und unter welchen Umständen ein Krankenhausträger einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages hat. Das Zitat aus dem BSG-Urteil steht in einer Passage, die sich in einem Nebenaspekt mit dem Verhalten des Krankenhausträgers auseinandersetzt und nahelegt, dass es sich bei den geltend gemachten Vergütungen entweder nicht um echte Notfälle gehandelt hat oder dass die Versicherten viel zu lange in dem nicht zugelassenen Krankenhaus behandelt worden waren. Hierfür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Die Beklagte hat bis zur Entscheidung des Rechtsstreits keinen medizinischen Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine Verpflichtung der Klägerin zur Verlegung des versicherten in ein zugelassenes Krankenhaus ableiten ließe. Auch gegen die Rechnungslegung an sich mit dem Ansatz der, nach den für das Jahr 2007 geltenden Abrechnungsregeln aus Sicht des Senats korrekten, DRG A09C, deren Grundlage u. a. eine künstliche Beatmung >499 und < 1000 Stunden ist, hat die Beklagte keine Einwände erhoben.
Unter Berücksichtigung all dessen hat die Klägerin Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG iVm § 154 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Streitwert wird auf 46.018,42 Euro festgesetzt, da dies dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten an dem Verfahren entspricht.