Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.02.2013, Az.: L 3 KA 103/09
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen; Zulässigkeit einer rückwirkenden Erhöhung der Fallpunktzahl des zustehenden Regelleistungsvolumens; Anwendbarkeit einer allgemeinen Härteklausel
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.02.2013
- Aktenzeichen
- L 3 KA 103/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 33192
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0227.L3KA103.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 04.11.2009 - AZ: S 24 KA 419/06
Rechtsgrundlagen
- § 31 SGB X
- § 48 Abs. 1 SGB X
- § 85 Abs. 4 S. 7 SGB V
Redaktioneller Leitsatz
1. In einer Vorabentscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung über einzelne Berechnungselemente des Honoraranspruchs enthaltene Regelungen können nicht mit Wirkung für die Vergangenheit getroffen werden.
2. Die Erforderlichkeit besonderer honorarstützender Maßnahmen zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs kann sich auch unter Geltung der Regelleistungsvolumen aus einer allgemeinen Härteklausel ergeben, die in Hinblick auf den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ggf. im Wege der ergänzenden gesetzeskonformen Auslegung in den Honorarverteilungsvertrag hineinzuinterpretieren ist. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 31.816 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft in G., in der mehrere Ärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) tätig und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Die Klägerin bietet ua Spezialsprechstunden für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stimm- und Sprachstörungen und Psychotherapie an. Mit ihrer Klage macht sie die rückwirkende Erhöhung der Fallpunktzahl (FPZ) des ihr seit dem Quartal II/2005 zustehenden Regelleistungsvolumens (RLV) geltend.
Am 25. April 2006 beantragte sie bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eine Erweiterung des RLV für die klinisch-psychologische Diagnostik und logopädische Therapie in Hinblick auf die Leistungsziffern 20331, 20332, 20360, 20370, 20371, 35100, 35110, 35111, 35300 und 35301 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM; in der seit 1. April 2005 geltenden Fassung). Zur Begründung wies sie ua darauf hin, dass sie eine Psychologin im festen Anstellungsverhältnis beschäftige und mit Logopäden auf Honorarbasis zusammenarbeite. Trotz ihrer Einstufung in die RLV-Untergruppen U3 für HNO-Ärzte und U2 für Phoniatrie werde ihr RLV so stark überschritten, dass sie praktisch Psychologin und Logopäden subventionieren müsse.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 gewährte die Beklagte (durch den Geschäftsführer ihrer Bezirksstelle G.) der Klägerin dem Grunde nach eine Erweiterung des RLV für Fälle mit phoniatrisch-pädaudiologischen Leistungen bei Kindern und bat die Klägerin, entsprechende Leistungen bei der Abrechnung mit der Nr 97003 zu kennzeichnen. Mit weiterem Bescheid vom 13. Juli 2006 bezifferte die Beklagte die FPZ-Erhöhung auf 949,6 Punkte für die 0- bis 5jährigen Patienten. Dies berichtigte sie mit Bescheid vom 4. August 2006 in der Weise, dass sie für die Altersgruppe 0 bis 5 Jahre einen Zuschlag von 895,0 Punkten und für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres einen solchen von 1.123,5 Punkten gewährte. Die Erweiterung des RLV gelte ab dem Antragsquartal (II/2006); eine rückwirkende Erweiterung sei nicht möglich.
Hiergegen legte die Klägerin am 29. August 2006 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Herausnahme der Quartale II bis IV/2005 sowie I/2006 wandte. Sie habe den Antrag nicht früher stellen können, weil sie die Auswirkungen der Gebührenordnungsänderungen durch den neuen EBM auf ihre Praxis nicht habe richtig abschätzen können.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Erweiterung des RLV sei als eine Art "Härtefallregelung" anzusehen, mit der die Sicherstellung spezieller Leistungen gewährleistet werden solle. Die Notwendigkeit für eine solche Erweiterung könne aber nur vom Arzt selbst festgestellt werden. Darüber, dass Budgets auf Antrag aus Sicherstellungsgründen erweitert werden könnten, sei seit Einführung der Praxis- und Zusatzbudgets zum 1. Juli 1997 mehrfach informiert worden. Zudem sei festzustellen, dass die Klägerin durch das RLV nicht in außergewöhnlichem Maße beschwert werde. So seien ihr im Quartal II/2005 96,82 % der RLV-relevanten Leistungen innerhalb des RLV vergütet worden; im 3. Quartal 2005 seien es 100 % gewesen, im 4. Quartal 2005 84,55 % und im 1. Quartal 2006 88,67 %.
Gegen den am 12. Oktober 2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 8. November 2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der sie das Ziel einer Neubescheidung für die Quartale II bis IV/2005 verfolgt hat. Gemäß Abs 3 der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM zum 1. April 2005 (von den Partnern der Bundesmantelverträge als Anl hierzu vereinbart) sei eine rückwirkende Erweiterung nicht ausgeschlossen. Sinn und Zweck dieses Ausschlusses erschlössen sich auch nicht, weil es sich bei der Erweiterung des RLV um eine Ausnahmeentscheidung handele, die bei Vorliegen eines entsprechenden Sicherstellungsbedarfs getroffen werde. Die Klägerin habe den Erweiterungsantrag gestellt, sobald die Auswirkungen der neuen Abrechnungsregelungen bekannt gewesen seien. Im Übrigen sei die Klägerin seit Einführung der Teilbudgets zum Quartal I/1996 und der Praxis- und Zusatzbudgets mit Wirkung ab dem Quartal I/1997 von jeglichen Abrechnungsbeschränkungen für die phoniatrischen und pädaudiologischen Leistungen befreit gewesen. Die zugrunde liegenden Bescheide über die Befreiung seien bis heute nicht aufgehoben worden und gälten fort.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 4. November 2009 abgewiesen. Es ist der Begründung der Beklagten im Widerspruchsbescheid gefolgt und hat auf den Hinweis der Beklagten verwiesen, dass Sinn und Zweck der Erweiterung der RLV - auf die Zukunft gerichtete - Sicherstellungsgesichtspunkte seien. Die rechtliche Grundlage für die Gewährung von Praxis- und Zusatzbudgets sei entfallen, sodass es einer Aufhebung der auf ihr beruhenden Bewilligungsbescheide nicht bedurft habe.
Gegen das ihr am 19. November 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 Berufung eingelegt, die am 16. Dezember 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Sie rügt, dass die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils eine Auseinandersetzung mit der Sach- und/oder Rechtslage nicht erkennen ließen. Im Übrigen wiederholt sie ihre Argumente aus dem erstinstanzlichen Verfahren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 4. November 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2006 in Gestalt der weiteren Bescheide vom 13. Juli und 4. August 2006 sowie des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die ihr eingeräumte Erhöhung der Fallpunktzahl im Regelleistungsvolumen auch für die Quartale II bis IV/2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, für die rückwirkende Erweiterung der RLV fehle es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche Rückwirkung der Erweiterung auf Antrag sei in der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM nicht vorgesehen. Die Erweiterung des RLV erfolge im Übrigen zur Sicherstellung. Eine rückwirkende Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung sei jedoch nicht möglich, sodass auch eine rückwirkende Erweiterung des RLV ausgeschlossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist die rückwirkende Anwendung der Regelung, die in den ansonsten bindenden Bescheiden vom 26. Juni, 13. Juli und 4. August 2006 zur Erhöhung der FPZen getroffen worden ist, auf die Quartale II bis IV/2005. In einzelnen Schriftsätzen des Klage- und Berufungsverfahrens geht die Klägerin zwar auch von einer Anwendung im Quartal I/2006 aus. Sie hat jedoch in der Klageschrift vom 8. November 2006, bei der Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2009 und erneut in der Berufungsschrift vom 14. Dezember 2009 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2013 ausschließlich die Quartale II, III und IV/2005 angeführt, sodass die im Bescheid vom 4. August 2006 getroffene Regelung für das Quartal I/2006 bestandskräftig geworden ist.
Die so verstandene Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Erhöhung der FPZ für das RLV der Klägerin auch für die streitbefangenen Quartale zu gewähren.
1. Der begehrten rückwirkenden Erhöhung der FPZ stehen schon Gründe des formalen Rechts entgegen.
In den in Hinblick auf ihren Geltungszeitraum angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte allein die Höhe der FPZ geregelt, die bei der Berechnung des RLV (nach § 3 Abs 1 der Anl 2 zum hier zugrunde zu legenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) vom 4. März 2005 (NdsÄBl 2005, Heft 4, S 87 ff)) für bestimmte Behandlungsfälle anzusetzen ist. Eine solche gesonderte Regelung eines einzelnen Berechnungselements des vertragsärztlichen Honoraranspruchs ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; SozR 4-2500 § 85 Nr 53; SozR 4-2500 § 92 Nr 9) zulässig, wenn damit Vorfragen, die Auswirkungen für mehrere Quartale haben, geregelt werden. Es handelt sich dabei um "Vorabentscheidungen" (BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 9), mit denen "bestimmte Grundfragen der Honorarabrechnung gleichsam vor die Klammer gezogen" werden (BSG aaO.). Aus diesem Zweck eines Vorabentscheidungs-Verfahrens folgt, dass die jeweilige Regelung nur Bedeutung für Gegenwart und Zukunft, dh für das Quartal des Antragsmonats und die darauf folgenden Quartale haben kann. Soweit Berechnungselemente für das Honorar bereits abgelaufener Quartale angegriffen werden, kann und muss sich der Vertragsarzt dagegen durch Anfechtung des entsprechenden quartalsbezogenen Honorarbescheids wenden.
Dies gilt umso mehr, als die vorliegend streitbefangene Regelung der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit phoniatrisch/pädaudiologischen Leistungen bei Kindern dient, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Der Klägerin wird eine höhere FPZ für diese Leistungen gewährt, um wirtschaftliche Anreize für die Erbringung entsprechender Untersuchungen bzw Therapien zu geben. Eine derartige verhaltenslenkende Regelung ist aber nur für zukünftige Zeiträume möglich; in der Vergangenheit liegende, bereits getroffene Therapieentscheidungen können nicht mehr gelenkt werden.
Schließlich sprechen auch abrechnungsrechtliche Gründe gegen die beantragte Rückwirkung. Nach dem - insoweit verbindlichen - Inhalt der angefochtenen Bescheide werden die FPZ-Zuschläge nicht generell für bestimmte EBM-Gebührenordnungsziffern gewährt, sondern nur für die Fälle, in denen die Ärzte der Klägerin phoniatrisch/pädaudiologische Leistungen bei Kindern erbringen. Um diese kenntlich zu machen, sind die entsprechenden Leistungen mit der Nr "97003" zu kennzeichnen. Eine derartige Kennzeichnung kann für frühere Quartale naturgemäß noch nicht erfolgt sein. Die nachträgliche Berichtigung der Abrechnungsunterlagen für die Quartale II bis IV/2005 ist aber nicht mehr möglich, weil diese nach § 20 Abs 8 der ab 1. April 2005 geltenden Abrechnungsanweisung der Beklagten (NdsÄBl 2005, Heft 2, S 105 ff) nur bis zum Ablauf des auf die Behandlung folgenden Abrechnungsquartals gestattet ist.
Zu Unrecht wendet die Klägerin ein, sie sei bereits seit Einführung der EBM-Teilbudgets zum Quartal I/1996 durchgehend von Abrechnungsbeschränkungen für phoniatrische und pädaudiologische Leistungen befreit gewesen und diese Entscheidung müsse als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (§ 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) weiter gelten. Auch bei früheren Entscheidungen der Beklagten über die Befreiung oder Erweiterung von Teil-, Praxis- oder Zusatzbudgets hat es sich um die oa Vorabentscheidungen über Berechnungselemente des Honoraranspruchs gehandelt. Diese Entscheidungen wirken nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 85 Nr 53) aber nur soweit und solange, wie die Sach- und Rechtslage unverändert bleibt bzw geblieben ist. Die Geltung von Praxis- und Zusatzbudgets, die früheren Befreiungsentscheidungen zugunsten der Klägerin zugrunde gelegen haben, ist aber bereits mit Wirkung vom 1. Juli 2003 durch Aufhebung von Teil B der Allgemeinen Bestimmungen des damaligen EBM beendet worden. Auch spätere HVM-Regelungen, wie die Gewährung von Patientenzusatzversorgungsvolumina für Leistungen der Phoniatrie und Pädaudiologie (vgl Anl 4 zum HVM der Beklagten vom 31. Mai 1997 idF des 21. Nachtrags vom 11. Juni 2003 (NdsÄBl 2003, Heft 7, S 79, 82)), sind mit Wirksamwerden des HVV zum 2. Quartal 2005 ohne weiteres außer Kraft getreten. Hierauf bezogene Bescheide haben deshalb für den vorliegenden Zeitraum keine Wirkung mehr.
2. Der Klägerin steht aber auch materiell-rechtlich kein Anspruch auf Erhöhung der FPZ für die Quartale II bis IV/2005 zu.
a) Entgegen der Auffassung der Beteiligten ergibt sich ein Anspruch auf Erhöhung der bei der Bemessung des RLV heranzuziehenden FPZen nicht aus der Ergänzenden Vereinbarung der Vertragspartner der Bundesmantelverträge zum Reform des EBM zum 1. April 2005 (DÄ 2005, A-77). Im dortigen Abs 3 wird zwar die Verpflichtung der KÄVen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und die sich daraus ergebende Möglichkeit einer Erhöhung der FPZ der RLV erwähnt. Wie bereits das BSG (SozR 4-2500 § 73 Nr 4) mit überzeugender Begründung entschieden hat, wird damit aber allenfalls auf evtl anderweitig geregelte Kompetenzen der KÄVen Bezug genommen, ohne dass insoweit eine eigenständige Regelung getroffen wird. Lediglich für Vertragsärzte, die mit dem Gebiet Innere Medizin ohne Schwerpunkt zugelassen sind, hat die "Ergänzende Vereinbarung" unter Abs 4 eine Regelung enthalten.
b) Als Anspruchsgrundlage kommt allerdings der in den Quartalen II bis IV/2005 im Gebiet der Beklagten geltende HVV vom 4. März 2005 in Betracht, der in seiner Anl 2 die RLV regelt, wobei der dortige § 3 Abs 2 Vorgaben über die FPZen enthält. Grundlage hierfür ist einerseits § 85 Abs 4 S 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190), wo die RLV als arztgruppenspezifische Grenzwerte vorgeschrieben sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind. Zum anderen ist der gem § 85 Abs 4a S 1 Halbs 2 SGB V ergangene Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 (DÄ 2004, A-3129) grundlegend, in dem ua die Maßgaben für die Ermittlung des RLV verbindlich vorgegeben sind. Dieser Beschluss regelt unter Ziff 3.1 S 4, dass im HVV zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen des RLV vorgenommen werden können. Hiervon haben die Vertragspartner des HVV jedoch nur in der Weise Gebrauch gemacht, dass in begründeten Einzelfällen eine Änderung der Zuordnung zu den gem § 3 Abs 2 Nr 2 HVV-Anl 2 vorgesehenen Arzt-Untergruppen erfolgen kann. Eine darüber hinaus gehende allgemeine Möglichkeit, die FPZen - wie vorliegend - für besondere Leistungen zu erhöhen, enthält der HVV jedoch nicht.
c) Wie das BSG mit Urteil vom 29. Juni 2011 (B 6 KA 17/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 66) entschieden hat, kann sich die Erforderlichkeit besonderer honorarstützender Maßnahmen zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs auch unter Geltung der RLV aber aus einer allgemeinen Härteklausel ergeben, die in Hinblick auf den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ggf im Wege der ergänzenden gesetzeskonformen Auslegung in den HVV hineinzuinterpretieren ist (vgl zur Härteklausel auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 23; SozR 4-2500 § 85 Nr 45). Unabhängig von der Frage, ob aus der allgemeinen Härteklausel überhaupt ein Anspruch auf Erhöhung der FPZ (oder vielmehr nur ein solcher auf Zahlung eines Honorarzuschlags) abzuleiten ist, kann sie jedoch nur angewandt werden, wenn dies nicht nur zur Deckung eines Sicherstellungsbedarfs, sondern auch zum Ausgleich einer konkreten Härte erforderlich ist, die als Konsequenz der Anwendung des HVV für den betroffenen Vertragsarzt eintreten würde. Bei Bestehen eines besonderen medizinischen Versorgungsbedarfs muss diese zwar nicht notwendigerweise in einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung der betroffenen Praxis liegen; es muss aber eine "schwere Härte" anzunehmen sein (BSG, Beschluss vom 16. Dezember 2009 - B 6 KA 13/09 B - juris mit Hinweis auf Urteil vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 73/97 R - juris; Senatsbeschluss vom 18. März 2010 - L 3 KA 163/06).
Eine schwere Härte, die die Klägerin in den vergangenen Quartalen II bis IV/2005 ohne Anpassung der FPZ getroffen hätte, wird von ihr selbst aber nicht geltend gemacht und ist auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Wie die Beklagte vielmehr - von der Klägerin unwidersprochen - in der Begründung ihres Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2006 ausgeführt hat, hat die Klägerin ihr RLV in den streitbefangenen Quartalen entweder gar nicht oder nur geringfügig überschritten. Im 2. Quartal wurden 96,82 % der RLV-relevanten Leistungen innerhalb des RLV vergütet, im 3. Quartal 2005 100 % und im 4. Quartal 2005 84,55 %. Die Notwendigkeit der Erhöhung der FPZ für phoniatrische bzw pädaudiologische Leistungen mag deshalb auf längere Sicht notwendig gewesen sein, um ansonsten zu befürchtende Härten zu vermeiden. Für den kurzen Zeitraum der Quartale II bis IV/2005 ist dies aber nicht anzunehmen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus der Anwendung des § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei ist der Senat von der - offensichtlich für vier Quartale erteilten - Streitwertmitteilung der Beklagten vom 3. April 2007 ausgegangen und hat diesen Betrag - für die vorliegend noch umstrittenen drei Quartale - um 1/4 vermindert.