Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 3 A 3297/99
Beihilfe; Kostendämpfungspauschale; Rückwirkung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 20.03.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 3297/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43444
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 87c BG ND
- § 5 Abs 2 BhV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die beihilferechtliche Kostendämpfungspauschale gemäß § 87 c Abs. 4 NBG, Art. 14 Nr. 2 HBegleitG 1999 ist mit dem höherrangigen Recht vereinbar (wie VG Oldenburg, Urteil vom 28.01.2001 - 6 A 3510/99). Art. 20 HBegleitG 1999 muss, um eine verfassungswidrige echte Rückwirkung zu vermeiden, verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass nicht ausschließlich diejenigen Beihilfeanträge nach den bis zum 31.01.1999 geltenden Vorschriften abzurechnen sind, die bis zu diesem Datum bei der Beihilfestelle eingegangen sind, sondern dass dies auch für alle Anträge gilt, mit denen die Erstattung von Aufwendungen beantragt wird, die vor dem 01.02.1999 entstanden sind.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anwendung der beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale.
Die Klägerin ist Richterin im niedersächsischen Landesdienst. Ihre Arbeitszeit ist auf 50 % einer Vollzeitbeschäftigung reduziert; im Rahmen der Beihilfegewährung sind zwei Töchter berücksichtigungsfähig. Mit Beihilfeantrag vom 12.05.1999, beim Beklagten eingegangen am 17.05.1999, beantragte die Klägerin Beihilfe für insgesamt 17 Aufwendungen mit Rechnungsbeträgen von zusammen 2.059,14 DM. Von den eingereichten Belegen datieren 6 mit einem Kostenvolumen von 794,71 DM vor dem 31.01.1999, 2 (Kostenvolumen: 75,48 DM) tragen das Datum des 01.02.1999 und die übrigen 9 Belege über zusammen 1.188,95 DM wurden zwischen dem 05.03. und dem 03.05.1999 ausgestellt; bei den Letztgenannten fand auch die zu Grunde liegende Behandlung bzw. Verschreibung von Arzneimitteln nach dem 01.02.1999 statt. Mit Beihilfebescheid vom 26.05.1999 setzte der Beklagte die Beihilfe auf 1.493,67 DM fest, wobei er Bemessungssätze von 70 % für die Klägerin und jeweils 80 % für die beiden Töchter zu Grunde legte und die berechnete Beihilfe um einen Teilbetrag der Kostendämpfungspauschale i.H.v. 210,00 DM kürzte.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.06.1999, beim Beklagten eingegangen am 24.06.1999, Widerspruch ein. Ergänzend führte sie aus, der Widerspruch richte sich gegen die Einführung der nach Besoldungsgruppen gestaffelten, nicht versicherbaren Kostendämpfungspauschale, ihre rückwirkende Anwendung auf beihilfefähige Leistungen, die vor dem 01.02.1999 entstanden seien, die im Verhältnis zur Verkürzung ihrer Arbeitszeit nicht proportional erfolgte Reduzierung der Kostendämpfungspauschale sowie gegen die prozentuale Kürzung des Ermäßigungsbetrages von 50,00 DM je Kind. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.1999, zugestellt am 27.09.1999, verringerte der Beklagte die Kostendämpfungspauschale um 30,00 DM auf 180,00 DM, indem er sie - nach Änderung seiner bisher bestehenden Rechtsauffassung -- entsprechend der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zuerst kürzte, bevor er die Abzugsbeträge für die beiden Kinder absetzte, und wies den Widerspruch der Klägerin im Übrigen zurück. Mit Beihilfebescheid vom 30.09.1999 setzte der Beklagte eine weitere Beihilfe i.H.v. 30,00 DM fest.
Am 07.10.1999 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie vertritt die Auffassung, die Regelung der Kostendämpfungspauschale in § 87 c Abs. 4 NBG verletze die rahmenrechtlich und verfassungsrechtlich verankerten Grundsätze der Fürsorgepflicht und der Alimentationspflicht. Zu letzterer zähle auch die amtsangemessene Erstattung der durchschnittlich zu erwartenden Aufwendungen für die Eigenfürsorge im Krankheitsfall, die mit der Beihilfe ein System bilde. Werde die Beihilfeleistung deutlich verringert, habe dies zur Folge, dass ein höherer Teil der Besoldung für die Eigenvorsorge aufgewandt werden müsse; das System gerate so in ein Ungleichgewicht. Da die Kostendämpfungspauschale nicht durch eine Zusatzversicherung abgedeckt werden könne, müssten zu ihrer Begleichung - abweichend vom "Beihilfestandard" unabhängig von der Zahl der Krankheitsfälle -- Besoldungsanteile aufgewandt werden. Die Kostendämpfungspauschale schmälere daher die Bezüge, die der Bundesgesetzgeber als amtsangemessene Vergütung festgesetzt habe, und greife in dessen Gesetzgebungskompetenz ein. Die Regelung des § 87 c Abs. 5 Satz 2 NBG für die Teilzeitkräfte verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 70 % einer Vollzeitbeschäftigung im Vergleich zu denjenigen mit mehr als 70 % einer Vollzeitbeschäftigung einen verhältnismäßig höheren Anteil ihrer Besoldung für die Kostendämpfungspauschale aufzuwenden hätten. Indem die Besoldung von den zu 50 % Teilzeitbeschäftigen durch die streitbefangene Pauschale unter die hälftige Besoldung einer Vollzeitkraft absinke, werde der Grundsatz verletzt, dass - auch im Interesse einer ordnungsgemäßen Alimentierung - keine unterhälftige Teilzeitbeschäftigung zulässig sei. Die Ermäßigung von lediglich 50,00 DM je Kind benachteilige die Beamten mit Kindern gegenüber den kinderlosen. Die Übergangsregelung in Art. 20 HBegleitG1999 enthalte eine unzulässige Rückwirkung, indem sie Beihilfeansprüche, die nach bisherigem Recht vor dem 31.01.1999 entstanden seien, von der Kostendämpfungspauschale erfasse. Die Neuregelung in § 87 c NBG sei so kurzfristig erfolgt, dass es nicht möglich gewesen sei, sich darauf einzustellen und bereits vor dem 01.02.1999 entstandene Beihilfeansprüche rechtzeitig geltend zu machen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beihilfebescheides vom 26.05.1999, soweit er dem entgegen steht, und des Widerspruchsbescheides vom 09.09.1999 zu verpflichten, der Klägerin auf den Beihilfeantrag vom 12.05. 1999 weitere Beihilfe im Umfang der einbehaltenen Kostendämpfungspauschale von 92,03 Euro (entspricht 180,00 DM) zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angegriffenen Bescheide und weist darauf hin, dass er an § 87 c NBG gebunden sei und keine Verwerfungskompetenz besitze. Außerdem teile er die Bedenken der Klägerin an der Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht. Der Gesetzgeber habe durch die Einführung der Kostendämpfungspauschale eine Abschaffung der Beihilfefähigkeit der Wahlleistungen bei Krankenhausaufenthalt, die nicht zum Beihilfestandard zählten, vermeiden wollen. Vom Wesen her sei die Beihilfe lediglich eine Hilfeleistung, die neben die zumutbare Eigenvorsorge und eine angemessene Eigenbeteiligung, auch in pauschalierter Form, trete. Die Beihilfeberechtigten müssten darum gewisse Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergäben. Der Wesenskern der Fürsorgepflicht sei nicht verletzt. Die Notwendigkeit zur Kostendämpfung im Bereich der Beihilfe ergebe sich aus der äußerst angespannten Haushaltslage des Landes. Der eingeführten Pauschale stehe eine Entlastung der Beihilfeberechtigten durch den Fortfall der Zuzahlung bei Arzneimitteln und Fahrtkosten gegenüber. Das Alimentationsprinzip sei nicht berührt. Die Stichtagsregelung zum 01.02.1999 enthalte lediglich eine unechte Rückwirkung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den von der Kammer beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beihilfebescheid des Beklagten vom 26.05.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.1999 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin, welcher kein Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe zusteht, nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für das streitbefangene Verpflichtungsbegehren der Klägerin ist § 87 c Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes -- NBG - (i.d.F. vom 11.12.1985, Nds.GVBl. S. 493) in der hier zu berücksichtigenden Fassung durch Art. 14 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes - HBegleitG - 1999 vom 21.01.1999 (Nds.GVBl. S. 10), der gemäß § 4 Abs. 1 Nds.RiG vom 14.12.1962 (Nds.GVBl. S. 265, in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.12.1997, Nds.GVBl. S. 528) entsprechend auch für Richter anzuwenden ist. Danach erhalten Richter Beihilfen nach den für die Beamten des Bundes geltenden Vorschriften, wobei die Beihilfevorschriften des Bundes i.d.F. vom 10.07.1995 (GMBl. S. 470) maßgebend sind. Weil der Beihilfeantrag der Klägerin vom 12.05.1999 nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.02.1999 (vgl. Art. 22 Abs. 2 HBegleitG 1999) bei der Beihilfestelle eingegangen war, musste nach Art. 20 HBegleitG 1999 grundsätzlich das ab dem 01.02.1999 geltende Recht angewandt werden.
Nach § 87 c Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 und 2 NBG war die zunächst errechnete Beihilfe einer teilzeitbeschäftigten Richterin aus der Besoldungsgruppe R 1 je Kalenderjahr, in dem ein Beihilfeantrag gestellt wird, um 280,- DM (70 % der regelmäßigen Kostendämpfungspauschale i.H.v. 400 DM) zu kürzen. Diese Teilzeitbeschäftigungs-Kostendämpfungspauschale verminderte sich nach Abs. 4 Satz 3 der Vorschrift für jedes berücksichtigungsfähige Kind um 50 DM. Danach steht der Klägerin für die mit Antrag vom 12.05. 1999 geltend gemachten Aufwendungen eine Beihilfe nur im von dem Beklagten festgesetzten, um eine Kostendämpfungspauschale i.H.v. 180,- DM gekürzten Umfang zu, weil die eingangs zitierten Rechtsgrundlagen anzuwenden gewesen sind.
Die Einführung der Kostendämpfungspauschale durch Art. 14 Nr. 2 HBegleitG 1999 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; insofern teilt die Kammer die Auffassung des VG Oldenburg (Urteil vom 28.01.2001 - 6 A 3510/99 --, Nds.RPfl. 2001, 384). Gegen die Gesetzgebungskompetenz des Landes in Beihilfesachen bestehen auch im Hinblick auf den von der Klägerin monierten Eingriff in die vom Bundesgesetzgeber gewährte Alimentierung keine durchgreifenden Bedenken. Denn nach der aus Art. 70 GG folgenden Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern durfte das Land Niedersachsen eine Regelung der Beihilfe oder ihr entsprechender Leistungen treffen. Auch wenn der Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 72 Abs. 1 GG durch das Bundesbesoldungsgesetz und das Beamtenversorgungsgesetz bezüglich der Gewährung von Dienst- und Versorgungsbezügen von der ihm aufgrund des Art. 74 a GG zustehenden Befugnis Gebrauch gemacht hat, so ist das Land Niedersachsen am Erlass einschränkender Regelungen bei der Beihilfe nicht gehindert, weil der Bund eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit (ebenso wie eine Rahmengesetzgebungskompetenz nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 GG) für den Bereich der Beihilfe in Bezug auf die Richter und Beamten der Länder und Kommunen nicht wahrgenommen hat (vgl. §§ 1 Abs. 2 und 3 BBesG, 2 BeamtVG). Zwar wird regelmäßig - wie auch von der Klägerin vorgetragen -- die Kostendämpfungspauschale aus Mitteln der Dienst- oder Versorgungsbezüge bezahlt, wodurch die zur Verfügung gestellten Bezüge durch eine Gegenforderung des Dienstherrn verringert werden. Damit handelt es sich jedoch noch nicht um einen unzulässigen Eingriff in die dem Bundesgesetzgeber zustehende Befugnis zur Gestaltung des Besoldungs- und Versorgungsrechts.
Nach allgemeiner Auffassung ist in der vom Bundesgesetzgeber festgelegten Besoldung ein Anteil zur Deckung von Aufwendungen der Beamten im Krankheitsfall enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 - 2 N 1/86 -, BVerwGE 77,345,351); durch Kürzungen im Beihilfewesen wird mittelbar Einfluss auf diesen Anteil und damit auf die Höhe der Bezüge genommen (vgl. Neuhäuser, Kostendämpfungspauschalen im Beihilferecht im Lichte der Rechtsprechung, NVwZ 1999, 824, 835); dennoch weisen Beihilfe und Alimentation unterschiedliche Anknüpfungspunkte auf. Besoldung und Versorgung in ihrer bundesgesetzlichen Ausgestaltung dienen der Erfüllung des aus Art. 33 Abs.5 GG folgenden Alimentationsprinzips, das den Dienstherrn verpflichtet, dem Beamten oder Richter und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu gewähren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvR 3/88 - BVerfGE 83,89,98). Mit der in der Besoldung enthaltenen teilweisen Beteiligung an Aufwendungen für besondere finanzielle Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle stellt der Dienstherr seinen Beamten und Richtern einen Durchschnittssatz der in solchen Fällen zu erwartenden Aufwendungen zur Eigenvorsorge zur Verfügung, welcher die ihnen verbleibenden Teile der voraussichtlichen Krankheitskosten abdeckt, indem sie damit entweder Rücklagen bilden oder eine freiwillige Krankenzusatzversicherung abschließen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11. 1991 - 2 N 1.89 -, BVerwGE 89, 207,209). Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung des Alimentationsprinzips nur denkbar, wenn der Beihilfeberechtigte im konkreten Einzelfall derart viele Mittel aufwenden müsste, dass die ihm verbleibende Besoldung keine amts-angemessene Lebensführung für sich und seine Familie mehr erlaubte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1991, aaO., S. 209); vorliegend besteht dafür kein Anhaltspunkt.
Durch die besoldungsimmanenten Teile der Kosten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen werden die Länder nicht gehindert, in Konkretisierung ihrer Fürsorgepflicht - wie in Niedersachsen gemäß § 87 NBG - (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1988 - 2 C 58.85 --, BVerwGE 79,249, 253) nach ihren Vorstellungen die Grundsätze über die Gewährung von Beihilfen im Einzelfall auszugestalten. Denn das erst in jüngerer Zeit nach 1945 herausgebildete System der Beihilfe gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. SaarlVerfGH, Urteil vom 17.12.1996 - LV 3/95 -, NVwZ-RR 1997,449,455 [VerfGH Saarland 17.12.1996 - Lv 3/95] m. w.N.; Pühler, ZBR 1998, 226; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 4. Aufl. 1998, Rn. 355 m.w.N.). Es soll den Beamten und Richter von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Allerdings müssen sich Beihilfe und Alimentation aufgrund ihrer unterschiedlichen Anknüpfungspunkte nicht dergestalt ergänzen, dass dem beihilfeberechtigten Richter, Beamten oder Versorgungsempfänger keinerlei Belastung verbleibt, die er aus seinen Bezügen zu tragen hat (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28.04.1992 - Vf.100-VI-89 -, ZBR 1992, 305-308); eine "freie Heilfürsorge" in Form der Übernahme sämtlicher Aufwendungen durch den Dienstherrn sieht das Gesetz nicht vor. Daher sind Beihilferegelungen, die den Bezügeempfänger mit Aufwendungen belasten, die etwa eine beihilfekonforme private Krankenversicherung nicht erstattet, nicht bereits als besoldungsrechtliche Regelungen zu betrachten. Dies kann auch nicht aus einer Staffelung der Kostendämpfungspauschale nach Besoldungsgruppen hergeleitet werden. Eine Einebnung der bundesrechtlich abgestuften Besoldungsgruppen erfolgt damit nicht. Vielmehr ist die Staffelung Ausdruck des Fürsorgeprinzips (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, aaO., S. 102 und Beschluss vom 09.03. 2000 - 2 BvL 8/99 -, DVBl. 2000,1117,1118; VG Oldenburg, aaO., S. 385). Dieses Prinzip gebietet ergänzende Leistungen des Dienstherrn, damit die amtsangemessene Alimentation durch Aufwendungen aus Anlass von konkreten Krankheits-, Geburts- und Todesfällen nicht unzumutbar beeinträchtigt wird und der Beihilfeberechtigte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die sich auch über eine zumutbare Eigenvorsorge nicht abdecken lassen. Der Dienstherr darf daher die Beihilfe, die er nach dem in Bund und Ländern entwickelten Beihilfesystem als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung konzipiert hat, nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11. 1991, aaO., 211 m.w. N.). Indessen folgt daraus nicht, dass eine lückenlose Anpassung an diese Versicherungsmöglichkeiten geboten ist. Denn grundsätzlich beschränkt sich die zumutbare Eigenvorsorge nicht auf den Abschluss einer (beihilfekonformen) privaten Krankenversicherung. Vielmehr sind durchaus auch verbleibende Belastungen in einem zumutbaren Umfang vom Beamten aus seiner Alimentation oder aus Rücklagen zu tragen. Entscheidend ist zunächst, ob im konkreten Einzelfall der verbleibende Eigenanteil einschließlich der Kosten für eine zumutbare Krankenversicherung zu einer für den Beamten oder Richter unzumutbaren Belastung führt (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22.11.1994 - 6 K 771/94.NW - ZBR 1995, 249; VG Oldenburg, aaO.). Dies kann indessen nach Ansicht der Kammer, wie bereits ausgeführt, im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Die finanzielle Belastung der Betroffenen ist vergleichsweise gering, da sie sich regelmäßig - auch bei Teilzeitbeschäftigten - auf weit weniger als 1 % des Bruttojahreseinkommens beläuft. Eine einmalige, nach Besoldungsgruppen gestaffelte und für Teilzeitbeschäftigte abgesenkte Kostendämpfungspauschale von 180,00 DM im Kalenderjahr stellt keine Verletzung der gebotenen Fürsorge dar. Hinzu kommt, dass die Kostendämpfungspauschale in § 87 c Abs. 6 NBG sozialverträglich ausgestaltet wurde, denn die Beihilfeansprüche von Beamten im Erziehungsurlaub, im Vorbereitungsdienst und Waisen sowie Mitgliedern in der gesetzlichen Krankenversicherung werden nicht durch eine Jahrespauschale gekürzt. Auch vermindert sich nach § 87 c Abs. 4 Satz 3 NBG die Pauschale um 50 DM für jedes berücksichtigungsfähige Kind. Damit wird entsprechend dem Fürsorgeprinzip der persönlichen Leistungsfähigkeit bestimmter Gruppen von Beihilfeberechtigten Rechnung getragen. Zudem kann im Einzelfall nach § 14 Abs. 6 BhV zur Vermeidung von Härten durch die oberste Dienstbehörde der Bemessungssatz in Ausnahmefällen verändert werden.
Die Kammer teilt auch die Auffassung des VG Oldenburg (aaO.), dass sich die Mehrbelastungen der Beihilfeberechtigten durch Art. 14 Nr. 2 HBegleitG 1999 im Rahmen des Beihilfestandards halten, der sich in Bund und Ländern herausgebildet hat (vgl. zum Begriff: Schütz, Beamtenrecht, Stand: 03/00, § 88 NW-LBG, Rn. 4 m.w.N.). Er gibt dem Bundesbesoldungsgesetzgeber ein annäherndes Bild über die verbleibenden Belastungen der Besoldungsempfänger und ist bei der Bemessung von Besoldung und Versorgung zu berücksichtigen. Im Gegenzug genügen der Bund und die Länder ihrer Fürsorgepflicht nur, wenn sie ihre ergänzende Hilfeleistungen am bundesweiten Beihilfestandard orientieren. Indessen ist dabei ein identisches Beihilfesystem oder eine Gleichbehandlung, dass etwa jeder Aufwendung und Aufwendungsart in Bund und Ländern gleiche oder ähnliche Beihilfeleistungen gegenüber stehen müssten, nicht geboten. Eine Verletzung des gebotenen Beihilfestandards wegen Beeinträchtigung dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze ist erst dann erreicht, wenn das ausgewogene Beziehungssystem zwischen der Alimentation und den ergänzenden Beihilfeleistungen empfindlich gestört wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Leistungsniveau in quantitativer und qualitativer Hinsicht gegenüber dem allgemeinen Beihilfestandard in dem betreffenden Land deutliche Einbußen erleidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1991, aaO., S. 212).
Eine derartig deutliche Störung des Beziehungssystems oder Einbuße durch die in Rede stehende gesetzliche Regelung ist nicht gegeben. Zwar dürften die Eigenbeteiligungen bei Wahlleistungen und die Einführung der Kostendämpfungspauschale pro Kalenderjahr in einer Anzahl von Fällen dazu geführt haben, dass Besoldungsempfänger mit nur geringfügigen jährlichen Aufwendungen für Krankheitsfälle überhaupt keine Beihilfe mehr erhalten haben. Der Beihilfestandard wird dennoch nicht verletzt (so aber: Neuhäuser, a.a.O., S. 827), weil die Einführung von Bagatellgrenzen stets zur Folge hat, dass der dem Grunde nach Anspruchsberechtigte die Kosten unterhalb der jeweiligen Bagatellgrenzen vollständig zu tragen hat. Eine durchgreifende Störung des Systems von Alimentation und ergänzenden Beihilfeleistungen ist in der Kostendämpfungspauschale nicht zu sehen, zumal die hier in Rede stehenden Einsparungen sich in gewisser Weise auch an den Zuzahlungen und Leistungseinschränkungen orientieren, wie sie mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (BGBl. I 1992, 2266) seit dem Jahre 1993 für Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen eingeführt worden sind (vgl. etwa § 31 Abs. 3 SGB V für Arznei- und Verbandmittel, § 34 II SGB V zum Ausschluss bestimmter Arzneimittel, § 39 Abs. 4 SGB V Zuzahlung für Krankenhaustage); da gleichzeitig die Zuzahlungen für Medikamente und Krankentransport entfallen sind, dient die Kostendämpfungspauschale auch dem Zweck, eine Privilegierung der Beihilfeberechtigten gegenüber den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zu vermeiden.
Die Kammer hat ferner keinen Zweifel daran, dass die in Rede stehenden Einschränkungen im Beihilferecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Es widerspricht nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dass eine Kostendämpfungspauschalen gegliedert nach Besoldungsgruppen und Kinderzahl erhoben wird und sich die Höhe der Pauschale bei Teilzeitbeschäftigung verringert, ohne auf den Grad der Teilzeit Rücksicht zu nehmen. Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber gehalten, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart verschieden zu behandeln. Dabei verbleibt ihm insbesondere im Bereich der Leistungsverwaltung ein weiter Gestaltungsspielraum. Es genügt, wenn sich für die getroffene Unterscheidung eine ausreichende sachliche Begründung findet, wobei der Gesetzgeber entscheiden kann, an welche sachlichen Merkmale er anknüpft. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet nur, Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Ob der Gesetzgeber demgegenüber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat, ist gerichtlich nicht überprüfbar. Im vorliegenden Fall sind die Einführung einer höheren Eigenbeteiligung bei den Wahlleistungen und einer Kostendämpfungspauschale erkennbar von dem Willen des Landesgesetzgebers getragen (vgl. LT-Drs. 14/350, S.22), zu Lasten der Beihilfeberechtigen schnell Haushaltsmittel zu sparen und zugleich die Beamten und Richter zu einer zurückhaltenden Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems anzuhalten. Damit sind durchaus sachliche Gründe für die Maßnahmen des Gesetzgebers gegeben. Die Abstufung nach Besoldungsgruppen entspricht durchaus dem Fürsorgeprinzip und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die regelmäßig bei den betreffenden Besoldungsgruppen erwartet werden kann. Die fehlende weitere Differenzierung bei den Besoldungsgruppen wie auch innerhalb der unterschiedlichen Grade von Teilzeitbeschäftigungen ist im Rahmen der Massenverwaltung, wie sie die Beihilfegewährung darstellt, als typisierende und pauschalierende Regelung gerechtfertigt, um möglichst einfach und zeitnah die damit in Zusammenhang stehenden Verwaltungsaufgaben bewältigen zu können, zumal sich die von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Ausgestaltungen, verglichen mit dem Jahresbruttoeinkommen, prozentual kaum messbar auswirken würden.
Soweit die Klägerin schließlich ausführt, die Übergangsregelung in Art. 20 HBegleitG 1999 enthalte eine unzulässige Rückwirkung, indem sie auch Beihilfeansprüche erfasse, die nach bisherigem Recht vor dem 31.01.1999 entstanden seien, teilt die Kammer zwar im Ergebnis die Auffassung des VG Oldenburg (Urteil vom 28.02. 2001, aaO., S. 386), dass es sich bei der Einführung der Kostendämpfungspauschale um einen Fall der unechten Rückwirkung handelt. Allerdings muss Art. 20 HBegleitG 1999, um eine verfassungswidrige echte Rückwirkung zu vermeiden, verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass nicht ausschließlich diejenigen Beihilfeanträge nach den bis zum 31.01.1999 geltenden Vorschriften abzurechnen sind, die bis zu diesem Datum bei der Beihilfestelle eingegangen sind, sondern dass dies auch für alle Anträge gilt, mit denen die Erstattung von Aufwendungen beantragt wird, die vor dem 01.02.1999 entstanden sind.
Diese Auslegung findet ihre Grundlage in § 87 c Abs. 1 Satz 3 NBG i.d.F.des Art. 14 HBegleitG 1999, wonach die Beihilfevorschriften des Bundes in der Fassung vom 10.07. 1995 - BhV 95 - (GMBl. 1995 S.470) in Niedersachsen galten (vgl. seit dem 01.01.2002 § 87 c Abs. 1 NBG Art. 4 i.d.F. des HBegleitG 2002 vom 18.12.2001, Nds.GVBl. 2001, 806). Weil dieselbe Fassung der BhV auch schon vor dem 01.02.1999 galt (vgl. VG Göttingen, Urteile vom 22.02.1999 - 3 A 3011/97 - und vom 28.10.1998 - 3 A 3072/97 -), war vom Landesgesetzgeber also eine weitere - soweit nicht ausdrücklich in § 87 c NBG normierte - Änderung des anzuwendenden Beihilferechts nicht beabsichtigt. Damit blieb nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BhV 95 für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen das zum Zeitpunkt ihres Entstehens geltende Beihilferecht maßgebend (vgl. BVerwG, Urteile vom 24.03.1982 - 6 C 95.79 -, BVerwGE 65,184-188 und vom 10.06.1999 - 2 C 29.98 -, ZBR 2000, 46; ständ. Rspr. seit Urteil vom 28.06.1965 - 8 C 80.64 -, BVerwGE 21,264,269; ebenso Topka/ Möhle, BhV, Stand: 01/02, § 5 Rn 6; Mildenberger, BhV, Stand: 01/94, § 5 Anm. 11). Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BhV 95 gelten die Aufwendungen in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung (die Inanspruchnahme des Arztes, der Kauf des Medikaments, der Behandlungstag der Heilbehandlung, der Tag des Krankenhausaufenthaltes, der Tag der Anreise zur Heilkur usw., vgl. Topka/Möhle, aaO., Rn 6.1; Mildenberger, aaO.) erbracht wird. Vor und nach dem Inkrafttreten des HBegleitG 1999 kam es gemäß § 5 Abs. 2 BhV 95 also nicht auf den Zeitpunkt des anspruchsbegründenden Ereignisses, sondern darauf an, wann die wirtschaftliche Belastung eintrat (Topka/Möhle, aaO., Rn 6.4). Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Beihilfeansprüche der Klägerin für insgesamt 7 Aufwendungsfälle mit einem Kostenvolumen von 871,14 DM vor dem 01.02.1999 entstanden waren und demzufolge weder auf geänderter Rechtsgrundlage in anderer Höhe erneut entstehen noch ohne Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot durch die Einführung einer Kostendämpfungspauschale nachträglich gekürzt werden konnten. In dieser Rechtsauffassung sieht sich die Kammer im Übrigen auch durch die als Klarstellung zu Art. 20 HBegleitG 1999 zu verstehende Übergangsregelung des Art. 18 HBegleitG 2002 bestärkt, wonach für Aufwendungen, die vor dem 01.01.2002 entstanden sind, § 87 c NBG i.d.F. des HBegleitG 1999 fortgilt; in Art. 18 Abs. 2 HBegleitG 2002 wird sogar ausdrücklich festgehalten, dass es nicht auf den Zeitpunkt ankommt, an dem der Beihilfeantrag bei der Beihilfefestsetzungsstelle eingeht.
Nach dem Vorstehenden darf zwar von 7 vor dem 01.02.1999 entstandene Aufwendungen der Klägerin mit Gesamtkosten von 871,14 DM keine Kostendämpfungspauschale abgezogen werden; dies vermag der Klage dennoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn es bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die Pauschale i.H.v. 180,- DM von der Erstattung derjenigen Aufwendungen mit einem Kostenvolumen von 1188,- DM abgezogen werden, die ab dem 01.02.1999 entstanden sind.