Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 3 A 3070/00

Rechtmäßigkeit einer selbst beantragten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ; Ankündigung eines Entlassungsverfahrens im Beamtenrecht; Anfechtung eines selbst gestellten Entlassungsantrages; Anforderungen an die Ermessensentscheidung einer Entlassungsbehörde

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
20.03.2002
Aktenzeichen
3 A 3070/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 22337
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2002:0320.3A3070.00.0A

Verfahrensgegenstand

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Anfechtung eines Entlassungsantrages aus dem Beamtenverhältnis unterliegt als öffentlich-rechtliche Willenserklärung in sinngemäßer Anwendung den Regeln des BGB.

  2. 2.

    Der Tatbestand einer arglistigen Täuschung setzt die Absicht der Irreführung voraus. Das Vertreten einer fehlerhaften Rechtsauffassung ist hiervon nicht umfaßt.

  3. 3.

    Die Ankündigung eines Entlassungsverfahrens im Beamtenrecht ist prinzipiell nicht widerrechtlich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Dienstherr die Entlassung des Beamten ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

  4. 4.

    Die Entlassung eines Beamten auf Probe ist schon dann gerechtfertigt, wenn sein Verhalten während der Probezeit dem Dienstherrn Anlass zu begründeten ernsthaften Zweifeln gibt, der Beamte werde den Anforderungen des Amtes in fachlicher Hinsicht oder in gesundheitlicher Hinsicht auf Dauer nicht gerecht.

  5. 5.

    Besteht Streit darüber, ob die Rücknahme eines Entlassungsantrages erklärt worden ist, muss der Beamte nicht nur die Abgabe der Rücknahmeerklärung, sondern auch deren Zugang beim Empfänger darlegen und unter Beweis stellen.

  6. 6.

    Bei ihrer Ermessensentscheidung hat die Entlassungsbehörde abzuwägen, ob unter anderem nach der bisherigen Dienstleistung des Beamten im öffentlichen Interesse das Ausscheiden oder der Verbleib des Beamten vorteilhafter erscheint. Erscheint das Ausscheiden vorteilhafter, handelt die Entlassungsbehörde regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie den Beamten an seinem rechtswirksam gestellten Entlassungsantrag festhält.

In dem Rechtsstreit
hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 3. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2002
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Lichtenfeld,
die Richter am Verwaltungsgericht Pardey und
Dr. Rudolph sowie
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahren; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1

I.

Der Kläger wendet sich gegen seine auf eigenen Antrag erfolgte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.

2

Der am ... geborene Kläger wurde am 01.09.1991 als Verwaltungsinspektoranwärter beim Arbeitsam ... eingestellt. Da er zum mündlichen Teil der Laufbahnprüfung im Jahre 1994 nicht zugelassen worden war, wurde sein Vorbereitungsdienst bis zum 31.07.1995 verlängert. Am 07.07.1995 bestand er die Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Dienst in der Bundesanstalt für Arbeit mit der Gesamtnote "ausreichend". Mit Wirkung vom 01.08.1995 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Verwaltungsinspektor zur Anstellung ernannt. Vom gleichen Zeitpunkt an wurde ihm vom Direktor des Arbeitsamtes ... der Dienstposten eines Sachbearbeiters im Beraterbüro der Berufsberatung übertragen. Vom 04.10.1995 bis zum 31.07.1996 leistete er seinen Grundwehrdienst. Für die Zeit vom 01.08.1996 bis zum 23.03.1997 übertrug man ihm den Dienstposten "Einziger Sachbearbeiter für Informationen und Dokumentationen im Berufsinformationszentrum mit Dokumentationsstelle". Seine Leistungen entsprachen ausweislich der dienstlichen Beurteilung vom 19.02.1997 nicht den Anforderungen (Beiakte A, Teil A Bl. V 1-3). Anschließend nahm er den Dienstposten "Sachbearbeiter/Anordnungsbefugter für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Leistungen zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung" wahr.

3

Mit Schreiben vom 10.06.1997 beantragte der Kläger, ihn zum 31.07.1997 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen. Dieses Schreiben ging dem Direktor des Arbeitsamtes ... Barn 30.06.1997, einem Montag, zu (Beiakte A, Teil C Bl. 56). Am 02.07.1997 wurde der Kläger von der Personalstelle des Arbeitsamtes ... ausführlich über die Rechtsfolgen seines Entlassungsgesuchs belehrt, was er unterschriftlich bestätigte (Beiakte A, Teil C Bl. 57). Der damalige anwaltliche Vertreter des Klägers (...), der bereits am 20.03.1997 bevollmächtigt worden war, bat mit einem am 21.07.1997 beim Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen (LAA) eingegangenen Schreiben vom 18.07.1997 darum, das Entlassungsgesuch des Klägers "als gegenstandslos zu betrachten" und ihm dies bis zum 28.07.1997 zu bestätigen (Beiakte B Bl. 78 f.). Dies lehnte dir Präsident des LAA mit Schreiben vom 24.07.1997 ab, da der Entlassungsantrag frei nur bis zum 14.07.1997 hätte zurückgenommen werden können (Beiakte B Bl. 72).

4

Mit der - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - Verfügung des Präsidenten des LAA vom 23.07.1997 wurde der Kläger "seinem Antrag entsprechend" mit Ablauf des 31.07.1997 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen (Beiakte B Bl. 74).

5

Im unmittelbaren Anschluss an die verfügte Beendigung des Beamtenverhältnisses, d.h. ab 01.08.1997, wurde der Kläger - unter Verzicht auf eine Probezeit - im unbefristeten Angestelltenverhältnis in der Vergütungsgruppe VII des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit - MTA -übernommen und auf einem anderen Dienstposten beim Arbeitsamt ... weiterbeschäftigt (Beiakte A, Teil C Bl. 72 f.). Die hierfür erforderliche, am 08.07.1997 erteilte Zustimmung des Personalrats des Arbeitsamtes ... hatte dessen Direktor unter dem 07.07.1997 mit dem Bemerken eingeholt, der Kläger habe zum 31.07.1997 einen Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 30 BBG gestellt, dem der Präsident des LAA entsprechen werde. Im Rahmen der Existenzsicherung solle der Kläger in das Angestelltenverhältnis übernommen werden (Beiakte A, Teil C Bl. 70). Das Angestelltenverhältnis wurde vom Arbeitsamt ... wegen kontinuierlicher Schlechtleistung fristgerecht zum 30.09.1999 gekündigt (Beiakte B Bl. 118 ff.). Die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage blieb erfolglos.

6

Mit Bericht an das LAA vom 07.07.1997 hatte der Direktor des Arbeitsamtes beten, im Falle des Klägers auf die Rückforderung der Anwärterbezüge, die sich auf gut 25.000,00 DM belaufen hätten (Anlage B 7 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.02.2002, Bl. 209 der Gerichtsakte), zu verzichten, weil der Kläger mit seinem Entlassungsantrag einer beabsichtigten Entlassungsmaßnahme seines Dienstherrn nach Ablauf der Probezeit gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG lediglich zuvorgekommen sei (Beiakte A, Teil C Bl. 58 f.). Mit Verfügung vom 23.07.1997, beim Arbeitsamt ... eingegangen am 28.07.1997, verzichtete das LAA auf die Rückforderung der Anwärterbezüge (Beiakte A, Teil C Bl. 68). Hiervon wurde der Kläger am 31.07.1997 vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages in Kenntnis gesetzt (Beiakte A, Teil C Bl. 69).

7

Am 01.08.1997 beantragte der Direktor des Arbeitsamtes ... beim Zentralamt der Bundesanstalt für Arbeit, den Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (Beiakte A, Teil C Bl. 83). Dies erfolgte am 10.09.1997 für die Zeit vom 01.09.1991 bis zum 31.07.1997 mit einem Nachversicherungssatz von 28.918,25 DM (Beiakte A, Teil C Bl. 84).

8

Den Widerspruch des Klägers vom 02.09.1997 gegen die Entlassungsverfügung vom 23.07.1999 wies der Präsident des LAA mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.1997 (Beiakte B Bl. 124 ff.) zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Entlassungsantrag des Klägers vom 10.06.1997, der dem Direktor des Arbeitsamtes ... am 30.06.1997 zugegangen sei, hätte gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BBG nur innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Dienstvorgesetzten, also bis zum 14.07.1997, ohne weiteres zurückgenommen werden können. Die Rücknahme mit dem am 21.07.1997 eingegangenen Schreiben vom 18.07.1997 der bevollmächtigten Rechtsanwälte ... und Partner sei zweifelsfrei nach Ablauf dieser 2-Wochen-Frist erfolgt. Nach Fristablauf sei die Rücknahme nur mit Zustimmung der Entlassungsbehörde möglich. Ob diese die Zustimmung gebe und damit davon absehe, den Beamten an seinem rechtswirksam erklärten Entlassungsantrag festzuhalten, liege in ihrem Ermessen. Sie habe in erster Linie abzuwägen, ob nach der bisherigen Dienstleistung des Beamten, nach der Verfügbarkeit entsprechenden Personals sowie ggf. nach dem Stand etwa schon getroffener anderweitiger Dispositionen im öffentlichen Interesse das Ausscheiden oder der Verbleib des Beamten vorteilhafter erscheine. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen habe ergeben, dass keine andere Entscheidung als das Festhalten an der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe in Betracht gekommen sei. Im Vordergrund hätten hierbei die erbrachten dienstlichen Leistungen des Klägers gestanden. Seine Leistungen als Sachbearbeiter im Beraterbüro der Berufsberatung bzw. als Einziger Sachbearbeiter für Informationen und Dokumentationen im Berufsinformationszentrum mit Dokumentationsstelle hätten nicht den Anforderungen entsprochen. Seine Arbeitsergebnisse seien mit wesentlichen Mängeln behaftet gewesen, wie sich aus der dienstlichen Beurteilung vom 19.02.1997 ergebe. Auch die anschließend als Sachbearbeiter/Anordnungsbefugter für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Leistungen der beruflichen Fortbildung und Umschulung erbrachten dienstlichen Leistungen hätten nach Auffassung der zuständigen Beurteiler nicht den Anforderungen entsprochen. Auf die Abgabe einer Beurteilung sei im Hinblick auf die vom Kläger beantragte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe verzichtet worden. Hätte der Kläger die Entlassung aus diesem Beamtenverhältnis nicht selbst beantragt, so wäre die Entlassung wegen mangelnder Bewährung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG seitens des LAA betrieben worden. Soweit mit der Widerspruchsbegründung der Eindruck vermittelt werde, der Kläger habe seine Entscheidung nicht ausreichend überlegt und aus einer "Notsituation" heraus gehandelt, würden die Tatsachen völlig verkannt. Äußere Anzeichen für eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Klägers seien nicht erkennbar gewesen.

9

Nach anwaltlicher Klageerhebung am 23.10.1997 wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 08.01.1999 - 3 A 3402/97 - auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nachdem das LAA mit Schreiben vom 12.01.2000 den Sofortvollzug seiner Entlassungsverfügung angeordnet hatte (Beiakte C), wurde das Verfahren auf Antrag des Klägers am 24.01.2000 unter dem jetzigen Aktenzeichen 3 A 3070/00 wieder aufgenommen. Seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage 3 A 3070/00 wieder herzustellen, lehnte die Kammer mit rechtskräftigem Beschluss vom 02.03.2000 - 3

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Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig und tritt den Ausführungen des Klägers im Einzelnen entgegen. Insbesondere werde die Existenz und der Zugang des von ihm behaupteten Widerrufsschreibens vom 04.07.1997 bestritten.

11

Die Kammer hat zu der Frage, ob sich am 07.07.1997 ein Schreiben des Klägers im Postgang des Arbeitsamtes ... befunden hat, schriftliche Aussagen der Zeugen ... und ... vom 4. und 06.03.2002 (Bl. 245 und Bl. 253 f. der Gerichtsakte) eingeholt. Zur der Frage, ob der Kläger sein Gesuch auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Schreiben vom 04.07.1997 widerrufen hat, hat sie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ... (seit dem 19.03.1998 Ehefrau des Klägers) und der Zeugen ... und ...; insoweit wird verwiesen auf die Verhandlungsniederschrift vom 20.03.2002 (Bl. 257-266 der Gerichtsakte).

12

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

13

II.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Verfügung der Beklagten vom 23.07.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.1997, wodurch der Kläger mit Ablauf des 31.07.1997 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen worden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage der angefochtenen Entlassungsverfügung der Beklagten vom 23.07.1997 ist § 30 BBG. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt.

15

1.)

Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.06.1997, das dem Direktor des Arbeitsamtes ... am 30.06.1997 zugegangen ist, seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des 31.07.1997 wirksam beantragt.

16

Das eindeutige und unbedingte Entlassungsverlangen ist schriftlich und mit eigenhändiger Unterschrift des Klägers erfolgt.

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Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 22.02.2002 geltend macht, er sei im Juni 1997 "möglicherweise partiell geschäftsunfähig" und deshalb zur Abgabe eines wirksamen Verlangens nach Entlassung überhaupt nicht fähig gewesen, wie sich insbesondere aus den erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2002 vorgelegten Unterlagen (Bescheinigung des Diplom-Psychologen ... vom 14.06.1999 und ärztliches Attest des B 3081/00 - ab, weil die angegriffene Entlassungsverfügung bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig sei.

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Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die Entlassungsverfügung der Beklagten vom 23.07.1997 sei rechtswidrig. Er habe - noch unabhängig von seinen damaligen Prozessbevollmächtigten - mit Schreiben vom 04.07.1997 das erst am 30.06.1997 dem Arbeitsamt ... zugegangene Entlassungsgesuch vom 10.06.1997 mit sofortiger Wirkung widerrufen. Dieses Widerrufsschreiben vom 04.07.1997 (vgl. Anlage K 1 zum Schriftsatz vom 15.03.2001, Bl. 134 der Gerichtsakte) habe er am 04.07.1997 abends gegen 19.00 Uhr in den Hausbriefkasten am Haupteingang des Arbeitsamtes ... eingeworfen. Seine damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau, die mit ihm im Pkw zum Arbeitsamt gefahren sei und der er den Inhalt des Schreibens vorher vorgelesen habe, könne dies bestätigen. Warum der Beklagten dieses Schreiben nicht vorliege, könne er sich nicht erklären. Er habe sich ohne Erfolg um die Aufklärung über den Verbleib seines Widerrufsschreibens bemüht. Die Angelegenheit habe er zunächst nur deswegen nicht weiterverfolgt, weil er - zum einen - zu diesem Zeitpunkt psychisch "erkrankt" gewesen sei und weil er - zum anderen - von der Beklagten mit Wirkung vom 01.08.1997 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Angestellter übernommen worden sei. Nach der ordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.09.1999 habe er mit einem Schreiben an das Arbeitsamt ... vom 08.11.1999 (vgl. Anlage K 2 zum Schriftsatz vom 15.03.2001, Bl. 135 der Gerichtsakte) an sein Widerrufsschreiben vom 04.07.1997 erinnert. Zudem sei er im Juni 1997 gesundheitlich angeschlagen gewesen und habe unter erheblichem psychischen Druck aufgrund bestehender Konflikte am Arbeitsplatz gestanden, was dem Verwaltungsleiter und den anderen Mitarbeitern des Arbeitsamtes ... nicht habe entgangen sein können. Deshalb hätte die Beklagte sein Entlassungsgesuch unter Fürsorgegesichtspunkten überhaupt nicht annehmen dürfen. Im Übrigen habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, als sie trotz des Wissens um seinen gesundheitlichen Zustand seiner durch seine damaligen anwaltlichen Vertreter verspätet eingereichten Rücknahmeerklärung vom 18.07.1997 nicht zugestimmt habe. Möglicherweise sei er im Juni 1997 partiell geschäftsunfähig gewesen, so dass sein Entlassungsantrag vom 10.06.1997 sogar unzulässig gewesen wäre. Aus alledem folge, dass sein Entlassungsantrag obsolet geworden sei und sein Beamtenverhältnis weiterhin fortbestehe.

19

Der Kläger beantragt,

die Verfügung des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen vom 23.07.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.1997 aufzuheben.

20

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Dr. ... vom 22.06.1999, Bt. 270 f. und Bl. 272 der Gerichtsakte) ergebe, vermag er damit aus Rechtsgründen nicht durchzudringen. Zum einen kann der diplompsychologischen Bescheinigung vom 14.06.1999 und dem ärztlichen Attest vom 22.06.1999 zwar entnommen werden, dass beim Kläger im hier in Rede stehenden Zeitraum (Juni bis September 1997) gewisse psychische Beeinträchtigungen vorgelegen haben. Konkrete und objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine (vollständige oder auch nur) partielle Geschäftsunfähigkeit des Klägers in diesem Zeitraum ergeben sich aber aus diesen Unterlagen nach Auffassung der Kammer zweifelsfrei nicht. Auch die längere Zeugenvernehmung der damaligen Lebenspartnerin und heutigen Ehefrau des Klägers durch die Kammer hat im Übrigen keinerlei derartige Anhaltspunkte aufgezeigt. Zum anderen unterliegt - die Entscheidung selbständig tragend - die Berufung des Klägers auf diesen behaupteten Ausnahmesachverhalt (die Handlungs- und Geschäftsfähigkeit eines volljährigen Beamten im Sinne der §§ 104 Nr. 2 BGB, 12 VwVfG ist grundsätzlich anzunehmen, vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.02.1994 - 2 B 173.93 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 258 S. 1 f.) dem Einwand der Verwirkung. Voraussetzung der auch im Beamtenrecht und zudem bei einer statusrelevanten Maßnahme wie hier möglichen Geltendmachung der Verwirkung ist die illoyale Verspätung der Geltendmachung einer Rechtsposition (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.12.1998 - 2 B 152.97 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 59 S. 1 f.; Urteil vom 29.08.1996 - 2 C 23.95 -; BVerwGE 102, 33/36). Dadurch, dass der Kläger am 31.07.1997 - ohne den Gesichtspunkt der "möglichen partiellen Geschäftsunfähigkeit" am 30.06.1997 auch nur angedeutet zu haben - mit der Beklagten einen unbefristeten Arbeitsvertrag ohne Probezeitvereinbarung abgeschlossen hat, hat er bei dieser die Vorstellung begründet, er werde diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht mehr geltend machen. Die Beklagte durfte sich auch auf die vom Kläger erweckte Erwartung der Nichtgeltendmachung dieses Gesichtspunktes einrichten (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 04.12.1998, a.a.O.). Wäre der Kläger tatsächlich etwa einen Monat zuvor "möglicherweise partiell geschäftsunfähig" gewesen, hätte die Beklagte mit diesem einen Arbeitsvertrag ohne jeden Zweifel nur unter Vereinbarung einer Probezeit abgeschlossen, um die - in diesem Falle zweifelhaft gewesene - gesundheitliche Eignung des Klägers überprüfen und bei etwa auftretenden gesundheitlichen Eignungszweifeln das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis zum Ablauf der Probezeit erleichtert ordentlich kündigen zu können.

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2.)

Der Kläger hat seinen Entlassungsantrag nicht wirksam angefochten. Zwar unterliegt dieser Antrag als öffentlich-rechtliche Willenserklärung in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des BGB der Anfechtung wegen Willensmängeln infolge Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung. Selbst wenn der im Schreiben der damaligen anwaltlichen Vertreter des Klägers vom 18.07.1997 (Beiakte A, Teil C Bl. 57) an das LAA enthaltene Passus, das Entlassungsgesuch des Klägers "als gegenstandslos zu betrachten", als erklärte Anfechtung dieses Gesuchs anzusehen gewesen sein sollte, hat dem Kläger aber kein Anfechtungsrecht zugestanden.

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Sollte die im Schreiben vom 18.07.1997 erklärte Anfechtung auf einen Irrtum über den Inhalt der Erklärung (§ 119 Abs. 1, 1. Fall BGB) gestützt sein, läge dieser jedenfalls nicht vor. Denn nach dem Inhalt der der Kammer vorliegenden Akten kann schlechterdings kein

24

Zweifel daran bestehen, dass dem Kläger die Zielrichtung und Rechtsfolge seines am 30.06.1997 beim Direktor des Arbeitsamtes ... eingegangenen Entlassungsantrages durchaus bewusst war.

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Sollte der Kläger die Anfechtung auf arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1, 1. Fall BGB gestützt haben, wäre auch dieser Anfechtungsgrund nicht gegeben. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte entgegen ihrer Bekundung tatsächlich nicht gewillt gewesen sein könnte, eine Entlassung des Klägers von Amts wegen nach § 31 BBG einzuleiten. Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass die Beklagte ihre Entlassungsabsicht nur vorgeschützt hätte, um den Kläger zur Beantragung seiner Entlassung zu bewegen, obgleich sie selbst der Auffassung gewesen wäre, dass die Voraussetzungen einer Entlassung nicht vorliegen. Sollte sie sich selbst über diese Voraussetzungen geirrt haben, wäre das hier nicht relevant. Da der Tatbestand einer arglistigen Täuschung die Absicht der Irreführung voraussetzt, kann das Vertreten einer - selbst fehlerhaften - Rechtsauffassung ihn nicht erfüllen (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 08.06.1993 - OVG 4 S 22.93 -).

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Sollte der Anfechtungsgrund widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1, 2. Fall BGB) geltend gemacht worden sein, läge er ebenfalls nicht vor. Die Ankündigung, die Entlassung des Klägers von Amts wegen einzuleiten, war jedenfalls nicht widerrechtlich. Die Ankündigung eines Entlassungsverfahrens ist prinzipiell nicht widerrechtlich; dies gilt jedenfalls dann nicht, wenn der Dienstherr die Entlassung des Beamten ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 29.06.1999 - 4 B 11.97 - m.w.N.). Hingegen ist nicht erforderlich, dass sich die angekündigte Entlassung, wenn sie von Amts wegen ausgesprochen worden wäre, in einem anschließenden Verwaltungsstreitverfahren als rechtsbeständig erwiesen hätte. Nur wenn der Dienstherr unter verständiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalles davon ausgehen muss, die angedrohte Entlassung werde im Falle ihres Ausspruchs einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er sie nicht in Aussicht stellen, um damit den Beamten zu einem Entlassungsantrag zu veranlassen (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 29.06.1999, a.a.O.). Hiernach stellt sich die Ankündigung, die Entlassung des Klägers nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG wegen mangelnder Bewährung einzuleiten, nicht als widerrechtlich dar; vielmehr durfte die Beklagte eine solche Entlassung ernsthaft erwägen. Vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Entlassung eines Beamten auf Probe schon dann gerechtfertigt ist, wenn sein Verhalten während der Probezeit dem Dienstherrn Anlass zu begründeten ernsthaften Zweifeln gibt, der Beamte werde den Anforderungen des Amtes in fachlicher Hinsicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.1993 - 2 C 5.97 - NVwZ 1999, 75/76) oder in gesundheitlicher Hinsicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 - 2 A 5.00 -, NVwZ-RR 2002, 49) auf Dauer gerecht, musste die Beklagte jedenfalls nicht davon ausgehen, der erwogene Entlassungstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG komme für den Kläger von vornherein nicht in Betracht und eine Entlassung von Amts wegen werde schon deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht standhalten. Selbst wenn der Kläger sich seinerzeit in der "Zwangslage" gesehen haben sollte, er werde nur mit einem Entlassungsantrag nach § 30 BBG seine 04.07.1997 gehabt. Zudem hat sie zunächst angegeben, ihr damaliger Lebenspartner - der Kläger - habe eine Durchschrift seines Schreibens gemacht. Erst auf Nachfrage hat sie es für "möglich" gehalten, dass dieser auch eine Kopie gemacht hat. Daran, dass er tatsächlich eine Kopie des Widerrufsschreibens vom 04.07.1997 gefertigt hat, hat sie sich nicht mehr erinnern können, obwohl dieses Schreiben nach eigenen Angaben der Zeugin "für unsere gesamte Existenz von wesentlicher Bedeutung gewesen ist" und ihr damaliger Lebenspartner - wie die Zeugin selbst bekundet hat - "für den Einwurf seines Schreibens einen Zeugen haben wollte". Die aufgezeigten Diskrepanzen können nach Ansicht der Kammer nicht damit erklärt werden, die Zeugin sei aufgeregt gewesen, weil sie erstmals als Zeugin vor Gericht ausgesagt habe, und sie habe sich nach über 4 1/2 Jahren verständlicherweise nicht mehr an bestimmte einzelne Details im Zusammenhang mit dem hier strittigen Widerrufsschreiben erinnern können. Gerade weil die Zeugin sich nach eigenem Bekunden genau und ohne jeden Zweifel daran hat erinnern können, ihr damaliger Lebenspartner habe am 04.07.1997 mit Schreibmaschine ein Widerrufsschreiben verfasst, ihr vorgelesen und am gleichen Tage etwa kurz vor 19.00 Uhr in den Hausbriefkasten des Arbeitsamtes ... geworfen, erscheint es der Kammer nicht nachvollziehbar und zudem der Lebenserfahrung widersprechend, dass sie sonstige - wichtige - Begleitumstände dieses Tatsachenkomplexes entweder überhaupt nicht, nur völlig "unscharf" oder wesentlich anders als vom Kläger in der Anhörung vom 20.03.2002 geschildert in Erinnerung gehabt hat.

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Zudem gibt es - abgesehen von der vorstehend gewürdigten Aussage der Zeugin ... der damaligen Lebenspartnerin und heutigen Ehefrau des Klägers, die am Ausgang des Prozesses zugunsten des Klägers naturgemäß ein Interesse hat - für die tatsächliche Existenz und den fristgerechten Zugang des strittigen "Widerrufsschreibens" vom 04.07.1997 (vgl. Anlage K 1 zum Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.03.2001, Bl. 134 der Gerichtsakte) keine hinreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte. Sowohl der Zeuge ..., der damalige (und heutige) Leiter der Abteilung Verwaltung des Arbeitsamtes ... als auch der Zeuge ..., der damalige (und heutige) erste Personalsachbearbeiter des Arbeitsamtes ..., haben in ihrer Vernehmung vor der Kammer am 20.03.2002 klar und völlig eindeutig erklärt, das strittige Widerrufsschreiben des Klägers vom 04.07.1997 (vgl. Bl. 134 der Gerichtsakte) hätten sie nie gesehen. Dafür, dass die Zeugen ... und ... zu Lasten des Klägers etwa jeweils eine unrichtige Aussage gemacht haben könnten, hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, zumal im Jahre 1997 die Kompetenz, den Kläger aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen, ausschließlich beim LAA - und gerade nicht beim Arbeitsamt ... und den dortigen Bediensteten - gelegen hat.

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Das strittige "Widerrufsschreiben" des Klägers vom 04.07.1997 befindet sich zweifelsfrei nicht bei den der Kammer vorliegenden Verwaltungsvorgängen. Die Annahme des Klägers, die Beklagte könne ein solches Schreiben möglicherweise "unterdrückt" haben, ist eine durch nichts belegte oder belegbare Vermutung "ins Blaue hinein". Der Inhalt der Verwaltungsvorgänge und die Tatsache, dass ein solches - derart wichtiges - Schreiben in der Zeit von Anfang Juli 1997 bis Anfang November 1999 ("Erinnerungsschreiben" des Weiterbeschäftigung im Angestelltenverhältnis sichern können, scheidet eine Anfechtung des Entlassungsantrages wegen widerrechtlicher Drohung eindeutig aus; denn der Kläger hat immer noch die Freiheit gehabt, sich für oder gegen den Entlassungsantrag zu entscheiden (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23.09.1998 - 12 A 1123/97 -, in: Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, ES/A II 5.1 Nr. 68 S. 276/281).

29

3.)

Aufgrund des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung am 20.03.2002, insbesondere der dort durchgeführten Vernehmung der Zeugin ... (der damaligen Lebenspartnerin und heutigen Ehefrau des Klägers) sowie der Zeugen ... und ... kann im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, der Kläger habe - wie er behauptet - seinen am 30.06.1997 beim Arbeitsamt ... eingegangenen Entlassungsantrag am 04.07.1997, d.h. noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 30 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BBG, wirksam schriftlich durch Einwurf in den Briefkasten des Arbeitsamtes ... zurückgenommen. Von der Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptung des Klägers ist die Kammer nicht überzeugt. Sie hält es nicht für erwiesen - sondern für zumindest genauso unwahrscheinlich wie wahrscheinlich -, dass vom Kläger am 04.07.1997 ein sog. "Widerrufsschreiben" verfasst und am gleichen Tage abends in den Hausbriefkasten des Arbeitsamtes ... geworfen worden ist. Dies wirkt sich zu Lasten des Klägers aus.

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Obwohl die Zeugin ... in der mündlichen Verhandlung am 20.03.2002 die Behauptung des Klägers bestätigt hat, er habe mit Schreiben vom 04.07.1997 sein am 30.06.1997 dem Arbeitsamt ... zugegangenes Entlassungsgesuch widerrufen und dieses Schreiben am 04.07.1997 abends kurz vor 19.00 Uhr in den Hausbriefkasten am Haupteingang des Arbeitsamtes ..., eingeworfen, bestehen an der Richtigkeit dieser Behauptung nach Ansicht der Kammer gleichwohl nicht unerhebliche Zweifel. Denn der Inhalt der Aussage der Zeugin weist erhebliche und für die Kammer schlechterdings nicht nachvollziehbare Diskrepanzen zu wesentlichen Details derjenigen Angaben auf, die der Kläger selbst am 20.03.2002 bei seiner informatorischen Anhörung vor der Kammer gemacht hat. Zum einen soll der Inhalt des weißen länglichen C 6-Umschlages mit Sichtfenster nach Angaben des Klägers aus zwei Blättern - dem Widerrufsschreiben selbst und dem "beiliegenden Empfangsbekenntnis" = Anlage - bestanden haben (vgl. Bl. 134 der Gerichtsakte). Demgegenüber hat die Zeugin sich nach gut 4 1/2 Jahren zwar noch genau daran erinnert, dass es sich um einen selbstklebenden weißen länglichen Briefumschlag (C 6) gehandelt hat, dessen Inhalt soll aber nach ihren Angaben, woran sie auch auf Nachfrage festgehalten hat, nur aus einem einzigen Blatt bestanden haben. Zum anderen hat der Kläger angegeben, er sei am Nachmittag des 04.07.1997 mit seiner damaligen Lebensgefährtin - der Zeugin - zu Marktkauf nach ... gefahren und habe dort eine Kopie seines Widerrufsschreibens gefertigt. Demgegenüber hat die Zeugin, die sich nach gut 4 1/2 Jahren noch genau daran hat erinnern wollen, wie lange die Sitzung ihres Lebenspartners beim Diplom-Psychologen ... am Abend des 04.07.1997 gedauert hat ("ca. 1 Stunde") und wo ihr Lebenspartner an diesem Abend vor dem Arbeitsamt ... das Auto geparkt hat ("etwa 5 Meter vor dem Hausbriefkasten"), keinerlei Erinnerung an eine Fahrt zu Marktkauf nach Northeim am seinem Entlassungsantrag der Verzicht auf die Rückforderung der Anwärterbezüge mitgeteilt worden wäre. Ferner hat er sinngemäß erklärt, mit der - am 31.07.1997 erfolgten - Unterzeichnung des Arbeitsvertrages habe sich die Rücknahme seines Antrages auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe erledigt (Beiakte A, Teil C Bl. 69)

31

Nach alledem kann in Gesamtwürdigung aller bekannten Tatsachen und nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Beweismittel durch die Kammer nicht als erwiesen angesehen werden, dass das sog. "Widerrufsschreiben" des Klägers vom 04.07.1997 die Beklagte am 04.07.1997 - durch Einwurf in den Hausbriefkasten des Arbeitsamtes ... gegen 19.00 Uhr - erreicht hat. Der fehlende Nachweis des Zugangs des sog. "Widerrufsschreibens" vom 04.07.1997 wirkt sich zu Ungunsten des Klägers aus. Denn die innerhalb der Frist des § 30 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BBG erklärte Rücknahme des Entlassungsantrages ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem sie der Erklärungsempfängerin - hier: der Beklagten - zugeht, § 130 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB. Besteht wie im vorliegenden Fall Streit darüber, ob die Rücknahme des Entlassungsantrages erklärt worden ist, muss der Beamte - hier: der Kläger - nicht nur die Abgabe der Rücknahmeerklärung, sondern auch deren Zugang beim Empfänger darlegen und - wie im vorliegenden Fall erforderlich - unter Beweis stellen (vgl. auch VG Hannover, Urteil vom 14.12.2000 - 6 A 3015/99 -, NdsVBl. 2002, 77/78 m.w.N.). Da dem Kläger dies hier nicht gelungen ist, geht die Nichterweislichkeit des Zugangs des sog. Widerrufsschreibens vom 04.07.1997 bei der Beklagten nach den Grundsätzen der materiellen Beweislastverteilung zu seinen Lasten, da er aus dem vorgenannten Schreiben für sich günstige Rechtsfolgen herleitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.08.1997 - 3 C 10.96 -, Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 24 S. 32/35).

32

4.)

Der am 30.06.1997 beim Arbeitsamt ... eingegangene Entlassungsantrag des Klägers ist nicht wirksam durch das Schreiben seines damaligen anwaltlichen Vertreters ..., vom 18.07.1997, beim LAA eingegangen am 21.07.1997, zurückgenommen worden. Denn am 21.07.1997 ist eine freie Rücknahme gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BBG zweifelsfrei nicht mehr möglich gewesen. Die nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BBG zwingend erforderliche Zustimmung zur Rücknahme hat das LAA als zuständige Entlassungsbehörde - entgegen der Ansicht des Klägers - ermessensfehlerfrei verweigert. Bei ihrer Ermessensentscheidung hat die Entlassungsbehörde abzuwägen, ob unter anderem nach der bisherigen Dienstleistung des Beamten im öffentlichen Interesse das Ausscheiden oder der Verbleib des Beamten vorteilhafter erscheint. Erscheint das Ausscheiden vorteilhafter, handelt die Entlassungsbehörde regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie den Beamten an seinem rechtswirksam gestellten Entlassungsantrag festhält (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer, BBG, Stand: Oktober 1991, § 30 Rdn. 7). Im vorliegenden Fall ist das LAA ohne Rechtsfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO zu dem Ergebnis gekommen, dass im Falle des Klägers keine andere Entscheidung als das Festhalten an der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe in Betracht kam, weil die bisher gezeigten fachlichen Leistungen des Klägers offensichtlich unzureichend waren und nach Auffassung der Behörde nicht den Anforderungen des gehobenen nichttechnischen Dienstes in der Bundesanstalt für Arbeit entsprachen.

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Klägers an das Arbeitsamt ... vom 08.11.1999, vgl. Anlage K 2 zum Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.03.2001, Bl. 135 der Gerichtsakte) weder von dem Kläger selbst noch von seinen drei früheren anwaltlichen Vertretern ... jemals auch nur andeutungsweise erwähnt worden ist, spricht gegen die Existenz und den Zugang des strittigen "Widerrufsschreibens" vom 04.07.1997. Wenn der Kläger nach der am 02.07.1997 erfolgten Belehrung über die Rechtsfolgen seines Entlassungsantrages vom 10.06.1997 durch das Arbeitsamt ... am 04.07.1997 ein "Widerrufsschreiben" (die schriftliche Rücknahme seines Entlassungsantrages) verfasst haben sollte, so ist nicht nachvollziehbar, warum er - in Kenntnis der Fristen des § 30 BBG, über die er ja gerade zwei Tage zuvor ausdrücklich belehrt worden ist - dieses wichtige Schreiben am 04.07.1997, einem Freitag, gegen 19.00 Uhr in den Hausbriefkasten des Arbeitsamtes ... geworfen haben will und nicht am Morgen des nächsten Arbeitstages, d.h. am Montag, den 07.07.1997, im Arbeitsamt ..., seiner damaligen Arbeitsstätte, persönlich gegen Empfangsbekenntnis abgegeben hat. Obwohl dem "Widerrufsschreiben" vom 04.07.1997 angeblich als Anlage ein Empfangsbekenntnis beigelegen haben soll, verbunden mit der ausdrücklichen Bitte, dem Kläger dieses umgehend zurückzusenden, hat der Kläger - trotz Nichteingangs dieses Empfangsbekenntnisses - über zwei Jahre lang keinerlei Reaktionen gezeigt und weder das Arbeitsamt ... noch das Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen in irgendeiner Form erinnert. Die Gründe, die er nunmehr für sein über zweijähriges Nichtstun angegeben hat - einerseits seine angebliche damalige psychische "Erkrankung" und andererseits seine Übernahme in das unbefristetes Angestelltenverhältnis durch die Beklagte ab 01.08.1997 - sind nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass der Beklagten im Jahre 1997 bis zur Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 19.09.1997 niemals ärztliche Atteste über eine psychische "Erkrankung" vorgelegt worden sind, hat der Kläger in den gut zwei Jahren des "Untätigbleibens" mehrfach unbeanstandet Wehrübungen bei der Bundeswehr absolviert. Wenn der Kläger sich offenbar bis zur Kündigung seines Angestelltenverhältnisses zum 30.09.1999 mit diesem Status gewissermaßen "zufrieden gegeben" hat, so spricht dies mit hinreichender Deutlichkeit dafür, dass er sich - befreit von den Ängsten um die drohende Rückforderung anteiliger Anwärterbezüge in nicht unerheblicher Höhe - mit dem Verlust seines Probebeamtenverhältnisses zum 31.07.1997 "innerlich abgefunden" gehabt hatte, zumal ab dem 01.08.1997 sein wirtschaftliches Existenzminimum und dasjenige seiner damaligen schwangeren Lebenspartnerin durch das unbefristete probezeitfreie Angestelltenverhältnis hinreichend gesichert gewesen ist. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb es erforderlich gewesen ist, dass durch das Schreiben des damaligen anwaltlichen Vertreter des Klägers ... vom 18.07.1997 an das LAA sinngemäß der "Widerruf des Entlassungsantrages erklärt worden ist, wenn dieser - wie von der Zeugin ... und dem Kläger selbst angegeben - schon mit Schreiben des Klägers vom 04.07.1997 ausgesprochen worden ist. Zudem bleibt unerfindlich, warum Rechtsanwalt ... nicht spätestens nach Erhalt der Mitteilung des LAA, bei Eingang des Schreibens vom 18.07.1997 sei die 14-Tage-Frist bereits verstrichen, nicht auf das angeblich zeitlich frühere eigene Schreiben des Klägers vom 04.07.1997 verwiesen hat. Zudem steht die jetzige Behauptung des Klägers auch nicht im Einklang mit den seinerzeit von ihm getätigten Aussagen. So hat er am 31.07.1997 erklärt, er hätte niemals einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Rechte beauftragt, sofern ihm nach Es ist für die Kammer hinreichend nachvollziehbar, dass - sofern der Kläger seine Entlassung nicht selbst beantragt hätte - die Behörde seine Entlassung wegen mangelnder Bewährung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG betrieben hätte, wogegen der Kläger im Hinblick auf die insoweit nur eingeschränkte verwaltungsgerichtliche Überprüfungsmöglichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.1998 - 2 C 5.97 -, NVwZ 1999, 75/76, sowie Urteil vom 18.07.2001 - 2 A 5.00 -, NVwZ-RR 2002, 49) aus Rechtsgründen voraussichtlich nicht erfolgreich hätte vorgehen können. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, im Hinblick auf das Wissen der Behörde um seinen damaligen angegriffenen Gesundheitszustand hätte zwingend die Zustimmung zu der verspäteten Rücknahme des Entlassungsantrages erteilt werden müssen, weil jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft gewesen wäre, führt dies zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Im hier maßgeblichen Zeitraum Juni bis September 1997 sind keine gravierenden Besonderheiten im Verhalten des Klägers von diesem geltend gemacht worden oder sonst für die Entlassungsbehörde erkennbar gewesen, die (wie etwa häufige und/oder lange andauernde krankheitsbedingte Fehlzeiten) gleichsam zwangsläufig auf einen angegriffenen Gesundheitszustand oder gar auf eine psychische Erkrankung des Klägers hätten schließen lassen können und müssen. Im Übrigen übersieht der Kläger, dass das LAA bei ernstlichen Zweifeln an der gesundheitlichen Konstitution des Klägers dessen Probebeamtenverhältnis aller Voraussicht nach gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG von Amts wegen beendet hätte. Dies wäre aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden gewesen, da das Risiko der Bewährung in der Probezeit auch im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung ausschließlich beim Beamten auf Probe liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2001, a.a.O.).

34

5.)

Nach Zugang der Entlassungsverfügung vom 23.07.1999 - d.h. nach Eintritt der äußeren Wirksamkeit der Entlassung - ist aus Rechtsgründen eine Rücknahme des vom Kläger gestellten Entlassungsantrages nicht mehr möglich gewesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.10.1979 - 2 B 85.78 -); gleichfalls scheidet von diesem Zeitpunkt an eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" wegen etwa versäumter Fristen des § 30 BBG aus.

35

6.)

Die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des 31.07.1997, die keiner Mitwirkung des Personalrats bedurfte (§ 78 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG), war entgegen der Ansicht des Klägers nicht fürsorgepflichtwidrig. Zum einen ist der Kläger über die Rechtsfolgen seines Entlassungsantrages vom 10.06.1997 von der Personalstelle des Arbeitsamtes ... 02.07.1997 umfassend belehrt worden, was der Kläger am gleichen Tage durch seine Unterschrift ausdrücklich bestätigt hat (Beiakte A, Teil C Bl. 57); diese Belehrung ist rechtzeitig, d.h. nur 2 Tage nach Eingang des Entlassungsantrages beim Dienstvorgesetzten, erfolgt. Zum anderen ist der Kläger nach Wirksamwerden seiner Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis von der Beklagten beim Arbeitsamt ... "nahtlos" ab 01.08.1997 ohne Vereinbarung einer Probezeit im unbefristeten Arbeitsverhältnis (Vergütungsgruppe VII MTA) weiterbeschäftigt worden (Beiakte A, Teil C Bl. 72 f.). Dieses Arbeitsverhältnis, das mit Schreiben des Arbeitsamtes ... vom 27.07.1999 wegen kontinuierlicher Schlechtleistung (Beiakte A, Teil C Bl. 109 ff.) wirksam zum 30.09.1999 gekündigt worden ist, hat insgesamt 2 Jahre und 2 Monate gedauert. Zum Dritten hat die Beklagte gegenüber dem Kläger vor Wirksamwerden der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ausdrücklich auf die Rückforderung der anteiligen Anwärterbezüge wegen Nichteinhaltung der zulässigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992 - 2 C 28.91 -, Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 7 S. 5 ff.; Urteil vom 10.02.2000 - 2 A 6.99 -, Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 10 S. 2) "Auflage" eines Dienstes im Beamtenverhältnis auf Probe von mindestens fünf Jahren (§ 59 Abs. 5 BBesG i.V.m. der schriftlichen Unterrichtung des Klägers, Beiakte A, Teil B Bl. 35) verzichtet (Beiakte A, Teil C Bl. 68), was dem Kläger jedenfalls am 31.07.1997 - d.h. vor Unterzeichnung seines Arbeitsvertrages - bekannt war (vgl. Beiakte A, Teil C Bl. 69). Sie hat damit hinsichtlich des Anspruchs auf Rückforderung der anteiligen Anwärterbezüge, der sich auf mehr als 25.000,00 DM belaufen hätte (Anlage B 7 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.02.2002, Bl. 209 der Gerichtsakte) und erst nach dreißig Jahren verjährt gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.09.2001 - 2 A 9/00 -, NVwZ-RR 2002, 203 - Leitsatz 3), die hier in Rede stehende Entlassung auf Verlangen nach § 30 BBG im Ergebnis einer Entlassung wegen einer - vom Kläger nicht zu vertretenden - fehlenden Bewährung in der Probezeit gleichgestellt, wozu sie aus Rechtsgründen wohl schwerlich verpflichtet gewesen wäre.

36

Die Klage ist hiernach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Lichtenfeld
Pardey
Dr. Rudolph