Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 3 A 3392/99
Anrechnung; Berufsbeamtentum; Besoldung; freie Heilfürsorge; Fürsorgepflicht; Grundgehalt; Heilfürsorge; Heilfürsorgestandard; hergebrachte Grundsätze; Niedersachsen; pauschale Anrechnung; Polizeivollzugsbeamte; Sachbezug; Selbstbeteiligung; Teilzeitbeschäftigung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 20.03.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 3392/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43445
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 224 Abs 3 BG ND
- § 7 BesG ND
- § 10 BBesG
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 33 Abs 5 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die pauschale Anrechnung von 1,3 v. H. des Grundgehalts von niedersächsischen Heilfürsorgeberechtigten als Sachbezug i. S. v. §§ 10 BBesG, 7 NBesG, 224 Abs. 3 S. 2 NBG verstößt weder gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums noch gegen verfassungs- oder bundesrechtliche Vorgaben. Heilfürsorge gemäß § 224 Abs. 3 NBG ist ein Sachbezug i. S. d. Besoldungsrechts. Geringfügige Eigenleistungen für die vormals "freie" Heilfürsorge betreffen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht in ihrem Kernbereich.
Tatbestand:
Die 196_ geborene Klägerin ist seit 1982 als Polizeibeamtin im niedersächsischen Landesdienst. Sie wurde 1995 zur Polizeiobermeisterin befördert und ist seit 1996 teilzeitbeschäftigt (50 %). Die Klägerin hat einen 199_ geborenen Sohn, der über sie beihilfeberechtigt ist.
Unter dem 17. Mai 1999 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und erhob "Widerspruch" gegen die Einbehaltung von 1,3 % ihrer Dienstbezüge. Mit Bescheid vom 26. August 1999 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er sehe ihr Schreiben als Antrag auf Auszahlung des vollen Grundgehalts an, der gemäß § 224 Abs. 3 Nds. Beamtengesetz (NBG) in der seit dem 1. Februar 1999 geltenden Fassung abgelehnt werde. Nach dieser Vorschrift sei auf die Besoldung von Polizeivollzugsbeamten, die einen Anspruch auf Heilfürsorge hätten, ein Betrag in Höhe von 1,3 % des jeweiligen Grundgehaltes anzurechnen.
Am 28. September 1999 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Kürzung ihres Grundgehaltes sei rechtswidrig wegen des Eingriffs des Landesgesetzgebers in die bundesrechtlich geregelte Besoldung der Beamten und der dadurch entstandenen Ungleichbehandlung niedersächsischer Beamter im Vergleich zu Bundesbeamten oder Beamten aus anderen Bundesländern. Darin liege ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip. Außerdem werde gegen die Einheitlichkeit des Berufsbeamtentums verstoßen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 1999, der Klägerin zugestellt am 8. Oktober 1999, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat am 8. November 1999 Klage erhoben. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft es. Eine Anrechnung gemäß § 10 BBesG komme nicht in Betracht. Zwar handele es sich bei der freien Heilfürsorge um einen Sachbezug, jedoch bilde die Gewährung der Heilfürsorge aufgrund spezialgesetzlicher Regelung eine Ausnahme vom dort festgelegten Grundsatz der Anrechnung. Überdies erfolge keine konkrete Anrechnung als Sachbezug mit einem bestimmten Betrag, sondern eine Abstufung der Heilfürsorgekürzung nach dem Grundgehalt. Demzufolge werde die Heilfürsorgekürzung nach Besoldungsgruppen abgestuft und dadurch in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingegriffen. Durch diese Kürzung der freien Heilfürsorge werde die amtsangemessene Alimentation wegen des Verlassen des "Heilfürsorgestandards" in Bund und Ländern unzulässig eingeschränkt. Die höhere Kürzung bei höherer Besoldungsgruppe wirke sich dahingehend aus, dass die Beamten aus dem zu ihrer allgemeinen Lebenshaltung bestimmten Anteil ihrer Besoldung einen höheren als den vorgesehenen Anteil für Krankheitskosten entnehmen müssten. Damit werde die vom Bundesbesoldungsgesetzgeber vorgesehene Differenzierung zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen eingeebnet.
Eine Anrechnung nach § 7 NBesG komme nicht in Betracht, denn darin werde die Landesregierung lediglich dazu ermächtigt, durch Verordnung Vorschriften über den Höchstbetrag der anzurechnenden Dienstwohnungsvergütung zu erlassen, bzw. würden dort Regelungen zur Dienstbekleidung getroffen. Insbesondere ergebe sich für sie ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und das Alimentationsprinzip auch daraus, dass sie teilzeitbeschäftigt sei und ein Kind habe, welches beihilfeberechtigt sei. Durch die mit der Kürzung der freien Heilfürsorge gleichzeitige Einführung der Kostendämpfungspauschale werde das Alimentationsprinzip ihr gegenüber gleich in zweifacher Weise verletzt, denn bei Beihilfegewährung für ihr Kind würde die Kostendämpfungspauschale in Abzug gebracht und ihr selbst gleichzeitig die freie Heilfürsorge gekürzt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 26. August 1999 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 1999 zu verpflichten, das Grundgehalt der Klägerin rückwirkend vom 1. Februar 1999 ungekürzt zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, der Bundesgesetzgeber habe den Landesgesetzgebern im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 a GG lediglich die Anrechnung der Sachbezüge auf die Besoldung unter Berücksichtigung ihres Wertes mit einem angemessenen Betrag vorgeschrieben (§ 10 BBesG). Weder nach Voraussetzung oder Art und Umfang der Leistungen habe er die Sachbezüge bestimmt. In Niedersachsen treffe § 7 NBesG nähere Regelungen zur Anrechnung von Sachbezügen. In der bis zum Ablauf des 31. Januar 1999 geltenden Fassung sei in § 7 Abs. 3 NBesG eine Anrechnung für die Gewährung freier Heilfürsorge ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Vorschrift sei durch Art. 17 Nr. 1 Haushaltsbegleitgesetz 1999 gestrichen worden. Demgemäß gelte seitdem § 224 Abs. 3 NBG als spezialgesetzliche Reglung für die Heilfürsorge der Polizeivollzugskräfte. Aufgrund der außerordentlich angespannten Haushaltssituation Niedersachsens habe die Notwendigkeit bestanden, neben den Landesbeamtinnen und -beamten des Feuerwehreinsatzdienstes auch die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten an den Kosten für die Gewährung der Heilfürsorge in einem sozialpolitisch wie auch unter Fürsorgegesichtspunkten vertretbaren Umfang zu beteiligen. Mit der getroffenen Regelung werde das bisherige System der Heilfürsorge nicht in Frage gestellt, es werde aber erwartet, dass die Betreffenden einen angemessenen Beitrag zu den Kosten ihres Gesundheitsvorsorgesystems leisteten. Die vom Bundesgesetzgeber festgelegte Besoldung enthalte auch bei Polizeivollzugsbeamten einen Anteil für Durchschnittsaufwendungen im Krankheitsfall, der für eine entsprechende Eigenvorsorge - regelmäßig in Form einer Krankenversicherung - verwendet werden könne. Für diese Eigenvorsorge würden nunmehr 1,3 % des Grundgehaltes angerechnet. Die übrigen Beamten, die keinen Anspruch auf Heilfürsorge hätten, müssten den Anteil der Besoldung einsetzen, um private Krankenversicherungen abzuschließen, die durch Beihilfeleistungen ergänzt würden. Die Bestimmung des Anteils in einem Prozentsatz sei deshalb erfolgt, weil dies eine unter Fürsorgegesichtspunkten sozial ausgewogene Berechnungsart sei. Bei der Festlegung des Prozentsatzes sei berücksichtigt worden, dass die Betroffenen künftig auch weiterhin die Kosten für eine Anwartschaftsversicherung tragen würden. Auch die Kosten einer privaten Krankenversicherung der Beihilfeberechtigten seien in die Überlegungen mit einbezogen worden. Die Betroffenen benötigten im Vergleich zu beihilfeberechtigten Beamten keine private Krankenversicherung, seien insoweit sogar gegenüber anderen Beamten überalimentiert. Er könne einen "Heilfürsorgestandard" in Bund und Ländern nicht feststellen. Vielmehr verführen die Länder recht unterschiedlich. Einige gewährten ihren Polizeivollzugskräften bereits seit 1995 lediglich Beihilfeleistungen.
Bei der Kürzung des Grundgehaltes sei die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin ausreichend berücksichtigt worden, da die Anrechnung auch nur von dem nach § 6 BBesG entsprechend dem Teilzeitfaktor gekürzten Grundgehalt berechnet würde. Die bei der Abrechnung der Beihilfeleistungen für das beihilfeberechtigte Kind der Klägerin anzusetzende Kostendämpfungspauschale werde ebenfalls nach der Teilzeitbeschäftigung berechnet und um 50,00 DM für das berücksichtigungsfähige Kind vermindert. Eine Verletzung des Alimentationsprinzips liege daher nicht vor.
Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber die Besoldungsordnung und die Struktur der Beamtenbezüge sowie die Zahlungsmodalitäten innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmens für die Zukunft ändern sowie die Bezüge kürzen könne, solange sie nicht an der unteren Grenze einer amtsangemessenen Alimentation lägen. Einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Erhaltung des erlangten Besitzstandes in Bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen gebe es nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 26. August 1999 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 05. Oktober 1999 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch Gewährung des ungekürzten Grundgehalts ohne Anrechnung der Heilfürsorge rückwirkend zum 01. Februar 1999.
Die seit dem 01. Februar 1999 vom Besoldungsanspruch der Klägerin vorgenommenen Abzüge finden ihre Rechtsgrundlage in § 224 Abs. 3 Satz 2 NBG in der Fassung von Art. 14 Haushaltsbegleitgesetz 1999 (vom 21.01.1999, Nds. GVBl. S. 10). Danach wird Polizeivollzugsbeamten, die seit dem 31. Januar 1999 ohne Unterbrechung im Dienst des Landes Niedersachsen stehen, Heilfürsorge gewährt, wenn sie Besoldung erhalten. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin. Auf die Besoldung dieser Beamten wird für deren Absicherung durch die Heilfürsorge nach § 224 Abs. 3 Satz 2 NBG monatlich ein Betrag in Höhe von 1,3 vom Hundert des jeweiligen Grundgehaltes angerechnet.
Diese (pauschalisierte) Anrechnung geschieht als "Sachbezug" im Sinne von § 10 BBesG in Verbindung mit § 7 NBesG. Nach § 10 BBesG werden Sachbezüge, die ein Beamter erhält, unter Berücksichtigung ihres wirtschaftlichen Wertes mit einem angemessenen Betrag auf die Besoldung angerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift ist nach der insoweit maßgeblichen Kompetenzregelung in Artikel 74 a Abs. 1 Grundgesetz die auch für die Länder verbindliche Bestimmung. Durch die Anwendung dieser Vorschrift auch auf die Gewährung von Heilfürsorge verstößt der Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb gegen Bundesrecht, weil er dem Rechtsbegriff des "Sachbezuges" einen Inhalt gegeben hätte, der mit der die Länder bindenden Regelung des § 10 BBesG nicht vereinbar wäre.
Zu den "Sachbezügen" i. S. d. § 10 BBesG zählen grundsätzlich alle im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gewährten und von daher mit dem Amt verbundenen Zuwendungen wirtschaftlicher Vorteile durch den Dienstherrn an den Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.03.1983 - 2 C 34.81 -, BVerwGE 67, 66, 68). Hierzu gehört auch die Gewährung von Heilfürsorge. Diese ist auf der Grundlage des zu § 224 Abs. 3 Satz 1 NBG ergangenen Runderlasses (MI vom 15.11.1995 - Nds. MBl. 1996 S. 30 - in der Fassung des RdErl. vom 18.06.1996 - Nds. MBl. S. 1197 -) über die Heilfürsorge in Form der "Heilfürsorgebestimmungen für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen " HFB "" ersichtlich nach dem Sachleistungsprinzip konzipiert. Im Gegensatz zur Beihilfe ist der Anspruch auf Heilfürsorge regelmäßig unmittelbar auf ärztliche Behandlung oder auf Sachleistungen gerichtet, so dass in der Regel keine Krankheitsaufwendungen entstehen (vgl. Topka/Möhle, Beihilferecht, Stand: Februar 2002, Anhang 7 Anm. 1). Die ambulante ärztliche Versorgung (§ 3 HFB) und die zahnärztliche Versorgung (§ 4 HFB) erfolgen entweder durch Polizeiärzte bzw. den zahnärztlichen Dienst der Polizei oder in der Form, dass die Heilfürsorgeberechtigten ein Behandlungsscheinheft für ärztliche Leistungen ausgehändigt erhalten. In diesen Fällen treten die Ärzte der Kassenärztlichen bzw. -zahnärztlichen Vereinigung an die Stelle des Polizeiarztes. Bei diesem System handelt es sich daher im Gegensatz zur Beihilfe, bei der der Dienstherr lediglich einen finanziellen Zuschuss an den Beamten selbst für die von diesem in eigener finanzieller Verantwortung durchzuführende ärztliche Behandlung gewährt, um eine Form des Sachbezugs i. S. v. § 10 BBesG. Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 8.12.1982 - 2 BvL 12/79 -, BVerfGE 62, 354, 356) als auch des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 26.11.1987 - 2 C 52.85 -, ZBR 1988, 170, 171, unter Berufung auf das Urteil vom 24.02.1982 - 6 C 8.77 -, BVerwGE 65, 87, 90 f.; ebenso Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: Oktober 2001, § 70 BBesG Rn. 8 zum BGS) und wird von der Klägerin auch nicht bestritten.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass die Heilfürsorge Ausfluss der allgemeinen beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber bestimmten Beamtengruppen ist. Dieser Umstand hat bei der Frage der Anrechnung dieser Sachleistung auf die Besoldung gemäß § 10 BBesG, § 7 NBesG Berücksichtigung zu finden; hierzu hat der Bundesgesetzgeber den Ländern einen entsprechenden legislativen Spielraum eröffnet, indem er in § 10 BBesG ausdrücklich anderweitige Regelungen zugelassen hat. Damit besteht auch die Möglichkeit, Sachleistungen, die ihrerseits Ausfluss der Fürsorgepflicht sind, ganz oder teilweise von einer Anrechnung auf die Besoldung herauszunehmen, soweit es nach dem Zweck dieser Art von Sachleistung hierfür überhaupt einer ausdrücklichen Regelung bedarf (vgl. dazu auch Schwegmann/Summer, aaO., § 10 Anm. 2). Davon hatte Niedersachsen nach § 7 Abs. 3 NBesG in der bis zum 31. Januar 1999 geltenden Fassung (Gesetz vom 05.06.1997, Nds. GVBl. S. 244) Gebrauch gemacht. Durch die Streichung des § 7 Abs. 3 NBesG durch Artikel 17 Nr. 1 Haushaltsbegleitgesetz 1999 ist dieses Anrechnungshindernis nunmehr entfallen, so dass der Gesetzgeber den Weg für eine angemessene Berücksichtigung der gewährten Heilfürsorge als Sachbezug frei gemacht und in § 224 Abs. 3 NBG in der Fassung eben dieses selben Haushaltsbegleitgesetzes eine pauschale Anrechnungsregelung getroffen hat.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber, wie in § 224 Abs. 3 Satz 2 NBG geschehen, durch die bundesrechtliche Regelung in § 10 BBesG gehindert wäre, bei der Bemessung eines angemessenen Anrechnungsbetrages auf die Besoldung unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes der Heilfürsorge als Sachbezug von einer pauschalierenden Regelung Gebrauch zu machen. Die vom Gesetzgeber in der genannten Bestimmung getroffene Regelung stellt nichts anderes dar als eine teilweise Selbstbeteiligung der betroffenen Beamtengruppe an den Kosten der Heilfürsorge, die sich auf die Höhe des Besoldungsanspruchs gegen den Dienstherrn durch Verrechnung auswirkt (vgl. zu dieser Möglichkeit allgemein: BVerwG, Urteil vom 17.03.1983, aaO., S. 69). Der Bund hat den Ländern, wie dargelegt, hinsichtlich Art und Höhe der Anrechnung einer Sachleistung einen eigenen Regelungsspielraum belassen. Davon hat das Land Niedersachsen in § 224 Abs. 3 NBG in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Eine vollständige Anrechung der Heilfürsorge auf die Besoldung der Polizeivollzugsbeamten schied, weil damit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in ihrem Kernbereich berührt worden wäre (vgl. dazu sogleich), von vornherein aus. Ebenso wenig bestehen bezüglich der Angemessenheit der Anrechnungshöhe rechtliche Bedenken. So betrug etwa der Anrechnungsbetrag im November 1999 für die Klägerin bei Teilzeitbeschäftigung (50 % Grundhalt BesGr. A 8 BBesG, Dienstalterstufe 7) 24,61 DM. Dieser Betrag liegt bei weitem unter den Aufwendungen, die andere Beamtengruppen als eigene Vorsorge für den Krankheitsfall neben der Beihilfegewährung durch den Dienstherrn zu treffen haben.
Weiterhin ist auch nicht erkennbar, dass die in § 224 Abs. 3 NBG vom Gesetzgeber getroffene Regelung gegen den Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten verstößt. Zwar trifft es zu, dass die Heilfürsorge dazu dient, das erhöhte Risiko, dem etwa Polizeivollzugsbeamte aufgrund ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind, zum Teil dadurch auszugleichen, dass ihnen - anders als sonst im Beamtenrecht - die Notwendigkeit abgenommen wird, für den Krankheitsfall auch selbst Vorsorge zu treffen (vgl. dazu OVG Hamburg, Urteil vom 19.12.1986 - OVG Bf I 89/85 -, ZBR 1988, 95). Jedoch gebietet die Fürsorgepflicht des Dienstherrn auch unter diesem Aspekt nicht, Heilfürsorge generell und ohne jegliche Einschränkung zu gewähren, soweit nicht die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzt ist (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 24.08.1995 - 4 S 697/94 -, DÖD 1996, 207, 208). Dass hier eine Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Kernbereich vorliegt, kann angesichts der Geringfügigkeit des Anrechnungsbetrages nicht angenommen werden, zumal die Polizeivollzugsbeamten damit auch weiterhin der Pflicht enthoben sind, für den Krankheitsfall auch selbst Vorsorge zu treffen.
Mit dieser Umgestaltung der Heilfürsorge, die in § 224 Abs. 3 Satz 1 NBG nunmehr ohne den bis dahin verwendeten Begriff "freie" im Zusammenhang mit der Heilfürsorge der Polizeivollzugsbeamten geregelt ist, trägt auch diese Personengruppe zu den Haushaltseinsparungen bei, indem sie sich mit monatlich 1,3 % ihres Monatsgrundgehalts an ihren Aufwendungen im Krankheitsfall beteiligt. Mit dieser Neuregelung wird der bisher auch schon aus dem Bereich des Landesrechnungshofs wie auch des Haushaltsauschusses des Landtages vorgebrachten Kritik der doppelten Begünstigung der Polizeivollzugsbeamten Rechnung getragen, die mit ihren Bezügen auch die Bestandteile ausbezahlt bekommen, die von den übrigen Beamten zur Eigenvorsorge für den Krankheitsfall (Quotentarif bei der privaten Krankenversicherung) verwendet werden. Dem hinzuzurechnen ist die unentgeltliche Krankenbehandlung, die eigene Vorsorgeaufwendungen entbehrlich macht (vgl. dazu Topka/Möhle, aaO.).
Die Neuregelung in § 224 NBG verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. zum Folgenden auch: VG Frankfurt/Oder, Urteil vom 24.08.2000 - 2 K 2700/97 -, Juris).
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Regelung in Art. 33 Abs. 5 GG. Danach ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln. Die "hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" stehen damit unter dem Schutz der Verfassung. Das Grundgesetz sieht zudem eine verbindliche Anweisung an den Gesetzgeber vor, bei der rechtlichen Ausgestaltung des Beamtenrechts die "hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" unangetastet zu lassen. Das Recht auf freie Heilfürsorge, wie es ursprünglich in § 224 NBG geregelt war, gehört jedoch nicht zu dem Bereich der "hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" und steht daher Einschränkungen durch den einfachen Gesetzgeber offen, soweit nicht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten in ihrem Kernbereich berührt wird.
Erforderlich ist zunächst, dass eine Regelung, soll sie unter Art. 33 Abs. 5 GG fallen, ein gewisses "Herkommen" als Ausweis ihrer Bewährung haben muss. Das Bundesverfassungsgericht hat es in diesem Zusammenhang für unabdingbar gehalten, dass eine Regelung sich jedenfalls auf die Weimarer Zeit zurückführen lassen muss (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68, 76 f.). Auch wenn die Heilfürsorge diesem Erfordernis genügen sollte, weil schon das Beamtenrecht der Weimarer Zeit für bestimmte Beamtengruppen den Anspruch auf freie Heilfürsorge kannte, so genügt dies jedoch noch nicht für die Annahme, sie stehe damit unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Weitere Voraussetzung dafür, dass eine Regelung zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu zählen ist, ist nämlich, dass es sich dabei um eine Regelung mit "Grundsatzcharakter" handeln muss. Das Beamtenrecht einschließlich des Besoldungs- und Versorgungsrechts hat nach 1949 konkrete Ausformungen gefunden, die keineswegs alle von Art. 33 Abs. 5 GG garantiert oder gefordert werden. Die "Grundsätze" müssen das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 -, BVerfGE 43, 154, 185 [BVerfG 14.12.1976 - 2 BvR 99/76]), so dass ihre wesentliche Änderung, Durchbrechung oder Abschaffung zu der Schlussfolgerung führen muss, man könne nicht mehr von einem Fortbestehen des Berufsbeamtentums in seiner herkömmlichen Gestalt sprechen. Denn die Zweckrichtung des Art. 33 Abs. 5 GG ist weniger an den Interessen der Beamten, sondern am Interesse der Gewährleistung der verfassungsmäßigen Ordnung mit dem Rechtsstaatsprinzip, der Funktionsfähigkeit des Staates und dem Bürgerinteresse orientiert. Ihr liegt der Grundgedanke zugrunde, dass das Berufsbeamtentum die ihm in der freiheitlichen, rechts- und sozialstaatlichen Demokratie zufallende Funktion, eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden, nur erfüllen kann, wenn es rechtlich und wirtschaftlich gesichert ist (vgl. m. w. N.: VG Frankfurt/Oder, Urteil vom 24.08.2000, aaO).
Nach diesen Maßstäben gehört der Anspruch auf freie Heilfürsorge nicht zu den verfassungsrechtlich garantierten "hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums". Auch wenn die Heilfürsorge Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist, sind die Beamtengruppen, die bislang in den Genuss dieser Regelung gekommen sind, nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG vor Veränderungen durch den Gesetzgeber geschützt. Zwar ist die Fürsorgepflicht als Gegenstück zur Dienst- und Treuepflicht des Beamten in ihrem Kernbereich zu den "Grundsätzen" zu zählen, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt prägen. Nicht verfassungsrechtlich abgesichert sind jedoch die die Fürsorgepflicht konkretisierenden Rechtsnormen, mit denen diese Fürsorgepflicht im Einzelfall umgesetzt wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach ausdrücklich hervorgehoben u. a. für das Beihilferecht. Danach besteht keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle u. a. Unterstützung gerade in Form von Beihilfen i. S. d. bestehenden Beihilfevorschriften oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039, 1045/75 -, BVerfGE 44, 249, 263; Beschluss vom 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68, 77). Nichts anderes kann für die freie Heilfürsorge gelten, die den Beamtengruppen, die in ihren Genuss kommen, weitergehende Vorteile gewährt als die Beihilfe.
In der Neuregelung liegt schließlich auch keine Verletzung des Gleichheitsgebotes von Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere kein gleichheitswidriges Sonderopfer gegenüber Polizeivollzugsbeamten des Bundes oder anderer Bundesländer.
Der Landesgesetzgeber hat mit der Einführung einer vergleichsweise geringfügigen Anrechung der Heilfürsorge auf die Besoldung eine bislang gewährte Sachleistung eingeschränkt, die ohnehin lediglich einer bestimmten Gruppe von Beamten, nämlich den Polizeivollzugsbeamten, zugute kommt. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass sich zwischen der Gruppe der Polizeivollzugsbeamten und anderen Beamtengruppen durchaus Differenzierungskriterien finden lassen, die unter Fürsorgegesichtspunkten Grund für eine unterschiedliche Regelung der Vorsorge für den Krankheitsfall sein können. Verzichtet der Gesetzgeber jedoch auf eine differenzierte Regelung unterschiedlicher Sachverhalte bzw. schränkt er eine bestehende Differenzierung ein, liegt darin nur dann eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, wenn es dafür an einem sachlichen Grund fehlt. Für die Frage, inwieweit auch bei knappen Haushaltsmitteln eine Verpflichtung zur Berücksichtigung jeglicher Differenzierungsmöglichkeit besteht, hat das Bundesverfassungsgericht jedoch mehrfach darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei Gesetzen zur Sanierung des Staatshaushaltes wegen des übergreifenden Gesamtzwecks der Einzelmaßnahmen von Verfassungs wegen eine noch größere Wertungs- und Abstufungsfreiheit besitzt als er sie bei einer "isolierten" Regelung hat. Dabei ist er nicht gehindert, öffentlich-rechtliche Positionen oder sog. "Besitzstände" im Rahmen der verfügbaren Gesamtmittel neu zu bewerten. Bei aller Weite der Gestaltungsfreiheit und dem Zugeständnis auch grobrastiger Gesamtmaßnahmen, wie sie bei Haushaltssanierungen unausweichlich sind, gibt es indes auch eine Willkürgrenze. Der Gleichheitssatz muss nicht nur bei der Vergabe von Überfluss, sondern gerade auch bei der Verwaltung von Mangel sich bewähren (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 9.02.1982 - 2 BvL 6/78 und 8/79 -, BVerfGE 60, 16, 43). Dass hier die Grenze zur Willkür durch die Neuregelung des § 224 NBG durch das Haushaltsbegleitgesetz 1999 überschritten wäre, ist nicht erkennbar, zumal der Gesetzgeber in § 224 Abs. 4 NBG den unter Absatz 3 der Regelung fallenden Vollzugsbeamten, damit auch der Klägerin, freigestellt hat, die Weitergewährung von Heilfürsorge nach Maßgabe der gesetzlichen Neuregelung abzulehnen und sodann Beihilfe nach § 87 c NBG zu erhalten. Das Bestehen unterschiedlicher Regelungen für Polizeivollzugsbeamte unterschiedlicher Dienstherren wird überdies durch § 10 BBesG sanktioniert, der den Bundesländern abweichende Bestimmungen erlaubt. Die eigene Organisationskompetenz verbunden mit der Eigenverantwortlichkeit der Haushaltsgestaltung eines jeden Bundeslandes sind in der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland angelegte, hinreichend sachgerechte Kriterien für unterschiedliche Regelungen, solange nicht - wofür vorliegend kein Anhalt besteht - das Fortbestehen des Berufsbeamtentums als solches gefährdet ist.
Aufgrund der prozentualen Berechnung des Anrechnungsbetrages wird - entgegen der Darstellung der Klägerin - gerade nicht die in der bundesrechtlich geregelten Besoldungsstruktur angelegte Differenzierung aufgehoben oder auch nur gemindert. Vielmehr wird der Anrechnungsbetrag individuell für jede Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe sowie gemäß dem Umfang der Beschäftigung eines jeden Betroffenen ermittelt. Eine relevante Verfälschung des bundesrechtlich intendierten Spannungsverhältnisses (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 09.03.2000 - 2 BvL 8/99 -, NVwZ 2000, 1036, 1038) scheidet somit von vornherein aus.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei als Teilzeitbeschäftigte mit einem lediglich beihilfeberechtigten Kind besonders betroffen, denn der Beklagte weist zurecht darauf hin, dass sowohl bei der Bemessung des Anrechnungsbetrages nach § 224 Abs. 3 Satz 2 NBG die Teilzeitbeschäftigung berücksichtigt wird als auch hinsichtlich der Kostendämpfungspauschale ebenfalls die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin Berücksichtigung findet, zumal sich diese Pauschale noch um 50,00 DM eben für dieses Kind vermindert.
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Kostendämpfungspauschale, die vom 01. Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 galt, keinen verfassungsrechtlichen oder sonstigen Bedenken gegen ihre Rechtmäßigkeit unterliegt, wie die Kammer mit Urteil vom heutigen Tage (3 A 3297/99) entschieden hat. Konkrete Anhaltspunkte für eine die Klägerin in unzumutbarer Weise treffende schwere Belastung durch die Kostendämpfungspauschale sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.