Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.03.2011, Az.: 8 U 154/10

Bei fehlender Kenntnisnahme nicht eingetretener Renditeversprechen über einen Zeitraum von sechs Jahren kann von einer grob-fahrlässigen Unkenntnis des Anlegers ausgegangen werden; Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Anlageberater

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.03.2011
Aktenzeichen
8 U 154/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 17737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2011:0331.8U154.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 05.08.2010 - AZ: 4 O 103/10
nachfolgend
BGH - 10.07.2013 - AZ: IV ZR 88/11

Amtlicher Leitsatz

Wird ein Anleger im Rahmen einer Anlageberatung unter Bezugnahme auf Vergangenheitsrenditen mit nicht vergleichbaren Verträgen geworben, ist von einer grobfahrlässigen Unkenntnis im Sinne von § 199 BGB dann auszugehen, wenn in den nachfolgenden sechs Jahren die tatsächliche Rendite nicht einmal ansatzweise die in der Vergangenheit angeblich erzielte Rendite erreicht und der Anleger durch ein Studium des Prospekts sofort die fehlende Vergleichbarkeit der den Vergangenheitsrenditen zugrundeliegenden Verträge mit dem von ihm abgeschlossenen Vertragstyp hätte feststellen können.

In dem Rechtsstreit

G. K., ... in R.,

Kläger und Berufungskläger,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte L. ... in M.,

gegen

c. ... L., vertreten durch den Vorstand ..., in M / N,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte L. ... in H.,

Beteiligter:

Dr. T. K. als Insolvenzverwalter, ... in M.,

Streithelfer der Beklagten,

Prozessbevollmächtigte:

RA'e. S. ... in N.,

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 31. Mai 2011 beschlossen:

Tenor:

Der im Tatbestand des am 31. März 2011 verkündeten Urteils enthaltene Satz

´Herr W. händigte dem Kläger den von ... & Partner für den ...Plan erstellten Prospekt in seinen drei Teilen aus (Anlage K 10) und erstellte für ihn eine Kurzberechnung auf der Basis einer jährlichen Rendite aus dem Versicherungsvertrag in Höhe von 8,5 %.´

wird wie folgt berichtigt:

´Herr W. händigte dem Kläger den von ... & Partner für den ...Plan erstellten Prospekt in seinen zwei Teilen aus (Anlage K 10) und erstellte für ihn eine Kurzberechnung auf der Basis einer jährlichen Rendite aus dem Versicherungsvertrag in Höhe von 8,5 %.´

Im Übrigen wird der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Senat hat den Tatbestand im dargestellten Umfang gemäß § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt. Soweit im Tatbestand von einem dreiteiligen Prospekt die Rede ist, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Tatsächlich besteht der Prospekt zum ...Plan lediglich aus zwei Teilen. Eines Rückgriffs auf die gegenüber § 319 Abs. 1 ZPO subsidiäre (vgl. Musielak in: ZPO, 8. Aufl., § 320, Rn. 2) und von der Beklagten herangezogene Bestimmung des § 320 Abs. 1 ZPO hat es unter diesen Umständen nicht bedurft.

2

Im Übrigen ist der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes jedoch unbegründet. Nach Auffassung der Beklagten ergebe sich entgegen den Ausführungen im Tatbestand aus dem Zeichnungsschein nicht, dass der Kläger ... & Partner auch zur Einzahlung des Darlehensbetrags in die bei der Beklagten abzuschließende Versicherung ermächtigt habe. Diese Auffassung ist unzutreffend. Im Zeichnungsschein (Anlage K11) heißt es insoweit:

3

´Ich (Anmerkung des Senats: der Kläger) zeichne hiermit den ...Plan mit einer Einmalanlage in eine C. ... Police in Höhe von DM 250.000,00.´

4

Im Anschluss heißt es:

5

´Ich beauftrage ... & P. mit der Beschaffung und der Abwicklung eines Bruttodarlehens in Höhe von DM 250.000,00 für den ...Plan.´

6

Wenn der Kläger ... & Partner aber nicht allein mit der Beschaffung, sondern darüber hinaus auch mit der Abwicklung des Bruttodarlehens beauftragte, dann kann hierin mangels Alternativen nur der Auftrag gesehen werden, über die Darlehenssumme zugunsten der Beklagten zu verfügen. Dass diese Verfügung nur in Form einer Einzahlung in die C. ... Police erfolgen konnte, ergibt sich aus der bereits zitierten Erklärung im Zeichnungsschein. Würde der Tatbestand hingegen im Sinne des Berichtigungsantrags umformuliert werden, wäre er zumindest unvollständig. In dem Fall bliebe nämlich der ... & Partner erteilte Auftrag zur Abwicklung der Finanzierung unerwähnt. Unabhängig hiervon hat die Beklagte im Rahmen des Rechtsstreits aber auch zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, welchen Umfang die ... & Partner erteilte Vollmacht ihrer Auffassung nach besitzt. Ein etwaiger, erstmals im Berichtigungsverfahren erfolgender Vortrag ist aber unbeachtlich und rechtfertigt insbesondere nicht die rückwirkende Berichtigung des Tatbestandes (vgl. Musielak aaO.).