Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.03.2011, Az.: 4 U 146/10

Zulässigkeit der Eigentumsübertragung an Hafen und Landflächen an Binnenwasserstraßen; Rechtsfolgen der auf Teilflächen beschränkten Ausübung eines Vorkaufsrechts an der gesamten Fläche

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.03.2011
Aktenzeichen
4 U 146/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 12038
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2011:0316.4U146.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 18.08.2010 - AZ: 2 O (Baul.) 54/09

Fundstelle

  • ZfIR 2011, 382

Amtlicher Leitsatz

1. § 1 Abs. 3 WaStrG steht einer Eigentumsübertragung der gewonnenen Flächen vom Land auf - private - Dritte nicht entgegen (anders: OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Januar 2003, Az: 7 KS 73/01).

2. Die beschränkte Ausübung des Vorkaufsrechts an einer oder mehreren Flächen ist unwirksam und führt zur Aufhebung des Vorkaufsrechtsbescheids, wenn sich das Vorkaufsrecht an sich auf die gesamte verkaufte Fläche erstreckt.

In dem Rechtsstreit

Stadt C., vertreten durch den Oberbürgermeister, ...,

Antragsgegnerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

gegen

Oberfinanzdirektion Niedersachsen - Landesliegenschaftsfonds Niedersachsen (LFN), Außenstelle L., ...,

Antragsteller und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte :

Rechtsanwälte ...,

hat der 4. Zivilsenat - Senat für Baulandsachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2011 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung der Antragstellerin hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen ein von der Antragsgegnerin ausgeübtes Vorkaufsrecht und begehrt die Aufhebung des zugrunde liegenden Bescheides vom 16. Januar 2009.

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Die Antragstellerin verkaufte an die I. Bau M. GmbH (Antragstellerin im Parallelverfahren LG Lüneburg 2 O 47/09 / OLG Celle 4 U 147/10) die Flurstücke 268/23, 1/27 und 1/28. Die Antragsgegnerinübte an dem Flurstück 1/28 und einem Teil des Flurstücks 1/27 zur Größe von 6.174 m² ihr Vorkaufsrecht aus. Im Übrigen hat sie von der Ausübung des Vorkaufsrechts abgesehen, da die Durchführung der Eigentumsübertragung ihrer Ansicht nach unmöglich sei. Es könne gemäß § 1 Abs. 3 WaStrG kein Eigentumserwerb durch Dritte stattfinden, somit sei auch ein Eigentumsübergang auf sie nicht zulässig. Ferner gebe es für im Bereich der baurechtlichen Anweisung "SO Fährhafen" belegene Teilflächen kein Vorkaufsrecht. dies treffe auf eine Fläche von 451 m² des Flurstücks 1/27 und eine Teilfläche von ca. 3.292 m² des Flurstücks 268/23 zu. insoweit bestehe keine zwingendeöffentliche Anweisung.

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Im Übrigen wird zur Sachverhaltsdarstellung auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

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Das Landgericht hat den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und zur Begründung Folgendes ausgeführt: Die streitgegenständliche Fläche sei jedenfalls jetzt nicht mehr Teil einer Seewasserstraße, weswegen

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§ 1 Abs. 3 WaStrG dem Verkauf nicht mehr entgegen stehe. Der Antragsgegnerin stehe deswegen gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Dessen Voraussetzungen seien grundsätzlich gegeben. Insbesondere stehe § 24 Nr. 4 BauGB der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen. Allerdings könne das Vorkaufsrecht nicht auf die tatsächlich geltend gemachten Teilflächen beschränkt werden. Die Antragsgegnerin könne mit diesen Flächen die Ziele des Bebauungsplans nicht mehr verwirklichen, da ihr das gesamte Hinterland nicht mehr zur Verfügung stehe. Auf eine Erörterung des § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 467 Satz 2 BGB komme es nicht an.

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Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Sie rügt, dass sich dem Urteil des Landgerichts nicht entnehmen lasse, worauf die Begründung dafür gestützt werde, dass sich die Ziele des Bebauungsplans nicht verwirklichen ließen. Ferner sei § 1 Abs. 3 WaStrG nicht erfüllt. dies stehe einem Verkauf entgegen. Im Übrigen sei die beschränkte Ausübung eines Vorkaufsrechts im Rahmen seiner Beschränkung zulässig, was in Rechtsprechung und Literatur unstreitig sei. Zudem sei der Vorkaufsrechtsbescheid bestandskräftig geworden, da die Antragstellerin bis zur letzten mündlichen Verhandlung eine Aufhebung des Vorkaufsrechtsbescheids nicht beantragt habe und sie - die Antragsgegnerin - davon habe ausgehen können, dass eine solche nicht beantragt werden sollte.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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unter Abänderung des Urteil des Landgerichts Lüneburg Az.: 2 O (Baul.) 54/09 - vom 18. August 2010 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

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Die Antragstellerin stellt den Antrag,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, eine Bestandskraft des Vorkaufsrechtsbescheides sei nicht eingetreten.§ 1 Abs. 3 WaStrG sei nicht anwendbar. Selbst wenn dies aber anders sein sollte, stünde dies einem Verkauf nicht entgegen. Die nur auf einen Teil der Fläche bezogene Vorkaufsrechtsausübung sei im Übrigen deswegen rechtswidrig, weil sie den Vorgaben von § 467 Satz 2 BGB und § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht gerecht werde.

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Im Berufungsverfahren ist von der Antragstellerin unbestritten vorgetragen worden, dass der Landesliegenschaftsfonds nicht mehr Teil des Nds. Finanzministeriums, sondern aufgrund einer neuen Behördenstruktur in die Oberfinanzdirektion Niedersachsen eingegliedert worden ist.

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II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat das mit dem Bescheid vom 16. Januar 2009 ausgeübte Vorkaufsrecht nicht wirksam geltend gemacht. Der Vorkaufsrechtsbescheid verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten. § 1 Abs. 3 WaStrG steht einem Verkauf der Antragstellerin an die I. Bau M. GmbH nicht entgegen. Die Antragsgegnerin durfte ihr Vorkaufsrecht nicht beschränkt ausüben.

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1. Der Vorkaufsrechtsbescheid ist gegenüber der Antragstellerin nicht bestandskräftig geworden. Dem steht entgegen, dass die Antragstellerin mit dem Antrag vom 13. Februar 2009 verlangt hat, die Ausübung des Vorkaufsrechts auf die in Rede stehende Gesamtfläche zu erstrecken. Zwar ist damit nicht ausdrücklich die Aufhebung des Vorkaufsrechtsbescheides beantragt worden. Darauf kommt es aber nicht an, denn jedenfalls ist der Wille der Antragstellerin erkennbar, den Vorkaufsrechtsbescheid in seiner Gestalt nicht wirksam werden zu lassen.

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Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt (BGHZ 72, 51, Rn 9 - aus juris):

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´Im Verfahren vor den Baulandgerichten kann ein Beteiligter seine Anträge grundsätzlich auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist des§ 157 Abs. 2 BBauG erweitern. Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus dem Antrag, der Begründung oder den sonstigen Erklärungen des Antragstellers eindeutig die endgültige Beschränkung der Anfechtung ergibt.´ Eine solche Beschränkung, den Bescheid als wirksam zu betrachten, sollte eine Ausübung des Vorkaufsrechts auf die gesamte verkaufte Fläche nicht möglich sein, ist nicht zu erkennen. Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsschrift darauf hingewiesen, dass die selbständige wirtschaftliche Verwertbarkeit des Flurstücks 268/23 verwehrt bliebe, wenn das Vorkaufsrecht nur teilweise ausgeübt werde, da ein der Größe des Flurstücks angemessener Zugang zur Straße fehlen würde. Dies bedeutet, dass es ihr um ´alles oder nichts´ geht, also die Durchführung des Kaufvertrags so wie beurkundet oder Abstandnahme davon.

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2. Die Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB liegt vor. Die fraglichen Flurstücke liegen innerhalb eines Bebauungsplans (Nr. 78), der für die Flächen eine Nutzung für öffentliche Zwecke vorsieht, nämlich als ´öffentliche Grünfläche, Parkanlage (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) mit Verkehrsfläche, Wasserfläche. Zweckbestimmung: Anlagen für Freizeit, Spiel, Erholungsnutzung (Kurgasteinrichtungen). zulässig sind: Begrünte Freiflächen, Verkehrsflächen, Schiffsmodellbecken´.

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3. Der Kaufvertrag zwischen der Antragstellerin und der Käuferin I. Bau M. GmbH ist wirksam. Die Antragstellerin darf das Eigentum an den in Rede stehenden Flurstücken auf die Käuferinübertragen. § 1 Abs. 3 Satz 3 WaStrG steht dem nicht entgegen.

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a) Der Senat hält entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegend § 1 Abs. 3 WaStrG für anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass das gewonnene Land jedenfalls jetzt nicht mehr Teil einer Seewasserstraße ist. Denn ursprünglich war dies der Fall gewesen, sodass das Land gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 WaStrG Eigentümer geworden ist. Dort heißt es ausdrücklich: "Das Land wird Eigentümer der nach Nr. 1 gewonnenen Land und Hafenflächen und errichteten Bauwerke." Dementsprechend ist auch das Land im Grundbuch als Eigentümer mit einem Eigentumserwerb nach § 1 Abs. 3 WaStrG eingetragen. Der Verkauf der Flurstücke und die (Weiter)Übertragung des Eigentums auf Dritte ist nach § 1 Abs. 3 Satz 3 WaStrG nicht verboten. Zwar ist dort ausdrücklich geregelt, dass die Nutzungsbefugnisse im Einzelfall auf Dritte übertragen werden können. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass damit die Übertragung des Eigentums ausgeschlossen ist. Ein klarstellendes Wort wie z. B. "nur" fehlt in dem Gesetzeswortlaut. Etwas anderes lässt sich auch nicht den Gesetzgebungsmaterialien entnehmen (z. B. BT Drucks. V/1469, S. 2. V/2215, S. 2). Dort ist nur ausgeführt, dass der Satz, dass das Land die Nutzungsbefugnisse nach Nr. 1 und 2 im Einzelfall übertragen kann, eine weitere Klarstellung bedeuten soll. Die Frage der Übertragung des Eigentums auf Dritte ist nicht Gegenstand der Überlegungen und Motive des Gesetzgebers gewesen.

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Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Fläche noch innerhalb des Hafenbereichs Cuxhaven (vgl. Allgemeinverfügung zur Festlegung des Hafenbereichs Cuxhaven vom 06. April 2009) befindet. Denn allein dieser Umstand hindert das Land nicht an dem Verkauf der Flurstücke. Eine Beschränkung der dem Land als Verkäufer nach § 903 BGB zustehenden Verfügungsbefugnis über sein Eigentum ist denöffentlich rechtlichen Vorschriften insoweit nicht zu entnehmen.

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b) Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Januar 2003 zum Aktenzeichen 7 KS 73/01 eine andere Auffassung vertreten hat, teilt der Senat diese nicht. Denn nach der Ansicht des entscheidenden Senats ergibt sich gerade - wie oben ausgeführt - aus dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung eine Verfügungsbeschränkung für das Land nicht. Abgesehen davon hat auch das OVG Lüneburg in dem o. a. Urteil einen abweichenden Sachverhalt zu entscheiden gehabt. dort ging es um die ungewollte Aufspülung einer Fläche und der Gefährdung des Hafenbetriebs. Vorliegend ist die in Rede stehende Fläche gewollt aufgespült worden und aus dem Hafenbetrieb als Teil einer Seewasserstraße oder der Nordsee entlassen worden. In diesem Sinne hat sich auch das Wasser und Schifffahrtsamt Cuxhaven in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2009 geäußert.

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Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in der Begründung seines Urteils auch die Kommentierung von Friesecke zitiert, hat dieser in der nunmehr 6. Auflage seines Kommentars zum Bundeswasserstraßengesetz eine abweichende Auffassung vertreten. Soweit das Land seine Nutzungsbefugnisse an Dritte übertragen könne und imÜbrigen § 1 Abs. 3 Satz 3 WaStrG auf S. 1 dieses Absatzes hinweise, werde dieser Hinweis allenfalls bedeuten, dass Dritte anders als das Land durch die Nutzung kein Eigentum erwerben könnten. Mehr lässt sich dem Inhalt dieser Vorschrift auch nach Auffassung des Senats nicht entnehmen.

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4. Die Antragsgegnerin hat ihr Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt. Denn angesichts des Umstands, dass die Antragstellerin die gesamten in Rede stehenden Flurstücke verkaufen darf, hätte die Antragsgegnerin ihr Vorkaufsrecht nur dann wirksam ausüben können, wenn sie dieses auf sämtliche verkauften Flurstücke erstreckt hätte. Dies ist allerdings nicht der Fall. Eine solche beschränkte Ausübung des Vorkaufsrechts ist nach Ansicht des Senats unwirksam.

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Anknüpfend an die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ist der Senat der Auffassung, dass für die Lösung dieser Frage ein zivilrechtlicher und kein öffentlich rechtlicher Einstieg erforderlich ist. § 28 Abs. 2 BauGB verweist auf zivilrechtliche Vorschriften. Das Vorkaufsrecht gibt einer Gemeinde die Möglichkeit, in den Vertrag zwischen Verkäuferin und Käuferin einzutreten. Damit ist der Eintritt in den gesamten Vertrag gemeint. mehr Rechte stehen der Gemeinde nicht zu. Sie kann aber auch keine geringeren Rechte geltend machen. Denn gem.§ 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB i. V. m. § 464 Abs. 2 BGB kommt der Kauf mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. Damit kommt auch nicht in Betracht, dass die Antragsgegnerin das Vorkaufsrecht nur auf einen Teil der verkauften Fläche beschränken kann.

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Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf § 467 Satz 2 BGB berufen, wonach die eine Partei verlangen kann, das Vorkaufsrecht auf alle Sachen zu erstrecken, die nicht ohne Nachteil für sie getrennt werden können. Diese Vorschrift passt nicht auf den vorliegenden Sachverhalt, wie sich aus § 467 Satz 1 BGB ergibt. Denn die Vorschrift ist ersichtlich nur für solche Fallgestaltungen anwendbar, in denen weitere, zusätzliche Gegenstände verkauft werden, auf die sich das Vorkaufsrecht von vornherein nicht beziehen kann und die Gegenstand des Kaufvertrags geworden sind (wie z. B. die bei Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 24 Rn. 18, geschilderte Konstellation, dass das Grundstück nur teilweise im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt und das Vorkaufsrecht sich nur auf diese Teilfläche erstreckt. dann kann von der Gemeinde verlangt werden, das gesamte Grundstück zu kaufen). Vorliegend ist aber der Sachverhalt dergestalt gelagert, dass die verkaufte Fläche zur Gänze im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 78 liegt.

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Zwar ist die Auffassung der Antragsgegnerin zutreffend, dass ein rechtlich beschränktes Vorkaufsrecht nur im Rahmen seiner Beschränkung ausgeübt werden kann. Aus dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 1990 (NJW 1991, 293 f. [BGH 05.07.1990 - III ZR 229/89][BGH 05.07.1990 - III ZR 229/89]) ergibt sich aber, dass dieser "Rechtssatz" nur dann zutrifft, wenn sich das Vorkaufsrecht von vornherein auf einen Teil der verkauften Fläche erstreckt hat. Vorliegend ist aber ein anderer Sachverhalt gegeben, dass nämlich das Vorkaufsrecht - ein Verkauf aufgrund § 1 Abs. 3 WaStrG unterstellt - sich auf die gesamte Fläche ausdehnen würde und nur zum Teil ausgeübt werden soll.

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5. Selbst wenn man eine beschränkte Ausübung des Vorkaufsrechts in dem vorliegenden Sachverhalt für wirksam ansehen würde, wäre die Ausübung nicht gem. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerechtfertigt.

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Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass die "Vorkaufsrechtsfläche" zur Verwirklichung des Bebauungsplans geeignet und erforderlich wäre. Dies ist nach Ansicht des Senats und mit dem Landgericht nicht der Fall. Dabei ist zu beachten, dass das von der Stadt zu fördernde Allgemeinwohl nicht nur auf der Fläche liegt, an der die Antragsgegnerin das Vorkaufsrecht ausgeübt hat. Vielmehr liegt die gesamte verkaufte Fläche im Bereich des Bebauungsplans Nr. 78. Eine gegenüber den nicht vom Vorkauf erfassten Flächen bestehende besondere Nutzungsmöglichkeit ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Veranstaltungen wie in der Vergangenheit sind gerade auf der Fläche durchgeführt worden, auf die die Antragsgegnerin ihr Vorkaufsrecht nicht erstreckt hat. Eine Andersartigkeit dieser Flächen im Vergleich zu den nicht vom Vorkauf betroffenen Flächen ist nicht ersichtlich.

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Es kommt nicht darauf an, dass nach einer Stellungnahme des Grünflächenamtes vom Januar 2009 es noch einer gärtnerischen Gestaltung bedarf, damit eine Nutzung wie nach dem Bebauungsplan vorgesehen tatsächlich möglich ist. Entscheidend ist, dass der Bebauungsplan die gesamte Fläche erfasst. Dass die Fläche möglicherweise im Einzelnen nicht den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen mag, ändert nichts daran, dass sich der Bebauungsplan tatsächlich auf diese Fläche erstreckt.

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6. Auf die weiteren unter den Parteien streitigen Fragen im Zusammenhang mit der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Reduzierung des Kaufpreises kommt es nach alledem nicht an.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er zwei Fragen für von grundsätzlicher Bedeutung hält. Zunächst einmal hat der Senat - anders als das OVG Lüneburg darüber entschieden, ob§ 1 Abs. 3 Satz 3 WaStrG einer Übertragung des Eigentums an Dritte entgegen steht. Zudem war zu klären, ob eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht auch dann wirksam ausüben kann, wenn sie es nur auf einen Teil der verkauften Fläche beschränken möchte, obwohl die verkaufte Fläche zur Gänze im Bebauungsplan liegt und sich das Vorkaufsrecht auf die gesamte Fläche erstreckt.