Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.03.2011, Az.: 10 WF 76/11
Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Abänderung einer Sorgerechtsentscheidung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.03.2011
- Aktenzeichen
- 10 WF 76/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 13074
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0317.10WF76.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 18.02.2011 - AZ: 607 F 5870/10
Rechtsgrundlage
- § 78 Abs. 2 FamFG
Fundstellen
- FPR 2011, 7
- FamRZ 2011, 1161
- FuR 2011, 413-414
- ZFE 2011, 232
Amtlicher Leitsatz
Für ein Verfahren, welches auf die Änderung einer Sorgerechtsentscheidung nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB gerichtet ist und in dem der die gemeinsame elterliche Sorge begehrende Elternteil - bei ansonsten unveränderter Lebenssituation des Kindes - geltend macht, dass die ehemals nicht vorhandene Kommunikationsfähigkeit der Kindeseltern wieder vorhanden sei, ist die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten regelmäßig nicht erforderlich.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Ehe der Eltern des betroffenen Kindes ist durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 17. März 2010 (Geschäftsnummer 607 F 1600/09 S) geschieden worden. Gleichzeitig ist die elterliche Sorge für A. gemäß § 1671 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB auf den Vater übertragen worden, bei dem sie seit September 2009 wohnt. Das Amtsgericht führte in seiner Begründung aus, dass eine gemeinsame Kommunikation der Kindeseltern nicht möglich sei und dass sie nicht in der Lage seien, gemeinsam Entscheidungen für ihr Kind zu treffen, wobei der elterliche Konflikt unstreitig war. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen die Sorgerechtsentscheidung ist durch Beschluss des Senats vom 29. Juli 2010 zurückgewiesen worden.
Anschließend hat die Kindesmutter ihr Umgangsrecht geltend gemacht. Die Kindeseltern haben in dem Verfahren 607 F 5155/10 UG am 24. November 2010 eine Vereinbarung zum Umgangsrecht getroffen, nachdem sie sich zuvor nach Vermittlung des Jugendamtes auf den Kern ihrer Vereinbarung verständigt hatten.
Mit ihrem am 30. November 2010 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Kindesmutter die Änderung der Sorgerechtsentscheidung dahingehend, dass die elterliche Sorge wieder auf beide Elternteile gemeinsam übertragen wird. Sie macht geltend, dass die Beteiligten inzwischen wieder relativ problemfrei kommunizieren würden.
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten jedoch nach § 78 Abs. 2 FamFG abgelehnt. Gegen die Versagung der Anwaltsbeiordnung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere form und fristgerecht eingelegt. sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Nach der seit September 2009 - also auch für das vorliegende Verfahren - maßgeblichen Regelung in § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt für Verfahren, in denen - wie vorliegend - die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, im Rahmen der VKH die Beiordnung eines Anwaltes nur noch dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach und Rechtslage erforderlich erscheint, also in qualifizierten Fällen.
Ein derartiger Fall liegt in der Regel nicht vor, wenn es in dem betreffenden Verfahren um die Abänderung einer Entscheidung nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB geht und der die gemeinsame elterliche Sorge begehrende Elternteil - bei ansonsten unveränderter Lebenssituation des Kindes - geltend macht, dass die elterliche Kommunikation wieder funktioniere.
Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, die im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich sind, kann in derartigen Fällen nicht von einer die Anwaltsbeiordnung rechtfertigenden Schwierigkeit der Sach oder Rechtslage ausgegangen werden. Entweder es stellt sich im Erörterungstermin heraus, dass der andere Elternteil der zukünftigen Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zustimmt, so dass dem Antrag in entsprechender Anwendung des § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB stattzugeben sein dürfte. oder das Amtsgericht hat - bei fehlender Zustimmung des anderen Elternteils - die Kooperationsfähigkeit der Eltern zu überprüfen, wobei es insoweit mehr auf tatsächliche Erziehungsfragen als auf Rechtsfragen ankommt.
Eine Schwierigkeit der Sach und Rechtslage ergibt sich im letzteren Fall nicht schon aus der Tatsache, dass die Beteiligten entgegengesetzte Ziele verfolgen (vgl. Prütting/Helms/Stößer, FamFG, § 78 Rz. 4). Meinungsverschiedenheiten der Kindeseltern und der Streit der Eltern darüber, ob sie in der Lage sind, die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben, sind in Verfahren nach § 1671 BGB, für die der Gesetzgeber bewusst keinen Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 FamFG vorgesehen hat, die Regel.