Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 07.03.2011, Az.: 14 U 7/11
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.03.2011
- Aktenzeichen
- 14 U 7/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 45167
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG - 25.11.2010 - AZ: 4 O 160/10
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Akquisition und vertraglich zu vergütender Tätigkeit ist fließend und im Einzelfall schwierig. Aus dem Tätigwerden des Architekten allein kann noch nicht der Abschluss eines Vertrages hergeleitet werden; dessen Zustandekommen hat der Architekt vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen. Das Zustandekommen eines Architektenvertrags richtet sich nicht nach der HOAI und den danach abgerechneten Leistungen, sondern nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts.
2. Leistungen des Architekten, die im Wege der Akquisition erbracht wurden, lösen keinen Bereicherungsanspruch aus.
Tenor:
I. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.571,69 € festgesetzt.
II. Der Senat erwägt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 25. November 2010 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses gegeben.
Gründe
Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall. Die Kammer hat weder eine entscheidungserhebliche Rechtsnorm nicht noch eine solche falsch angewendet. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist gleichfalls nicht erforderlich. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung auch keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat hat seiner Entscheidung die vom Landgericht festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige konkrete Anhaltspunkte kann die Berufung nicht aufzeigen:
I. Zum Vertragsschluss:
1. Für den Abschluss des Architektenvertrags ist die Klägerin beweispflichtig (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 124/96, NJW 1997, 3017; OLG München, Urteil vom 15. April 2008 - 9 U 4609/07, BauR 2009, 1461 mit Anm. Bröker, IBR 2009, 394 - nachgehend BGH, Beschluss vom 16. April 2009 - VII ZR 197/08 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 2007 - 5 U 113/06, BauR 2008, 142 mit Anm. Götte, IBR 2008, 31 - nachgehend BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 83/07 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen], je auch abrufbar bei juris; Senat, Urteil vom 23. Mai 2006 - 14 U 240/05, BauR 2007, 902, insb. juris-Rdnr. 3 m. w. N.).
Der Abschluss eines Architektenvertrags setzt darauf bezogene, übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Ein Vertragsschluss kann auch konkludent erfolgen oder durch Entgegennahme bestimmter Leistungen in Betracht kommen, wenn ein entsprechender Wille der (hier) Beklagten festgestellt werden kann (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - VII ZR 143/06, NZBau 2008, 66, insb. juris-Rdnr. 13 und 14).
Macht ein Architekt Honoraransprüche geltend, ohne mit dem Auftraggeber eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung getroffen zu haben, muss er die Umstände darlegen und beweisen, nach denen die Erbringung der Architektenleistungen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war (OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2006 - 11 U 57/03, IBR 2007, 141 - nachgehend BGH, Beschluss vom 23. November 2006 - VII ZR 32/06, IBR 2007, 141 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen]).
2. Ein entsprechender Vertragsschluss oder eine Vergütungsvereinbarung ist hier weder aufgrund einzelner Indizien, die unter Umständen für einen Vertragsschluss sprechen könnten, noch bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände im Zuge der Gespräche und Verhandlungen zwischen den Parteien mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen. Ebenso wenig kann die Klägerin Umstände beweisen, aufgrund derer hier trotz Fehlens einer Vergütungsvereinbarung nur eine Leistung gegen eine Vergütung zu erwarten war.
a) Ein schriftlicher Auftrag wurde unstreitig nicht erteilt.
b) Eine mündliche Auftragserteilung ist nicht feststellbar:
aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin insbesondere im Berufungsverfahren werden bei der Beweiswürdigung nicht zunächst die für (oder gegen) eine Behauptung sprechenden Zeugenaussagen - hier nach Auffassung der Klägerin vor allem die Zeugenaussagen Le. und Fr. - gewürdigt und danach das "Ergebnis" der Beweisaufnahme bestimmt, um dann die davon abweichenden Zeugenaussagen - hier des Zeugen Fa. - dahin zu untersuchen, ob sie das (angeblich) schon feststehende Beweisergebnis „entkräften“ können. Stattdessen ist zunächst unter Ansatz der Beweislast (die - wie erwähnt - hinsichtlich des Vertragsschlusses die Klägerin traf) eine Würdigung der jeweiligen Zeugenaussage und danach eine Gesamtwürdigung aller Aussagen vorzunehmen und hiernach festzustellen, ob die zu beweisende Behauptung bewiesen ist.
bb) Die Aussagen der Zeugen Fr., Fi. und Fa. genügen jedoch nicht, um den von der Klägerin behaupteten Vertragsschluss annehmen zu können.
(1) Es ist zwar richtig, dass die Zeugin Fr. gesagt hat, „wird wurden damals konkret mit der Vorplanung und der Platzraumbedarfsermittlung beauftragt“ (Bl. 115 d. A.). Zur Begründung ihrer Einschätzung kann sie jedoch nur auf ein Gespräch im Hause Fi. verweisen, bei dem es „auch schon um Details“ gegangen sei. Sie habe das Schreiben vom 13. Juli 2005 entworfen (Bl. 27 d. A.). Es sei alles sehr eilig gewesen. Herr Fi. sei wegen der erforderlichen Hubarbeiten schon „mit anderen Unternehmern im Gespräch“ gewesen und habe die Kosten auch „wegen einer EU-Richtlinie“ benötigt.
Diese Angaben könnten in der Tat - isoliert betrachtet - für eine Auftragserteilung sprechen. Sie sind aber auch für sich genommen nicht ganz eindeutig. So wird in dem Schreiben vom 13. Juli 2005 zunächst ein Dank ausgesprochen „für die freundliche Aufnahme in Ihrem Hause“. Dann heißt es: „Gerne plane ich für Sie ein Hallenbad und freue mich schon jetzt auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit“. Damit kann eine Auftragsannahme zum Ausdruck gebracht worden sein; es könnte sich aber auch nur um ein werbendes Schreiben im Rahmen der Akquisitionsphase handeln. Der Wortlaut des Schreibens ist in dieser Hinsicht eben nicht klar, obwohl eine unmissverständliche Formulierung ohne weiteres möglich gewesen wäre (wie z. B. "danke ich für den erteilten Auftrag" oder "bestätige ich Ihren Auftrag vom …").
Dass alles "sehr eilig" gewesen sein soll, passt nicht zu der Erklärung der Klägerin (Protokoll Bl. 114 d. A.), der Bau des Hallenbades habe "nicht unmittelbar bevorgestanden". Die Beklagte hätte die Pläne benötigt, um "rechtzeitig" Fördermittel zu beantragen. Dazu aber hat wiederum die Zeugin Fr. gesagt (Bl. 115 d. A.), in dem Gespräch sei "nicht konkret gesagt" worden, "was für Hilfsmittel beantragt werden sollten".
(2) Der Zeuge Le. hat sich zwar im Einzelnen zu den Gesprächsinhalten geäußert. Dazu, dass ein Vertrag abgeschlossen wurde, hat er jedoch nichts gesagt. Eher gegen eine Auftragserteilung spricht aber seine Aussage, es sei „schwierig, vorherzusagen, wie sich das entwickeln würde. Insofern kann ich für mich auch nichts bezüglich einer mündlichen Beauftragung daraus herleiten“ (Bl. 116 d. A.).
(3) Der Zeuge Fa. hat dagegen eine Auftragserteilung klar in Abrede genommen. Aus seiner Sicht gab es „eine solche Aussage nicht“. Es sei darum gegangen, „dass zunächst bildlich gemacht werden sollte, wie so etwas aussehen könnte. Einen konkreten Auftrag, dass eine Seite jetzt etwas machen sollte, kann ich so nicht bestätigen … Eigentlich ist man dann so auseinander gegangen. Das Ganze war nach meinem Dafürhalten ein Informationsgespräch“ (Bl. 117 d. A.).
(4) Das Gesamtbild der Aussagen ist uneinheitlich und nicht klar. Es ist gut vertretbar, anhand dieser Aussagen nicht den Beweis als geführt anzusehen, dass hier ein Vertragsschluss vorlag.
c) Anhand der weiteren - auch unstreitigen - Umstände des Sachverhalts wird diese Würdigung bestärkt; jedenfalls lässt sich mit diesen Tatsachen kein Vertragsschluss begründen:
Entgegen der Ansicht der Klägerin gibt nämlich gerade die Homepage der Beklagten für eine konkrete Verwirklichung des Projekts nichts her. Dort sind lediglich ungefähre Absichten über ein möglicherweise zu verwirklichendes Projekt zu finden. Das Ganze scheint werbenden Charakter zu haben.
Zum Zeitpunkt der Gespräche zwischen den Parteien war das in Rede stehende Grundstück noch nicht von der Beklagten erworben.
Die Finanzierung des Projekts war nicht gesichert.
Auch die EU-Fördermittel, die man bei dem Projekt eventuell hätte erhalten können, besagen nichts über einen tatsächlichen Vertragsschluss. Dies betrifft lediglich ein Motiv im Rahmen des Gesamtprojekts.
Der Senat ist auch nicht der Ansicht, dass Gespräche des Vorstandes Fi. mit anderen Unternehmern, um von dort benötigte Informationen einzuholen, „Verhandlungen“ zur Bauverwirklichung gleichkommen. Solche Gespräche sind bei Großprojekten innerhalb der ersten Informationsphase allerdings erforderlich. Über einen Vertragsschluss besagen sie nichts.
Nachvollziehbar erscheint dem Senat die Erklärung des Stiftungsvorstandes H.-J.Fi., er hätte „natürlich in einem 2-Stunden-Gespräch keinen Auftrag für ein Millionenprojekt vergeben“ können (Bl. 113 d. A.).
Die Ansicht der Klägerin, bei dem Hallenbadbau sei es nicht um ca. 4,5 Millionen gegangen, sondern allenfalls um 1 % dieser Summe, wie die Klageforderung zeige, geht an der Sache vorbei. Dies ist allein das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Verwirklichung des Projekts. Für die Beklagte hätte es sich indes bei dem Bau des Hallenbades sehr wohl um ein Millionenprojekt gehandelt.
d) Die Arbeiten der Klägerin können sich auch im Vergleich mit anderen Projekten ohne Weiteres im Bereich der Akquisition bewegt haben:
Die Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Akquisition und vertraglich zu vergütender Tätigkeit ist fließend und im Einzelfall schwierig (vgl. dazu insb. Senat, Urteil vom 17. Februar 2010 - 14 U 138/09, BauR 2010, 926, juris-Rdnr. 28 m. w. N. mit zustimmender Anmerkung von Fischer jurisPR-PrivBauR 5/2010 Anm. 4; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdnr. 627 f., je m. w. N.). Aus dem Tätigwerden des Architekten allein kann noch nicht der Abschluss eines Vertrages hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 124/96, BauR 1997, 1060, juris-Rdnr. 11); dessen Zustandekommen hat der Architekt - wie dargelegt - vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen (BGH a. a. O.). Das Zustandekommen eines Architektenvertrags richtet sich nicht nach der HOAI und den da nach abgerechneten Leistungen, sondern nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts (vgl. BGH a. a. O.).
Die Frage, ob im Einzelfall ein Vertrag abgeschlossen oder nur ein Gefälligkeitsverhältnis begründet wurde, wird danach beantwortet, ob die Leistung mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zugesagt oder erbracht worden ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Februar 1996 - VII ZR 90/94, BauR 1996, 570). Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden war, beurteilt sich nicht nach dem inneren Willen des Leistenden, sondern danach, ob der Leistungsempfänger (hier die Beklagte) aus dem Handeln des Leistenden (der Klägerin) nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen durfte. Es kommt also darauf an, wie sich dem objektiven Betrachter das Handeln des Leistenden darstellte. Insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, können auf einen rechtlichen Bindungswillen schließen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Februar 1996 a. a. O.; ebenso auch OLG Frankfurt, Urteil vom 20. September 2005 - 22 U 210/02, BauR 2006, 1922, juris-Rdnr. 37; nachgehend BGH, Beschluss vom 27. April 2006 - VII ZR 234/05 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen]).
Aus der Tatsache, dass die Klägerin Planungsleistungen erbracht hat, kann sie damit nicht ohne Weiteres Honoraransprüche herleiten (vgl. dazu auch die umfangreichen Nachweise im Urteil des Senats vom 17. Februar 2010 a. a. O., juris-Rdnr. 30).
e) Entgegen der Ansicht der Klägerin besagt die Entgegennahme der Leistungen der Klägerin für einen Vertragsschluss gleichfalls noch nichts. Wie erwähnt kommt es darauf an, ob ein entsprechender Rechtsbindungswille der Parteien und hier insbesondere der Beklagten festgestellt werden kann (so aktuell auch Senat, Urteil vom 2. März 2011 - 14 U 140/10, II. 1. der Entscheidungsgründe [zur Veröffentlichung bestimmt]).
Dass die Beklagte über die reine Entgegennahme der Pläne diese im Übrigen in irgendeiner Weise insbesondere gegenüber Dritten verwertet hat, behauptet auch die Klägerin nicht.
f) Eine Gesamtwürdigung aller vorgenannten Umstände einschließlich der Zeugenaussagen rechtfertigt damit zur Überzeugung des Senats allein, keinen Vertragsschluss anzunehmen.
II. Ein Anspruch aus Bereicherungsrecht scheidet damit ebenfalls aus (vgl. OLG München, Urteil vom 15. April 2008 - 9 U 4609/07, BauR 2009, 1461 mit Anm. Bröker, IBR 2009, 394; Senat, Beschluss vom 27. März 2006 - 14 U 237/05, OLGR Celle 2006, 435 = BauR 2006, 180, juris-Rdnr. 4 f., sowie vorangehend Beschluss vom 16. Februar 2006 - 14 U 237/05, juris).
Die Klägerin sollte deshalb erwägen, ihre Berufung zurückzunehmen, um weitere nicht unerhebliche Kosten zu ersparen.