Verwaltungsgericht Hannover
v. 25.07.2008, Az.: 11 A 2994/06

Betrag, betriebsindividueller; Investition; Reserve, nationale; Rindersonderprämie; Rosé-Mast-Verfahren; Zahlungsansprüche

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
25.07.2008
Aktenzeichen
11 A 2994/06
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2008, 45517
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2008:0725.11A2994.06.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Umstellung des Produktionsverfahrens von der Bullenmast auf das Rosé-Mast-Verfahren rechtfertigt es nicht, die hierdurch erreichte geringere Mastdauer von 11 Monaten unberücksichtigt zu lassen und stattdessen den BIB auf Grundlage der fiktiven Mastdauer von 18 Monaten zu berechnen. § 15 Abs. 5a Satz 2 BetrPrämDurchfV ist auf diesen Fall nicht anwendbar.

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag aus der nationalen Reserve in Höhe von 22 494,78 EUR zu gewähren und den Bescheid vom 07.04.2006 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/5, die Beklagte zu 4/5.

  4. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zuweisung eines weiteren betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve wegen Investitionen in die Bullenmast.

2

Der Kläger bewirtschaftet im Haupterwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung in D.. Im Oktober 2001 stellte der Kläger die Milcherzeugung ein, verkaufte 30 000 kg Milchreferenzmenge und verpachtete die übrige Milchreferenzmenge im Umfang von 65 743 kg. Er baute die vorhandenen Gebäude für die Milchviehhaltung für die Bullenmast um. Im Dezember 2003 schloss er die Baumaßnahmen ab. Zum damaligen Zeitpunkt mästete der Kläger die Bullenkälber aus der Milchviehhaltung jeweils 18 Monate lang. Mit Aufgabe der Milcherzeugung und dem Umbau des Stallgebäudes stellte er auf das Rosé-Mast-Verfahren um und kauft seitdem Fresser und mästet diese etwa 11 Monate lang. Im Jahr 2004 vermarktete der Kläger insgesamt 170 Bullen und erhielt für diese mit Bescheid vom 30.06.2005 Rindersonderprämien.

3

Der Kläger stellte unter dem 12.05.2005, eingegangen bei der Beklagten am 17.05.2005, den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005. Unter Ziff. II.4.1 beantragte er die Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich der betriebsindividuellen Beträge unter Berücksichtigung aller ihm am 17.05.2005 zu Verfügung stehenden Flächen des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises. Er beantragte weiter unter Ziff. II.4.6 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen bzw. betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve als Unternehmen in besonderer Lage wegen Investitionen in Produktionskapazitäten oder Flächen, die bis zum 15.05.2004 begonnen wurden (Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004) und wegen Umstellung der Milcherzeugung auf eine andere Erzeugung bis zum 15.05.2004 (Art. 23 VO (EG) Nr. 795/2004). Dem Antrag fügte der Kläger die Vordrucke J - Antrag auf Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve aufgrund Investitionen gemäß Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 - und M - Antrag auf Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve aufgrund Umstellung der Milcherzeugung gemäß Art. 23 VO (EG) Nr. 795/2004 - bei. Im Vordruck J machte der Kläger Angaben zu seinen Investitionen in Gebäude und bauliche Anlagen, Maschinen, Geräte, technische Einrichtungen und in die Tieraufstockung und listete Rechnungen über eine Gesamtsumme von 113 659,56 EUR auf, die er der Beklagten auch vorlegte. Den Beginn der Investition gab er mit dem 28.11.2001 an, den Zeitpunkt der Fertigstellung der Stallanlagen mit dem 22.12.2003. Seinen Bullenbestand zum 31.12.2004 gab er mit 95 Tieren an, die Stallplätze vor der Investition mit 29 bei einer Haltedauer von 18 Monaten und nach der Investition von 170 bei einer Haltedauer von 11 Monaten. Mit Schreiben vom 23.06.2005 forderte die Beklagte vom Kläger weitere Unterlagen zur Vervollständigung seines Antrags auf Zuweisung von weiteren betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve an, darunter ein Betriebskonzept, einen Lageplan, eine Bauzeichnung, eine Bau-/Umnutzungsgenehmigung, eine Negativbescheinigung des Landkreises und fehlende Zahlungsbelege. Diese Unterlagen reichte der Kläger in der gesetzten Frist nach.

4

Mit Bescheid vom 07.04.2006, dessen Zugang nicht bekannt ist, setzte die Beklagte für den Kläger 51,44 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 440,44 EUR pro Hektar, 8,31 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 339,60 EUR pro Hektar, 10,17 normale Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zum Wert von 440,44 EUR pro Hektar und 4,89 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 255,12 EUR pro Hektar fest. Bei der Zuweisung des betriebsindividuellen Betrags berücksichtigte sie ausweislich Anlage 2 zum Bescheid den Dreijahresdurchschnitt der Rindersonderprämie, die der Kläger im Referenzzeitraum erhalten hatte, in Höhe von 1 610 EUR sowie aus der nationalen Reserve einen weiteren Betrag in Höhe von 8 357,58 EUR auf der Grundlage von 40,2 Einheiten. Den Antrag auf Zuweisung eines betriebsindividuellen Betrages wegen Umstellung der Milcherzeugung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe die Milchreferenzmenge nur verpachtet und damit nicht endgültig abgegeben.

5

Der Kläger hat am 08.05.2006 Klage erhoben. Er macht geltend, er habe nach Durchführung der Investitionsmaßnahme 170 Mastplätze gehabt und könne bei einer Haltedauer von 11 Monaten durchschnittlich 185,3 Tiere produzieren. Im Jahr 2004 habe er entsprechend 180 Tiere vermarktet und für diese auch Rindersonderprämien erhalten. Dass die Beklagte bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve eine fiktive Haltedauer von 18 Monaten und nicht die tatsächliche Haltedauer von 11 Monate zugrunde gelegt habe, sei fehlerhaft. Über die für den Referenzzeitraum berücksichtigten durchschnittlichen 7,67 Einheiten zuzüglich der bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve berücksichtigen 40,2 Einheiten hinaus stehe ihm gem. § 15 Abs. 5a BetrPrämDurchfV ein weiterer betriebsindividueller Betrag auf Grundlage von 132,13 Einheiten zu, mithin in Höhe von 27 747,30 EUR.

6

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2006 zu verpflichten, dem Kläger einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag aus der nationalen Reserve in Höhe von 27 747,30 EUR zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen,

  2. und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Änderung des Mastverfahrens von der Bullenmast auf das Rosé-Mast-Verfahren nach Durchführung der Investitionsmaßnahme nicht berücksichtigt werde. Zugrunde zu legen sei damit weiterhin eine Haltedauer von 18 Monaten. Zu Beginn der Investition am 28.11.2001 habe der Kläger die reine Bullenmast mit einer Haltedauer von 18 Monaten und einem Anfangsbestand von 34 Tieren gehabt. Am Ende der Investition am 22.12.2003 habe der Bestand 103 Tiere betragen. Der Höchstbestand von 106 Tieren im Jahr 2003 sei als Endbestand angesetzt worden- Ausgehend von einer Haltedauer von 18 Monaten ergebe sich daraus eine Kapazität von 48 Tieren, das ergebe abzüglich der Plafondkürzung 40,2 Tiere.

8

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

10

Der Kläger hat im Umfang der Klagestattgabe einen Anspruch auf Zuweisung eines weiteres betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.04.2006 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

11

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zahlungsansprüchen nach der erstmals für das Jahr 2005 geltenden Betriebsprämienregelung ist die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (Amtsblatt der Europäischen Union - ABl. L 270/1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 146/2008 des Rates vom 14. Februar 2008 (ABl. L 46/1) mit den Durchführungsbestimmungen der Kommission zur Betriebsprämienregelung in der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/1) in der Fassung der VO (EG) Nr. 1522/2007 vom 19. Dezember 2007 (ABl. L 335/27) und zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/18) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 319/2008 der Kommission vom 7. April 2008 (ABl L 95/63). Auf nationaler Ebene wurden die Verordnungen durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der nunmehr geltenden Fassung vom 28. März 2008 (BGBl I 2008, 495), die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl I 2008, 801), und die Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems - InVeKoSV - vom 3. Dezember 2004 (BGBl I S. 3194), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl I 2008, 801), umgesetzt und konkretisiert.

12

Während die Anzahl der Zahlungsansprüche für jeden Betriebsinhaber der Hektarzahl der im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung - dem Jahr 2005 - angemeldeten beihilfefähigen Flächen entspricht (Art. 43 Abs. 1, Art 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003), setzt sich der Wert eines Zahlungsanspruchs (Referenzbetrag) nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Kombinationsmodell gemäß § 5 Abs. 1 BetrPrämDurchfG für jeden Betriebsinhaber in Anwendung der Art. 59 Abs. 1, Abs. 3 und 41 VO (EG) Nr. 1782/2003 aus einem flächenbezogenen Betrag und einem betriebsindividuellen Betrag (sog. Top-Up) zusammen.

13

Die Höhe des betriebsindividuellen Betrages errechnet sich grundsätzlich aus den Direktzahlungen, die der jeweilige Betrieb in dem Bezugszeitraum (2000 bis 2002) durchschnittlich erhalten hat (Art. 33, 37 Abs. 1, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003). Dies gilt etwa für die Berücksichtigung der Rindersonderprämie (§ 5 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a) aa) BetrPrämDurchfG). Um Investitionen von Landwirten in Produktionskapazitäten zu erfassen, die noch nicht zu Direktzahlungen im Bezugszeitraum geführt haben, und insoweit das Vertrauen der Landwirte in den Fortbestand der alten, produktionsgebundenen Agrarförderung zu schützen, sieht Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 die Berücksichtigung von Investitionen, mit denen bis zum 15.05.2004 begonnen wurde, bei der Bemessung der Referenzbeträge vor. Diese zusätzlichen Referenzbeträge werden nach Art. 42 Abs. 1, Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 der nationalen Reserve entnommen, die u.a. dazu dient, Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer "besonderen Lage" befinden. Nach Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. Art. 68 VO (EG) Nr. 1782/2003 fallen auch Investitionen zur Steigerung der Produktionskapazität von Rindfleisch unter die Regelung des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004.

14

Art. 21 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 ermächtigt die Mitgliedstaaten, objektive Kriterien zu bestimmen, nach denen in Fällen von Investitionen in Produktionskapazitäten Referenzbeträge festgesetzt werden. Von dieser Ermächtigung hat der deutsche Verordnungsgeber mit § 15 BetrPrämDurchfV Gebrauch gemacht. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BetrPrämDurchfV wird in den Fällen zu berücksichtigender Investitionen i.S.d. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 der betriebsindividuelle Betrag auf der Grundlage der durch die Investition bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 11 Abs. 1 InVeKos-Verordnung - mithin bis zum 17.05.2005 - nachgewiesenen zusätzlichen Produktionskapazität berechnet. § 15 Abs. 2 Ziff. 1 BetrPrämDurchfV sieht vor, dass Erhöhungen des betriebsindividuellen Betrags bei der Festsetzung des Referenzbetrages nur berücksichtigt werden, wenn die Investition unmittelbar zu einer Erhöhung der Produktionskapazität führt. Nach § 15 Abs. 4 BetrPrämDurchfV muss der Betriebsinhaber nachweisen, dass mit der Durchführung des Plans oder Programms, in dem die Investition vorgesehen ist, spätestens am 15. Mai 2004 begonnen worden ist. Schließlich bestimmt § 15 Abs. 5a Satz 1 Ziff. 1 BetrPrämDurchfV für den Fall der Investitionen in Produktionskapazitäten zur Haltung männlicher Rinder oder zur Kälbermast, die spätestens mit Ablauf des 31.12.2003 fertig gestellt worden sind, dass diese nur in dem Umfang berücksichtigt werden, in dem für die in der zusätzlichen Produktionskapazität gehaltenen Tiere für das Antragsjahr nach Fertigstellung der zusätzlichen Produktionskapazität Sonderprämien für männliche Rinder ermittelt worden sind. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn die Regelung u.a. aufgrund eines vom Betriebsinhaber gewählten Produktionsverfahrens zu einer unbilligen Härte führt. In einem solchen Fall wird nach § 15 Abs. 5a Satz 2, Abs. 5b Nr. 1 BetrPrämDurchfV zur Ermittlung des Referenzbetrages kalkulatorisch unter Berücksichtigung üblicher Leerstände eine durchschnittliche Haltungsdauer der Tiere auf Grundlage der Daten des Betriebs über im Jahr 2004 geschlachtete Tiere zugrunde gelegt.

15

Die Voraussetzungen für die Gewährung eines betriebsindividuellen Betrages aufgrund von Investitionen in die Rinderhaltung liegen vor. Der Kläger hat insbesondere innerhalb der Antragsfrist des § 11 Abs. 1 InVeKosV hinreichende Nachweise für die Investition i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BetrPrämDurchfV erbracht.

16

Der betriebsindividuelle Betrag ist nach § 15 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV zu berechnen, da die Investitionsmaßnahme des Klägers vor dem Stichtag 13.12.2003 fertig gestellt war und keine Gründe für ein Abweichen von der Vorschrift sprechen.

17

§ 15 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV hat die Beklagte bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve in rechtsfehlerhafter Weise nicht angewandt. Sie ist stattdessen ersichtlich von § 15 Abs. 5a Satz 2, Abs. 5b Nr. 1 BetrPrämDurchfV ausgegangen. Das ergibt sich zum einen daraus, dass sie eine fiktive Mastdauer und nicht die im Jahr 2004 tatsächlich gewährten Rindersonderprämien zugrunde gelegt hat. Es ergibt sich weiter daraus, dass sie die Kürzung nach § 15 Abs. 5c BetrPrämDurchfV angewandt und die von ihr errechneten berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Einheiten von 48 mit dem Faktor 0,88 multipliziert hat. Eine solche Kürzung folgt aus der Anwendung des § 15 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämdurchfV auf den vorliegenden Fall nicht. Zwar verweist die Vorschrift auf Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004. Durch die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift sind einerseits Tiere zugrunde zu legen, die im Sinne von Art. 2 Buchst. s VO (EG) Nr. 2419/2001 ermittelt worden sind. Daneben finden aber auch Anhang VII VO (EG) Nr. 1782/2003 entsprechende Anwendung. Daher müssen gemäß Buchstabe C des Anhangs in Verbindung mit Art. 4 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999 die für die Antragsjahre 2003 oder 2004 notwendigen Kürzungen der Zahl der beihilfefähigen Tiere ebenfalls berücksichtigt werden (BR-Drs. 170/05 S. 10). Eine solche Kürzung auf Grundlage von § 20 Rind/SchafPrV gab es indes für das Jahr 2004 nicht, da der deutsche Plafond nach Art. 4 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 160/21) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 (ABl. L 122/1) eingehalten wurde.

18

§ 15 Abs. 5a Satz 2 und Abs. 5b Nr. 1 BetrPrämDurchfV sind jedoch schon nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. § 15 Abs. 5a Satz 2 BetrPrämDurchfV geht nämlich davon aus, dass die Anwendung des Satzes 1 Nr. 1 für den Betriebsinhaber zu einer unbilligen Härte führt. Die Beklagte wendet die Vorschrift indes nicht zugunsten, sondern zu Lasten des Klägers an. Eine Abweichung von der Regel des § 15 Abs. 5a Nr. 1 BetrPrämDurchfV ist nach dem Wortlaut nur zugunsten des Betriebsinhabers vorgesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Verordnungsgebers (BR-Drs. 170/05 v. 14.03.2005, S. 10). Dort wird an die unbillige Härte angeknüpft und als Beispiel der Fall beschrieben, in dem mit dem Produktionsverfahren im Jahr nach der Fertigstellung noch nicht die durchschnittliche Zahl von Schlachttieren erzeugt wird, da der Produktionszyklus deutlich über ein Jahr andauert und daher in dem fraglichen Jahr erst wenige oder ggf. noch gar keine Schlachttiere anfallen.

19

Auch der Sinn und Zweck des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 gebietet keine einschränkende Auslegung des § 15 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV dahingehend, dass im Fall der Umstellung des Mastverfahrens im Zuge der Investitionsmaßnahme auf das Rosé-Mast-Verfahren eine weitergeltende fiktive Haltedauer der Mastbullen zugrunde zu legen ist. Wie oben ausgeführt, dient Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 dem Schutz derjenigen Betriebsinhaber, die Investitionen getätigt haben, die bei Nichteinführung der Betriebsprämie zu einer Erhöhung der Direktzahlung geführt hätten (Erwägungsgrund 17 zu VO (EG) Nr. 795/2004). Eine Beibehaltung des ursprünglichen Produktionsverfahrens als Voraussetzung für die Gewährung des zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages ergibt sich hieraus nicht. Vielmehr gebietet es der im Erwägungsgrund 17 formulierte Sinn und Zweck des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004, das Investitionskonzept des Betriebsinhabers als Ganzes zu berücksichtigen. Das Konzept des Klägers sah vorliegend gerade eine Kombination aus baulichen Maßnahmen und der Umstellung des Produktionsverfahrens vor, um auch die Prämienansprüche zu maximieren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung zu § 15 Abs. 5a BetrPrämDurchfV. Die Vorschrift soll nach dem Willen des Verordnungsgebers klarstellen, dass der Vertrauensschutz bei fertig gestellten Investitionen nur insoweit gegeben ist, als die Produktionskapazität für eine Produktion genutzt wurde, die nach dem bisherigen Stützungssystem Direktzahlungen begründet hat, für die ein betriebsindividueller Betrag gewährt wird (BR-Drs. 170/05 S. 10). Dieser Vorgabe entspricht die Berücksichtigung eines im Zusammenhang mit der Investitionsmaßnahme eingeführten neuen Produktionsverfahrens. Die Vorschrift soll darüber hinaus möglichen Missbräuchen entgegenwirken (BR-Drs. 170/05 S. 10). Bedenken hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. § 15 BetrPrämDurchfV durch den Kläger hat das Gericht nicht. Abgesehen davon, dass dem Kläger die neue Betriebsprämienregelung bei Einführung des neuen Produktionsverfahrens noch nicht bekannt gewesen sein dürfte, sprechen auch die erhöhten Kosten sowie das erhöhte Absatzrisiko, die mit dem Rosé-Mast-Verfahren verbunden sind, gegen einen Missbrauch.

20

Nach alledem ist der dem Kläger zu gewährende betriebsindividuelle Betrag aus der nationalen Reserve wegen Investitionen nach § 15 Abs. 5a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV zu berechnen. Auszugehen ist zunächst von der Anzahl der in der zusätzlichen Produktionskapazität gehaltenen Tiere. Zu Beginn der Investition am 28.11.2001 befanden sich ausweislich der HI-Tier-Datenbank 34 Tiere in den Ställen des Klägers. Dies ist der Anfangsbestand. Nach eigenen Angaben verfügt der Kläger seit Abschluss der Investitionsmaßnahme über 170 Stallplätze. Die zusätzliche Produktionskapazität beträgt also 136 Plätze. Bei einer Mastdauer von 11 Monaten, wie sie der Kläger in seinem Antrag angegeben hat, ergibt dies eine jährliche Produktion von 148,4 Tieren. Für diese Tiere hat der Kläger im Jahr 2004 auch Sonderprämien beantragt. Dass er Prämien für weitere 21,6 Tiere (insgesamt für 170 Tiere) beantragt und erhalten hat, ist nicht zu berücksichtigen, da es auf die in der zusätzlichen Produktionskapazität gehaltenen Tiere ankommt. Für 148,4 Tiere stehen dem Kläger für das Jahr 2004 Rindersonderprämien in Höhe von 210 EUR pro Tier, insgesamt also in Höhe von 31 164 EUR zu. Dieser Betrag ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BetrPrämDurchfV i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrPrämDurchfG um 1 % für die nationale Reserve zu kürzen, so dass dem Kläger aufgrund seiner Investitionen insgesamt ein betriebsindividueller Betrag aus der nationalen Reserve in Höhe von insgesamt 30 852,36 EUR zu gewähren ist. Abzüglich der bereits mit Bescheid vom 07.04.2006 gewährten 8 357,58 EUR aus der nationalen Reserve hat der Kläger damit einen Anspruch auf weitere 22 494,78 EUR. In diesem Umfang ist seine Klage begründet.

21

Soweit der Antrag des Klägers darüber hinausgeht, war er abzuweisen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.