Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.07.2008, Az.: 11 A 2955/06

Baugenehmigung; Betrag, betriebsindividueller; Rindersonderprämie; Umnutzung; Unmittelbarkeit; Zahlungsansprüche; betriebsindividuelle Beträge

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
25.07.2008
Aktenzeichen
11 A 2955/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 45516
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2008:0725.11A2955.06.0A

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zuweisung eines weiteren betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve wegen Investitionen in die Bullenmast.

2

Der Kläger bewirtschaftet im Haupterwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung in D.. Er pachtete im Jahr 2002 für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 30.09.2014 den benachbarten Betrieb des Landwirts E.F. einschließlich der vorhandenen Flächen und der Stallgebäude und kaufte den Viehbestand sowie eine Maissilage und einen Stallschlepper. Aufgrund der Vorgabe des § 7 Abs. 2 ZAV für den Übergang der Milchreferenzmenge betrieb der Kläger in dem gepachteten Betrieb die Milchwirtschaft für weitere zwei Jahre und überführte die Milchviehherde mit Ablauf des Milchwirtschaftsjahres 2003/2004, mithin nach dem 31.03.2004, in seine eigenen Stallgebäude. Die in dem gepachteten Betrieb vorhandenen Ställe baute der Kläger für die Bullenmast um.

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Der Kläger stellte unter dem 01.05.2005, eingegangen bei der Beklagten am 02.05.2005, den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005. Unter Ziff. II.4.1 beantragte er die Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich der betriebsindividuellen Beträge unter Berücksichtigung aller ihm am 17.05.2005 zu Verfügung stehenden Flächen des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises. Er beantragte weiter unter Ziff. II.4.6 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen bzw. betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve als Unternehmen in besonderer Lage wegen Investitionen in Produktionskapazitäten oder Flächen, die bis zum 15.05.2004 begonnen wurden (Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004). Er fügte am 11.05.2005 den Vordruck J - Antrag auf Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen aus der nationalen Reserve aufgrund Investitionen gemäß Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 - bei, in dem er angab, in die Rindersonderprämie durch Kauf, Pacht oder (Um)Bau eines Stalles, Kauf von Tieren und sonstigen Investitionen investiert zu haben. In der Tabelle "Höhe der Gesamtinvestitionen" gab er in der Spalte "Gebäude, bauliche Anlagen (Pacht)" seine Gesamtinvestition mit 3 070 EUR jährlich an, die Gesamtinvestition für Maschinen, Geräte und technische Einrichtung mit 12 379,56 EUR, die für Tieraufstockung mit 23 000 EUR, die für Futter mit 8 087,80 EUR und die für Flächen (Pacht) mit 7 517,33 EUR. In die Spalte "Gebäude, bauliche Anlagen (Kauf/Bau)" trug er nichts ein. Den Beginn der Investition gab er mit dem 01.03.2002 an und fügte hinzu "und abgeschlossen, da Pachtung u. Kauf von Maschinen, Vieh u. Anlagen". In die Tabellen zu den bis zum 15.05.2004 abgeschlossenen Liefer-, Kauf- oder Leistungsverträgen und zu den bis zum 17.05.2005 tatsächlich getätigten Investitionen trug der Kläger nichts ein. Der Kläger gab weiter an, der Bestand an Bullen habe zum 31.12.2004 33 betragen, die Zahl der Stallplätze vor der Investition 30 und nach der Investition 70. Eine Mastdauer gab er nicht an. Schließlich kreuzte er an, dass die Aufstockung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht erfolge und zum 31.12.2004 zu mindestens 50 % realisiert sei. Dem Vordruck J fügte der Kläger eine formlose Anlage Bei, in der er u.a. angab, das Stallgebäude zum Zweck der Aufstockung der Bullenmast gepachtet zu haben und diese aus eigener Nachzucht erfolgen sollte.

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Mit Bescheid vom 07.04.2006, dessen Zugang nicht bekannt ist, setzte die Beklagte für den Kläger 130,55 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 352,90 EUR pro Hektar, 28,04 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 197,53 EUR pro Hektar und 10,37 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 255,12 EUR pro Hektar. Den betriebsindividuellen Betrag auf Grundlage der in den Referenzjahren 2000 bis 2002 gewährten Rindersonderprämie sowie der dem Kläger am 31.03.2005 zur Verfügung stehenden Milchreferenzmenge setzte die Beklagte auf 15 665,02 EUR fest. Dabei berücksichtigte sie hinsichtlich der Rindersonderprämie für das Jahr 2000 18 Einheiten, für das Jahr 2001 15 Einheiten und für das Jahr 2002 19,9 Einheiten. Den Antrag auf Zuweisung eines betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve lehnte sie mit der Begründung ab, für den zugepachteten Stall sei keine Umnutzungsgenehmigung für die Haltung von Bullen vorgelegt worden. Aus der vorgelegten Skizze sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei den gepachteten Stallplätzen um für die Bullenhaltung geeignete Plätze handele.

5

Der Kläger hat am 05.05.2006 Klage erhoben. Er macht geltend, eine Umnutzungsgenehmigung sei weder aus baurechtlichen noch aus bauordnungsrechtlichen Gründen erforderlich gewesen. Er habe durch seine Investitionsmaßnahme 40 neue Bullenmastplätze geschaffen, die bei einer durchschnittlichen Mastdauer von 22 Monaten zu 22 zusätzlichen Einheiten pro Jahr führten.

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Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte unter teilweise Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, für den Kläger unter Berücksichtigung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages in Höhe von 4 620,00 EUR aus der nationalen Reserve 130,55 Zahlungsansprüche Ackerland mit einem Wert von 382,03 EUR pro Hektar und 28,04 Zahlungsansprüche Dauergrünland mit einem Wert von 226,78 EUR pro Hektar festzusetzen.

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Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

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Sie trägt vor, der Kläger habe keine berücksichtigungsfähige Investition in die Haltung männlicher Rinder nachgewiesen, die zu einer Steigerung der Produktionskapazität geführt habe. Beginn und Ende der Investition sei bei Pachtverträgen das Pachtdatum, vorliegend der 01.03.2002. Für den Kläger würden demzufolge für die Berechnung des betriebsindividuellen Betrages die Direktzahlungen für das Jahr 2003 zugrunde gelegt, in dem er die Rindersonderprämie für 16 Tiere beantragt habe. Diese Anzahl liege aber noch unter dem Bestand vor Beginn der Investition von 17 Tieren. Auch erfülle der Kläger nicht die Anforderung, zum Stichtag 31.12.2004 50 % der beantragten 70 Stallplätze belegt zu haben, weil er nicht 35, sondern nur 33 Tiere am Stichtag im Bestand gehabt habe. Es bestehe außerdem kein Entwicklungskonzept bezüglich der Ausweitung der Bullenhaltung. Eine Umnutzungsgenehmigung sei zwar nicht zwingend erforderlich. Es bestünden jedoch Zweifel daran, dass der Pachtstall tatsächlich für die Bullenmast und nicht doch für die Milchviehhaltung genutzt werde. Insbesondere seien aus den Bauzeichnungen keine Stallplätze für männliche Rinder ersichtlich. Im Übrigen habe der Kläger bis Ende 2005 zu keinem Zeitpunkt 70 männliche Rinder im Bestand gehabt.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

11

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuweisung eines weiteres betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen; der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.04.2006 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

12

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zahlungsansprüchen nach der erstmals für das Jahr 2005 geltenden Betriebsprämienregelung ist die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (Amtsblatt der Europäischen Union - ABl. L 270/1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 146/2008 des Rates vom 14. Februar 2008 (ABl. L 46/1) mit den Durchführungsbestimmungen der Kommission zur Betriebsprämienregelung in der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/1) in der Fassung der VO (EG) Nr. 1522/2007 vom 19. Dezember 2007 (ABl. L 335/27) und zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/18) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 319/2008 der Kommission vom 7. April 2008 (ABl L 95/63). Auf nationaler Ebene wurden die Verordnungen durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der nunmehr geltenden Fassung vom 28. März 2008 (BGBl I 2008, 495), die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl I 2008, 801), und die Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems - InVeKoSV - vom 3. Dezember 2004 (BGBl I S. 3194), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl I 2008, 801), umgesetzt und konkretisiert.

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Während die Anzahl der Zahlungsansprüche für jeden Betriebsinhaber der Hektarzahl der im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung - dem Jahr 2005 - angemeldeten beihilfefähigen Flächen entspricht (Art. 43 Abs. 1, Art 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003), setzt sich der Wert eines Zahlungsanspruchs (Referenzbetrag) nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Kombinationsmodell gemäß § 5 Abs. 1 BetrPrämDurchfG für jeden Betriebsinhaber in Anwendung der Art. 59 Abs. 1, Abs. 3 und 41 VO (EG) Nr. 1782/2003 aus einem flächenbezogenen Betrag und einem betriebsindividuellen Betrag (sog. Top-Up) zusammen.

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Die Höhe des betriebsindividuellen Betrages errechnet sich grundsätzlich aus den Direktzahlungen, die der jeweilige Betrieb in dem Bezugszeitraum (2000 bis 2002) durchschnittlich erhalten hat (Art. 33, 37 Abs. 1, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003). Dies gilt etwa für die Berücksichtigung der Rindersonderprämie (§ 5 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a) aa) BetrPrämDurchfG). Um Investitionen von Landwirten in Produktionskapazitäten zu erfassen, die noch nicht zu Direktzahlungen im Bezugszeitraum geführt haben, und insoweit das Vertrauen der Landwirte in den Fortbestand der alten, produktionsgebundenen Agrarförderung zu schützen, sieht Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 die Berücksichtigung von Investitionen, mit denen bis zum 15.05.2004 begonnen wurde, bei der Bemessung der Referenzbeträge vor. Diese zusätzlichen Referenzbeträge werden nach Art. 42 Abs. 1, Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 der nationalen Reserve entnommen, die u.a. dazu dient, Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer "besonderen Lage" befinden. Nach Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. Art. 68 VO (EG) Nr. 1782/2003 fallen auch Investitionen zur Steigerung der Produktionskapazität von Rindfleisch unter die Regelung des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004.

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Art. 21 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 ermächtigt die Mitgliedstaaten, objektive Kriterien zu bestimmen, nach denen in Fällen von Investitionen in Produktionskapazitäten Referenzbeträge festgesetzt werden. Von dieser Ermächtigung hat der deutsche Verordnungsgeber mit § 15 BetrPrämDurchfV Gebrauch gemacht. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BetrPrämDurchfV wird in den Fällen zu berücksichtigender Investitionen i.S.d. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 der betriebsindividuelle Betrag auf der Grundlage der durch die Investition bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 11 Abs. 1 InVeKos-Verordnung - mithin bis zum 17.05.2005 - nachgewiesenen zusätzlichen Produktionskapazität berechnet. § 15 Abs. 2 Ziff. 1 BetrPrämDurchfV sieht vor, dass Erhöhungen des betriebsindividuellen Betrags bei der Festsetzung des Referenzbetrages nur berücksichtigt werden, wenn die Investition unmittelbar zu einer Erhöhung der Produktionskapazität führt. Nach § 15 Abs. 4 BetrPrämDurchfV muss der Betriebsinhaber nachweisen, dass mit der Durchführung des Plans oder Programms, in dem die Investition vorgesehen ist, spätestens am 15. Mai 2004 begonnen worden ist. Dies ist nur der Fall, wenn bis zu diesem Zeitpunkt die für die Investition vorgesehenen Liefer-, Kauf-, Pacht- oder Leistungsverträge einschließlich der Verträge über erforderliche Viehzukäufe zur erstmaligen Nutzung der zusätzlichen Produktionskapazität in einem Umfang von mindestens 50 % oder mindestens 20 000 Euro abgeschlossen worden sind.

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Ist darüber hinaus im Rahmen der Gesamtinvestition die Erweiterung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht vorgesehen, so muss dieser zusätzliche Viehbestand bis zum 31.12.2004 zu mindestens 50 % im Betrieb vorhanden sein. Nach § 15 Abs. 4a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV werden Investitionen nur berücksichtigt, wenn sie den maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Gemäß § 15 Abs. 4a Satz 1 Nr. 2b) BetrPrämDurchfV ist eine Investition nur zu berücksichtigen, wenn der zuständigen Stelle nachgewiesen wird, dass die für die Investition vorgeschriebenen Genehmigungen bis zum Ablauf des 15. Juli 2005 erteilt oder beantragt worden sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist im Falle beantragter Genehmigungen deren Erteilung der zuständigen Stelle spätestens mit Ablauf des 15. Mai 2006 nachzuweisen. Darüber hinaus bestimmt § 15 Abs. 5a Satz 1 Ziff. 2 BetrPrämDurchfV für den Fall der Investitionen in Produktionskapazitäten zur Haltung männlicher Rinder oder zur Kälbermast, dass die in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum Ablauf des 15.04.2004 fertig gestellten Produktionskapazitäten nur berücksichtigt werden, wenn die zusätzlichen Produktionskapazitäten (außer im Falle höherer Gewalt oder eines außergewöhnlichen Umstandes) bis zum Ablauf des 31.12.2004 mindestens einmal zu 50 % für die Produktion von männlichen Rindern oder Kälbern genutzt worden sind.

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Ausgehend hiervon steht dem Kläger aufgrund der Pacht von Stallgebäuden kein Anspruch auf einen betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve zu.

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Dem Anspruch des Klägers steht zwar nicht die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 4 BetrPrämDurchfV entgegen, weil bis zum 31.12.2004 der im Rahmen der Gesamtinvestition angestrebte Bestand an männlichen Rindern im klägerischen Betrieb zu mindestens 50 % vorhanden war. Auszugehen ist dabei nicht, wie die Beklagte meint, von einer zusätzlichen Kapazität von 70 Plätzen, sondern von zusätzlichen 40 Plätzen, da im klägerischen Betrieb vor der Pacht des Nachbarbetriebs bereits 30 Stallplätze für Bullen vorhanden waren. Selbst wenn man den § 15 Abs. 4 Satz 4 BetrPrämDurchfV als Stichtagsregelung liest, genügt der am 31.12.2004 ausweislich der HI-Tier-Datenbank vorhandene Bullenbestand von 33 Tieren den Anforderungen.

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Ob für die Umnutzung des gepachteten Stalles in einen Bullenstall eine Genehmigung erforderlich gewesen wäre und die Investition mangels Genehmigung nach § 15 Abs. 4a Satz 1 Nr. 1 BetrPrämDurchfV schon nicht zu berücksichtigen wäre, wie die Beklagte meint, hängt von der Baugenehmigung für den gepachteten Stall ab. Sofern diese nur für die Milchviehhaltung erteilt wurde, hätte der Kläger gem. § 75 NBauO eine Genehmigung für die im Jahr 2004 erfolgte Nutzungsänderung einholen müssen. Eine Genehmigung war entsprechend nicht erforderlich, wenn die ursprüngliche Baugenehmigung weiter gefasst war und beispielsweise die Rinderhaltung im Allgemeinen genehmigte. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da der Anspruch des Klägers aus anderen Gründen nicht besteht.

20

Hinsichtlich der Pacht der Stallgebäude liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Ziff. 1 BetrPrämDurchfV nicht vor. Die Pacht der Gebäude an sich führte nämlich gegenüber den im Bezugszeitraum vorhandenen Stallplätzen im eigenen Betrieb des Klägers nicht unmittelbar zu einer Erhöhung der Produktionskapazität von männlichen Rindern. Durch das Erfordernis der unmittelbaren Produktionskapazitätserhöhung wird der Gefahr des Missbrauchs der speziellen Regelung einer besonderen Lage im Sinne von Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004, § 15 BetrPrämDurchfV entgegen getreten, indem die Berücksichtigung von Investitionen, die sich nicht eindeutig einem bestimmten Sektor zuordnen lassen, ausgeschlossen wird ( VG Lüneburg, Urt.v. 26.02.2008 - 4 A 128/06 - Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit).

21

Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Unmittelbarkeitskriteriums mit höherrangigem EG-Recht, insbesondere mit Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004, hat das Gericht nicht. Wie oben ausgeführt ermächtigt Art. 21 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 die Mitgliedstaaten, objektive Kriterien für die Festsetzung des betriebsindividuellen Betrages in Investitionsfällen zu bestimmen, überlässt also die Ausgestaltung der nationalen Rechtsetzung. Das Unmittelbarkeitskriterium steht auch im Einklang mit Sinn und Zweck des Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004. Dieser besteht darin, denjenigen Landwirten Vertrauensschutz zu gewähren, die in Erwartung der Fortführung des bisherigen Systems der Direktzahlungen Investitionen getätigt haben, deren Früchte bei der Berechnung der Zahlungsansprüche gerade nicht mehr berücksichtigt wurden (vgl. Art. 21 Abs. 3 Unterabs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 sowie Erwägungsgrund (17) der VO (EG) Nr. 795/2004). Der Sinn und Zweck besteht demnach nicht darin, jegliche Investition zu schützen, sondern nur solche in diejenigen Maßnahmen, die zu Direktzahlungen geführt hätten. Diese Verknüpfung von betrieblichem Aufwand und (erwarteten) Direktzahlungen greift das Unmittelbarkeitskriterium des § 15 Abs. 2 Ziff. 1 BetrPrämDurchfV auf.

22

Die Investition in die Pacht des Milchviehstalles des Betriebs F. führt nicht unmittelbar in diesem Sinne zu einer Erhöhung der Produktionskapazität im Bereich der Rindersonderprämie. Die Investition erfolgte unmittelbar (lediglich) in die Erhöhung der Produktionskapazitäten der Milchkuh- und Färsenhaltung. Insoweit hat sich die Investition auch rentiert, da der Kläger durch die Erweiterung der Milchviehhaltung seine - im Rahmen der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages berücksichtigte - Milchreferenzmenge erhöhen konnte.

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Die zur Umnutzung des gepachteten Milchviehstalles als Bullenstall erforderlichen bauliche Maßnahmen, die unmittelbar i.S.d. gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 BetrPrämDurchfV zur Erhöhung der Produktionskapazität für die Bullenmast von den im klägerischen Betrieb vorhandenen 30 auf 70 Plätze führten, können ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Denn der Kläger hat diese Aufwendungen nicht bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 11 Abs. 1 InVeKoSV (17. Mai 2005) nachgewiesen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004, § 15 Abs. 1 Satz 1 BetrPrämDurchfV. Er hat eine Investition in den Stallumbau vielmehr überhaupt nicht in seinem Antrag geltend gemacht. Weder im Vordruck J noch in der formlosen Anlage hierzu hat er Baumaßnahmen benannt, ihren Umfang dargestellt oder den Beginn und das Ende der Maßnahmen beschrieben. Bauliche Maßnahmen ergeben sich auch nicht implizit aus der Beschreibung der Gesamtmaßnahme in der formlosen Anlage zum Vordruck J. Zwar ist es nahe liegend, dass ein bislang als Milchviehstall genutzter Stall durch Umbauten erst für die Bullenmast nutzbar wird, etwa durch den Einbau von Spaltböden oder stabileren Fressgittern. Zwingend ist die Annahme jedoch nicht, so dass der erforderliche Nachweis nicht erbracht ist. Es ist auch nicht zwingend, dass der gepachtete Stall für die Bullenmast genutzt werden sollte. Denkbar ist auch, dass die Bullenmast in eigenen Ställen des Klägers zu Lasten der Milchwirtschaft ausgeweitet werden sollte. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag auch nicht der Auslegung zugänglich.

24

Da der Kläger keinen Anspruch auf Zuweisung eines betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve hat, kann dahingestellt bleiben, wie sich für den Fall der Aufstockung durch Nachzucht die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 4 BetrPrämDurchfV zu § 15 Abs. 5 Nr. 1 BetrPrämDurchfV verhält, nach dem im vorliegenden Fall für die Berechnung des betriebsindividuellen Betrages wohl die in dem der Anpachtung des Betriebs F. folgenden Jahr 2003 gewährten Rindersonderprämien maßgeblich wären.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.