Landgericht Göttingen
Beschl. v. 14.04.2009, Az.: 10 T 25/09
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit verbundenes Kostenrisiko des Gläubigers
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 14.04.2009
- Aktenzeichen
- 10 T 25/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 37673
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2009:0414.10T25.09.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 23 Abs. 1 S. 1 GKG
- § 66 Abs. 2 GKG
- § 26 InsO
Fundstellen
- NZI 2009, 729-730
- NZI 2010, 12
- ZIP 2010, 147-148
- ZInsO 2009, 1926-1927
- ZVI 2009, 515-516
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht E.,
die Richterin am Landgericht F. und
den Richter am Landgericht G.
auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 18.03.2009
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 11.03.2009 - 71 IN 128/08 -
am 14.04.2009 x
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert. Der Antragsteller hat die in der Kostenrechnung vom 05.02.2009 unter den Nummern 2 und 3 aufgeführten Kosten (Sachverständigenkosten in Höhe von 270,64 EUR und Veröffentlichungskosten in Höhe von 1,00 EUR) zu tragen.
Die Erinnerung des Antragstellers gegen die Kostenrechnung vom 05.02.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Am 03.11.2008 hat der Gläubiger beantragt, über das Vermögen des Antragsgegners das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das Amtsgericht hat den Steuerberater H. mit der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens über die Frage, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse vorhanden ist, beauftragt. In seinem Gutachten ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, die Kosten des Verfahrens jedoch mangels Masse nicht gedeckt seien. Der antragstellende Gläubiger sei nicht bereit, einen Kostenvorschuss zur Eröffnung des Verfahrens zu leisten.
Mit Beschluss vom 07.01.2009 hat das Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen und die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt. Da der Antragsgegner vermögenslos ist, hat das Amtsgericht mit Kostenrechnung vom 05.02.2009 die Kosten des Verfahrens in Höhe von insgesamt 421,64 EUR vom Antragsteller gefordert. In diesen Kosten sind unter anderem enthalten die Sachverständigenkosten in Höhe von 270,64 EUR sowie Auslagen für Veröffentlichungen in Höhe von 1,00 EUR.
Gegen die Kostenrechnung hat der Antragsteller insoweit Erinnerung eingelegt, als von ihm die Zahlung der Sachverständigenkosten sowie der Auslagen für die Veröffentlichungen gefordert werden. Insoweit hat er auf die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 157, 370) Bezug genommen, wonach der Gläubiger nicht für die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters hafte, weil dessen Vergütung nicht zu den erstattungsfähigen Auslagen gemäß §23 Abs. 1 GKG gehöre. Der Antragsteller meint, dass diese Erwägungen erst recht zutreffen müssten, wenn das Gericht anstatt eines vorläufigen Insolvenzverwalters einen Sachverständigen beauftragt habe. Auch durch die Beauftragung eines Sachverständigen würden Kosten anfallen, die für den Gläubiger ein unkalkulierbares Kostenrisiko darstellten.
Mit Beschluss vom 11.03.2009 hat das Amtsgericht auf die Erinnerung des Antragstellers die Kostenrechnung hinsichtlich der unter Nummer 2 und 3 aufgeführten Kosten (Auslagen für den Sachverständigen in Höhe von 270,64 EUR und Veröffentlichungen in Höhe von 1,00 EUR) aufgehoben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, eine Zweitschuldnerhaftung bestehe im Fall der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse nicht. In Rechtsprechung und Literatur sei überwiegend anerkannt, dass im Fall der Erledigungserklärung eine Zweitschuldnerhaftung für die Auslagen nicht bestehe. Auch bei einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse greife die Zweitschuldnerhaftung für Auslagen nicht ein. Grundsätzlich würden bei Abweisung mangels Masse die Kosten dem Schuldner auferlegt. Eine Abweisung mangels Masse gemäß §26 InsO dürfe auch nur dann erfolgen, wenn ein zulässiger und begründeter Antrag vorliege, die Eröffnung des Verfahrens jedoch nicht erfolgen könne, weil die Masse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Tatsächlich obsiege also der antragstellende Gläubiger. Wenn jedoch bei einer Abweisung gemäß §26 InsO von einem Obsiegen des Gläubigers und nicht von einem Unterliegen auszugehen sei, liege kein Fall der Abweisung im Sinne des §23 Abs. 1 Satz 2 GKG vor. Ebenso wie im Fall einer Erledigungserklärung trete deshalb auch bei der Abweisung mangels Masse die Zweitschuldnerhaftung nicht ein.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Bezirksrevisor beim Landgericht Göttingen mit der Beschwerde. Er meint, der Antragsteller müsse nach §23 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht nur die Verfahrensgebühr tragen, sondern auch die entstandenen Auslagen. Sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen worden, so dass er als Zweitschuldner die Kosten tragen müsse. Das Amtsgericht habe die Regelung des §23 Abs. 1 Satz 2 GKG in nicht zulässiger Weise ausgelegt. Der Gläubiger müsse bei der Stellung des Insolvenzantrags stets in sein Kalkül einbeziehen, dass sein Antrag mangels Masse abgewiesen werden könne. Das damit verbundene Kostenrisiko des Gläubigers dürfe nicht auf die Staatskasse abgewälzt werden.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist gemäß §66 Abs. 2 GKG zulässig, sie ist auch begründet. Der Antragsteller muss die Kosten des Verfahrens einschließlich der Auslagen (Sachverständigenkosten und Veröffentlichungskosten) tragen. Zwar hat das Gericht in dem Beschluss vom 07.01.2009, mit dem es den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen hat, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt. Gleichwohl haftet der Antragsteller als Zweitschuldner für die Verfahrensgebühr und die entstandenen Auslagen. Nach §23 Abs. 1 Satz 1 GKG schuldet die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens derjenige, der den Antrag gestellt hat, mithin hier der Gläubiger als Zweitschuldner. Nach §23 Abs. 1 Satz 2 GKG muss er auch die entstandenen Auslagen tragen, wenn der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen wird. Dieser Fall liegt hier vor, denn das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.01.2009 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse (§26 InsO) abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist nicht danach zu differenzieren, ob der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse gemäß §26 InsO oder aus einem anderen Grunde abgewiesen wird. Zwar trifft es zu, dass die Abweisung mangels Masse zunächst einen zulässigen und begründeten Insolvenzantrag voraussetzt und der Antrag nur deshalb abgewiesen wird, weil die vorhandene Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Gleichwohl ist die vom Amtsgericht vorgenommene Differenzierung nicht gerechtfertigt. Nach dem Gesetzeswortlaut muss der Antragsteller die entstandenen Auslagen tragen, wenn der Insolvenzantrag abgewiesen wird. Es besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der Gesetzgeber den Fall des §26 InsO von dieser Regelung ausnehmen wollte. Diese Annahme gründet sich unter anderem auch darauf, dass der Gesetzgeber in §23 Abs. 1 Satz 3 eine Ausnahme zugelassen hat, indem er die in Nummer 9018 des Kostenverzeichnisses aufgeführten Auslagen ausschließlich dem Schuldner auferlegt. Die hier in Rede stehenden Auslagen (Sachverständigenkosten und Kosten für Veröffentlichungen) fallen jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung der Nummer 9018 des Kostenverzeichnisses.
Die vom Amtsgericht vertretene Auffassung ist auch nicht mit der Situation im Fall der Erledigungserklärung zu begründen. Zwar geht die herrschende Meinung davon aus, dass der Gläubiger für die Auslagen bei einer Erledigung der Hauptsache nicht haftet (LG Göttingen NZI 2004, 501; OLG Düsseldorf NZI 2006, 708; OLG Koblenz NZI 2007, 743; LG Koblenz, Beschluss vom 25.01.2007 - 2 T 50/07 -). Insoweit stellt die herrschende Meinung zutreffend darauf ab, dass der Wortlaut des Gesetzes eindeutig ist und nur die Auslagenhaftung des Antragstellers bei Rücknahme oder Abweisung des Insolvenzantrags vorsieht. Für eine erweiternde Auslegung besteht kein Grund, denn dem Gesetzgeber war im Zeitpunkt der Änderung des GKG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz im Jahr 2004 bekannt, dass die Erledigungserklärung auch im Insolvenzverfahren Anwendung findet (vgl. z.B. BGH ZInsO 2002, 29). Gleichwohl hat er von einer entsprechenden Änderung des §23 GKG, der dem früheren 50 GKG entspricht, abgesehen.
Dasselbe gilt jedoch auch für den hier zu entscheidenden Fall der Auslagenhaftung bei der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse. Das Gesetz sieht in §23 Abs. 1 Satz 2 GKG die Haftung des Antragstellers für die Auslagen vor, wenn der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen wird. Das Gesetz macht keine Ausnahme für den Fall der Abweisung mangels Masse nach §26 InsO. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diesen Fall nicht bedacht hat. Wenn jedoch für den Fall der Erledigungserklärung eine Auslegung des Gesetzes nicht statthaft ist, gilt dies auch für den Fall der Auslagenhaftung bei einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse. Vielmehr gilt auch hier der Wortlaut des Gesetzes, der jedoch für diesen Fall die Haftung des Antragstellers für die Auslagen vorsieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §66 Abs. 8 GKG.
Nach §66 Abs. 4 Satz 1 GKG ist die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.