Landgericht Göttingen
Beschl. v. 25.09.2009, Az.: 10 T 77/09

Auskunftspflicht und Mitteilungspflicht über das Vermögen im weiteren Sinne in einem Insolvenzverfahren; Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung bei Verheimlichung des Grundvermögens i.R.e. Restschuldbefreiung

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
25.09.2009
Aktenzeichen
10 T 77/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 37704
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2009:0925.10T77.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Göttingen - 21.08.2009 - AZ: 74 IN 153/08

...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht D. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 31.08.2009
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 21.08.2009 - 74 IN 153/08 -
am 25.09.2009
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Gläubigers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis zu 1.200,00 Euro

Gründe

1

In dem oben genannten Restschuldbefreiungsverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 18.02.2009 der Schuldnerin die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und die Wohlverhaltensperiode auf sechs Jahre festgesetzt. Das Insolvenzverfahren ist mit Beschluss vom 24.03.2009 aufgehoben worden, nachdem der Ankündigungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.

2

Im Eröffnungsverfahren hatte die Schuldnerin erklärt, Eigentum an Grundstücken bestehe nicht.

3

Im Juni 2009 erhielt der Treuhänder von einer nicht am Verfahren beteiligten Gläubigerin einen Hinweis darauf, dass die Schuldnerin Eigentümerin von zwei Grundstücken sei. Zu diesem Sachverhalt befragt, erklärte die Schuldnerin, es treffe nicht zu, dass sie Eigentümerin von Grundstücken sei.

4

Diese Auskunft der Schuldnerin ist unzutreffend, tatsächlich ist die Schuldnerin als Eigentümerin beziehungsweise Miteigentümerin an zwei Grundstücken im Grundbuch von E. eingetragen.

5

Im Hinblick darauf, dass die Schuldnerin in diesem Punkt falsche Angaben gemacht hat, hat der oben genannte Gläubiger beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen.

6

Mit Beschluss vom 21.08.2009 hat das Amtsgericht den Antrag des Gläubigers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Schuldnerin habe zwar gegen die Auskunftspflicht gemäß §290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verstoßen. Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach dieser Vorschrift komme jedoch nicht mehr in Betracht, da die Ankündigung der Restschuldbefreiung rechtskräftig sei und das Verfahren zwischenzeitlich aufgehoben worden sei. In Betracht komme mithin nur noch eine Versagung der Restschuldbefreiung nach §295 InsO. Ein Verstoß gegen §295 Abs. 1 Nr. 3 InsO liege jedoch nicht vor. Zwar habe die Schuldnerin mit ihrem Schreiben vom 30.06.2009 falsche Angaben in Bezug auf ihre Stellung als Eigentümerin von Grundbesitz gemacht. Dies falle jedoch nicht unter den Tatbestand des §295 Abs. 1 Nr. 3 InsO, denn von der Auskunfts- und Mitteilungspflicht nach dieser Vorschrift sei nur Vermögen umfasst, das von Todes wegen während der Wohlverhaltensperiode erworben sei.

7

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Gläubiger mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, die Auskunfts- und Mitteilungspflicht in§295 Abs. 1 Nr. 3 InsO umfasse nicht nur das in §295 Abs. 1 Nr. 2 InsO genannte Vermögen, sondern das Vermögen im weiteren Sinne. Dadurch, dass die Schuldnerin ihr Grundvermögen verheimlicht habe, habe auch eine Gläubigerbenachteiligung stattgefunden. Es sei den Gläubigern auch nicht möglich gewesen, diesen Versagungsgrund im Rahmen des §290 Abs. 1 Nr. 5 InsO geltend zu machen, da erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung und Aufhebung des Verfahrens bekannt geworden sei, dass die Schuldnerin Eigentümerin von Grundstücken sei.

8

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

9

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist gemäß §§6 Abs. 1, 296 Abs. 3 InsO zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat zutreffend entschieden. Nach§296 Abs. 1 InsO wird die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Gläubigers versagt, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt. Die Versagung der Restschuldbefreiung kommt - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - nach der rechtskräftigen Ankündigung der Restschuldbefreiung nur noch nach §295 InsO in Betracht, denn die Wohlverhaltensperiode beginnt mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung (BGH NZI 2009, 191 [BGH 18.12.2008 - IX ZB 249/07]; LG Göttingen NZI 2004, 596; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Auflage, §295 Rdnr. 1; Münchener Kommentar zur InsO/Ehricke, 2. Auflage, §295 Rdnr. 2). Zwar hat die Schuldnerin hier während der Wohlverhaltensperiode falsche Auskünfte erteilt, denn sie hat fälschlicherweise Eigentum an Grundstücken in Abrede genommen. Gleichwohl ist durch diese falschen Angaben der Schuldnerin der Tatbestand des §295 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht erfüllt. Vielmehr muss der Schuldner nach dieser Vorschrift Auskunft nur über das in §295 Abs. 1 Nr. 2 genannte Vermögen erteilen sowie über sogenannten Neuerwerb (Münchener Kommentar,InsO/Ehricke, 2. Auflage, §295 Rdnr. 92; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Ahrens, 5. Auflage, §295 Rdnr. 52; Braun/Lang, InsO, 3. Auflage, §295 Rdnr. 15). Eine eigenständige Informationsobliegenheit hat das Gesetz für die Wohlverhaltensperiode nur für den Erwerb gemäß §295 Abs. 1 Nr. 2 InsO und die laufenden Bezüge vorgesehen. Vermögen, das bereits vorlag, als die Vermögensverzeichnisse gemäß §151, 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO erstellt worden sind, fällt nicht unter diese Vorschrift, auch wenn den Gläubigern dieses Vermögen nicht bekannt war, weil der Schuldner insoweit falsche Angaben gemacht hat beziehungsweise das Vermögen im laufenden Verfahren verschwiegen hat.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO.

11

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach §3 ZPO festgesetzt. Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 23.01.2003 - IX ZB 227/02 -) ist der Gegenstandswert für einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nach den objektiven wirtschaftlichen Interessen desjenigen zu bemessen, der den Antrag stellt beziehungsweise das entsprechende Rechtsmittel verfolgt. Maßgeblich ist dabei nicht der Nennbetrag, der dem verfahrensbeteiligten Gläubiger verbleibenden Forderung, sondern dessen wirtschaftlicher Wert, bei dem auch die Erfolgsaussichten einer künftigen Beitreibung zu berücksichtigen sind. Wenn es - wie hier - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, wie sich die Vermögenssituation des Schuldners entwickeln wird und ob beziehungsweise in welchem Umfang er in Zukunft in der Lage sein wird, Zahlungen zu leisten, ist der Gegenstandswert auf 1.200,00 Euro festzusetzen.