Landgericht Göttingen
Beschl. v. 11.02.2009, Az.: 10 T 9/09

Antrag des Schuldners auf Bewilligung der Verfahrenskosten für das Restschuldbefreiungsverfahren; Haftung der Landeskasse für die Aufhebung der Stundungsbewilligung bzgl. der Verfahrenskosten

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
11.02.2009
Aktenzeichen
10 T 9/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 36363
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2009:0211.10T9.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Göttingen - 21.01.2009 - AZ: 74 IK 133/07

Fundstellen

  • InsbürO 2011, 193
  • NZI 2009, 257 (Volltext mit red. LS)
  • NZI 2009, VIII Heft 3 (amtl. Leitsatz)
  • ZInsO 2011, 397-398

In dem Restschuldbefreiungsverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
d. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Treuhänders vom 24.01.2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 21.01.2009 - 74 IK 133/07 -
am 11.02.2009
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss teilweise wie folgt geändert:

Die Vergütung des Treuhänders ist in Höhe von 126,31 EUR aus der Landeskasse zu erstatten. Der weitergehende Antrag des Treuhänders wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Dia Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Treuhänder und die Landeskasse je zur Hälfte.

Beschwerdewert: 245,81 EUR

Gründe

1

Mit Beschluss vom 29.03.2007 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, dem Schuldner die Stundung der Kosten bewilligt und den ... in Göttingen zum Treuhänder bestellt. Nachdem dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden war, hat das Amtsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 06.11.2007 aufgehoben.

2

Mit Schreiben vom 06.12.2007 hat der Treuhänder mitgeteilt, der Schuldner habe trotz mehrfacher Aufforderung keinen aktuellen Einkommensnachweis überreicht. Die daraufhin erfolgte Aufforderung seitens des Amtsgerichts vom 12.12.2007 hat der Schuldner ebenfalls nicht beachtet. Mit Beschluss vom 21.01.2008 hat das Amtsgericht infolge dessen den Antrag des Schuldners auf Bewilligung der Verfahrenskosten für das Restschuldbefreiungsverfahren zurückgewiesen. Nachdem der Schuldner auch die nunmehr vom Treuhänder geforderten Kosten für das erste Jahr der Wohlverhaltensperiode nicht gezahlt hat, hat der Treuhänder am 13.10.2008 beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen.

3

Mit Beschluss vom 17.11.2008 hat das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt.

4

Der Treuhänder hat am 23.04.2008 beantragt, seine Schlussvergütung für zwei Jahre in Höhe von 200,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagen, insgesamt 245,81 EUR gegen die Landeskasse festzusetzen. Das Amtsgericht hat die Vergütung des Treuhänders in der beantragten Höhe von 245,81 EUR festgesetzt, jedoch den Antrag des Treuhänders, die Vergütung aus der Landeskasse zu zahlen, mit Beschluss vom 21.01.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dem Schuldner sei für das Restschuldbefreiungsverfahren keine Kostenstundung bewilligt worden. Der dahingehende Antrag des Schuldners sei zurückgewiesen worden, so dass der Schuldner direkt für die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens, insbesondere für die Treuhändervergütung aufkommen müsse. Der Treuhänder habe sich beim Übergang des eröffneten Verfahrens in das Restschuldbefreiungsverfahren auch nicht grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass dem Schuldner in jedem Fall die Stundung der Verfahrenskosten für diesen Verfahrensabschnitt bewilligt werden würden. Die Stundungsbewilligung für das eröffnete Verfahren habe für das Restschuldbefreiungsverfahren keine bindende Wirkung, so dass über die Kostenstundung für das Restschuldbefreiungsverfahren eine gesonderte Entscheidung habe ergehen müssen. Das Risiko, angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners seine Vergütung nicht zu erhalten, trage der Treuhänder.

5

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Treuhänder mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH müsse bei Aufhebung der Stundungsbewilligung die Landeskasse für die Treuhändervergütung haften. Es sei nicht statthaft, dass das Risiko, die Vergütung zu verlieren, vom Treuhänder zu tragen sei. Die dem Schuldner gewährte Stundung erstrecke sich auf das gesamte Verfahren. Dies folge schon daraus, dass dem Treuhänder nicht gestattet sei, zu Beginn des Restschuldbefreiungsverfahrens einen entsprechenden Kostenvorschuss vom Schuldner zu fordern.

6

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

7

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§6, 293 Abs. 2, 64 Abs. 3 InsO zulässig und teilweise begründet. In Höhe von 126,81 EUR ist die Vergütung des Treuhänders aus der Landeskasse zu erstatten.

8

Zwar greift die Vorschrift des §63 Abs. 2 InsO nicht direkt ein, denn die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens sind dem Schuldner nicht gestundet worden. Insoweit hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Stundung für jeden Verfahrensabschnitt gesondert zu erfolgen hat (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage, §4 a Rdnr. 13). Die mit Beschluss vom 29.03.2007 bewilligte Stundung der Kosten bezog sich nur auf das Verbraucherinsolvenzverfahren, nicht jedoch auf das sich anschließende Restschuldbefreiungsverfahren (vgl. Kübler/Prütting/Wenzel, Kommentar zur Insolvenzordnung, 31. Lfg. 1/08 §4 a Rdnr. 21, 22). Für das Restschuldbefreiungsverfahren hat das Amtsgericht jedoch die vom Schuldner beantragte Stundung der Kosten mit Beschluss vom 21.01.2008 rechtskräftig versagt. Zutreffend hat das Amtsgericht auch darauf hingewiesen, dass sich deshalb der hier in Rede stehende Sachverhalt von dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2007 (- IX ZB 74/07 -) zugrunde liegenden unterscheidet. In jenem Fall waren dem Schuldner die Kosten für den Verfahrensabschnitt des Insolvenzverfahrens gestundet und später wieder aufgehoben worden. Die genannte Rechtsprechung ist somit auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar übertragbar.

9

Gleichwohl hat der Treuhänder einen Anspruch auf Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen für das erste Jahr nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Auch wenn dem Schuldner die Kosten für das Restschuldbefreiungsverfahren nicht gestundet worden waren, durfte doch der Treuhänder nach §4 a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 InsO darauf vertrauen, dass die Stundung der Verfahrenskosten für das Restschuldbefreiungsverfahren erfolgen würde und er demgemäß seine Vergütung und die Auslagen aus der Landeskasse erhalten würde. Nach §4 a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 InsO treten die Wirkungen der Stundung bis zur Entscheidung über die Stundung einstweilig ein. Der Schuldner hatte am 22.03.2007 beantragt, ihm die Kosten des Verfahrens zu stunden. Das Amtsgericht hat diesen Antrag dahingehend ausgelegt, dass damit auch die Stundung der Verfahrenskosten für das Restschuldbefreiungsverfahren erfasst sein sollte. Zu Beginn seiner Tätigkeit während des Restschuldbefreiungsverfahrens konnte der Treuhänder davon ausgehen, dass seine Vergütung und Auslagen von der Landeskasse getragen werden würden. Andernfalls wäre es dem Treuhänder auch nicht zumutbar gewesen, mit der Tätigkeit zu beginnen, da ihm die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und damit das Risiko, mit seiner Vergütung auszufallen, bekannt waren.

10

Etwas anderes gilt jedoch für die im zweiten Jahr des Restschuldbefreiungsverfahrens angefallene Vergütung des Treuhänders in Höhe von 100,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Diesen Betrag kann der Treuhänder nicht von der Landeskasse fordern. Die Wirkungen des §4 a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 InsO gelten für diesen Teil der Treuhändervergütung nicht. Mit Beschluss vom 21.01.2008 hatte das Amtsgericht den Antrag des Schuldners auf Stundung der Kosten für das Restschuldbefreiungsverfahren zurückgewiesen. Damit war die einstweilige Wirkung einer Kostenstundung beseitigt. Der Treuhänder konnte nun nicht mehr darauf vertrauen, dass die Stundung erfolgen würde und damit seine Vergütung von der Landeskasse ersetzt würde. Vielmehr war ihm mit dem Beschluss vom 21.01.2008 bekannt, dass dem Schuldner die Stundung der Verfahrenskosten versagt worden war. Das Risiko, vom Schuldner die Vergütung zu erhalten, lag nunmehr beim Treuhänder.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus §92 ZPO.

12

Den Beschwerdewert hat das Gericht nach §3 ZPO festgesetzt.