Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 19.12.2008, Az.: 1 C 20/08
Anteilsquote; Bachelor; Bildung; Fachhochschule; Forschungsaufgabe; Genehmigung; Kapazität; Lehrdeputatsreduzierung; maßgeblicher Stichtag; Schwundfaktor; Studium; Zulassung; Überbuchung
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 19.12.2008
- Aktenzeichen
- 1 C 20/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 55100
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 1 S 2 KapVO ND
- § 5 Abs 1 S 1 KapVO ND
- § 3 Abs 2 KapVO ND
- § 3 Abs 1 KapVO ND
- § 16 KapVO ND
- § 12 KapVO ND
- § 5 Abs 2 KapVO ND
- § 1 Abs 2 KapVO ND
- § 9 LVerpflV ND
- § 7 LVerpflV ND
- § 5 LVerpflV ND
- § 9 Nr 3 HSchulG ND
- § 43 Abs 3 S 1 HSchulG ND
- § 24 Abs 3 S 2 HSchulG ND
- § 5 Abs 4 VergabeVO ND
- § 5 Abs 3 VergabeVO ND
- § 123 VwGO
- ZulZ2008/09V ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zum Erfordernis der vorherigen Genehmigung von Lehrdeputatsreduzierungen durch das Präsidium der Hochschule und zum maßgeblichen Stichtag.
2. Zu den materiellen Voraussetzungen von Lehrdeputatsreduzierungen, insbesondere
bei Wahrnehmung von Forschungsaufgaben an einer Fachhochschule.
3. Zur Überprüfung der Anteilsquotenbildung.
4. Zur Festsetzung von CNW und Schwundfaktor für Bachelor- und Masterstudiengänge als Modellvorhaben gemäß Erlass des Nds. MWK vom 20. Dezember 2007.
5. Zur Berücksichtigung von Überbuchungen des nachgefragten Studiengangs im einstweiligen Rechtschutzverfahren.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt, ihm durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung Rechtsschutz dahin zu gewähren, dass er vorläufig - beginnend als Erstsemester - zum Wintersemester 2008/2009 zum Studium im Studiengang International Business and Management (Deutsch) bei der Antragsgegnerin zugelassen wird.
Der Antragsteller bewarb sich zum Wintersemester 2008/2009 bei der Antragsgegnerin erfolglos um einen Studienplatz im o.g. Studiengang; im Vergabeverfahren nach Leistung, Hochschulauswahl und Wartezeit reichten die von ihm erzielten Ränge für eine Zulassung innerhalb der durch die Verordnung über die Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2008/2009 und zum Sommersemester 2009 vom 26. Juni 2008 - ZZ-VO 2008/2009 - (Nds. GVBl. 2008, S. 223) festgesetzte Kapazität von 74 Studienplätzen für das Wintersemester 2008/2009 nicht aus, sodass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Zuweisung eines Studienplatzes mit Bescheid vom 25. Juli 2008 ablehnte. Daraufhin beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 14. August 2008 unter Vorlage seiner Hochschulzugangsberechtigung seine Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität. Über diesen Antrag hat die Antragsgegnerin bislang nicht entschieden.
Am 10. Oktober 2008 hat der Antragsteller bei der erkennenden Kammer um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit der Begründung nachgesucht, die festgesetzte Höchstzahl schöpfe die tatsächlich im Studiengang International Business and Management vorhandene Kapazität nicht aus. Die Ermittlung des Lehrangebots, des Curricularnormwertes und des Schwundes seien fehlerhaft. Insbesondere verstoße die Reduzierung des Lehrdeputats für den Budgetbeauftragten, den Forschungsbeauftragten, den Beauftragten für das Career Center und den Leiter des EDV-Labors gegen die Regelungen der LVVO. Zudem habe die Antragsgegnerin den formalen Weg der Zubilligung von Verminderungen der Lehrverpflichtungen nicht eingehalten. Die Schwundquote in dem neuen Bachelor-Studiengang liege ungleich höher als in dem bisherigen Diplom-Studiengang. Die Zulassungsbeschränkungen der ZZ-VO 2008/2009 seien im Ergebnis als nicht wirksam anzusehen. Die Antragsgegnerin habe die Überbuchung des streitgegenständlichen Studiengangs und die Voraussetzungen für deren Berücksichtigungsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht. Sie habe zudem die Kriterien der Verteilung der durch ihre Alternativberechnung für die Lehreinheit ermittelten zusätzlichen 87 Studienplätze nicht dargelegt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen, ihm einen Studienplatz für Studienanfänger im Studiengang International Business and Management (Deutsch) entsprechend den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzuteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie sieht ihre Kapazität durch Vergabe der gemäß ZZ-VO 2008/2009 festgesetzten 74 und darüber hinaus weiterer 28 Studienplätze als erschöpft an. Im ersten Fachsemester seien zum 17. Dezember 2008 102 Studienanfänger immatrikuliert. Diese Überbuchung, die bereits im Rahmen des Hauptverfahrens zustande gekommen sei, sei auf eine außergewöhnlich hohe Annahmebereitschaft der angeschriebenen Studienbewerber zurückzuführen. Die Zahl der Überbuchungen habe sie aufgrund der Erfahrungswerte der letzten Wintersemester festgelegt; ihre darauf gestützte Prognose der Annahmequote sei zu ihrem Nachteil nicht eingetreten. Die angeschriebenen und über die festgesetzte Kapazität hinaus zugelassenen Studienbewerber seien nach den Kriterien des § 5 Abs. 3 Vergabe-VO (Rangliste) ausgewählt worden.
Ihre der Festsetzung zugrunde liegende Berechnung entspreche den Vorgaben des § 24 Nds. Hochschulgesetz, der Kapazitätsverordnung, der Lehrverpflichtungsverordnung und des Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK) vom 20. Dezember 2007. Angesichts der Größe der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit über 3.000 Studierenden und entsprechendem Personal sei die Verwaltung des Budgets dieser Fakultät mit hohem Arbeitsaufwand verbunden, der einem Hochschullehrer in seiner Funktion als Budgetbeauftragten ohne Reduzierung seines Lehrdeputats nicht zuzumuten sei. Der Forschungsbeauftragte habe die schwierige Aufgabe, die Anträge auf Forschungsfreistellung zu sichten, in eine Rangreihenfolge zu bringen und in Zusammenarbeit mit dem Forschungsbeirat eine Empfehlung für die Entscheidung im Fakultätsrat vorzubereiten. Darüber hinaus moderiere er Forschungskolloquien und berate neue Professoren in Bezug auf Forschungstätigkeiten und Förderungsmöglichkeiten im Bereich der Forschung. Die Übernahme dieser Tätigkeit sei ohne Reduktion des Lehrdeputats nicht zumutbar. Bei dem Career-Center handele es sich um die hausinterne Arbeitsvermittlung bzw. Praxistransferstelle. Hier würden Praktikums- und Arbeitsplatzangebote gesammelt und den Studierenden zur Verfügung gestellt. Da die Unternehmen häufig nicht mit einem nicht wissenschaftlich tätigen Bediensteten sprechen bzw. verhandeln wollten, bedürfe es einer wissenschaftlich ausgewiesenen Leitung, die eine entsprechende Reputation aufweise. Dies habe der Gesetzgeber erkannt und in § 24 Abs. 3 Satz 2 NHG explizit die Möglichkeit der Freistellung für praxisbezogene Tätigkeit eingeräumt, da diese sehr zeitintensiv und deshalb ohne Reduktion des Lehrdeputats nicht zumutbar sei. Der Leitung des EDV-Labors obliege es, die Studierenden angemessen mit EDV-Dienstleistungen und Unterrichtsräumen zu versorgen. Dazu sei die Erstellung von Konzepten, Großgeräteanträgen und diversen Verhandlungen mit den Gremien der Hochschule erforderlich. Dass die Verwaltung von Laboren mit besonderer Arbeitsbelastung verbunden sei, werde in § 9 LVVO hervorgehoben. Auch diese Aufgabe sei einem Hochschullehrer ohne Reduktion seines Lehrdeputats nicht zumutbar.
Mit der Absenkung des Schwundfaktors um 20 % entspreche sie - die Antragsgegnerin - den Vorgaben des MWK im Runderlass vom 20. Dezember 2007. Die Absenkung erfolge, weil sich die Regelstudienzeit von bisher 8 Semestern im Diplom-Studiengang auf nunmehr noch 6 Semester im Bachelor-Studiengang reduziert habe. Trotz der Reduzierung der Regelstudienzeit um 25 % werde aus Vorsichtsgründen der Schwundfaktor nicht um diese 25 %, sondern lediglich um 20 % gesenkt, weil davon auszugehen sei, dass der Schwund in den ersten Semestern höher sei, als in den letzten Semestern.
Selbst wenn man die Lehrdeputatsreduzierungen vollumfänglich nicht berücksichtige und mit dem im Bachelor-Studiengang, der bereits im Jahre 2002 eingerichtet worden sei, tatsächlich ermittelten Schwundfaktor von 1,0507 rechne, folge aus der vorgelegten Alternativberechnung, dass aufgrund der Überbuchung des Studienganges um 28 Studienanfänger keine freien Kapazitäten vorhanden seien. Die Alternativberechnung ergebe nur 87 zusätzliche Studienplätze für die gesamte Lehreinheit, die den Anteilsquoten der zugehörigen Studiengänge entsprechend auf diese aufzuteilen seien, sodass der streitgegenständliche Studiengang an dieser zusätzlichen Kapazität mit lediglich 120 Studienplätzen, davon 35 auf das Sommersemester 2009 entfallend, gegenüber 109 in der ZZ-VO 2008/2009 festgesetzten Plätzen partizipiere. Die Alternativberechnung erhöhe dabei die Anteilsquote für die Bachelor-Studiengänge der Lehreinheit, da nach den Vorgaben des MWK in den Master-Studiengängen maximal 25 Studienplätze angeboten werden dürften.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtete Antrag ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässig und begründet, denn der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf vorläufige Zulassung als Studienanfänger im Studiengang International Business and Management (Deutsch) der Antragsgegnerin zum Wintersemester 2008/2009 zu haben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Antragsgegnerin verfügt auch unter Berücksichtigung der im Hauptverfahren herbeigeführten Überbuchung des Studienganges um 28 Studienanfänger/-innen in der Lehreinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften über weitere Kapazität, die sie dem überbuchten, hier streitgegenständlichen Bachelor-Studiengang International Business und Management zur Verfügung zu stellen hat, um dem verfassungsrechtlich verbürgten Gebot der erschöpfenden Auslastung ihrer Aufnahmekapazität gerecht zu werden. Die Kammer geht dabei von Folgendem aus:
Maßgeblich für die Berechnung der Aufnahmekapazität eines Studienganges ist die - aufgrund des § 9 Nr. 3 des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes vom 29.01.1998 (Nds. GVBl. 1998, S. 51), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 07.06.2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 200), sowie aufgrund des Art. 15 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 (Nds. GVBl. 2007, S. 202) bzw. Art. 16 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 24.06.1999 (Nds. GVBl. 2000, S. 10) ergangene - Verordnung über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen - KapVO - vom 23.06.2003 (Nds. GVBl. 2003, S. 222). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das in allen Bundesländern weitgehend einheitlich geltende Regelungswerk der Kapazitätsverordnungen, nach denen sich die Zahl der zum Studium zuzulassenden Studierenden aus einer Gegenüberstellung von Lehrangebot und Lehrnachfrage ergibt, ein geeignetes und daher verfassungsgemäßes Instrument zur Erfassung der Aufnahmekapazitäten der Hochschulen ist (vgl. BVerwG, U. v. 20.04.1990 - 7 C 74.87 - Buchholz 421.21 Nr. 48 mit weiteren Nachweisen seiner Rechtsprechung).
Nach § 3 Abs. 1 KapVO wird die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität in zwei Verfahrensschritten vorgenommen: Die für den Studiengang einsetzbare personelle Ausstattung wird nach Maßgabe des Zweiten Abschnitts der KapVO (§§ 6 - 13) berechnet und dieses Ergebnis wird sodann anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts der KapVO (§§ 14 - 19) überprüft. Dabei bleiben für die Feststellung der Aufnahmekapazität die ausschließlich kapazitätsausgleichenden Maßnahmen nach Art. 10 Abs. 4 des Staatsvertrages und die zum Ausgleich zusätzlicher Belastungen aufgrund der bisherigen Entwicklung der Zahl der Studierenden durchgeführten Maßnahmen unberücksichtigt; diese sind gesondert auszuweisen (§ 3 Abs. 2 KapVO).
Gemäß den im Ersten Abschnitt der KapVO enthaltenen Verfahrensgrundsätzen ist die jährliche Aufnahmekapazität auf der Grundlage der Daten eines Stichtages zu ermitteln, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraumes („Berechnungszeitraumes“) liegt, für den die zu ermittelnden Zulassungszahlen gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 KapVO). Berechnungszeitraum ist hier der das Wintersemester 2008/2009 und das Sommersemester 2009 umfassende Zeitraum, also die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 30.09.2009. Den maßgeblichen Stichtag für den vorstehenden Berechnungszeitraum hat das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit Runderlass vom 20.12.2007 - Az. 21B.1 - 73 718 (2008/09) - in Ziffer 4.1 für Fachhochschulen auf den 01.01.2008 festgesetzt. Daran ist die Antragsgegnerin gebunden. Dem entsprechend geht die Kammer hier von dem maßgeblichen Berechnungszeitpunkt (01.01.2008) aus, obwohl die von der Antragsgegnerin vorgelegte Kapazitätsberechnung als Stichtag den 02.06.2008 ausweist. Ob dem von der Antragsgegnerin angegebenen Stichtag wesentliche Änderungen der Daten zugrunde liegen, die gemäß § 5 Abs. 2 KapVO eine Neuermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität rechtfertigen, ist nicht entscheidungserheblich und bedurfte daher keiner weiteren Aufklärung. Denn Umstände, die - wie nachstehend auszuführen sein wird - bereits vor dem Berechnungsstichtag vorgelegen haben und von der Antragsgegnerin deshalb bereits zum Stichtag 01.01.2008 hätten berücksichtigt werden müssen, können eine Neuermittlung der Aufnahmekapazität nicht rechtfertigen, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 KapVO.
Aus der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin ergibt sich, dass sie in der Lehreinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften über 75 Stellen der Besoldungsgruppe C3/W2 und weitere sechs Stellen der Besoldungsgruppe A 13 bis A 15 verfügt. Weitere 27 Stellen der Besoldungsgruppe C3/W2 wurden ihr durch den Hochschulpakt vom Land Niedersachsen für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum zur Verfügung gestellt. Hieraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in § 5 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) vom 02.08.2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 408), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 06.05.2008 (Nds. GVBl. S. 129), normierten Regellehrverpflichtung für Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen von 18 Lehrverpflichtungsstunden (LVS) und für Lehrkräfte für besondere Aufgaben im höheren Dienst von 20 LVS die Summe von 1.956 LVS. Zu diesen LVS hat die Antragsgegnerin zutreffend weitere 160 Lehrauftragsstunden hinzuaddiert. Die sich hieraus errechnende Summe von 2.116 LVS hat sie um 182 LVS gekürzt. Zur Begründung dieser Kürzung verweist sie auf Lehrdeputatsreduzierungen in folgendem Umfang und für folgende Funktionen bzw. Aufgaben:
2 LVS | C3/W2-Professur | Bibliotheksbeauftragte |
1 LVS | C3/W2-Professur | Budgetbeauftragter |
18 LVS | C3/W2-Professur | Dekan der Fakultät Wi-/So-Wissensch. |
99 LVS | C3/W2-Professuren |
(24 von gesamt 75) Forschung
1 LVS | C3/W2-Professur | Forschungsbeauftragter |
1 LVS | C3/W2-Professur | Leitung Carrer-Center |
2 LVS | C3/W2-Professur | Leitung EDV-Labor |
4 LVS | C3/W2-Professur |
(2 Professor/-in) Schwerbehinderte
22 LVS | C3/W2-Professur |
(17 Professoren/-innen) Studienberatung
18 LVS | C3/W2-Professur |
(2 Professoren) Studiendekane
14 LVS | C3/W2-Professur |
(7 Professoren/-innen) Studienreform
Die von der Antragsgegnerin in diesem Umfang vorgenommenen Lehrdeputatsreduzierungen kapazitätsmindernd zu berücksichtigen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Wie sich aus § 24 Abs. 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der Fassung vom 26.02.2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 69), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 13.09.2007 (Nds. GVBl. S. 444), und den §§ 7, 9 LVVO ergibt, wird die in § 5 LVVO vorgeschriebene Regellehrverpflichtung nur auf Antrag nach vorheriger Anhörung bzw. im Benehmen mit der Fakultät des Antragstellers vom Präsidium der Hochschule durch Beschluss genehmigt . Von der Verpflichtung zur Einhaltung dieses formellen Verfahrens geht auch die Antragsgegnerin aus. Sie hat in ihrem Schriftsatz vom 25.11.2008 hierzu ausgeführt, die Freistellung von Hochschullehrern erfolge bei ihr gemäß § 24 Abs. 3 NHG durch Beschluss des Präsidiums aufgrund einer zuvor in der betreffenden Fakultät (Fakultätsrat) beschlossenen Vorlage, die mit den zuständigen Studiendekanen (wegen der Lehrplanung) abgestimmt sei; die Höhe der Freistellung ergebe sich aus dem Umfang der jeweiligen Tätigkeit und werde in Übereinstimmung mit § 9 LVVO gewährt. Obwohl die Kammer mit Aufklärungsverfügung vom 19.11.2008 die Antragsgegnerin aufgefordert hat, im Einzelnen darzustellen, auf welcher Rechtsgrundlage die in der vorstehend wiedergegebenen Tabelle ihrer Kapazitätsberechnung aufgelisteten Lehrdeputatsreduzierungen vorgenommen worden seien und diesen Erläuterungen für jeden Dozenten auch den betreffenden Antrag auf Reduzierung seiner Lehrverpflichtung nebst der hierzu ergangenen Entscheidung des zuständigen Hochschulgremiums beizufügen, war die Antragsgegnerin nicht in der Lage, die Einhaltung dieser formellen Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Vielmehr ergibt sich aus den mit Schriftsatz vom 25.11.2008 vorgelegten Unterlagen der Antragsgegnerin über die vorgenommenen Freistellungen für Forschung im Umfang von 99 LVS, dass sämtliche Anträge der Hochschullehrer/-innen auf Lehrdeputatsreduzierung im Wintersemester 2008/2009 mit Antragsdaten - soweit diese überhaupt in die Anträge aufgenommen wurden - versehen sind, die allesamt zeitlich nach dem für Fachhochschulen maßgeblichen Stichtag (01.01.2008) liegen. Bei der Prüfung dieser Unterlagen wird weiter augenfällig, dass die Anträge - sollten die dort enthaltenen Antragsdaten nicht auf mehreren Schreibversehen beruhen - zum Teil sogar erst während des laufenden Wintersemesters 2008/2009, zum Teil sogar erst nach der Aufklärungsverfügung der Kammer vom 19.11.2008 von den betreffenden Hochschullehrern gestellt worden sind bzw. sein müssen (vgl. nur den Antrag der Professorin D. zum Forschungsvorhaben „Professionell Services in der Region Osnabrück/Emsland: Stand und Entwicklungsperspektive“, datierend vom 25.11.2008).
Weiterhin hat die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Präsidium diese Anträge auf Freistellung für Forschungsvorhaben vor dem maßgeblichen Stichtag genehmigt hat. Die Antragsgegnerin hat lediglich Mitteilungen des Präsidiums an die betreffenden Antragsteller mit dem Datum 29.10.2008 und einem Stempelabdruck "Abgang 29.10.2008" vorgelegt, aus denen sich nicht ergibt, wann (d.h. auf welcher Sitzung des Präsidiums) die entsprechenden Beschlüsse über die antragsgemäße Bewilligung der Lehrdeputatsreduzierung des jeweiligen Antragstellers gefasst worden sein sollen. Daneben liegen der Kammer die vom Fakultätsrat beschlossenen Vorlagen, auf die die Antragsgegnerin selbst schriftsätzlich verweist, nicht vor. Augenfällig wird bei der Prüfung dieser Unterlagen wiederum der vorbezeichnete Antrag der Professorin D.. Nach dem Inhalt der Mitteilung über die Genehmigung des Antrags durch das Präsidium ist diese vor oder am 29.10.2008 erteilt worden, obwohl der Antrag offensichtlich erst am 25.11.2008 verfasst worden sein dürfte. Aus § 5 Abs. 1 KapVO folgt, dass - wie eingangs dargelegt - die jährliche Aufnahmekapazität auf Grundlage der Daten zum festgesetzten Stichtag zu ermitteln ist und die in diesem Zeitpunkt bereits erkennbaren wesentlichen Änderungen von Daten bis zum Beginn des Berechnungszeitraums zu berücksichtigen sind. Lehrdeputatsreduzierungen für wahrzunehmende Verwaltungsaufgaben oder im Berechnungszeitraum beabsichtigte Forschungsvorhaben sind in aller Regel am maßgeblichen Stichtag voraussehbar bzw. vorausplanbar; sie stellen keine wesentlichen Änderungen im Sinne des § 5 Abs. 2 KapVO dar. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin keine Umstände dargelegt und glaubhaft gemacht, die eine andere Beurteilung rechtfertigten. Für die Berechnung der Aufnahmekapazität der Hochschule im Berechnungszeitraum können deshalb nur solche Lehrdeputatsreduzierungen berücksichtigt werden, die bis zum maßgeblichen Stichtag vom Präsidium tatsächlich genehmigt wurden. Die erforderliche Genehmigung des Präsidiums kann auch nicht nachgeholt werden kann, mit der Folge, dass die von der Antragsgegnerin in ihre Berechnung eingestellten Lehrdeputatsreduzierungen von insgesamt 182 LVS im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 02.11.2004 - NC 6 K 241/04 -, juris).
Die Kammer sieht sich weiter zu dem Hinweis veranlasst, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Lehrdeputatsreduzierungen auch materiell-rechtlich erheblichen Bedenken begegnen. Zwar sind die von ihr vorgenommenen Freistellungen für den Dekan der Fakultät, die beiden Studiendekane sowie die beiden schwerbehinderten Hochschullehrer/-in rechtlich nicht zu beanstanden, da sie ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie § 7 Abs. 4 LVVO finden. Eine Rechtsgrundlage ist auch für die vorgenommenen Freistellungen zur Studienfachberatung (22 LVS) und für die Wahrnehmung von Aufgaben der Studienreform (14 LVS) mit § 7 Abs. 3 LVVO gegeben, sofern es sich bei letzteren um besondere Aufgaben handelt, was die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht glaubhaft gemacht hat. Ob sich hingegen die vorgenommenen Freistellungen für die Bibliotheksbeauftragte, den Budgetbeauftragten, den Forschungsbeauftragten, den Leiter des Carrer Centers und den Leiter des EDV-Labors in Ansehung der von der Antragsgegnerin hierfür gegebenen Begründung mit den rechtlichen Vorgaben der LVVO vereinbaren lassen, erscheint zweifelhaft. Als Rechtsgrundlage für derartige Freistellungen können einzig § 7 Abs. 2 oder § 9 LVVO dienen. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 setzt die Wahrnehmung besonderer Dienstaufgaben voraus, die nicht zu den in Abs. 1 aufgeführten Funktionen (z.B. Dekan oder Studiendekan) gehören. Ferner ist bei der Entscheidung des Präsidiums über eine Reduzierung der Lehrverpflichtung nach dieser Vorschrift der notwendige Lehrbedarf der Fakultät zu berücksichtigen. Alternativ hierzu regelt § 9 Satz 1 LVVO die Übernahme einer besonderen Aufgabe und Funktion in der Hochschule, die die Hochschulverwaltung nicht wahrzunehmen vermag. Voraussetzung für eine derartige Lehrdeputatsreduzierung ist weiter, dass die Übernahme derartiger Aufgaben oder Funktionen ohne Entlastung nicht zumutbar ist. Zudem dürfen die nach § 9 LVVO gewährten Ermäßigungen insgesamt höchstens 7 v.H. der Regellehrverpflichtungen des Lehrpersonals der Fachhochschule betragen; 7 v.H. dürfen nur in dem Maße überschritten werden, in dem die Lehrverpflichtungen nach § 5 Abs. 2 LVVO erfüllt werden, jedoch nicht über 10 v.H. der Lehrverpflichtungen hinaus.
Den in § 7 und § 9 LVVO aufgestellten Voraussetzungen (besondere Aufgaben, Unzumutbarkeit der Aufgabenwahrnehmung ohne Entlastung) lässt sich entnehmen, dass Lehrdeputatsreduzierungen wegen Verwaltungstätigkeit eines Hochschullehrers nicht im Belieben der Hochschule stehen, sondern an strenge Voraussetzungen geknüpft sind. Die im vorliegenden Verfahren ansatzweise erkennbare antragstellerfreundliche, geradezu großzügige Genehmigungspraxis der Antragsgegnerin dürfte - den Umfang aller Freistellungen in den Blick genommen - hiermit kaum zu vereinbaren sein. Insofern mag weiter Berücksichtigung finden, dass die Grundordnung der Antragsgegnerin neben dem Dekan und dem Studiendekan bzw. den Studiendekanen keine weiteren Funktionen vorsieht, die die Wahrnehmung besonderer Verwaltungsaufgaben in der Fakultät zum Gegenstand haben, um die Dekanatsleitung zu entlasten. Obwohl der Landesgesetzgeber, anders als beispielsweise der Gesetzgeber des Landes Berlin, keine § 73 Berliner Hochschulgesetz nachgebildete Regelung zur Einsetzung von Beauftragten und Kommissionen zur Unterstützung und Beratung der Fachbereiche bzw. des Fachbereichsrat in das NHG aufgenommen hat, ist die Möglichkeit der Erweiterung des Dekanats in § 43 Abs. 3 Satz 1 NHG grundsätzlich angelegt. Selbst wenn die Funktion eines Beauftragten für eine bestimmte Verwaltungsaufgabe (z.B. Budget oder Forschung) in der Grundordnung der Antragsgegnerin verankert wäre, rechtfertigt die Wahrnehmung einer derartigen Funktion nicht zwangsläufig einen satzungsmäßigen Anspruch auf Reduzierung der Regellehrverpflichtung, wie er sich aus § 13 Abs. 1 der Grundordnung der Antragsgegnerin für den Dekan und die Studiendekane ergibt. Denn nach § 24 Abs. 1 Satz 1 NHG sind Professorinnen und Professoren verpflichtet, neben der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre, bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der Weiterbildung und Dienstleistung in ihren Fächern an der Erfüllung der übrigen Hochschulaufgaben - und damit auch der Verwaltungsaufgaben - mitzuwirken. Die Schaffung einer zusätzlichen Funktion auf Fakultätsebene müsste daher mit einer nennenswerten Übertragung von Verwaltungsaufgaben einhergehen, um eine Freistellung von der Regellehrverpflichtung gemäß § 7 oder § 9 LVVO satzungsgemäß vorzusehen.
Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Lehrdeputatsreduzierungen von 99 LVS zur Wahrnehmung von Forschungsaufgaben der Antragsteller weist die Kammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin bei der Entscheidung über derartige Anträge nicht nur verpflichtet ist, die Vorgaben des § 9 LVVO, insbesondere die sich aus den Sätzen 2 und 3 ergebenden Quoten, zu berücksichtigen, sondern im Rahmen der für jeden einzelnen Antrag zu treffenden Ermessensentscheidung über die Frage der Ermäßigung, insbesondere des Umfangs der jeweiligen Ermäßigung, die Belange der Studienbewerber nach vollständiger Ermittlung des Sachverhalts angemessen zu berücksichtigen und mit den Belangen des Antragstellers unter Gewichtung der wechselseitigen Interessen abzuwägen hat. Dies verbietet, die Entscheidung über einen Antrag auf Deputatsreduzierung für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben ohne Berücksichtigung der Situation des jeweiligen Stelleninhabers - insbesondere der von diesem wegen Wahrnehmung anderweitiger Funktionen und Aufgaben bereits gewährten Lehrdeputatsreduzierungen - und der übrigen Anträge auf Ermäßigung wegen Forschungsvorhaben in dem jeweiligen Fachbereich vorzunehmen. Bei der Entscheidung sind schließlich die kapazitären Auswirkungen in den Blick zu nehmen, namentlich welche konkrete Auswirkung die Ermäßigung auf die Zulassung von Studienbewerbern im Berechnungszeitraum hat (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 02.11.2004, a.a.O., m.w.N.). Dass die Antragsgegnerin bei der Bescheidung der einzelnen Anträge auf Lehrdeputatsreduzierung jeweils eine derart ausgewogene Ermessensentscheidung getroffen hat, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin dies durch die vorgelegten Unterlagen nicht glaubhaft gemacht.
Dessen ungeachtet braucht die Kammer über die sachliche Rechtfertigung der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Lehrdeputatsreduzierungen nicht abschließend zu entscheiden, da - wie vorstehend dargelegt - schon die formellen Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Lehrdeputatsreduzierungen im Umfang von 182 LVS zum Stichtag 01.01.2008 nicht gegeben waren. Somit ist von einem bereinigten Lehrangebot von 2.116 LVS für die Lehreinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auszugehen.
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anteilsquotenbildung (vgl. dazu § 12 KapVO) begegnet hinsichtlich der der Lehreinheit zugeordneten und in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kapazitätsberechnung aufgelisteten 25 Studiengänge - von denen der Studiengang Wirtschaftspsychologie im hier maßgeblichen Berechnungszeitraum nicht angeboten wird und dieser deshalb ebenso wie die weiterführenden Masterstudiengänge Gesundheitsmanagement/Health-management, Auditing, Finance and Taxation, Hochschul- und Wissenschaftsmanagement sowie International Supply Chain Management mit einer Anteilsquote von jeweils 0 % in die Kapazitätsberechnung eingeflossen ist - keinen rechtlichen Bedenken. Die Widmung der Ausbildungskapazität für bestimmte Studiengänge einer Lehreinheit unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Da die Kapazitätsverordnung materielle Kriterien für die Bildung der Anteilsquote in § 12 nicht bereithält, besteht Anlass zur Beanstandung nur dann, wenn sie willkürlich und kapazitätsvernichtend erfolgt (VG Berlin, Beschluss vom 17.01.2008 - 3 A 788.07 -, juris, m.w.N.). Die Kammer legt deshalb, der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.12.2008 vorgelegten Alternativberechnung folgend, ihrer gerichtlichen Überprüfung die von der Antragsgegnerin vorgegebenen Anteilsquoten zugrunde. Die Antragsgegnerin hat in ihrem zuvor bezeichneten Schriftsatz hierzu dargelegt, sie habe in der Alternativberechnung die Anteilsquote für die Bachelor-Studiengänge gegenüber der Kapazitätsberechnung zum Stichtag erhöht, da nach den Vorgaben des MWK die Masterstudiengänge nur mit maximal 25 Studienplätzen anzubieten seien. Hierdurch erhöht sich die Anteilsquote für den streitgegenständlichen Bachelor-Studiengang International Business und Management von 0,1082 auf 0,1093. Die Erhöhung der Anteilsquote um 11 Promille begünstigt überdies den Antragsteller, denn hierdurch erhöht sich die Aufnahmekapazität des von ihm begehrten Studiengangs zusätzlich.
Die Antragsgegnerin hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass der streitgegenständliche Studiengang mit einem Einzelcurricularwert (CAp) von 5,12 in die Kapazitätsberechnung einzustellen ist. Sie hat hierzu in ihrem Schriftsatz vom 15.11.2008 lediglich erläutert, nach dem Erlass des MWK vom 20.12.2007 seien die Curricularnormwerte (CNW) für 6-semestrige Bachelor-Studiengänge mit 80 % des bisherigen Diplom-CNW (ohne Praxissemesteraufschlag) in Ansatz zu bringen. Sie hat auf Nachfrage weiterhin erklärt, der Bachelor-Studiengang International Business und Management sei bereits im Jahre 2002 von ihr erstmals eingerichtet worden. Der von ihr als Einzelcurricularwert (CAp) bezeichnete Curricularanteil, d.h. der Anteil am CNW des zugeordneten Studiengangs (p), der auf die Lehreinheit entfällt (vgl. § 13 Abs. 4 KapVO i.V.m. Anlage 1 der KapVO), ergebe sich aus der Berechnung gemäß Erlass des MWK. Früher habe der CNW für den Diplom-Studiengang International Business und Management 6,4 betragen, davon entsprächen 80 % einem Wert von 5,12. Diesen CNW hat die Antragsgegnerin als CAp in ihre Kapazitätsberechnung, und damit auch in die von der Kammer angeforderte Alternativberechnung, eingestellt. Dieses Vorgehen lässt sich nach Auffassung der Kammer bei summarischer Prüfung der von der Antragsgegnerin zur Glaubhaftmachung vorgelegten Unterlagen mit den rechtlichen Vorgaben der KapVO nicht vereinbaren. In Ziffer 4.6 des Erlasses des MWK vom 20.12.2007 heißt es, die Umstellung der Diplom- und Magisterstudiengänge auf die gestuften Studiengangsstrukturen Bachelor/Master erfordere u.a. auch die Festsetzung von Curricularnormwerten für diese Studiengänge, soweit hierfür in Anlage 3 zur Kapazitätsverordnung noch keine Curricularnormwerte festgesetzt worden seien. Das MWK bittet darum, auch für den (das WS 2008/2009 und das SS 2009 betreffenden) Berechnungszeitraum die CNW für Bachelor- und Masterstudiengänge als Modellvorhaben gemäß der beigefügten Anlage 1 zu berechnen. Eine Überarbeitung des Systems der CNW bleibe vorbehalten. Aus Anlage 1 des Erlasses ergibt sich, dass die Fachhochschulen für 6-semstrige Bachelor-Studiengänge mit 80 % des bisherigen Diplom-CNW (ohne Praxissemesteraufschlag) zu rechnen haben, vgl. Ziffer 2.1 der Anlage 1. Ziffer 2.2 der Anlage 1 bestimmt für Master-Studiengänge, dass der CNW bis zu 50 % des zugehörigen Bachelor-CNW's betrage.
Diese Regelungen des Erlasses des MWK vom 20.12.2007 sind nach Auffassung der Kammer dahingehend zu verstehen, dass nur in den Fällen, in denen Studiengänge bislang als Diplom- oder Magisterstudiengang angeboten wurden und in denen für den nachfolgenden Bachelor- und/oder Masterstudiengang noch kein spezifischer CNW festgesetzt worden ist, der hälftige bzw. der 80 %-ige CNW gemäß Anlage 3 zur KapVO in Ansatz zu bringen ist. Enthält hingegen die KapVO vom 23.06.2003 in der vorliegend anzuwendenden Fassung bereits die Festsetzung eines CNW für einen Bachelor- und/oder Masterstudiengang einer bestimmten Fachrichtung, so ist dieser CNW für die Kapazitätsberechnung maßgeblich. Diese Interpretation der Regelungen des Erlasses rechtfertigt maßgeblich der Grundsatz der Normenhierarchie; das MWK kann verbindliche Vorgaben der KapVO, einer Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen, nicht durch Runderlass außer Anwendung setzen. Für den hier streitgegenständlichen Bachelor-Studiengang International Business und Management enthält die KapVO in Anlage 3 einen auf 3,9 festgesetzten CNW; für den Master-Studiengang dieser Fachrichtung wird der CNW auf 1,68 festgesetzt. Dies erklärt sich auch vor dem Hintergrund, dass nach eigenen Angaben der Antragsgegnerin der streitgegenständliche Studiengang bei ihr bereits im Jahre 2002 als Bachelor-Studiengang eingerichtet worden ist. Einen Diplom-Studiengang dieser Fachrichtung habe sie in der Vergangenheit nicht angeboten. Damit korrespondiert die von der Antragsgegnerin auf Anforderung vorgelegte Schwundberechnung für den Bachelor-Studiengang; diese beginnt mit dem Sommersemester 2005. Ist somit davon auszugehen, dass der hier streitgegenständliche Studiengang von der Antragsgegnerin seit mindestens sechs Semestern angeboten wird, ist sie nach dem Erlass des MWK vom 20.12.2007 auch nicht befugt, die CNWe für den Bachelor- und den Master-Studiengang International Business und Management als Modellvorhaben zu berechnen; § 1 Abs. 2 KapVO findet insoweit keine Anwendung.
Ausgehend von einem CNW von 3,9 für den Bachelor-Studiengang und von 1,68 für den Master-Studiengang kann der von der Antragsgegnerin in ihre Berechnung eingestellte Curricularanteil bzw. Einzelcurricularwert (CAp) per - vorstehend wiedergegebener - Definition maximal 100 % der zuvor genannten CNWe betragen. Unter Zugrundelegung dieser CApe errechnet sich der gewichtete Curricularanteil aller der Lehreinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zugeordneten Studiengänge (CA) - nach Bildung des Produktes aus Anteilsquote und Curricularanteil/Einzelcurricularwert (zp x CAp) für den Bachelor-Studiengang International Business und Management mit einem Wert von 0,4263 (von der Antragsgegnerin alternativ errechnet: 0,5596) und für den Master-Studiengang desselben Faches mit einem Wert von 0,0402 (von der Antragsgegnerin alternativ errechnet: 0,0611) - mit einem Wert von 3,8920 (von der Antragsgegnerin alternativ errechnet: 4,0462).
Die jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (A), die nach folgender Formel zu ermitteln ist:
2 x 2.116 LVS (bereinigtes Lehrangebot, Sb) : Summe (zp x CAp),
beträgt somit 1.087,3586 (von der Antragsgegnerin alternativ errechnet: 1.045,9196).
Ausgehend von dieser um den Wert 41,439 gegenüber der vorgelegten Alternativberechnung erhöhten jährlichen Aufnahmekapazität der Lehreinheit sind die jährlichen Aufnahmekapazitäten (Ap) der der Lehreinheit zugeordneten und mit einer Anteilsquote größer 0 von der Antragsgegnerin berücksichtigten Studiengänge wie folgt zu ermitteln:
Studiengang | Jährliche Aufnahmekapazität für WS 2008/2009 und SS 2009 | Schwundquote (nach Angabe der Antragsgegnerin) | Um die Schwundquote erhöhte Aufnahmekapazität gem. § 16 KapVO |
Betriebswirtschaft und Management | 184,5248 | 1,0500 | 193,7510 |
Business und Management (Master) | 24,6830 | 1,0500 | 25,9172 |
Wirtschaftsrecht | 82,2043 | 1,0000 | 82,2043 |
Wirtschaftsrecht (Master) | 24,6830 | 1,0500 | 25,9172 |
Öffentliches Management | 35,2304 | 1,1500 | 40,5150 |
Management in Nonprofit-Organisationen (Master) | 24,6830 | 1,0500 | 25,9172 |
International Business und Management | 118,8483 | 1,0507 | 24,8739 |
Internation Business und Management (Master) | 25,9879 | 1,0000 | 25,9879 |
Management im Gesundheitswesen (of Master) | 24,6830 | 1,0500 | 25,9172 |
Pflegewissenschaft | 28,5975 | 1,2000 | 34,317 |
Elementarpädagogik | 40,6672 | 1,1000 | 44,7339 |
Soziale Arbeit | 24,8288 | 1,0500 | 131,0702 |
Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen | 69,5910 | 1,1500 | 80,0297 |
Ergotherapie/Logopädie/ Physiotherapie | 83,1829 | 1,1000 | 91,5012 |
Pflegemanagement | 38,0576 | 1,2000 | 45,6691 |
Controlling and finance (Master) | 23,5957 | 1,1000 | 25,9553 |
Betriebliches Informationsmanagement | 40,6672 | 1,1000 | 44,7339 |
Betriebswirtschaft dual | 26,9665 | 1,0800 | 29,1238 |
Öffentliche Verwaltung | 35,2304 | 1,1500 | 40,5150 |
Midwifery | 29,4299 | 1,1000 | 32,1749 |
Die Kammer berücksichtigt bei der vorstehenden Berechnung die von der Antragsgegnerin unter Vorlage ihrer den streitgegenständlichen Studiengang betreffenden Schwundberechnung für 6 Fachsemester - beginnend ab dem Sommersemester 2005 - dargelegte und glaubhaft gemachte Schwundquote von 1,0507, vgl. § 16 KapVO. Die Antragsgegnerin kann sich entgegen der von ihr (zunächst) vertretenen Rechtsauffassung nicht auf die gemäß Ziffer 4.11 (7. Spiegelstrich) des Erlasses des MWK vom 20.12.2007 vorgeschriebene Absenkung des Schwundfaktors für bisherige Diplom-Studiengänge um 20 % berufen. Denn der Erlass gibt der Antragsgegnerin eindeutig vor, dass "sofern möglich" nunmehr auch für die Bachelor-Studiengänge Schwundberechnungen durchzuführen sind. Nur für den Fall, dass aufgrund der Neueinrichtung oder aufgrund der kurzen Laufzeit des Bachelor-/Master-Studiengangs empirische Daten über Studienabbrecher fehlen, gibt der Erlass für die Antragsgegnerin verbindlich vor, dass ein Schwundfaktor anzusetzen ist, der sich zunächst am Schwundfaktor des alten Diplom-/Magister-Studienganges orientiert. Nur für diesen Fall - der Erlass formuliert insoweit eindeutig „solange keine empirischen Daten vorliegen“ - ist von einer Absenkung des Schwundaktors um 20 % des Wertes über eins (neu) auszugehen. Die Antragsgegnerin war damit verpflichtet, in ihre zum maßgeblichen Stichtag erstellte Kapazitätsberechnung den im Bachelor-Studiengang International Business und Management tatsächlich ermittelten Schwundfaktor von 1,0507 einzustellen und nicht von einem um 7 Promille niedrigeren Schwundfaktor auszugehen.
Aufgrund der von der Antragsgegnerin mitgeteilten Gesamtzahl der tatsächlich als Erstsemester in den Bachelor- und Master-Studiengängen (ohne Berücksichtigung der vier von ihr angebotenen weiterführenden Masterstudiengänge) eingeschriebenen Studierenden per 17.12.2008 in Höhe von 921 ergibt sich somit folgendes Bild:
Studiengangs-schlüssel | Studiengangsname | in ZZ VO erfasst | festgesetzte Zulassung nach ZZ-VO | durch die Kammer errechnete tatsächliche jährliche Aufnahmekapazität | tatsächlich eingeschriebene Studierende Stand 17.12.2008 | |
Bachelor | Ja/ Nein | für WS 2008/2009 | für SS 2009 | WS + SS 2008/09 | im WS 2008/2009 | |
791184 | Betriebliches Informationsmanagement | Ja | 39 | 0 | 45 | 25 |
21184 | Betriebswirtschaft und Management | Ja | 130 | 40 | 194 | 177 |
825184 | Betriebswirtschaft Dual | Ja | 25 | 0 | 29 | 27 |
614184 | Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen | Ja | 35 | 35 | 80 | 51 |
245184 | Elementarpädagogik | Ja | 39 | 0 | 45 | 30 |
725184 | Ergotherapie/Logopädie/Physiotherapie | Ja | 40 | 39 | 92 | 49 |
182184 | International Business Management | Ja | 74 | 35 | 125 | 102 |
849184 | Midwifery | Ja | 28 | 0 | 32 | 15 |
834184 | Öffentliche Verwaltung | Ja | 35 | 0 | 41 | 47 |
172184 | Öffentliches Management | Ja | 35 | 0 | 41 | 38 |
740184 | Pflegemanagement | Ja | 0 | 40 | 46 | 0 |
234184 | Pflegewissenschaft | Ja | 30 | 0 | 34 | 17 |
253184 | Soziale Arbeit | Ja | 115 | 0 | 131 | 127 |
42184 | Wirtschaftsrecht | Ja | 72 | 0 | 82 | 86 |
739184 | Wirtschaftspsychologie | Nein | 0 | 0 | 0 | 0 |
Master | ||||||
21190 | Business Management | ja | 25 | 0 | 26 | 27 |
773190 | Controlling and Finance | Ja | 25 | 0 | 26 | 20 |
182190 | International Business Management | Ja | 25 | 0 | 26 | 26 |
232190 | Management im Gesundheitswesen | Ja | 25 | 0 | 26 | 29 |
172190 | Management in Nonprofit-Organisationen | Ja | 25 | 0 | 26 | 18 |
42190 | Wirtschaftsrecht | Ja | 25 | 0 | 26 | 10 |
Aufnahme nach ZZ-VO | Aufnahme nach ZZ-VO | tatsächl. jährliche Kapazität | tatsächliche Gesamtaufnahme | |||
847 | 189 | 1173 | 921 | |||
tatsächl.Kapazität für WS 2008/2009 | 984 | |||||
tatsächl. Kapazität minus tatsächl. Gesamtaufnahme für WS 2008/2009 | 63 |
Aus der von der Kammer für den Bachelor-Studiengang International Business and Management (Deutsch) errechneten Gesamtaufnahmekapazität des Berechnungszeitraumes 01.10.2008 bis 30.09.2009 ergibt sich für das Wintersemester 2008/2009 eine Kapazität von 90 und für das Sommersemester 2009 von 35 Studienplätzen. Dabei geht die Kammer aufgrund der Darlegungen der Antragsgegnerin davon aus, dass diese eine sich für den in Rede stehenden Studiengang zusätzlich errechnende Kapazität ausschließlich dem Wintersemester 2008/2009 gutbringen will und es hinsichtlich der für das Sommersemester 2009 zu berücksichtigenden Kapazität bei der festgesetzten Zulassungszahl von 35 Studienplätzen verbleiben soll. Deshalb bedarf es keiner Festschreibung des ursprünglichen Verhältnisses zwischen der Anzahl der Studienplätze des Wintersemesters zu derjenigen des Sommersemesters (74:35 = 109 entspräche 85:40 = 125 Studienplätzen).
Den vorstehenden Daten lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin in ihrer Lehreinheit aufgrund der nicht anzuerkennenden Lehrdeputatsreduzierungen von 182 LVS und der für die Bachelor- und Master-Studiengänge International Business und Management vorzunehmenden Korrektur des Curricularanteils über eine Gesamtaufnahmekapazität von 978 Studienplätzen verfügt. Sie hat indes bis zum 17.12.2008 insgesamt nur 921 Plätze an Studienbewerber vergeben. Damit verfügt sie über eine Restkapazität von 57 Studienplätzen, verteilt über die der Lehreinheit zugeordneten, vorstehend tabellarisch aufgelisteten Bachelor- und Master-Studiengänge.
Zwar pflichtet die Kammer der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung bei, dass die Überbuchung des vom Antragsteller nachgefragten Bachelor-Studiengang International Business und Management mit 102 Studienanfänger/-innen gemäß § 5 Abs. 4 Vergabe-VO rechtlich nicht zu beanstanden und damit im vorliegenden Verfahren der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität kapazitätsmindernd zu berücksichtigen ist. Denn für die Kammer sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die Überbuchung willkürlich und mit der Absicht der Vereitelung gerichtlichen Rechtsschutzes für den Antragsteller herbeigeführt hat (zur Berücksichtigung von Überbuchungen vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.06.2008 - 1 N 1/07 -, juris, m.w.N.).
Gleichwohl ließe sich mit dem aus Art. 3 und 12 des Grundgesetzes folgenden Gebot der Ausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten durch die Hochschulen nicht vereinbaren, wenn in Ansehung des Umstandes, dass die Antragsgegnerin aufgrund einer falschen Berechnung ihres Lehrangebotes für die gesamte Lehreinheit und der unzutreffenden Einstellung von Curricularanteilen, die sich auf die gesamte jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit auswirken, insgesamt 57 Studienplätze in der Lehreinheit unbesetzt blieben und die Antragsgegnerin in dem nachgefragten und hier streitgegenständlichen Bachelor-Studiengang International Business und Management auf eine Korrektur der aufgezeigten Fehlerquellen verweisen könnte, die zur Ermittlung von lediglich 90 Studienplätzen im Wintersemester 2008/2009 führt und die sie bereits um 12 Studienplätze überbucht hat, sodass keine zusätzliche Kapazität für den von dem Antragsteller begehrten Studienplatz zur Verfügung stünde. Insofern muss nach Auffassung der Kammer, ohne für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren die Bildung der Anteilsquoten für die Studiengänge grundsätzlich in Frage stellen zu wollen, auch wenn diese gerichtlicher Überprüfung nicht grundsätzlich entzogen sind, die Antragsgegnerin zur Gewährung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes hinnehmen, dass in der Lehreinheit anderweitig - d.h. durch Unterbelegung anderer, ihr zugeordneter Studiengänge - freie Kapazitäten anteilig, soweit für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich, dem vom Antragsteller nachgefragten überbuchten Studiengang zugeordnet werden. Denn die Antragsgegnerin hat es in der Hand, durch organisatorische Maßnahmen die in unterbesetzten Studiengängen ihrer Lehreinheit freien Kapazitäten auch während des laufenden Semesters umzuschichten und dem überbuchten, vom Antragsteller nachgefragten Bachelor-Studiengang International Business und Management zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.