Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 26.01.2009, Az.: 1 A 300/06

Absatz; Absatzkrise; Abweichung; Agrarpolitik; Ausbruch; Außergewöhnlichkeit; Berechnung; Betrag; Betrieb; Betriebsindividualität; Betriebsprämie; Betriebsprämienregelung; Bezugszeitraum; BIB; BSE; BSE-Krise; Bullenmast; Härte; Härtefall; höhere Gewalt; Landwirtschaft; Produktionsbeeinträchtigung; Produktionsverzögerung; Rindersonderprämie; Rindfleisch; Seuche; Seuchenausbruch; Stützungsregelung; Umstand

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
26.01.2009
Aktenzeichen
1 A 300/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 50647
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die im Herbst 2000 in Europa eingetretene Absatzkrise für Rindfleisch wegen Ausbruchs der Seuche BSE und die hierauf zurückzuführende Produktionsverzögerung in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Betriebszweig Bullenmast stellt kein vergleichbar schwerwiegendes, produktionsbeeinträchtigendes Ereignis dar, das als höhere Gewalt oder außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 einzustufen ist.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Härtefalls bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages (BIB) nach der Betriebsprämienregelung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe.

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Der Kläger ist Nebenerwerbslandwirt. Er mästete im hier streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2000 bis 2002 männliche Rinder im sog. Rein-Raus-Verfahren. Hierfür stand ihm in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in D. eine Kapazität von 13 Mastplätzen zur Verfügung. Die durchschnittliche Haltungsdauer betrug ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Auszugs aus der Datenbank HI-Tier in den Jahren 2001 15,0 Monate, in 2002 13,9 Monate, in 2003 17,7 Monate, in 2004 13,5 Monate und im Jahr 2005 13,8 Monate. Im Jahr 1999 stallte der Kläger nach eigenen Angaben 13 männliche Rinder zur Mast auf, die im November 2000 ausgemästet waren und sodann der Vermarktung zugeführt werden sollten. Im Zuge der im Herbst des Jahres 2000 in Europa ausgebrochenen BSE-Seuche nahm der Tierhändler des Klägers zum vereinbarten Zeitpunkt (November 2000) die 13 ausgemästeten Rinder des Klägers nicht ab. Der Kläger sah sich daher gezwungen, die Tiere bis zum 6. Januar 2001, dem Zeitpunkt des Verkaufs dieser Tiere an den Händler, in seinem Betrieb zu halten. Erst nach dem Verkauf dieser 13 Mastbullen war der Kläger in der Lage, am 22. Januar 2001 13 neue männliche Rinder zur Mast anzukaufen und aufzustallen. Diesen zweiten Durchgang vermarktete der Kläger sodann am 21. März 2002. Einen dritten Durchgang mit 13 Tieren stallte der Kläger am 3. April 2002 auf und vermarktete diesen am 24. September 2003. Für die genannten Durchgänge beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Sonderprämie männliche Rinder, wobei diese dem Kläger für den ersten, am 6. Januar 2001 vermarkteten Durchgang gemäß Artikel 42 VO (EG) Nr. 2342/99 in der Fassung der Änderungs-VO Nr. 192/2001 vom 30. Januar 2001 rückwirkend für das Jahr 2000 gewährt wurde.

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Mit Antrag vom 19. April 2005 auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005 beantragte der Kläger auf dem Vordruck „N“ zugleich die Anerkennung eines Härtefalls wegen Vorliegens außergewöhnlicher Umstände oder höherer Gewalt bei der Berechnung des BIB gemäß Artikel 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 und bat darum, nicht den gesamten Bezugszeitraum 2000 bis 2002, namentlich nicht das Jahr 2001, bei der Berechnung des BIB zugrunde zu legen. Zur Begründung dieses Antrages verwies der Kläger darauf, aufgrund der im Herbst 2000 begonnenen BSE-Krise habe ihm sein Viehhändler seine 13 ausgemästeten Bullen zum vereinbarten Termin (November 2000) nicht abgenommen. Dadurch habe sich die Aufstallung eines neuen Durchgangs bis in den Januar 2001 verzögert. Es sei für ihn deshalb nicht möglich gewesen, im Kalenderjahr 2001 schlachtreife männliche Rinder zu produzieren und prämienwirksam zu vermarkten.

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Mit Bescheid vom 7. April 2006, dessen Zugang beim Kläger nicht bekannt ist, setzte die Beklagte für den Kläger 10,05 Zahlungsansprüche Ackerland ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 435,44 € / ha und 2,25 Zahlungsansprüche Dauergrünland ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 280,07 € / ha fest. Dabei berücksichtigte sie einen BIB in Höhe von 1.694,00 €, der sich aus dem Durchschnitt der in den Jahren 2000 bis 2002 dem Kläger gewährten Sonderprämien für männliche Rinder zusammensetzt: Im Jahre 2000 erhielt der Kläger für 13 männliche Rinder eine Sonderprämie in Höhe von 2.730,00 €, im Jahre 2001 wurden keine Rinder vermarktet (Ansatz: 0,- €) und für das Jahr 2002 rechnete die Beklagte ausgehend von 11,2 Einheiten - 13 vermarktete männliche Rinder multipliziert mit dem Faktor für die Plafonds-Kürzung - eine Sonderprämie von 2.352,00 €.

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Zur Begründung der Ablehnung des vom Kläger gestellten Härtefallantrags führte die Beklagte in der Anlage 2 dieses Bescheides aus:

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„Durch die BSE-Krise waren alle Rinderhalter betroffen. Ein Härtefall könnte nur anerkannt werden, wenn die Seuche in Ihrem Bestand ausgebrochen wäre. Dies war glücklicherweise nicht der Fall.“

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Gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 hat der Kläger am 8. Mai 2006 Klage mit der Begründung erhoben, im Zuge der BSE-Krise im Herbst 2000 sei es zu einer Produktionsverzögerung in seinem Betrieb gekommen. Er habe die im November 2000 ausgemästeten 13 Bullen erst zwei Monate später im Januar 2001 vermarkten können, sodass sich Aufstallung des darauf folgenden Durchgangs um zwei Monate verzögert habe und er diesen Durchgang habe nicht mehr im Jahre 2001 prämienwirksam vermarkten können. Die BSE-Krise stelle einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikel 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 dar. Die in Abs. 4 dieser Vorschrift aufgezählten Beispiele seien nicht abschließend. Wäre es im November 2000 zur Vermarktung und anschließenden Neuaufstallung eines weiteren Durchgangs gekommen, wäre er in der Lage gewesen, diesen Durchgang spätestens im Dezember 2001 ebenfalls prämienwirksam zu vermarkten. Die durchschnittliche Haltungsdauer im Rein-Raus-Verfahren betrage regelmäßig ein Jahr, so dass auch die Beklagte bei der Berechnung des BIB üblicherweise drei Durchgänge berücksichtige. Da ihm für die Jahre 2000 und 2002 "ein BIB zugewiesen" worden sei, erstrebe er lediglich "einen weiteren BIB für das Jahr 2001" unter Berücksichtigung von Sonderprämien männliche Rinder für 13 Tiere. Im Übrigen nehme er seine Klage zurück.

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Der Kläger beantragte sinngemäß,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm einen BIB in Höhe von weiteren 883,96 € für 10,05 Zahlungsansprüche Ackerland und 2,25 Zahlungsansprüche Dauergrünland - jeweils ohne OGS-Genehmigung - zuzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verteidigt den angefochtenen Festsetzungsbescheid und trägt ergänzend vor, von der durch die BSE-Krise im Herbst 2000 hervorgerufenen Störung des Marktes für Rindfleischerzeugnisse seien alle Produzenten in Deutschland und in Europa gleichermaßen betroffen gewesen. Von einem außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikels 40 Abs. 1 VO (EG) 1782/2003 könne deshalb nur ausgegangen werden, wenn der eigene Rinderbestand eines Produzenten von BSE befallen gewesen und dieser deshalb gekeult worden sei. Da der Bestand des Klägers nicht von BSE befallen gewesen sei, gehe die Beeinträchtigung der Produktion des Klägers nicht über das Maß der Beeinträchtigung der Produktion der übrigen Erzeuger hinaus. Im Übrigen sei die Marktstörung auch nicht ursächlich für die Tatsache, dass für den Kläger im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 lediglich zwei Durchgänge prämienwirksam geworden seien. Denn selbst wenn der Kläger im November 2000 seinen ersten Durchgang wie geplant hätte vermarkten und sogleich einen zweiten Durchgang hätte aufstallen können, wäre unter Berücksichtigung der im Betrieb des Klägers gegebenen Haltungsdauer zwischen 13,9 und 17,7 Monaten der dritte Durchgang frühestens im Juni / Juli 2003, mithin auch außerhalb des Bezugszeitraums, vermarktet worden. Insofern sei nicht die Marktstörung, sondern das vom Kläger gewählte Produktionsverfahren ursächlich für die Berücksichtigung von lediglich zwei Durchgängen im Bezugszeitraum.

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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Berichterstatter konnte anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben zu dieser Verfahrensweise ihr Einverständnis erteilt, §§ 87a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO.

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Die zuletzt schriftsätzlich abgegebenen Erklärungen des Klägers ("Teilklagerücknahme" für die Jahre 2000 und 2002) sind gemäß §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er nach wie vor die Ermittlung des betriebsindividuellen Betrages (BIB) unter Einstellung eines Prämienaufkommens von 2.730,- € für die (hypothetische) Vermarktung von 13 männlichen Rindern im Jahre 2001 begehrt, mithin die Berechnung seiner Zahlungsansprüche als Mittelwert der aus den in Anlage 2 des Bescheides der Beklagten vom 7. April 2006 wiedergegebenen Jahressummen (Sonderprämien männliche Rinder) in Höhe von 2.730,- € für das Jahr 2000 und 2352,- € für das Jahr 2002 sowie zusätzlich von weiteren 2.730,- € für das Jahr 2001, d.h. ein durchschnittlicher Jahresbetrag von 2.604,- € abzüglich 1 % für die nationale Reserve - somit 2.577,96 € - als BIB eingestellt werden soll. Da es sich hierbei um schlichte Rechengrößen im Rahmen der Festsetzung der Zahlungsansprüche handelt und - anders als der Kläger meint - keine Zuweisung der genannten Jahressummen als Prämien an ihn erfolgt, ist für eine teilweise Einstellung des vorliegenden Klageverfahrens gemäß § 92 Abs. 3 VwGO aufgrund einer (echten) Teilklagerücknahme kein Raum. Denn eine Reduzierung des Streitgegenstandes ist den zuletzt abgegebenen Erklärungen des Klägers nicht zu entnehmen; er begehrt nach wie vor einen um 883,96 € höheren BIB.

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Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuweisung eines höheren BIB im Rahmen der Festsetzung der Zahlungsansprüche nach der Betriebsprämienregelung aufgrund des von ihm gestellten Härtefallantrags. Der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 über die Festsetzung und Zuweisung von Zahlungsansprüchen nach der Betriebsprämienregelung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

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Als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Zuweisung eines höheren BIB kommt allein Art. 40 Abs. 1 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270 vom 21. Oktober 2003, S. 1) in der Fassung der Änderungen durch die Verordnungen (EG) Nr. 583/2004 des Rates vom 22. März 2004 (ABl. L 91 vom 30. März 2004, S. 1), Nr. 864/2004 des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 206 vom 9. Juni 2004, S. 20), Nr. 2217/2004 des Rates vom 22. Dezember 2004 (ABl. L 375 vom 23. Dezember 2004, S. 1) und Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 (ABl. L 24 vom 27. Januar 2005, S. 15), mithin in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung, in Betracht. Diese Vorschrift lautet:

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"(1) Abweichend von Artikel 37 kann ein Betriebsinhaber, dessen Produktion im Bezugszeitraum durch vor diesem Zeitraum oder während dieses Zeitraums eingetretene Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände beeinträchtigt wurde, beantragen, dass der Referenzbetrag auf der Basis des/der durch die höhere Gewalt oder die außergewöhnlichen Umstände nicht betroffenen Kalenderjahre(s) des Bezugszeitraums berechnet wird.

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(2) War der gesamte Bezugszeitraum durch die Fälle höherer Gewalt oder die außergewöhnlichen Umstände betroffen, so wird der Referenzbetrag von den Mitgliedstaaten auf der Basis des Zeitraums 1997 bis 1999 berechnet. In diesem Fall gilt Absatz 1 entsprechend.

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(3) Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände sind vom Betriebsinhaber der zuständigen Behörde mit den von ihr anerkannten Nachweisen innerhalb der vom betreffenden Mitgliedstaat festgelegten Frist schriftlich mitzuteilen.

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(4) Als höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände werden von der zuständigen Behörde unter anderem anerkannt:

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a) Tod des Betriebsinhabers,

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b) länger andauernde Berufsunfähigkeit des Betriebsinhabers,

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c) eine schwere Naturkatastrophe, die die landwirtschaftliche Fläche des Betriebs erheblich in Mitleidenschaft zieht,

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d) unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs,

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e) Seuchenbefall des ganzen oder eines Teils des Tierbestands des Betriebsinhabers."

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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass eine der in Art. 40 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/ 2003 beispielhaft und nicht abschließend aufgezählten Alternativen (vgl. VG Stade, Urteil vom 11. Dezember 2007 - 6 A 1105/06 -, juris, m.w.N.; VG Aachen, Urteil vom 2. Januar 2008 - 6 K 1456/06 -, juris) vorliegend nicht greift; insbesondere war der Tierbestand des Klägers nicht selbst von BSE befallen.

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Die vom Kläger geltend gemachte und auf die im Herbst 2000 in Europa eingetretene Absatzkrise für Rindfleisch wegen Ausbruchs der Seuche BSE zurückzuführende Produktionsverzögerung in seinem Betrieb stellt auch kein vergleichbar schwerwiegendes, produktionsbeeinträchtigendes Ereignis dar, das als höhere Gewalt oder außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 einzustufen ist. Von höherer Gewalt im gemeinschaftsrechtlichen Sinne werden alle ungewöhnlichen und unvorhergesehenen Ereignisse erfasst, auf die der Betriebsinhaber keinen Einfluss hat und deren Folgen auch bei gebotener Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - C 105/02 -, Slg. 2006 - I, S. 9659; VG Stade, Urteil vom 11. Dezember 2007, a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom 2. Januar 2008, a.a.O.; VG Lüneburg, Urteil vom 1. Juli 2008 - 4 A 217/06 -, juris). Der Begriff der höheren Gewalt ist dabei unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem er steht, auszulegen (EuGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - C 266/84 -,Slg. 1986 - I, S. 149). Im vorliegenden Fall muss deshalb zum tragen kommen, dass Art. 40 VO (EG) Nr. 1782/2003 eine Ausnahmeregelung von dem in Art. 37 und 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 enthaltenen Grundsatz der Relevanz des dreijährigen Bezugszeitraums 2000 bis 2002 darstellt und als solche eng auszulegen ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Februar 2008 - 8 A 11173/07 -, AUR 2008, S. 277). Unter außergewöhnlichen Umständen im Sinne des Art. 40 Abs. 1 und 4 VO (EG) Nr. 1782/ 2003 können aufgrund der Systematik der Vorschrift, die beide Begrifflichkeiten zusammen unter Anführung gemeinsamer Beispiele nennt, nur solche Fälle gefasst werden, die denen höherer Gewalt gleichstehen. Wesentliches gemeinsames Merkmal der in Art. 40 Abs. 4 beispielhaft aufgezählten Fälle von höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen ist dabei, dass sie sämtlich ein tatsächliches Ereignis betreffen, das unmittelbar den Betriebsinhaber betrifft oder auf den Betrieb einwirkt (VG München, Urteil vom 18. Juli 2007 - M 18 K 06.4239 -, juris; VG Aachen, Urteil vom 2. Januar 2008, a.a.O.; VG Lüneburg, Urteil vom 1. Juli 2008, a.a.O.; VG Stade, Urteil vom 2. September 2008 - 6 A 1323/06 -, juris).

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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt eine Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten Produktionsbeeinträchtigung als Härtefall i.S.d. Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 schon deshalb nicht in Betracht, weil - wie die Beklagte zutreffend ausführt - die Produktion des Klägers durch die BSE-Seuche nicht unmittelbar, sondern durch die plötzliche Verschlechterung des Absatzes von Rindfleisch am Markt im Zuge der eingebrochenen Nachfrage bei den Konsumenten und dem damit einhergehenden Preisverfall lediglich mittelbar beeinträchtigt wurde (so auch VG München, Urteil vom 18. Juli 2007, a.a.O.). Derartige Marktstörungen, von denen alle Rindfleisch-Produzenten im Herbst 2000 betroffen waren, sind nicht mit den in Art. 40 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 aufgezählten Fallgruppen vergleichbar. Diese Fallgruppen stellen jeweils auf die individuelle betriebliche (Sonder-)Situation ab, die sich wesentlich von den Faktoren und Bedingungen abheben bzw. unterscheiden muss, von denen die Produktion und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse aller Marktteilnehmer bestimmt wird. Es kommt hinzu, dass der europäische Verordnungsgeber bei der Festlegung des dreijährigen Bezugszeitraums sehr wohl um die europaweiten Beeinträchtigungen des Rindfleischsektors im Zuge der BSE-Krise wusste, sodass davon auszugehen ist, dass er hinsichtlich der Berücksichtigung der Sonderprämie männliche Rinder bei der Bemessung des BIB eine generelle Ausnahme von der in Art. 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 enthaltenen Festlegung des Bezugszeitraums auf die Jahre 2000 bis 2002 in die VO (EG) Nr. 1782/2003 aufgenommen hätte, wenn diese von ihm gewollt gewesen wäre. Das Fehlen einer derartigen Ausnahmeregelung spricht hingegen dafür, dass der Verordnungsgeber bewusst auf eine solche Regelung verzichtet hat, denn den Rindfleischerzeugern wurde durch Artikel 42 VO (EG) Nr. 2342/99 in der Fassung der Änderungs-VO Nr. 192/2001 vom 30. Januar 2001 die Möglichkeit eingeräumt, die Sonderprämie für im Jahre 2001 vermarktete männliche Rinder rückwirkend für das Jahr 2000 zu beantragen. Hiervon hat auch der Kläger Gebrauch gemacht. Insofern verbieten nicht zuletzt Gründe der Wettbewerbs- und Chancengleichheit unter den Marktteilnehmern die Anerkennung eines Härtefalls nach Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter Hinweis auf Produktionsbeeinträchtigungen wegen der BSE-Krise.

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Selbst wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht beizupflichten vermag, kommt vorliegend hinzu, dass nicht die vom Kläger geltend gemachte Produktionsbeeinträchtigung bzw. -verzögerung im Zuge der BSE-Krise, sondern das vom Kläger gewählte Produktionsverfahren ursächlich dafür ist, dass der Kläger im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 nur zwei und nicht drei Durchgänge prämienwirksam vermarktet hat. Die Beklagte hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die durchschnittliche Haltungsdauer im Betrieb des Klägers eine Vermarktung von 3 Durchgängen in 3 Kalenderjahren schon rein rechnerisch nicht zuließ. Dem Auszug aus der Datenbank HI-Tier lässt sich entnehmen, dass die durchschnittliche Haltungsdauer im Betrieb des Klägers im Zeitraum 2001 bis 2005 15,1 Monate betrug. Lässt man das durch die BSE-Krise mit beeinflusste Jahr 2001 (Haltungsdauer der im Kalenderjahr vermarkteten Rinder: 15,0 Monate) sowie das Jahr 2003 (Haltungsdauer: 17,7) bei der Ermittlung des Durchschnitts zugunsten des Klägers außer Betracht, so ergibt sich im Mittel der Jahre 2002, 2004 und 2005 noch immer eine Haltungsdauer von 13,7 Monaten. Ausgehend von diesem Wert hätte der Kläger bei idealem Verlauf seiner Produktion - Verkauf des 1. Durchgangs im November 2000 und sofortige Aufstallung des 2. Durchgangs - den 2. Durchgang Ende Dezember 2001 / Anfang Januar 2002 vermarkten können. Der 3. Durchgang hätte somit frühestens zu diesem Zeitpunkt aufgestallt werden können und wäre damit erst Ende Februar / Anfang März 2003 zur Vermarktung gelangt. Insofern kann dem Einwand des Klägers, bei der Mast männlicher Rinder im sog. Rein-Raus-Verfahren habe die Beklagte im Rahmen der Ermittlung des BIB regelmäßig drei Durchgänge zu berücksichtigen, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist die Beklagte - wie der Begriff betriebsindividuell er Betrag bereits verdeutlicht - gehalten, die konkrete betriebliche Situation ihrer Berechnung und Festsetzung zugrunde zu legen.

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Liegen schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Härtefall i. S. d. Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht vor, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Rechtsfolgenseite dieser Norm, sodass dahinstehen kann, ob der Kläger einen Anspruch auf Berechnung des BIB unter Berücksichtigung des Prämienaufkommens für einen weiteren Durchgang im Jahre 2001 oder aber - was der Wortlaut des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nahe legt - lediglich unter Berücksichtigung des Mittels der Summen Sonderprämie männliche Rinder der Jahre 2000 und 2002 hat.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.