Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.04.2012, Az.: 10 WF 111/12

Beschwerderecht eines Rechtsanwalt gegen die Versagung der Beiordnung i.R. bewilligter Prozesskostenhilfe nach Beendigung des Mandats

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
12.04.2012
Aktenzeichen
10 WF 111/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 14653
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0412.10WF111.12.0A

Fundstellen

  • FamRZ 2012, 1661-1662
  • MDR 2012, 1196

Amtlicher Leitsatz

1. Der Rechtsanwalt hat - auch in einem Verfahren mit Anwaltszwang - kein eigenes Beschwerderecht gegen die Versagung seiner Beiordnung im Rahmen bewilligter Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 30. Dezember 2011 - 10 WF 393/11 - juris = BeckRS 2012, 00827).

2. Nach der gegenüber dem Gericht erfolgten Mitteilung eines Rechtsanwalts über die Mandatsbeendigung ist - auch in einem Verfahren mit Anwaltszwang - dessen Beiordnung im Rahmen bewilligter Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Die Antragsgegnerin hat für das vorliegende, vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Hannover anhängige Scheidungsverbundverfahren mit am 24. November 2011 eingegangenem Schriftsatz um Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihrer damaligen Rechtsanwälte nachgesucht. Beigefügt war eine - hinsichtlich der Angaben zum Ehegatten allerdings nicht ausgefüllte - Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2

Am 25. Januar 2012 haben die bisherigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin dem Amtsgericht die Mandatsniederlegung angezeigt; bis zu diesem Zeitpunkt waren die von der Antragsgegnerin ausdrücklich angeforderten Auskünfte zum Versorgungsausgleich noch nicht erteilt.

3

Mit Beschluß vom 27. Januar 2012 hat das Amtsgericht - wie bereits zuvor dem Antragsteller - auch der Antragsgegnerin VKH bewilligt; die vormaligen Verfahrensbevollmächtigen wurden ihr dabei nicht beigeordnet.

4

Mit am 10. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz haben die vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin im eigenen Namen gegen den Beschluß vom 27. Januar 2012 "Beschwerde" eingelegt und die Auffassung vertreten, sie seien der Antragsgegnerin "für ihre bisherige Tätigkeit" beizuordnen. Aufgrund des bestehenden Anwaltszwanges und der noch ausstehenden Legitimierung eines anderweitigen Anwaltes sei ihre Beiordnung vorzunehmen.

5

Das Amtsgericht hat eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin eingeholt. Diese hat auf die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde hingewiesen. Die Stellungnahme ist den vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zur Kenntnis gebracht worden.

6

Am 19. März 2012 hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihres aktuellen Verfahrensbevollmächtigten um dessen Beiordnung für das vorliegende Verfahren nachgesucht.

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Mit Beschluß vom 22. März 2012 hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin ihren aktuellen Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet und - als Nichtabhilfe der sofortigen Beschwerde - die Nichtbeiordnung ihrer vormaligen Verfahrensbevollmächtigten bekräftigt. Es hat die Beschwerde dem Senat vorgelegt.

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Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.

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II. 1. Die sofortige Beschwerde der vormaligen Verfahrensbevollmächtigen ist - worauf zutreffend auch schon die Bezirksrevisorin hingewiesen hat - bereits unzulässig und daher zu verwerfen. Der Rechtsanwalt hat - auch in einem Verfahren mit Anwaltszwang - kein eigenes Beschwerderecht gegen die Versagung seiner Beiordnung im Rahmen bewilligter Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe.

10

Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 ZPO (hier in Verbindung mit § 113 Abs. 1 FamFG) dient nicht (auch) dem Gebühreninteresse des Anwaltes (BGHZ 109, 163 ff.). Die Versagung einer gemäß § 121 ZPO nachgesuchten Rechtsanwaltsbeiordnung betrifft allein verfahrensmäßige Rechte des Beteiligten, nicht jedoch solche des zur Vertretung bereiten Rechtsanwaltes (LAG München - Beschluß vom 3. August 2010 - 3 Ta 313/10 - juris). Durch die Versagung der Beiordnung eines vertretungsbereiten Rechtsanwaltes ist nicht letzter, sondern allein der Verfahrensbeteiligte selbst beschwert und daher gegen einen entsprechenden Beschluß beschwerdeberechtigt (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 30. Dezember 2011 - 10 WF 393/11 - juris = BeckRS 2012, 00827; OLG Hamm, Beschluß vom 29. Dezember 2010 - 10 WF 181/10 - FamRZ 2011, 1163 = MDR 2011, 628 f .; OLG Frankfurt, Beschluß vom 10. Juni 2010 - 3 WF 72/10 - FamRZ 2011, 385 f.; OLG Karlsruhe, Beschluß vom 3. März 1998 - 2 WF 22/98 - FamRZ 1999, 240 f.; LAG München aaO.; Zöller29-Geimer, ZPO § 127 Rz. 14). Auch für ein - wie vorliegend gegebenes - Verfahren mit Anwaltszwang kann insofern nichts anderes gelten (vgl. etwa ausdrücklich Zöller, aaO.).

11

2. Die Beschwerde wäre im übrigen aber auch in der Sache unbegründet. Nach der gegenüber dem Gericht erfolgten Mitteilung der Mandatsbeendigung durch einen Rechtsanwalt ist - auch in einem Verfahren mit Anwaltszwang - dessen Beiordnung im Rahmen bewilligter Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe ausgeschlossen.

12

Gemäß § 121 Abs. 1 ZPO, der vorliegend über § 113 Abs. 1 FamFG Anwendung findet, ist einem Beteiligten in - wie vorliegend für das Scheidungsverbundverfahren gegeben - Verfahren mit Anwaltszwang bei Bewilligung von PKH/VKH "ein zu seiner Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl" beizuordnen. Das Vorliegen dieser Beiordnungsvoraussetzungen wird jedoch durch eine dem Gericht gegenüber mitgeteilte Mandatsbeendigung ausgeschlossen (vgl. - jeweils für Fälle der Mandatsniederlegung durch den Rechtsanwalt - OLG Stuttgart - Beschluß vom 28. Juli 2005 - 15 WF 177/05 - FamRZ 2006, 800; LAG Schleswig-Holstein - Beschluß vom 25. Februar 2009 - 5 Ta 28/09 - juris; LSG Nordrhein-Westfalen - Beschluß vom 28. April 2010 - L 19 AS 614/10 B - juris).

13

Es kann dabei auch dahinstehen, ob die vorliegend vom vormaligen Verfahrensbevollmächtigten angezeigte Mandatsbeendigung von Seiten des Anwalts oder der Antragsgegnerin ausgegangen ist. Denn in beiden möglichen Fallgestaltungen kommt eine Beiordnung des vormaligen Bevollmächtigten nicht mehr in Betracht. Hat der Rechtsanwalt selbst das Mandat gekündigt, so hat er dadurch zum Ausdruck gebracht, zu einer Vertretung nicht mehr bereit zu sein; ging dagegen die Mandatsbeendigung vom Beteiligten aus, handelt es sich bei dem Anwalt erklärtermaßen nicht mehr um einen solchen "seiner Wahl". Letzteres wird im Streitfall im übrigen auch dadurch deutlich, daß die Antragsgegnerin ausdrücklich um die Beiordnung ihres nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten nachgesucht hat.

14

Auch der Hinweis des vormaligen Verfahrensbevollmächtigten auf das Vorliegen eines Verfahrens mit Anwaltszwang und die zunächst ausstehende Legitimation eines anderweitigen Rechtsanwaltes - die allerdings alsbald erfolgte - ist insofern unbehelflich. Sie verkennen offenkundig, daß § 87 Abs. 1 ZPO allein gegenüber dem Gegner (und dem Gericht) die rechtliche Wirksamkeit der Vollmachtsbeendigung hinauszögert; weder auf das Verhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber noch für die angesprochenen Voraussetzungen der Beiordnung nach § 121 Abs. 1 ZPO vermag § 87 Abs. 1 ZPO Auswirkungen zu entfalten.

15

Schließlich bedarf es im Streitfall auch keiner Erwägungen dazu, ob sich möglicherweise im Falle einer vorwerfbaren wesentlichen Verzögerung der Bescheidung des VKH-Gesuches durch das Gericht unter dem Gesichtspunkt eines "fairen Verfahrens" (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse vom 29. Februar 2012 - 10 WF 37/12 - juris = BeckRS 2012, 05563 und vom 18. Februar 2011 - 10 WF 53/11 - FamRZ 2011, 1161 = NJW 2011, 1460 f. = FPR 2011, 341 f. = JurBüro 2011, 310 f. = juris) etwas Abweichendes ergeben könnte. Denn bis zur Anzeige der Mandatsbeendigung stand einer Bewilligungsreife durchgreifend entgegen, daß die Antragsgegnerin die angeforderten Auskünfte zum Versorgungsausgleich noch nicht erteilt hatte.