Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.12.2011, Az.: 10 WF 393/11

Beschwerdebefugnis des zuvor beigeordneten Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen gegen einen die Bewilligung der PKH aufhebenden Beschluss

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.12.2011
Aktenzeichen
10 WF 393/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 31432
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2011:1230.10WF393.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 23.09.2011 - AZ: 627 F 723/11

Fundstellen

  • FamFR 2012, 134
  • FamRZ 2012, 808-809
  • JurBüro 2012, 207-208

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Gegen einen (hier: auf Beschwerde der Landeskasse) die Bewilligung der PKH/VKH aufhebenden Beschluss ist der zuvor beigeordnete Prozeß-/Verfahrensbevollmächtigte nicht im eigenen Namen beschwerdebefugt.

  2. 2.

    Die gemäß § 127 Abs. 3 ZPO form- und fristgerecht gegen die ratenfreie Bewilligung von PKH/VKH eingelegte Beschwerde der Landeskasse, die auf die Anordnung einer Kostenbeteiligung gerichtet ist, eröffnet dem Gericht auch die Möglichkeit, die nachgesuchte PKH/VKH insgesamt zu versagen.

  3. 3.

    Nach dem Tod einer Partei / eines Beteiligten kommt eine Bewilligung von PKH/VKH für diese/n nicht mehr in Betracht.

In der Familiensache betreffend den Umgang mit den beteiligten Kindern 1. J.-A. R., 2. J.-S. R., Verfahrensbeistand: Dipl.-Päd. D. R.-S., weitere Beteiligte: 1. Dr. C. U., Antragstellerin, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin S. G., 2. K.-D. R., verstorben, zuletzt wohnhaft ... Antragsgegner, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. K., Beschwerdeführer, 3. Landeshauptstadt Hannover, 4. Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Hannover, Beschwerdegegnerin, hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den die dem Antragsgegner unter seiner Beiordnung bereits bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufhebenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 23. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht H. und die Richterin am Amtsgericht R. am 30. Dezember 2011 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I.

Am 1. Mai 2011 verstarb der Antragsgegner des vorliegenden Umgangsverfahrens. Mit Beschluss vom 23. Juni 2011 bewilligte das Amtsgericht dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten. Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wies das Amtsgericht im Wege der Abhilfe den Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Hinweis auf dessen Tod zurück.

2

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 4. November 2011, der meint, ihm stünde eine Beschwerdeberechtigung auch aus eigenem Recht zu, weil er durch die Aufhebung der bereits unter seiner Beiordnung gewährten Verfahrenskostenhilfe beschwert sei. Vorliegend hätte dem Antragsgegner bereits zu seinen Lebzeiten Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden können und müssen.

3

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 unter Hinweis auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 25. November 2011, der es sich anschließe, nicht abgeholfen. Die Bezirksrevisorin hatte ausgeführt, es sei aufgrund der fehlenden Beschwerdeberechtigung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde zulässig sei. Jedenfalls sei sie unbegründet, weil Verfahrenskostenhilfe auch zu Lebzeiten nicht hätte bewilligt werden können.

4

II.

1.

Die Beschwerde ist gemäß § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. mit § 76 Abs. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.

5

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hat die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt. Dies folgt aus seinen Ausführungen dazu, dass ihm als beigeordneten Rechtsanwalt eine Beschwerdeberechtigung auch aus eigenem Recht zustehe. Zudem macht er nicht geltend, dass - was verschiedentlich als für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ausreichend angesehen wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 3. März 1998 - 2 WF 22/98 - FamRZ 1999, 240 f.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 2. Januar 2002 - 9 WF 174/01 - FamRZ 2002, 1199 f.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 8 W 4/10 - FamRZ 2010,1587; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 3 WF 72/10 - FamRZ 2011, 385 f.) - die Beschwerde im Namen der potentiellen Erben des Verstorbenen eingelegt werden soll.

6

Eine Beschwerde gegen die Versagung der Verfahrenskostenhilfe durch den Rechtsanwalt im eigenen Namen ist unzulässig. Er ist nicht beschwerdeberechtigt, weil er nicht beschwert ist. (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem dem Antragsgegner bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, diese aber auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wieder aufgehoben wurde (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 127 Rn. 26).

7

2.

Abgesehen davon wäre die Beschwerde auch in der Sache nicht begründet:

8

a.

Die Beschwerde der Bezirksrevisorin, die zu der nun vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners angefochtenen Entscheidung geführt hat, war gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zulässig. Da das Amtsgericht die Verfahrenskostenhilfebewilligung weder mit einer Ratenzahlungs- noch einer anderen, einmaligen Zahlungsverpflichtung verbunden hat, war die Beschwerde der Landeskasse grundsätzlich eröffnet; sie war auch fristgerecht erhoben. Mit ihrer Beschwerde hat die Bezirksrevisorin geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine raten- und beitragsfreie Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht nachgewiesen seien und eine entsprechende Verpflichtung des Antragsgegners aus seinem durch den Verkauf seines Pkw erworbenen Vermögens in Betracht komme. Damit ist die Beschwerde zum einen auf zulässig Beschwerdegründe - das Unterbleiben der Anordnung einer Kostenbeteiligung - gestützt, zum anderen ist die Geltendmachung einer derartigen Beteiligung an den Verfahrenskosten für die Zulässigkeit der Beschwerde ausreichend (vgl. insofern Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 127 Rn. 9; Musielak-Fischer, ZPO, 8. Aufl., § 127 Rn. 9 m.w.N.). Die Beschwerde der Landeskasse ist schließlich auch nicht gerade mit dem Ziel eingelegt, die Versagung der Verfahrenskostenhilfe zu erreichen, so dass sich auch nicht insofern eine vom Bundesgerichtshof in solchen Fällen angenommene Unstatthaftigkeit (vgl. BGHZ 119, 372) ergibt.

9

b.

Die mithin zulässige Beschwerde der Bezirksrevisorin eröffnete dem Amtsgericht die Prüfung der Verfahrenskostenhilfebewilligung als solcher und beschränkte es nicht auf die Anordnung von Beiträgen des Antragsgegners zu den Verfahrenskosten; denn die Regelung des § 127 Abs. 3 ZPO enthält nur eine Beschränkung der Anfechtungsgründe, nicht eine solche des Beschwerdegegenstandes (vgl. Stein/Jonas-Bork, a.a.O., Rn. 24 m.w.N.) (Vgl. zum Ganzen auch bereits Senatsbeschuß vom 17. Juni 2005 - 10 WF 79/05).

10

c.

Nachdem der Antragsgegner verstorben ist, besteht kein Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mehr. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist personengebunden und nicht vererblich, weswegen die Verfahrenskostenhilfe nach allgemeiner Ansicht einem verstorbenen Verfahrensbeteiligten nicht bewilligt werden kann. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag vor dem Tod des Beteiligten hätte ergehen können und müssen. Unerheblich ist auch, dass dem Antragsgegner mit Beschluss vom 23. Juni 2011 zunächst Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war. Die Verfahrenskostenhilfe soll dem bedürftigen Beteiligten einen dem eines leistungsfähigen Beteiligten vergleichbaren Rechtsschutz sichern. Dagegen ist es nicht Zweck der Verfahrenskostenhilfe, dem Rechtsanwalt, der den bedürftigen Beteiligten vertritt, einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (vgl. unter anderem OLG Celle, Beschluss vom 8. Juni 1991 - 2 U 205/88 - [...] - ; OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 13 W 20/11 - FamRZ 2011, 1604 f.).

W.
H.
R.