Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 29.08.2011, Az.: L 6 AS 150/11 NZB
Ein wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnender Richter darf vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur unaufschiebbare Handlungen vornehmen; Rechtsfolgen eines Antrags auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.08.2011
- Aktenzeichen
- L 6 AS 150/11 NZB
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 27599
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2011:0829.L6AS150.11NZB.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 22.12.2010 - AZ: S 25 AS 1177/10
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 1 S. 1 SGG
- § 47 ZPO
- Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG
Redaktioneller Leitsatz
Ein Ablehnungsantrag hat grundsätzlich zur Folge, dass der abgelehnte Richter nur unaufschiebbare Prozesshandlungen vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs vornehmen darf. Daraus folgt sein grundsätzlicher Ausschluss von der Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch. Abweichend von diesem Grundsatz soll der abgelehnte Richter nur in klaren, eindeutigen Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs ausnahmsweise an einer weiteren Mitwirkung, auch an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht gehindert sein und ein aufwändiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tenor:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Dezember 2010 zugelassen.
Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts (SG) Hildesheim vom 22. Dezember 2010, mit dem das SG die Klage auf Erhöhung der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein Widerspruchsverfahren nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - um 71,40 EUR abgewiesen hat.
Zu der am 12. April 2010 erhobenen Klage reichte die anwaltlich vertretene Klägerin am 22. September 2010 die Unterlagen zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ein. Am 18. November 2010 beraumte der zuständige Kammervorsitzende auf den 22. Dezember 2010 Termin zur mündlichen Verhandlung an. Am 26. November 2010 erinnerte der Prozessbevollmächtigte (PB) an die Entscheidung über den PKH-Antrag und wies auf das verfassungsmäßige Recht auf ein faires Verfahren hin. Er erbat eine Entscheidung des Gerichts bis zum 1. Dezember 2010. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2010 lehnte der Kammervorsitzende die Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht mit ausführlicher Begründung ab. Am 15. Dezember 2010 legte der PB Beschwerde gegen diesen Beschluss ein und beantragte unter Hinweis hierauf die Aufhebung des Termins. Eine rechtliche Vertretung der Klägerin im Termin sei sonst nicht möglich.
Mit Beschluss vom selben Tag lehnte der Vorsitzende die Terminsverlegung ab. Einen verfahrensrechtlich zwingenden Grund zur Terminsverlegung bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den PKH ablehnenden Beschluss gebe es nicht. Die PKH-Beschwerde sei insoweit nicht vorgreiflich. Das Abwarten könne "lediglich" unter Berücksichtigung des Anspruchs auf eine faire Verfahrensführung geboten sein. Dies entscheide sich in Ansehung des Einzelfalles. Im vorliegenden Fall ergebe sich durch die Versagung der PKH und die Durchführung des geplanten Termins zur mündlichen Verhandlung keine Benachteilung gegenüber einem nicht auf PKH angewiesenen Kläger. Dieser Beschluss wurde dem PB am 17. Dezember 2010 (Freitag) zugestellt.
Am 21. Dezember 2010 lehnte der PB den Kammervorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Gemäß den Ausführungen im Beschluss zur Ablehnung der Terminsverlegung sei der Vorsitzende nicht bereit, einen Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung gegenüber dem vollständig besetzten Gericht als "relevante Tatsache" zu bewerten und das Ergebnis der Beratung nach der mündlichen Verhandlung abzuwarten.
Das SG hat auf Grund der mündlichen Verhandlung, in der die Klägerin nicht vertreten war, mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Ein Entscheidungshindernis hat es in dem Ablehnungsgesuch nicht gesehen. Denn es habe sich um einen offenbar rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsantrag allein zur Verfahrensverzögerung gehandelt ohne Begründung einer auch nur entfernt möglichen Voreingenommenheit des Richters. Eine Herleitung aus den gerichtlichen Ausführungen in dem die Terminsverlegung ablehnenden Beschluss sei nicht nachvollziehbar. Ein etwaiger Vortrag des PB in der mündlichen Verhandlung stelle keine Ermittlungs- oder Prüftätigkeit dar. Nur zu solchen nicht vorgetragenen Tätigkeiten habe sich der Beschluss vom 15. Dezember 2010 verhalten. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Ablehnungsantrags ergebe sich neben der erkennbaren Verschleppungsabsicht auch aus der erkennbaren Absicht, einen Richter mit missliebiger Rechtsansicht auszuschalten.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) macht die Klägerin geltend, der Vorsitzende sei aufgrund des begründeten Ablehnungsgesuchs ausgeschlossen gewesen. In Kenntnis dieses Umstands habe er am Verfahren und an der Entscheidung mitgewirkt. Das Urteil beruhe auf diesem Prozessfehler. Über den Antrag, den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, habe das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entscheiden müssen. Der Richter habe deutlich gemacht, dass das Erscheinen der Klägerin und/oder des PB keine Auswirkungen auf den Verfahrensablauf mehr hätte haben können.
II. Die am 7. Februar 2011 (Montag) bei Gericht eingegangene NZB gegen das am 5. Januar 2011 abgesandte Urteil ist zulässig und begründet. Denn das Vorbringen der Klägerin, der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Vorsitzende der 25. Kammer habe unzulässig im Urteil über den als "unzulässig und vollkommen unbegründet" bezeichneten Befangenheitsantrag entschieden, enthält die zutreffende Rüge eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn das SG hat durch seine Entscheidung gegen das in Art 101 Abs 1 S 2 des Grundgesetzes (GG) niedergelegte grundrechtsgleiche (BVerfG NJW 2011, 2191/2192 [BVerfG 28.04.2011 - 1 BvR 2411/10]) Recht des Einzelnen auf den gesetzlichen Richter verstoßen:
Ziel der Verfassungsgarantie ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte. Damit soll die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert und gewahrt werden. Deshalb verpflichtet Art 101 Abs 1 S 2 GG den Gesetzgeber dazu, eine klare und abstrakt-generelle Zuständigkeitsordnung zu schaffen, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist. Jede sachwidrige Einflussnahme auf die rechtsprechende Tätigkeit von innen und von außen soll dadurch verhindert werden. Die Gerichte sind bei der ihnen obliegenden Anwendung der vom Gesetzgeber geschaffenen Zuständigkeitsordnung verpflichtet, dem Gewährleistungsgehalt und der Schutzwirkung des Art 101 Abs 1 S 2 GG angemessen Rechnung zu tragen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat Art 101 Abs 1 S 2 GG darüber hinaus auch einen materiellen Gewährleistungsgehalt. Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (BVerfG NJW 2005, 3410/3411 [BVerfG 02.06.2005 - 2 BvR 625/01] mwN; BVerfG Beschluss vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 3084/06 Rdnr 13-15 mwN). Diesem Ziel dienen die Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung von Richtern, § 60 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 42 ff Zivilprozessordnung (ZPO). Ein Ablehnungsantrag hat grundsätzlich zur Folge, dass der abgelehnte Richter nur unaufschiebbare Prozesshandlungen vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs vornehmen darf, § 60 Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 ZPO. Daraus folgt sein grundsätzlicher Ausschluss von der Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch. Diese Zuständigkeitsregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass es nach der Natur der Sache an einer völligen inneren Unbefangenheit und Unparteilichkeit eines Richters fehlen wird, wenn er über die gegen ihn gerichteten Ablehnungsgründe, damit über sein eigenes richterliches Verhalten und die Frage selbst entscheiden müsste, ob dieses für eine verständige Partei Anlass sein kann, an seiner persönlichen Unvoreingenommenheit zu zweifeln.
Abweichend von diesem Grundsatz soll der abgelehnte Richter nur in klaren, eindeutigen Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs ausnahmsweise an einer weiteren Mitwirkung, auch an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht gehindert sein und ein aufwändiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden (BVerfG Beschluss vom 20. Juli 2007 aaO. Rnr 18; BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 6 Rdnr 9). Hierzu hat das BVerfG entschieden, dass bei strenger Beachtung der Voraussetzungen des Vorliegens - nur - eines gänzlich untauglichen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs eine Selbstentscheidung mit der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG nicht in Konflikt gerät, weil die Prüfung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraussetzt und deshalb keine Entscheidung in eigener Sache ist (BVerfG NJW 2005, 3410/3412 [BVerfG 02.06.2005 - 2 BvR 625/01]). Hiernach ist aber eine enge Auslegung der Voraussetzungen geboten. Ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren soll nur echte Formalentscheidungen ermöglichen und einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern. Die völlige Ungeeignetheit eines Ablehnungsgesuchs ist in diesem Sinne anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Ist hingegen eine - wenn auch nur geringfügige - Befassung mit dem Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet eine Ablehnung als unzulässig aus. Eine gleichwohl erfolgende Ablehnung des Befangenheitsgesuchs ist dann willkürlich. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen. Diese Voraussetzungen für eine Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über den ihn betreffenden Befangenheitsantrag sind verfassungsrechtlich durch Art 101 Abs 1 S 2 GG vorgegeben (BVerfG Beschluss vom 20. Juli 2007 aaO. Rdnr 19 mwN aus der Rechtsprechung). Um einen sonst vorliegenden Verstoß gegen Art 101 Abs 1 S 1 GG zu vermeiden, darf ein derart vereinfachtes Ablehnungsverfahren demgegenüber nicht einmal auf Situationen der Prüfung "offensichtlicher Unbegründetheit" des Ablehnungsgesuchs erstreckt werden (BSG aaO. RdNr 11).
Gegen diese Grundsätze verstößt das angefochtene Urteil. Dieses ist nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen. Das SG hätte offensichtlich das Urteil nicht sprechen dürfen, ohne dass zuvor über das Ablehnungsgesuch das dafür zuständige, § 60 Abs 1 S 2 SGG, LSG entschieden hatte. Denn offenkundig war mit dem Urteil nicht etwa über eine Handlung zu entscheiden, die keinen Aufschub gestattet, §§ 60 Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 ZPO. Vielmehr hat sich der abgelehnte Richter in dem Urteil ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerin zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit befasst und nach dieser ausführlichen Prüfung, die sein eigenes Verhalten zum Gegenstand hatte, den Antrag als "offenbar rechtsmissbräuchlich" gewürdigt. Er hat seinen im negativen Vertagungsbeschluss vom 15. Dezember 2010 enthaltenen Hinweis auf etwa fehlende Tatsachen und Erwägungen zur Rechtfertigung der Entscheidung ohne Vorlage des Ablehnungsgesuchs an das LSG interpretiert und insoweit zu seinem eigenen verfahrensleitenden Vorgehen inhaltlich Stellung genommen, also sein eigenes Verhalten bewertet. Damit sind indes die Voraussetzungen gerade nicht erfüllt, unter denen der abgelehnte Richter unter dem Gesichtspunkt der klaren Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs eine Sachentscheidung treffen durfte, ohne gegen das Gebot aus Art 101 Abs 1 S 2 GG zu verstoßen.
Die Würdigung durch das SG ist aber auch inhaltlich nicht zutreffend:
1. Entgegen der dortigen Begründung, das Ablehnungsgesuch enthalte keine objektiven Umstände, die unter irgendeinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sein könnten, eine Voreingenommenheit des Vorsitzenden anzunehmen, hat die Klägerin erhebliche Gründe geltend gemacht, die ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters rechtfertigen können. Deshalb hätte das Gericht das Gesuch nicht übergehen dürfen. Die Ablehnung des begründeten Vertagungsantrags stellte einen ein Misstrauen rechtfertigenden Grund dar. Das SG hat in der Versagung der PKH und der trotz hiergegen erhobener Beschwerde vorgenommenen Durchführung des geplanten Termins zur mündlichen Verhandlung keine Benachteiligung der Klägerin gegenüber einem nicht auf PKH angewiesenen Kläger gesehen. Es hat hierzu ausgeführt, anders könne eine Konstellation zu bewerten sein, in der - etwa bei Anwaltswechsel - ein dann beigeordneter Anwalt unter Berücksichtigung gerichtlicher Hinweise ergänzende Ermittlungs- oder Prüftätigkeiten entfalten und relevante und vorher noch nicht vorgetragene Tatsachen vortragen könne. Dies sei hier nicht der Fall, da der PB die Klage begründet und zu gerichtlichen Hinweisen Stellung genommen habe, ohne dass ersichtlich sei, dass erst nach erfolgter PKH-Bewilligung erhebliche Ermittlungs- oder Prüftätigkeiten, die ggf ganz neue und relevante Tatsachen ergeben könnten, erfolgen könnten bzw sollten.
Entgegen dieser Ausführungen war der Vertagungsantrag begründet. Der PB hatte darauf hingewiesen, dass er an einer Verhandlung ohne endgültig geklärte PKH aus Kostengründen nicht teilnehmen könne. In einem solchem Fall war das rechtliche Gehör der Klägerin nicht zu sichern. Mit der Begründung des die Terminsaufhebung versagenden Beschlusses vom 15. Dezember 2010 hat der Kammervorsitzende die Bedeutung der mündlichen Verhandlung als Kernstück des gerichtlichen Verfahrens verkannt, in der das prozessuale Grundrecht auf rechtliches Gehör augenfällig zum Tragen kommt. Das erkennbare Bestreben des Gerichts, den Rechtsstreit durch stringente Verfahrensleitung zu einem zügigen Ende zu bringen, hat hinter dieses prozessuale Grundrecht zurückzutreten. Die bekannte hohe Arbeitsbelastung der Sozialgerichte bietet keine Rechtfertigung dafür, die vom gesetzlichen Richter zu garantierenden Verfahrensrechte der Beteiligten zu beschneiden. Der vom PB gestellte Antrag auf Bewilligung von PKH war seit der Übersendung der Unterlagen zur Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin am 22. September 2010 zur Entscheidung reif. Das Vorgehen des SG, erst nach der Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung über PKH zu entscheiden, hatte die zeitliche Konfliktsituation nach Einlegung der Beschwerde und begründetem Vertagungsantrag selbst herbeigeführt. Von einem unsachlichen Verhalten des PB mit der Absicht der Verzögerung des Verfahrens und dem Ziel, einen Richter mit unliebsamer Rechtsauffassung aus dem Verfahren zu entfernen, kann angesichts dieser Umstände nicht die Rede sein.
2. Zweifel einer besonnenen Klägerin an der Unvoreingenommenheit konnten sich auch daraus ergeben, dass der Kammervorsitzende die Begründung der Ablehnung des Vertagungsantrags überdies darauf gestützt hat, eine Benachteiligung der Klägerin durch eine mündliche Verhandlung ohne eine bestandskräftige Entscheidung über das Begehren von PKH liege gegenüber einer nicht auf PKH angewiesenen Beteiligten nicht vor, weil der PB der Klägerin die Klage bereits begründet und zu gerichtlichen Hinweisen Stellung genommen habe. Etwaige erhebliche Ermittlungs- oder Prüftätigkeiten, die erst nach positiver PKH-Entscheidung erfolgen könnten oder sollten, und die ggf ganz neue und relevante Tatsachen ergeben könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Weigerung eines PB, ohne Bewilligung von PKH ihm bereits bekannte Tatsachen vorzutragen, genüge insoweit nicht. Die Interpretation dieser Äußerung durch den PB dahingehend, allein der Vortrag in der mündlichen Verhandlung - vor dem Gericht in voller Besetzung - werde nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Gerichts führen, ist naheliegend; angesichts der insoweit zum Ausdruck gekommenen Auffassung des Kammervorsitzenden sind Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit jedenfalls plausibel.
Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts stellt einen absoluten Revisionsgrund dar, § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO. Es steht unwiderlegbar fest, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.