Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.11.2002, Az.: 14 W 50/02
Zeugenbeweis; Entschuldigung eines Zeugen bei Abladung durch einen Rechtsanwalt; Entschuldbarkeit eines Irrtum über die Erscheinungspflicht bei falscher Auskunft durch den Rechtsanwalt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.11.2002
- Aktenzeichen
- 14 W 50/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 20130
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:1115.14W50.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg 5 O 118/02 vom 01. 10. 2002
Rechtsgrundlagen
- § 380 ZPO
Tenor:
Der Ordnungsgeldbeschluss wird aufgehoben.
Gründe
Die gemäß § 380 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1.
Ob der Auffassung (vgl. dazu die Nachweise bei OLG Köln, OLGR 1999, 14) zu folgen ist, dass ein entschuldbarer Irrtum über die Erscheinungspflicht stets dann vorliegt, wenn dem Zeugen von einem Rechtsanwalt eine falsche Auskunft dazu erteilt wurde, wofür allerdings einiges spricht, kann offen bleiben. Hier ist ein entschuldbarer Irrtum jedenfalls deshalb zu bejahen, weil die Zeugin von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sinngemäß darüber informiert worden war, es werde von beiden Parteien - auch wegen schwebender Vergleichsverhandlungen - das Ruhen des Verfahrens beantragt werden, und deshalb zu Recht annehmen dürfte, sie brauche zum Termin nicht zu erscheinen. Tatsächlich ist auch so verfahren worden (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall OLG Bamberg, MDR 1982, 585 [OLG Bamberg 02.11.1981 - 7 WF 66/81]) und wird nunmehr der Rechtsstreit gem. § 278 Abs. 6 ZPO beendet werden können.
2.
Hinzu kommt, dass eine Vernehmung der Zeugin in dem Termin am 1. Oktober 2002 ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Nachdem beide Parteien nicht erschienen waren und ihre Prozessbevollmächtigten per Fax beantragt hatten, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, konnte keine mündliche Verhandlung und damit auch keine Beweisaufnahme mehr stattfinden (vgl. § 279 Abs. 2 ZPO). Es wäre deshalb reine Förmelei gewesen, die Zeugin dennoch erscheinen zu lassen. Auch Prozessvorschriften bestehen nicht um ihrer selbst, sondern sind so anzuwenden, dass sie zu sachgerechten Ergebnissen führen.
Völlig fehl geht auch der Hinweis des Einzelrichters darauf, dass die Zeugin durch einen beauftragten Richter hätte vernommen werden können, womit ersichtlich auf § 358 a S. 2 ZPO abgestellt werden soll. Die mündliche Verhandlung sollte vor dem Einzelrichter an Stelle der Kammer stattfinden. Dieser hätte daher in dieser Funktion die Beweisaufnahme durchführen müssen und sich nicht als beauftragter Richter deklarieren können. Im Übrigen lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines beauftragten Richters ohnehin nicht vor. Deshalb kann auf diesen sachfremden Gesichtspunkt auch die Bestrafung der Zeugin nicht gestützt werden. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, eine Beweisaufnahme entgegen dem Wunsch der Parteien vornehmen zu wollen, was auch der im Zivilprozess geltenden Verhandlungsmaxime widersprechen würde.