Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.11.2002, Az.: 22 U 60/01
Anspruch auf Zahlung eines Betrages zur Löschung von Grundstücksbelastungen; Wertersatz bei Verschlechterung des Grundstück infolge der Belastung mit der Sicherungshypothek; Widerruf einer Schenkung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.11.2002
- Aktenzeichen
- 22 U 60/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20120
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:1114.22U60.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden 4 O 11/00 vom 06. 02. 2001
Rechtsgrundlagen
- § 989 BGB
- § 292 BGB
- § 818 BGB
- § 531 BGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2003, 276
Amtlicher Leitsatz
Der Bereicherungsschuldner schuldet bei Belastung des Gegenstandes der Bereicherung nicht deren Beseitigung, sondern Zahlung desjenigen Betrages, den der Gläubiger braucht, um die Belastung zu beseitigen.
Tenor:
Das Versäumnisurteil vom 8. Januar 2002 wird aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Februar 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1.
1. an den Kläger 26.686,54 EUR zu zahlen Zug um Zug gegen ihre - der Beklagten - Befreiung von ihrer Verbindlichkeit gegenüber der Bau-Berufsgenossenschaft ####### (Az. MAK 9910021416) in Höhe dieses Betrages,
- 2.
dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche Forderungen in welcher Höhe durch die Grundschuld, eingetragen in Abt. III Nr. 1 des Grundbuchs von ####### Bd. 141 Bl. 4628, noch gesichert sind, und dieses durch Vorlage von Bescheinigungen der persönlichen Gläubiger zu belegen.
Der Kläger darf wegen der Forderung zu Nr. 1 ohne Rücksicht auf die von ihm Zug um Zug zu bewirkende Leistung vollstrecken, wenn er der Beklagten vor der Vollstreckung die Leistung von Sicherheit in Höhe von 26.686,54 EUR, jedoch nicht durch Bürgen, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweist.
Die Entscheidung ergeht unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung seitens der Beklagten.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte mindestens 42, 25 %, mit Ausnahme der durch die Versäumnis veranlassten Kosten; diese trägt der Kläger. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1, 3-Fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1, 3-Fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten - teils im Wege der Stufenklage - Zahlung, um Grundpfandrechte der Kreissparkasse ####### (156. 000 DM) und der Bau-Berufsgenossenschaft ####### an dem Grundstück ####### in ####### löschen lassen zu können.
Aufgrund notariellen Vertrages vom 29. Oktober 1982 übertrug der Kläger seiner Mutter, der Beklagten, schenkweise den hälftigen ideellen Anteil an dem genannten Grundstück. Die Grundschuld zugunsten der Sparkasse bestand bereits und sicherte Darlehen, mit denen der Kläger den Erwerb des Grundstücks durch ihn finanziert und die er nach dem notariellen Vertrage allein abzutragen hatte. Der Kläger übertrug den restlichen Anteil an dem Grundstück aufgrund notariellen Vertrages vom 30. Oktober 1986 auf seinen Vater im Tausch gegen ein diesem gehörendes Grundstück in ####### in der #######. Am 19. Februar 1987 übernahmen der Vater und die Beklagte die Darlehensschulden des Klägers bei der Sparkasse. Weil der Vater dem Kläger das Eigentum an dem Grundstück in ####### nicht verschaffte, trat dieser von dem Tauschvertrage zurück. Der Vater starb am 1. Februar 1990 und wurde kraft Gesetzes von den Parteien und seiner und der Beklagten Tochter #######, Schwester des Klägers, beerbt.
Im Jahre 1993 forderte der Kläger den hälftigen Anteil der Beklagten aus widerrufener Schenkung zurück, weil diese mit einem von ihr hergestellten und von ihr mit der Unterschrift des Erblassers versehenen Testament ihre Alleinerbfolge vorgetäuscht hatte. Der Senat wie schon das Landgericht verurteilten die Beklagte zur Rückgewähr ihres Anteils an dem Grundstück an den Kläger. Der Bundesgerichtshof nahm ihre Revision nicht an. Die Beklagte hatte ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt wegen der Tilgungsleistungen auf das Darlehen bei der Sparkasse sowie wegen Investitionen in das Grundstück. Der Senat ließ dieses nicht gelten, weil, soweit der Vater gezahlt habe, der Anspruch nicht der Beklagten allein, sondern nur den Erben gemeinsam zustehe; sie Zahlungen aus eigenem Vermögen nicht dargetan habe. Aufgrund vollstreckbaren Ersuchens im Verwaltungszwangsverfahren vom 26. Februar 1999 verschaffte die Bau-Berufsgenossenschaft ####### sich eine Sicherungshypothek über 55. 287, 75 DM an dem Grundstück, die zum Zeitpunkt der letzten Verhandlung vor dem Senat noch mit 52. 260, 25 DM (= 26. 686, 54 EUR) valutierte. Im September 1999 setzte die Beklagte die Grundschuld der Sparkasse, die weitgehend nicht mehr valutierte (am 18. Januar 2001 war das ursprünglich gesicherte Darlehen vollends getilgt - Bl. 197 d. A. ), dazu ein, Darlehen zum Erwerb anderen Grundeigentums aufzunehmen, die mit noch etwa 80. 000 DM valutierten, als der Rechtsstreit in erster Instanz anhängig war. Der Kläger verschaffte sich mit Hilfe des Urteils im Vorprozess am 7. Juni 2000 Eintragung der Rückauflassungsvormerkung hinsichtlich des Anteils der Beklagten.
Der Kläger hat Zahlung von 3. 248, 70 DM (wegen einer weiteren Belastung), von 55. 287, 75 DM (mit Nebenforderungen) sowie Befreiung wegen der Grundschuld der Sparkasse begehrt. - Die Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Sie hat die Forderungen des Klägers aus Rechtsgründen als nicht gegeben erachtet und (dem Sinne nach, soweit gleichartig) aufgerechnet mit den vorerwähnten Tilgungsleistungen und Investitionen, welche sie pauschal mit über 260. 000 DM beziffert hat (Seite 3 des Schriftsatzes vom 12. Dezember 2000 - Bl. 72 d. A. ).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, der Kläger könne allenfalls verlangen, dass die Beklagte die Belastungen des Grundstücks beseitige; er könne nicht erwarten, dass die Beklagte Darlehen bei der Sparkasse tilge, die er - der Kläger - aufgenommen habe. Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe der Senat zur näheren Sachdarstellung Bezug nimmt, wendet der Kläger sich mit der Berufung, mit der er anfangs sein ursprüngliches Ziel weiterverfolgt hat. Nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil, durch welches der Senat die Berufung zurückgewiesen hat, und, nachdem die Parteien den Rechtsstreit wegen der Belastung in Höhe von 3. 248, 70 DM und wegen eines Teils der Belastung zugunsten der Bau-Berufsgenossenschaft für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr, wie erkannt sowie den aus der Auskunft sich ergebenden Betrag zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten und die verbliebene geänderte Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung ist im Umfang ihrer Entscheidungsreife begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 26. 686, 54 EUR unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, den die Beklagte als Bereicherungsschuldnerin wegen Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs auf dessen Rückgewähr schuldet (§§ 989, 292 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 531 Abs. 2 BGB).
1.
Wegen der Verschlechterung des Grundstücks ####### in #######, die infolge der Belastung mit der Sicherungshypothek zugunsten der Bau-Berufsgenossenschaft ####### am 2. März 1999 und damit nach Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Rückübereignung dieses Grundstücks aus widerrufener Schenkung bereits im Jahre 1993 eingetreten ist, schuldet die Beklagte dem Kläger Schadensersatz in Geld, damit dieser mit diesem Geld die Belastung beseitigen kann, nicht jedoch selbst Beseitigung der Belastung (vgl. BGHZ 112, 376 [BGH 26.10.1990 - V ZR 22/89] / 380 f. ). Nicht anders als der gegen den gutgläubigen Bereicherungsschuldner vor Rechtshängigkeit gerichtete Anspruch auf Wertersatz wegen Verschlechterung des Bereicherungsgegenstandes geht der Anspruch auf Schadensersatz gegen den bösgläubigen Bereicherungsschuldner nach Rechtshängigkeit wegen Verschlechterung auf Zahlung desjenigen Betrages, den der Gläubiger benötigt, um die Belastung zu beseitigen. Dieses folgt daraus, dass der Schuldner ausweislich § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB nur zur Herausgabe des Gegenstandes in dem Zustande verpflichtet ist, in welchem dieser sich befindet, und wegen Verschlechterung nur Wertersatz, nicht aber Verbesserung des Gegenstandes selbst schuldet. Die Verschärfung der Haftung des Schuldners von Wert- zu Schadensersatz mit Eintritt der Rechtshängigkeit ändert daran nichts. Sie soll nicht den Inhalt des Bereicherungsanspruchs, der sich eben nur auf Herausgabe des Gegenstandes in dessen jeweiligem Zustand richtet, verändern, sondern den Anspruch lediglich zu Gunsten des Gläubigers erweitern, namentlich in der Weise, dass der Schuldner sich von nun an auf den Wegfall der Bereicherung nicht mehr berufen kann.
2.
Dieser Anspruch ist allerdings von vornherein derart in sich beschränkt, dass er nur Zug um Zug besteht gegen Befreiung der Beklagten von ihrer persönlichen Schuld, welche derjenigen Forderung der Bau-Berufsgenossenschaft entspricht, die deren Sicherungshypothek noch sichert. Denn es muss gewährleistet sein, dass der Kläger das Geld, das die Beklagte ihm schuldet, auch einsetzt, um die Verschlechterung des Grundstücks zu beseitigen, und es nicht anderweitig verwendet (s. BGH a. a. O. ). Insoweit besteht kein nennenswerter Unterschied zwischen dem Wert- und dem Schadensersatzanspruch. Sowohl der gutgläubige als auch der bösgläubige Bereicherungsschuldner müssen die Ablösung der Belastung letztlich bezahlen. Auch der gutgläubige Schuldner vertraut nicht darauf, das Grundstück mit Hilfe der Belastung zu Geld zu machen, sondern lediglich darauf, es dauerhaft als Sicherungsmittel für eine gegen ihn persönlich gerichtete Forderung einzusetzen, die allemal er selbst zu tilgen hat.
3.
Der Senat hielt es für angemessen, den Kläger zu ermächtigen, sich durch Sicherheitsleistung (entsprechend § 273 Abs. 3 Satz 1 BGB) den Nachweis zu ersparen, dass er die persönliche Schuld der Beklagten getilgt hat (§ 756 Abs. 1 ZPO), ehe er gegen sie vollstreckt (vgl. dazu: RGZ 117, 324 / 355). Andernfalls liefe er Gefahr, die Beklagte von deren Schuld zu befreien, welche der durch die Hypothek gesicherten Forderung entspricht, ohne dass er anschließend sein Geld zurückbekommt.
II.
Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund des notariellen Vertrages vom 29. Oktober 1982 nach Treu und Glauben Auskunft verlangen, inwieweit sie die Grundschuld der Kreissparkasse ####### noch zur Sicherung von Forderungen einsetzt. Ohne diese Auskunft, welche die Beklagte unschwer geben kann, ist der Kläger nicht imstande, auch insoweit seinen Zahlungsanspruch in einer Weise zu beziffern, die für Verurteilung und Vollstreckung bestimmt genug ist.
B.
Die Verhandlung über die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Forderung wegen Tilgungsleistungen auf das von dem Kläger aufgenommene und auf dem Grundstück früher abgesicherte Darlehen sowie wegen Investitionen in das Grundstück ist nicht zur Entscheidung reif (§ 302 Abs. 1, § 525 Satz 1 ZPO). Hätte der Senat über die Aufrechnung gegenüber dem gleichartigen Schadensersatzanspruch zu Buchst. B Ziff. I entschieden, hätte er die Gefahr einander widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung heraufbeschworen. Die Beurteilung der Begründetheit dieser einheitlichen Forderung jetzt und später gegenüber dem derzeit noch unbestimmten Zahlungsanspruch der Stufenklage hätte unterschiedlich ausfallen können.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 91 a Abs. 1, §§ 344, 539 Abs. 3, § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, 2 ZPO. Die teilweise Kostenentscheidung war möglich. Dafür ist ohne Bedeutung, dass der mögliche Erfolg der Hilfsaufrechnung seitens der Beklagten die Kostenquote für sie vergünstigen kann. Dieses betrifft nicht den Teil der Entscheidung, welcher Teil-Urteil ist, sondern denjenigen, welcher Vorbehalts-Urteil ist, wo im Nachverfahren im Falle der Aufhebung über die Kosten neu zu entscheiden ist (§ 302 Abs. 4 Satz 2, § 525 Satz 1 ZPO). - Die Voraussetzungen, unter denen die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO n. F. ).