Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.11.2002, Az.: 7 U 229/01

Re-Import; PKW-Kauf im Ausland über deutschen Kfz-Händler; Zahlungsmodalitäten beim Kauf eines Re-Import-Fahrzeugs; Insolvenzrisiko

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.11.2002
Aktenzeichen
7 U 229/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 20082
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:1106.7U229.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover 3 O 2070/01 vom 01. 11. 2001

Fundstellen

  • KGReport Berlin 2003, 34
  • OLGR Düsseldorf 2003, 34
  • OLGR Frankfurt 2003, 34
  • OLGR Hamm 2003, 34
  • OLGR Köln 2003, 34
  • OLGReport Gerichtsort 2003, 106-107
  • OLGReport Gerichtsort 2003, 34

Amtlicher Leitsatz

Werden Verkäufe von Personkraftwagen durch einen niederländischen Vertragshändler an deutsche Endverbraucher als Re-Importe über eine deutsche Kfz-Handlung als Agentin des Käufers derart abgewickelt, dass der Vertragshändler Fahrzeug und Papiere gegen (nicht bankbestätigte) Schecks der Agentin in Höhe des um die Provision der Agentin geminderten Kaufpreises herausgibt, und dann die Auslieferung an den Käufer durch die Agentin gegen Zahlung des Kaufpreises an die Agentin erfolgt, ohne dass der Käufer bis dahin über eine Rechnung oder Kontonummer der Vertragshändlerin verfügt, ist die Agentin als Zahlstelle des Vertragshändlers anzusehen mit der Folge, dass der Vertragshändler das Insolvenzrisiko der Agentin (Nichteinlösung des Schecks) trägt.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. November 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Der Beklagte hat mit seiner Berufung Erfolg. Denn die Klägerin ist nicht berechtigt, von ihm die Zahlung von 23. 531, 57 DM bzw. 12. 031, 45 EUR für das am 26. Oktober 2000 übergebene Neufahrzeug der Marke Ford Typ Focus Trend zu verlangen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ihr Kaufpreisanspruch durch die Zahlung von 29. 430 DM, die der Beklagte am 26. Oktober 2000 in bar an die Firma ####### Automobile in ####### bei der Fahrzeugübergabe erbracht hat, erloschen ist (§ 362 BGB).

2

1.

Der Rechtsstreit beurteilt sich gemäß § 29 EGBGB nach deutschem Recht. Die Klägerin stützt sich auf einen Kaufvertrag, der sich als Verbrauchervertrag darstellt, bei dem der Beklagte als Verbraucher die zum Abschluss erforderlichen Rechtshandlungen in ####### vorgenommen hat. Davon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Die Parteien haben dagegen im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen mehr erhoben. Insbesondere findet das UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (#######) vom 11. April 1980 keine Anwendung. Das ergibt sich aus dessen Artikel 2, da der vom Beklagten erworbene Kleinwagen erkennbar als Konsumware anzusehen und dem persönlichen Gebrauch des Käufers zuzuordnen ist.

3

2.

Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag nach § 433 BGB über den EU-Neuwagen zu Stande gekommen ist. Der Beklagte hat unter dem 12. August 2000 der Firma ####### Automobile - einer freien Fahrzeughändlerin - Vollmacht erteilt, in seinem Namen von einem offiziellen Fordhändler in den ####### einen neuen PKW Ford Focus Trend zum Preis von nicht höher als 29. 530 DM zu kaufen. Der Wirksamkeit der Vollmachtserteilung steht nicht entgegen, dass ihr Text in ####### Sprache verfasst ist. Soweit der Beklagte den Inhalt der beiden Schriftstücke nicht verstanden haben sollte, hätte er sich vor der Unterzeichnung über ihn erkundigen müssen. Für ihn lag den Umständen nach auf der Hand, dass er Schriftstücke mit rechtlich relevantem Inhalt unterzeichnete. Ihm musste klar gewesen sein, dass die Schriftstücke für den Erwerb des EU-Neufahrzeugs aus den ####### benötigt wurden. Die Firma ####### Automobile hat danach der Klägerin mit Schreiben vom 15. August 2000 "den Vermittlungsauftrag und eine Personalausweiskopie" des Beklagten "zur weiteren Bearbeitung" übersandt. Das darin liegende Kaufangebot des Beklagten ist von der Klägerin angenommen worden. Danach hat die Firma ####### Automobile das Fahrzeug von der Klägerin in den ####### abgeholt und es im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit dem Beklagten am 26. Oktober 2000 übergeben.

4

3.

Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist aber durch Erfüllung erloschen. Unstreitig hat der Beklagte bei der Fahrzeugübergabe am 26. Oktober 2000 insgesamt 29. 430 DM in bar an die Firma ####### Automobile gezahlt. Dabei hat es sich um eine Leistung an einen Dritten mit Erfüllungswirkung nach § 362 Abs. 2 BGB gehandelt. Die Firma ####### Automobile ist nämlich den Umständen nach als von der Klägerin entsprechend § 185 Abs. 1 BGB ermächtigt anzusehen, für sie die Zahlung in eigenen Namen in Empfang zu nehmen.

5

Ein Gläubiger kann einen Dritten auch schlüssig ermächtigen, die Leistung des Schuldners (mit befreiender Wirkung) entgegenzunehmen. Hier standen die Klägerin mit der Firma ####### Automobile in Geschäftsbeziehungen, in deren Rahmen die Klägerin Neufahrzeuge aus den ####### über diese freie Fahrzeughändlerin an Käufer (Endverbraucher) in ####### lieferte, und von der sie auch die Kaufpreiszahlungen erhielt. Ein Liefer- und Zahlungsweg über eine solche Zwischenperson entsprach der Händlerrichtlinie der Ford ####### . , die wiederum auf der Verordnung Nr. 1475/95 der EG-Kommission beruht. Die Klägerin hat die Geschäftsbeziehungen mit der Firma ####### Automobile eingeräumt.

6

So trägt sie vor, sie habe in der Vergangenheit hin und wieder derartige Geschäfte über sie abgewickelt ####### . Ihr vorliegendes Geschäft mit dem Beklagten sei nicht das Erste dieser Art über die Firma ####### Automobile gewesen (#######. ). Bei jedem Geschäft sei es so gewesen, dass sie ihr das Fahrzeug (in der Regel) gegen Übergabe eines von der Firma ####### ausgestellten Schecks in Höhe eines um die Provision der Firma ####### geminderten Kaufpreises ausgehändigt habe (####### . ). Die jeweiligen Scheckzahlungen der Firma ####### Automobile führten aber nicht unmittelbar zur Erfüllung der Kaufpreisansprüche der Klägerin. Sie waren, da die Käufer für die Klägerin erkennbar vor der Fahrzeugübergabe an sie keine Zahlung geleistet hatten, als Leistungen eines Dritten anzusehen, die erfüllungshalber erfolgten mit der Wirkung, dass die Erfüllungswirkung erst mit der Gutschrift auf dem Konto der Klägerin eingetreten wäre (dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. , § 364 Rn. 10). Dazu hätte es nach dem normalen Verlauf der Dinge erst einige Tage nach der Scheckhingabe kommen können. Die Klägerin musste als Fahrzeughändlerin gewusst haben, dass ihre Kaufvertragspartner den Kaufpreis für die der Firma ####### Automobile gegen den Scheck ausgehändigten Fahrzeuge erst bei deren Übergabe an sie der ####### Automobile GbR entrichten würden. Nach Einlösung der Schecks der Firma ####### und Eingang der entsprechenden Gutschriften auf dem Konto der Klägerin war die Firma ####### Automobile auch nach Vorbringen der Klägerin berechtigt, die entgegengenommenen Kaufpreiszahlungen der Käufer zu behalten. Davon ist nach der von beiden geübten und von der Klägerin so auch eingeräumten Praxis auszugehen. Da nach ihrem weiteren Vorbringen die über diese Zwischenperson abgewickelten Kaufgeschäfte mit Käufern in ####### ebenso wie im vorliegenden Fall erfolgten (abgesehen davon, dass der Scheck vom 25. Oktober 2000 nicht eingelöst wurde), mussten die Klägerin und auch die Firma ####### Automobile bei verständiger Betrachtung annehmen, dass die Käufer letztere als Zahlstelle ansehen würden. So hat die Klägerin den Beklagten vorher weder darauf hingewiesen, dass er den Kaufpreis direkt an sie zu zahlen habe, noch darüber belehrt, dass seine Zahlung an die Zwischenperson erst beim Eingang des zwischen der Klägerin und der Agentin vereinbarten Geldbetrages bei der Klägerin zur Erfüllung der Kaufpreisverbindlichkeit führen würde. Die beiden vom Beklagten unter dem 12. August 2000 unterzeichneten Schriftstücke in ####### Sprache, die von der Klägerin stammen und von der Zwischenperson übermittelt wurden, enthalten keine Hinweise darauf. Eine Rechnung der Klägerin hat der Beklagte vor der Fahrzeugübergabe an ihn und der Bezahlung des Kaufpreises durch ihn am 26. Oktober 2000 nicht erhalten. Die ihm von der Klägerin ausgestellte Rechnung datiert nämlich erst vom 26. Oktober 2000 und kann ihm unter Berücksichtigung des Postweges von den ####### nach ####### erst nach diesem Tage zugegangen sein. Die zuvor anlässlich der Hingabe des Schecks vom 25. Oktober 2000 gefertigte Rechnung ist der Firma ####### Automobile ausgestellt worden und wird von der Klägerin als bloße Pro-forma-Rechnung bezeichnet (####### . ). Dem Beklagten ist es nach alledem nicht möglich gewesen, der Gefahr einer doppelten Bezahlung des Kaufpreises irgendwie zu begegnen. Für ihn als Käufer hat es bis zur Übergabe des Fahrzeugs am 26. Oktober 2000 als Zahlstelle nur die Firma ####### Automobile gegeben. Das war für die Klägerin und die Firma ####### Automobile unter Berücksichtigung ihrer Handhabung solcher Geschäfte in der Vergangenheit, die - wie von der Klägerin vorgetragen - ebenso verliefen, durchaus erkennbar. Die Klägerin musste damit rechnen, dass die als Zwischenperson eingeschaltete freie Händlerin das Fahrzeug alsbald nach der Übergabe dem Käufer in ####### aushändigen und bei der Gelegenheit den Kaufpreis von ihm kassieren würde. An wen anderes als an die Firma ####### Automobile - so ist zu fragen - hätte der Kaufpreis nach diesen Umständen denn sonst gezahlt werden sollen? Auch unter Berücksichtigung des Interesses des Käufers, den Kaufpreis kein zweites Mal bezahlen zu müssen, falls dieser die Klägerin nicht erreichen würde, stellt sich die von der Klägerin und der Firma ####### Automobile geübte Praxis - wie auch vorliegend - als schlüssige Ermächtigung der freien Händlerin dar, den Kaufpreis mit Erfüllungswirkung für den Endverbraucher kassieren zu dürfen.

7

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Weitere Nebenentscheidungen ergehen nach den §§ 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO a. F. i. V. m. § 26 EGZPO n. F.

8

Ausreichende Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Beschwer der Klägerin: 12.031,45 EUR.