Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.10.2001, Az.: 22 W 77/01
Prozesskostenhilfe ; Enterbung; Testament ; Auslegung; Pflichtteilsentziehung; Verjährungshemmung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 18.10.2001
- Aktenzeichen
- 22 W 77/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 21580
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:1018.22W77.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 9 O 196/01
Rechtsgrundlagen
- § 133 BGB
- § 203 BGB analog
Fundstellen
- KGReport Berlin 2002, 3-4
- OLGR Düsseldorf 2002, 3-4
- OLGR Frankfurt 2002, 3-4
- OLGR Hamm 2002, 3-4
- OLGR Köln 2002, 3-4
- OLGReport Gerichtsort 2001, 350-351
- OLGReport Gerichtsort 2002, 3-4
- ZErb 2002, 164-165
- ZErb 2002, 111
Amtlicher Leitsatz
Die Enterbung kann als Entziehung des Pflichtteils auszulegen sein, wenn sie mit einem konkreten Sachverhalt im Testament begründet wird, der einen Entziehungsgrund i. S. d. § 2333 BGB darstellt. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe hemmt die Verjährung nicht, wenn er nicht alle Tatsachen enthält, die den verfolgten Anspruch begründen.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Antragsgegner sind aufgrund der von ihnen teilweise bereits erhobenen oder, da sie außer dem Miterben Thorsten ....., gegen den der Antrag sich nicht richtet, mangels Einredeverzicht zu erwartenden Einrede der Verjährung berechtigt, die Leistung auf den Pflichtteil des Antragstellers nach dessen am 18. Juli 1998 verstorbener Mutter Anna Fischer zu verweigern (§ 222 Abs. 1 BGB). Die Verjährung von drei Jahren, seit der Antragsteller von dem Tode seiner Mutter und deren Testament vom 19. März 1993, das ihn enterbte, wusste (§ 2332 Abs. 1 Fall 1 BGB), ist seit Ablauf des 14. August 2001 vollendet. Am 14. August 1998 erhielt der Notar ....., dessen Kenntnis der Antragsteller sich als diejenige seines Vertreters zurechnen lassen muss (entsprechend § 166 Abs. 1 BGB), das vorbezeichnete Testament mit Schreiben des Amtsgerichts ..... vom 12. August 1998 (Anlage zur Antragsschrift - Bl. 13 d. A. ) übersandt, ohne dass der am 17. Juli 2001 beim Landgericht eingegangene Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Klage auf den Pflichtteil die Verjährung wegen der Mittellosigkeit des Antragstellers, die Gerichtsgebühren für das Verfahren vorzuschießen, (entsprechend § 203 Abs. 2 BGB) gehemmt hat. Wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 1. Oktober 2001, mit dem es der Beschwerde nicht abhalf, zutreffend ausgeführt hat, lag vor Eingang der Beschwerdeschrift bei Gericht am 24. September 2001 keine ordnungsgemäße Begründung des Gesuchs um Prozesskostenhilfe vor, von welcher die Hemmungswirkung abhängt. Erst in der Beschwerdeschrift hat der Antragsteller den von der Erblasserin in dem Testament geschilderten Sachverhalt (Bewerfen der Erblasserin mit Dose und Knüppel durch den Antragsteller mit schmerzhaften Folgen am 19. März 1993) bestritten sowie in Gestalt seiner Aufnahme in das Haus der Erblasserin und deren Unterstützung durch Umbaumaßnahmen und Pflege nach Knochenbrüchen Tatsachen für Verzeihung des Vorfalls vorgetragen, der zur Entziehung des Pflichtteils geführt hatte (§ 2337 Satz 2 BGB). Denn ebenfalls zutreffend hat das Landgericht die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 19. März 1993 trotz der Formulierung, sie 'enterbe hiermit (ihren) Sohn' (d. h. den Antragsteller), in dem angefochtenen Beschluss so ausgelegt, dass die Erblasserin dem Antragsteller auch seinen Pflichtteil nach ihr in der gesetzlich gebotenen Form entzogen hat. Außer den vom Landgericht dafür bereits angeführten Gründen spricht weiter das von dem Antragsteller (Seite 3 der Beschwerdeschrift - Bl. 64 d. A. -) behauptete Gespräch mit der Erblasserin dafür, dass für diese 'enterben' gleichbedeutend damit war, dass der Enterbte nichts, also auch keinen Pflichtteil, erhalten sollte. Obwohl der Antragsteller die Erblasserin demnach darüber aufgeklärt hatte, dass sie ihrem anderen Sohn Kurt den Pflichtteil nicht entziehen könne, weil dieser sie ja nicht körperlich misshandelt habe, hat die Erblasserin in dem Testament vom 19. Juni 1993, das sich gegen ihren Sohn ..... richtet und in welchem sie diesem Schläge ins Gesicht ihres Ehemannes im Jahre 1980 vorwirft, wiederum den Begriff 'enterbe' verwandt, während es ihr nach dem von dem Antragsteller behaupteten Gespräch mit diesem nunmehr zweifelsfrei darum ging, ihrem Sohn Kurt nicht nur den Erb-, sondern auch den Pflichtteil zu entziehen.