Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.10.2001, Az.: 14 U 74/00

Schadensersatz wegen vorzeitig beendeten Werkvertrags ; Errichtung eines Wohnhauses zu einem Festpreis

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.10.2001
Aktenzeichen
14 U 74/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 29756
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:1025.14U74.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 13.01.2000 - AZ: 4 O 256/98

Fundstellen

  • BauR 2003, 890-892 (Volltext mit amtl. LS)
  • IBR 2003, 231
  • MDR 2004, 1166 (Kurzinformation)

Prozessführer

R. B.

Prozessgegner

K. G. Bauunternehmung GmbH,
vertreten durch den Geschäftsführer ...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der Schadensersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung setzt eine schuldhafte Verletzung vertraglichen Pflichten voraus.

  2. 2.

    Die Weigerung, im Rahmen eines Werkvertrages zusätzliche Arbeiten nicht ohne zusätzliche Vergütung verrichten zu wollen, ist nicht pflichtwidrig.

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Januar 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 21.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Sicherheit durch eine unwiderruflich selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse leisten.

Wert der Beschwer: 172.772,31 DM

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz nach vorzeitig beendetem Werkvertrag.

2

Der Kläger beabsichtigte die Errichtung eines 6-Familienhauses in B. Er nahm in diesem Zusammenhang Verbindung zu der Beklagten, einem Bauunternehmen, auf und überreicht dieser die von ihm handschriftlich gefertigte Ausschreibung für die Hauptunternehmerarbeiten vom 29. März 1998 (GA 5 ff.). Die Beklagte gab für die aufgeführten Leistungen ein nach Einheitspreisen berechnetes Angebot von brutto 393.790,44 DM ab. Die Parteien verhandelten in der Folgezeit über den konkreten von der Beklagten zu erbringenden Leistungsumfang sowie die Vergütung. Im Zuge dieser Verhandlungen modifizierten die Parteien das Leistungsverzeichnis, in dem sie einzelne Positionen strichen. Anlässlich einer Besprechung erteilte der Kläger am 14. Mai 1998 der Beklagten auf der Grundlage des modifizierten Leistungsverzeichnisses den Auftrag für die Einrichtung der Baustelle sowie die Stahlbeton- und Maurerarbeiten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob mit der Beklagten über den vereinbarten Festpreis von 270.000 DM brutto eine zusätzliche Schwarzzahlung von 25.000 DM vereinbart worden ist. Ferner besteht Streit darüber, ob das modifizierte Leistungsverzeichnis zum Vertragsgegenstand gemacht worden ist oder ob die Parteien zu einer funktionalen Leistungsbeschreibung übergegangen sind, nach der die Beklagte zur Erbringung sämtlicher Beton- und Maurerarbeiten sowie der Errichtung der zum vereinbarten Festpreis verpflichtet war.

3

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lagen lediglich das Leistungsverzeichnis sowie Grundriss- und Schnittzeichnungen im Maßstab von 1: 100, hingegen nicht die Prüfstatik, Bewehrungspläne für die Ausschreibung der Stahlbetonarbeiten und sonstige Ausführungszeichnungen im Maßstab von 1: 50 vor.

4

Mit Telefax-Schreiben vom 18. Mai 1998 (GA 19) bestätigte der Kläger unter Bezugnahme auf die Besprechung vom 14. Mai 1998 die Vereinbarung eines Festpreises von 270.000 DM einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Darüber hinaus heißt es in dem Schreiben:

"Die von Ihnen auszuführenden Positionen beinhalten sowohl die komplette Baustelleneinrichtung, die gesamten Stahlbetonarbeiten, als auch alle Maurerarbeiten.

Die Fertigstellung des Hauses ist für Dezember 1998 fest geschrieben."

5

Am 30. Juli 1998 wurde die Baugenehmigung für das Bauvorhaben erteilt und der Beklagten noch am selben Tag vom Kläger übergeben. Die Beklagte nahm am 3. August 1998 die. Arbeiten auf der Baustelle auf und begann die Baugrube auszuwinkeln und die Baustelle einzurichten. Im Juli oder August 1998 wurden der Beklagten die statischen Berechnungen und Ausführungszeichnungen zugänglich gemacht. Aus diesen Unterlagen ergaben sich Abweichungen von den Festsetzungen des Leistungsverzeichnisses. Die Kellerdecke war anstatt aus Fertigteilen (Pos. 3.27 LV) nunmehr als Betondecke zu fertigen, wodurch anstelle der in Pos. 3.21 und 3.30 im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Stahlmengen von 5,50 t nunmehr 9,097 t erforderlich wurden. Ferner wurden im Hinblick auf die Pos. 3.22 und 3.29 des Leistungsverzeichnisses 349,15 kg zusätzlicher Betonstahl gefordert. Darüber hinaus sollten einige Maurerarbeiten aufwändiger als im Leistungsverzeichnis vorgesehen durchgeführt werden. So sollte der Fahrradraum eine zusätzliche Abmauerung und eine um 3 cm stärkere Wand erhalten, im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss zwei im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehene Rundbögen und im Dachgeschoss eine im Leistungsverzeichnis ebenfalls ursprünglich nicht vorgesehene Garderobe erstellt werden. Zwischen den Parteien ist fernerhin streitig, ob auch die zur Straßenseite gelegene Kelleraußenwand entgegen dem Ausschreibungstext zu Pos. 3,11 des Leistungsverzeichnisses nunmehr einhäuptig geschalt werden sollte.

6

Die Beklagte sah sich angesichts des Mehraufwandes und der verlangten, einhäuptigen Schalung nicht in der Lage, die Arbeiten in der nach den statischen Berechnungen "geforderten Art und Weise" zu erbringen. Mit Telefax Schreiben vom 17. August 1998 (GA 18) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe nach Prüfung der Stahllisten festgestellt, dass die sich hieraus ergebenden Massen in keinem Verhältnis zu den im Ausschreibungstext geforderten stunden. Anstelle der in den Angebotsunterlagen vorgesehenen Stahlmengen von 5,5 t seien 9,097 t für die Bewehrungen erforderlich. Die Schalung der Kellerwände solle entgegen der Ausschreibung als einhäuptige Schalung ausgeführt werden. Das Schreiben schließt mit den Worten:

"Da mehre (sic!) Punkte nicht mehr eingehalten sind werde ich den Bauvertrag nicht annehmen."

7

Am 18. August 1998 kam es zu einem Treffen des Geschäftsführers der Beklagten und des Klägers, wobei streitig ist, ob die Parteien auch über eine Vertragsanpassung wegen erforderlicher Mehraufwendungen sowie eine Änderung der Ausführungsfrist verhandelten. Mit Schreiben vom 21. August 1998 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die fristlose Kündigung des bestehenden Werkvertrages aus wichtigem Gründe, weil diese ihrerseits mit Telefax-Schreiben vom 17. August 1998 die weitere Vertragsdurchführung verweigert und das vertragliche Vertrauensverhältnis zerstört habe.

8

Mit Schreiben vom 27. August 1998 kündigte der Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche an. Er teilte sodann mit Anwaltsschreiben vom 8. September 1998 der Beklagten mit, dass er die Arbeiten, mit denen ursprünglich die Beklagte beauftragt gewesen sei, durch Drittfirmen habe erledigen lassen. Hierdurch sei ein Mehraufwand von 149.105,92 DM entstanden. Zugleich forderte er die Beklagte auf, diesen Betrag bis zum 15. September 1998 anzuerkennen und umgehend zu regulieren.

9

Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Beklagte unberechtigt die Erbringung der von ihr geschuldeten Leistungen verweigert habe. Die Parteien seien, nachdem eingehend über das Leistungsverzeichnis verhandelt worden sei, auf eine funktionale Leistungsbeschreibung übergegangen, nach der die Beklagte u.a. sämtliche Maurer- und Betonarbeiten zu erbringen gehabt habe. Für die von der Beklagten infolge des vorzeitig beendeten Vertrages nicht erbrachten Leistungen habe er, der Kläger, 442.772,31 DM aufwenden müssen. Abzüglich des mit der Beklagten vereinbarten Festpreises von 270.000 DM verbleibe ein Betrag von 172.772,31 DM, den die Beklagte als Schadensersatz schulde.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 172.772,31 DM zuzüglich 10 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1998 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

12

Sie hat geltend gemacht, sie habe nur die in dem von den Parteien gemeinsam modifizierten Leistungsverzeichnis aufgeführten Leistungen geschuldet und sei nicht verpflichtet gewesen, darüber hinaus gehende Mehrleistungen ohne entsprechende Vertragsanpassung zu erbringen. Die Erstellung einer einschaligen Kelleraußenwand sei im Vertrag nicht vorgesehen gewesen und erst aufgrund einer nicht erteilten Genehmigung im Nachhinein erforderlich geworden. Die Mehrkosten aufgrund der Abweichungen zwischen der Ausführungsplanung und dem Leistungsverzeichnis beliefen sich auf 33.165,41 DM.

13

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch zustehe, weil er das Vertragsverhältnis zur Beklagten nicht aufgrund einer berechtigten außerordentlichen Kündigung beendet habe. Die Beklagte sei zu den zusätzlich von ihr geförderten Leistungen, die über das Leistungsverzeichnis hinaus gingen, nicht verpflichtet gewesen. Das Telefax-Schreiben der Beklagten vom 17. August 1998 sei nicht als endgültige Weigerung der von ihr geschuldeten Arbeiten zu verstehen und stelle keine Pflichtverletzung dar.

14

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, milder er nach Abtretung der Klageforderung nunmehr Zahlung an seine Ehefrau in Höhe des erstinstanzlich geltend gemachten Betrages begehrt. Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, dass die Beklagte ihrerseits mit Telefax-Schreiben vom 17. August 1998 unberechtigt gekündigt habe. Unabhängig von den geforderten Mehrleistungen habe diese erklärt; dass sie für den Kläger nicht mehr tätig werden wolle, obwohl sie im Hinblick auf den bestehenden Bauvertrag zur Kooperation mit dem Kläger verpflichtet gewesen sei. Im Übrigen sei sie zu den Mehrleistungen bereits aufgrund des Globalpauschalvertrages auch ohne zusätzliche Vergütung verpflichtet gewesen.

15

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 172.772,31 DM zuzüglich 10 % Zinsen auf 149.105,92 DM seit dem 16. Oktober 1998 sowie auf weitere 23.666,39 DM seit dem 10. August 1999 an Frau H. B. Auf dem B. B. zuzahlen.

16

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

19

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 21. Juni 2001 Beweis durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung des Senats vom 11. September 2001 (GA 253 ff.).

Entscheidungsgründe

20

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

21

Dem Kläger steht unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung, die für sein Begehren allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat und der Kläger deshalb berechtigt gewesen ist, den Werkvertrag der Parteien aus wichtigem Grund zu kündigen. Nur in diesem Fall wäre er berechtigt, die durch die Beauftragung von Drittunternehmen entstandenen Mehrkosten von der Beklagten ersetzt zu verlangen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht gegeben.

22

Die Beklagte hat ihre werkvertraglichen Pflichten weder durch eine unberechtigte Kündigung ihrerseits noch durch eine ernsthafte und endgültige Weigerung, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen, verletzt. Sie war ohne Erteilung eines Zusatzauftrages nicht verpflichtet, Arbeiten zu erbringen, die nicht in dem modifizierten Leistungsverzeichnis vorgesehen waren. Die Erbringung der vom Leistungsverzeichnis abweichenden Leistungen (Kellergeschossdecke, aufwändigere Maurerarbeiten, Verwendung größerer Mengen an Stahl und Stahlbeton) durfte der Kläger nur gegen eine zusätzliche Vergütung verlangen. Der Abschluss eines Globalpauschalvertrages, der die vom Kläger abweichend vom Leistungsverzeichnis geforderten Leistungen umfasst hätte, lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Der Inhalt der Leistungspflicht bestimmt sich für die Beklagte allein nach dem von den Parteien aufgrund vorangegangener Vertragsverhandlungen modifizierten Leistungsverzeichnis.

23

Hierauf deuten bereits die Umstände des Streitfalls, die zum Vertragsschluss der Parteien geführt haben, hin. Der Beklagten ist zunächst das vom Kläger erstellte detaillierte Leistungsverzeichnis als Ausschreibungsunterlage zur Verfügung gestellt worden. Nachdem sie die Erbringung der darin verzeichneten Leistungen zu einem Bruttopreis von 393.790,44 DM angeboten hatte, kam es zu Verhandlungen der Parteien über den konkreten Leistungsumfang und die Höhe der Vergütung. Hierbei wurden einzelne Positionen im Leistungsverzeichnis gestrichen und für die restlichen Arbeiten ein Festpreis, dessen Höhe zwischen den Parteien streitig ist, vereinbart. Der Kläger vermerkte deshalb nach Abschluss der Vertragsverhandlungen in der Kopfzeile des modifizierten Leistungsverzeichnisses "Auftrag erteilt am 14.05.98" und auf der letzten Seite als Vergütung "270, fest". Der Kläger hat zum Vertragsschluss bereits in erster Instanz ausgeführt, dass der Festpreis von 270.000 DM nach Abwägung und Aushandlung der einzelnen Positionen vereinbart worden sei (Schriftsatz vom 17. Februar 1999, S. 2; GA 53). Unter Berücksichtigung des unstreitigen Umstandes, dass der Beklagten weder statische Berechnungen noch Ausführungszeichnungen zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben, spricht nichts dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu diesem Zeitpunkt von einem konkret bestimmten Leistungsverzeichnis, das Massen und Aufmaße enthielt, abgerückt ist, um einen Globalpauschalvertrag mit für ihn unüberschaubaren Risiken abzuschließen. Hinzu kommt, dass zu diesem Zeitpunkt darüber hinaus auch noch keine Baugenehmigung vorlag, sodass die Parteien bei Vertragsschluss nicht ohne weiteres davon ausgehen konnten, dass das Bauvorhaben, so wie geplant, ohne Änderungen würde errichtet werden können.

24

Auch das Leistungsverzeichnis, in dem die Änderungen und Preisverhandlungen ihren Niederschlag gefunden haben, gibt keinen Hinweis darauf, dass die Parteien im Zuge der Vertragsverhandlungen von einer konkreten zu einer funktionalen Leistungsbeschreibung übergegangen sind. Dagegen spricht bereits, dass unstreitig einzelne konkrete Positionen gestrichen worden sind und Preisnachlässe vereinbart wurden, die später maßgeblich für die Bildung eines Festpreises geworden sind.

25

Der Kläger hat auch aufgrund des Ergebnisses der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei nicht bewiesen, dass dem Vertragsverhältnis der Parteien eine funktionale Leistungsbeschreibung derart zugrunde gelegen hat, dass die Beklagte zur Erbringung aller Stahlbeton- und Maurerarbeiten verpflichtet gewesen ist. Der Geschäftsführer der Beklagten hat vielmehr ausdrücklich bekundet, dass anlässlich der Vertragsverhandlungen, die zur Vereinbarung des Festpreises geführt hatten, keineswegs verabredet worden sei, dass alle Arbeiten, wenn sie z.B. vom Architekten oder Statiker für erforderlich gehalten werden würden, zum Festpreis hätten erbracht werden sollen. Die mündlichen Verhandlungen, die zum Abschlus des Vertrages geführt hätten, hätten 1 bis 1 1/2 Stunden gedauert. Der Kläger hätte etliche Positionen in der Leistungsbeschreibung, die durch andere Firmen ausgeführt werden sollten, gestrichen und dazu aufgefordert, vom Preis etwas nachzulassen. Als man den Preis von 270.000 DM zuzüglich einer Schwarzzahlung von 25.000 DM vereinbart habe, sei dies der Ergebnis der Verhandlungen gewesen. Zu diesem Preis hätten die Massen erbracht werden sollen, die im Leistungsverzeichnis noch enthalten gewesen seien. Auf Nachfrage im Hinblick auf den zu kalkulierenden Preis, ob es bei den im Leistungsverzeichnis aufgeführten Massen bleiben würde, habe der Kläger erklärt, dass diese vom Architekten und Statiker genau berechnet worden seien. Es sei nicht die Rede davon gewesen, dass etwa alle Maurer- und Betonarbeiten gleich welchen Umfangs zu dem vereinbarten Festpreis hätten erbracht werden sollen. Im Zuge der Verhandlungen sei man nicht zu einem Punkt gekommen, an dem gesagt worden sei, das ganze Leistungsverzeichnis könne vergessen werden. Die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten ist für die Vereinbarung eines Globalpauschalpreisvertrages mit funktionaler Leistungsbeschreibung nach alledem unergiebig.

26

Nichts anderes gilt im Hinblick auf das Telefax-Schreiben des Klägers vom 17. Mai 1998. Das Schreiben stellt weder selbst das Angebot auf Abschluss eines Globalpauschalvertrages hoch die Bestätigung eines solchen dar. Bereits dem Wortlaut des Schreibens ist zu entnehmen, dass lediglich auf stattgefundene Vertragsverhandlungen Bezug genommen wird und der Beklagten insofern kein neues Angebot unterbreitet werden sollte. Vielmehr gibt das Schreiben des Klägers den Inhalt eines nach seiner Ansicht bereits abgeschlossenen Vertrages wieder. Das Schweigen der Beklagten auf das Telefax-Schreiben des Klägers vom 1998 ist gleichwohl nicht geeignet, die vertragliche Vereinbarung der Parteien vom 14. Mai 1998 nach den Grundsätzen des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf eine neue Grundlage zu stellen. Unter den gegebenen Umständen durfte die Beklagte das Schreiben, in dem es u.a. heißt, dass die komplette Baustelleneihrichtung, die gesamten Stahlbetonarbeiten und alle Maurerarbeiten von ihr zu erbringen seien, nur dahingehend verstehen, dass nur die getroffene Vereinbarung bestätigen und nichts anderes als bereits vereinbart forderte. Die Beklagte konnte nach den vorangegangenen zum Vertragsschluss führenden Verhandlungen das Telefax-Schreiben vom 10. Mai 1998 nicht so auffassen, dass er die vertragliche Vereinbarung über den Leistungsumfang nunmehr abweichend vom Leistungsverzeichnis bestätigen und eine funktionale Leistungsbeschreibung als vereinbart wiedergeben wollte. Die Formulierung, dass sie alle Maurerarbeiten und die gesamten Stahlbetoharbeiten zu erbringen habe, war vom Empfängerhorizoht der Beklagten nur so zu verstehen, dass damit die zuvor im Einzelnen ausgehandelten Leistungen, die die wesentlichen Maurer- und Stahlbetonarbeiten für das Bauvorhaben darstellten, gemeint waren. Denn nach den Vertragsverhandlungen gab es für die Beklagte gerade keine Anhaltspunkte dafür, dass sie auch alle anderen Maurer- und Stahlbetonarbeiten zum vereinbarten Festpreis auszuführen hätte, auch wenn diese nicht Gegenstand der im Leistungsverzeichnis aufgeführten wären. Der Kläger hat aber nicht bewiesen, dass eine funktionale Leistungsbeschreibung bei den Vertragsverhandlungen angeklungen ist.

27

Dies kann letztlich aber auch dahin stehen, weil ein solches Bestätigungsschreiben ohne Wirkung bleiben würde. Denn ein Bestätigungsschreiben, das einen Globalpauschalpreisvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung anstelle eines Detailpauschalvertrages mit konkretem Leistungsverzeichnis bestätigt, weicht inhaltlich von den nach dem Beweisergebnis festzustellenden Vertragsgesprächen in so großem Maße ab, dass der Kläger vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis der Beklagten rechnen durfte.

28

Die Beklagte hat sich auch nicht unberechtigt geweigert, geschuldete Leistungen zu erbringen. Unter Zugrundelegung der Umstände des Streitfalls sowie des Beweisergebnisses ist das Telefax-Schreiben der Beklagten vom 17. August 1998 von einem objektiven Empfängerhorizont nicht als ernsthafte und endgültige Weigerung der Beklagten, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen, oder als - unberechtigte - Kündigung des Bauvertrages zu verstehen. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieses Schreibens, dass sich die Beklagte lediglich gegen die Erbringung von Leistungen wendete, die nach dem Leistungsverzeichnis nicht geschuldet waren. Dem Schreiben kann unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls nicht entnommen werden, dass die Beklagte selbst bei Erteilung entsprechender Zusatzaufträge oder Angebote der Vergütung für die zusätzlichen Leistung ihre Arbeiten am Bauvorhaben nicht mehr erbringen wollte, Aus dem Umstand, dass aufgrund der erst nach Vertragsschluss der Parteien vorgelegte Statik größere Stahl- und Stahlbetonmengen erforderlich waren als geplant, ist das Schreiben der Beklagten dahin gehend zu verstehen, dass diese sich lediglich weigerte, zusätzliche Leistungen, deren Umfang nicht unerheblich waren, ohne Entgelt zu erbringen. Zu einer unentgeltlichen Erbringung dieser Arbeiten war die Beklagte jedoch nicht verpflichtet. Eine Weigerung, diese Arbeiten nicht ohne zusätzliche Vergütung verrichten zu wollen, war deshalb nicht pflichtwidrig. Zwar war die Beklagte verpflichtet, auch notwendige Zusatzarbeiten zu erbringen. Sie hatte insofern mit dem Bauherrn zu kooperieren. Dabei bot sich ein Verfahren an, wie es für VOB-Bauverträge in § 2 Nr. 5 VOB/B geregelt ist. Hiernach brauchte die Beklagte aber nicht ihre Bereitschaft zur Erbringung von Mehrleistungen zu erklären, ohne dass zugleich der Kläger seine grundsätzliche Vergütungspflicht anerkannte. Hiervon durfte die Beklagte jedoch angesichts des Verhaltens des Klägers nicht ausgehen. Dieser hat zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass er bereit war, der Beklagten die erforderlichen Mehrmengen zu vergüten. Der Kläger hat vielmehr durchweg den Standpunkt vertreten, dass die Beklagte ohne jede weitere Vergütung die erforderlichen Mehrmengen und Zusatzarbeiten zu erbringen habe. Hierauf musste sich die Beklagte nicht einlassen. Der Kläger hätte vielmehr die Beklagte zu einer Klarstellung veranlassen müssen, um festzustellen, ob sie auch im Falle zusätzlicher Vergütung von Mehrmengen und Zusatzarbeiten die Fortführung ihrer Arbeiten verweigert hätte. Um diese erforderliche Klarheit zu schaffen, hätte der Kläger der Beklagten eine Frist zur Erklärung setzen können und müssen, bevor er wegen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses selbst die fristlose Kündigung des Bauvertrages erklärte. Eine unberechtigte Leistungsverweigerung der Beklagten, die den Kläger zu einer fristlosen Kündigung des Bauvertrages berechtigt hätte lässt sich nach alledem nicht feststellen.

29

Der Berufung war deshalb der Erfolg versagt.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer: 172.772,31 DM