Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.06.2012, Az.: 14 U 193/10

Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitslosen durch einen Verkehrsunfall: Voraussetzungen eines Erwerbsschadens; Prozessführungsbefugnis des Geschädigten für schon vor Rechtshängigkeit auf den Sozialleistungsträger übergegangene Erwerbsschadensrückstände

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.06.2012
Aktenzeichen
14 U 193/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 38893
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0627.14U193.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 17.11.2010

Fundstelle

  • VersR 2013, 1052

Amtlicher Leitsatz

1. Hat ein Geschädigter vor einem Unfallereignis kein Erwerbseinkommen erzielt, entsteht ein Erwerbsschaden nur, wenn er entweder eine Sozialleistung mit Lohnersatzcharakter bezog (z. B. ALG I oder Arbeitslosenhilfe nach altem Recht) oder - falls er Sozialhilfe oder ALG II nach neuem Recht bezog - wenn er ohne den Unfall während der Zeit seiner unfallbedingten Arbeitslosigkeit in eine Erwerbsposition mit Verdienst eingetreten wäre.

2. Wenn Ersatz für ein ohne das Unfallereignis an die Stelle der Sozialleistung getretenes Erwerbseinkommen zu leisten ist, liegt eine sachliche Kongruenz vor.

3. Die Prozessführungsbefugnis des Geschädigten umfasst nicht die schon vor Rechtshängigkeit auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Erwerbsschadensrückstände.

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. November 2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade teilweise abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, folgende Zahlungen zu leisten:

a) An den Kläger

aa) als Ersatz für rückständigen Verdienstausfall einen Betrag in Höhe von 4.063,11 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 3.967,00 € seit dem 14. Mai 2010, auf 39,27 € seit dem 1. Juli 2010,

auf 39,27 € seit dem 1. Oktober 2010, auf 14,21 € seit dem 1. Januar 2011, auf 1,68 € seit dem 1. April 2011 sowie

auf weitere 1,68 € seit dem 1. Juli 2011;

bb) für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 28. Februar 2023 eine vierteljährlich vorauszahlbare, jeweils am Ersten eines Quartals fällig werdende und ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsende Erwerbsschadensrente in Höhe von 765,00 € monatlich;

b) an die H. Arbeitsgemeinschaft SGB II, ., zum Az. ..., einen Betrag von 6.015,28 €;

c) an das Bezirksamt B. der Stadt H., ., Az. ..., einen Betrag von 13.000,52 €.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger 68 % und die Beklagte 32 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 84 % und der Beklagten zu 16 % auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A)

Der am . 1957 geborene Kläger erlitt am 24. März 2003 einen Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagte als Versicherer des beteiligten Unfallgegners unstreitig dem Grunde nach zu 100 % einstandspflichtig ist. Aufgrund eines im Vorprozess 2 O 567/06 - Landgericht Stade - erstrittenen Feststellungsurteils macht der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit behauptete unfallbedingte Verdienstausfallansprüche geltend.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Zu ergänzenden ist Folgendes:

Der Kläger war Ende 1993 aus dem Kosovo nach Deutschland geflüchtet. In seinem Heimatland hatte er bis zu seinem 18. Lebensjahr die Schule besucht, wegen ethnischer Diskriminierungen aber keinen Beruf erlernen können und deshalb - vollschichtig - ungelernte Arbeitstätigkeiten ausgeübt. In Deutschland erhielt der Kläger zunächst nur befristete Aufenthaltserlaubnisse. Erst nach der Anerkennung als Asylberechtigter wurde ihm mit Wirkung ab Ende August 1999 eine Arbeitserlaubnis erteilt. Ab dem Folgejahr nahm er verschiedene Beschäftigungsverhältnisse auf. Aus den vom Kläger vorgelegten Arbeitsverträgen und Lohnabrechnungen (Anlage K 4, Bl. 11 bis 13 d. A. sowie Anlage BfK 4 und BfK 5 - Anlagenhefter) ergeben sich folgende Beschäftigungszeiträume und Verdienste:

- Von Mai 2000 bis April 2001: Arbeitsverhältnis bei dem Fugereibetrieb B. O. auf 630-DM-Basis, wobei sich die ausgezahlten Löhne auf maximal 600,00 DM, meist aber weniger beliefen;

- vom 7. Mai 2001 bis November 2001: Arbeitsverhältnis bei dem Fugereibetrieb C. zu einem Verdienst von 21,50 DM brutto pro Stunde, wobei sich der Beschäftigungsumfang allerdings ab August auf 28 Stunden im Monat reduzierte, woraus sich dann ein Nettoverdienst von etwas über 600,00 DM ergab;

- von Dezember 2001 bis April 2002 wiederum Tätigkeit bei dem Fugereibetrieb B. O. auf 630-DM-Basis mit Lohnzahlungen zwischen 200,00 DM und 520,00 DM.

Daran schloss sich vom 22. April bis 11. Oktober 2002 ein von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierter Sprachlehrgang an, den der Kläger mit gutem bis sehr gutem Erfolg beendete (vgl. Anlage BfK 6 - Anlagenhefter).

Der Kläger hat vorgetragen, im Anschluss daran habe er Anfang 2003 zwei Praktika bei dem Sicherheitsdienst I. abgeleistet. Hierzu hat er eine Bescheinigung des nunmehr als "I. GmbH & Co. KG" firmierenden Sicherheitsdienstes vom 31. Januar 2010 (Anlage K 2, Bl. 9 d. A.) vorgelegt. Darin wird die Ableistung der beiden Praktika in der Zeit vom 2. bis 31. Januar 2003 sowie vom 10. bis 28. Februar 2003 in dem "damaligen Betrieb Sicherheitsdienst I. in H. und Umgebung" als "Pförtner/Kaufhausdetektiv" bestätigt. Ferner heißt es:

"Deshalb hatte ich mit Herr B. auch am 13.03.2003 eine festen, unbefristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Leider könnte Herr B. diese Arbeit ab dem 01.04.2003 wegen eines schweren Verkehrsunfalles nicht aufnehmen, was ich sehr bedauerte."

Zur Substantiierung des von ihm geltend gemachten Erwerbsausfallschadens hat der Kläger ferner die Kopie eines auf den 14. März 2003 datierten "Standard- Anstellungsvertrag(s)" mit dem Sicherheitsdienst I. vorgelegt (Anlage K 1, Bl. 6 ff. d. A.). Darin heißt es in § 1: "Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.04.2003 als Pförtner im 'Sicherheitsdienst I.' eingestellt." Nach § 3 sollte sich die Vergütung auf einen "Stundenlohn" von 8,50 € belaufen. In § 5 war eine Arbeitszeit von "derzeit wöchentlich 42 Stunden" vorgesehen.

Aufgrund des nach dem schriftlichen Anstellungsvertrag vereinbarten Bruttostundenlohnes von 8,50 € hat der Kläger behauptet, sein daraus sich ergebender fiktiver Nettolohn habe 6,00 € pro Stunde betragen, was unter Berücksichtigung einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden umgerechnet monatlich einen Nettoverdienst von 1.091,16 € ergebe.

Der Kläger hat weiter behauptet, vor dem Unfall vollständig gesund gewesen zu sein. Insoweit hat er sich auf ein dies bestätigendes Attest des Allgemeinmediziners Dr. R. vom 9.Mai 2006 (Anlage K 3, Bl. 10 d. A.) bezogen.

Im ersten Rechtszug hat der Kläger ausgeführt, es solle nicht bestritten werden, dass er "seit vielen Jahren Sozialleistungen nach dem SGB II" beziehe (vgl. Bl. 43 d. A.). In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27. Oktober 2010 (Bl. 89 d. A.) hat er ferner eingeräumt, es sei für die Vergangenheit richtig, dass Sozialleistungen in Anrechnung zu bringen seien, die er mit durchschnittlich 700,00 € monatlich beziffere, sodass sich im Hinblick auf die erhaltenen Sozialleistungen von Oktober 2008 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinerlei Verdienstausfallforderung mehr ergebe. Im Hinblick darauf hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht seinen zunächst weitergehend bezifferten Verdienstausfallanspruch von 1.091,16 € monatlich auf 391,16 € reduziert und diesen Betrag rückwirkend für die Zeit vom 1. April 2003 bis einschließlich September 2008 verlangt. Ferner hat er beginnend ab November 2010 Zahlung einer monatlichen Erwerbsausfallrente von 763,81 € begehrt. Die letztgenannte Zahlung hat er unbefristet geltend gemacht und dazu vorgetragen, da er infolge des Unfalls gehindert gewesen sei, eine gesetzliche oder private Altersversicherung anzusparen, werde die beantragte laufende Rente lebenslang beansprucht. Der laufende Rentenbetrag von 763,81 € monatlich entspricht 70 % der ursprünglich begehrten Monatsrente von 1.091,16 € und beruht darauf, dass sich der Kläger in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung ein Mitverschulden am Schadensumfang in Höhe von 30 % wegen verweigerter stationärer psychiatrischer Behandlung hat anrechnen lassen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat bestritten, dass es sich bei dem vorgelegten Vertrag vom 14. März 2003 um einen verbindlichen, ernst gemeinten Arbeitsvertrag gehandelt habe. Es sei zudem völlig offen, ob der Kläger die in dem Vertrag vereinbarte Probezeit überstanden hätte und anschließend tatsächlich mehrere Jahre dauerhaft dort hätte tätig sein können. Insgesamt genüge auch der Vortrag des Klägers zu seiner beruflichen Vorbildung und Erwerbsbiografie nicht, um einen Erwerbsschaden feststellen zu können. Das Vorbringen zu den Beschäftigungen in den Fugereibetrieben werde bestritten. Zumindest sei der damalige Verdienst jedenfalls deutlich geringer als das nunmehr behauptete fiktive unfallbedingt entgangene Einkommen gewesen. Insgesamt werde bestritten, dass der Kläger ohne den Unfall durchgehend und auf Dauer das jetzt behauptete Einkommen hätte erzielen können. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass er unter unfallunabhängigen degenerativen Wirbelsäulenbeschwerden gelitten habe. Ferner werde bestritten, dass der Kläger schon unmittelbar nach dem Unfall aus unfallbedingten Gründen arbeitsunfähig gewesen sei, denn die Primärverletzungen aufgrund des Unfalls seien leichterer Art gewesen und hätten ausweislich der eigenen Angaben des Klägers in seiner Klage im Vorprozess nur eine Arbeitsunfähigkeit von maximal sechs Wochen bedingt. Psychische Probleme seien hingegen erst später aufgetreten. Bei dieser Sachlage sei es unverständlich, warum der angebliche Arbeitsvertrag mit dem Sicherheitsunternehmen I. nicht dennoch zur Ausführung gelangt sei.

Im Übrigen hat die Beklagte den geltend gemachten Verdienstausfallanspruch auch der Höhe nach bestritten. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe zwischenzeitlich "Sozialleistungen" erhalten, die kongruent seien und die er sich anrechnen lassen müsse. Außerdem müsse er die fiskalischen und sozialrechtlichen Abgaben, die von seinem behaupteten Bruttolohn in Abzug zu bringen seien, exakt darlegen. Im Wege der Vorteilsausgleichung seien zudem ersparte Eigenkosten zu berücksichtigen; hierzu fehle insgesamt jeder einlassungsfähige Vortrag. Ferner müsse sich der Kläger ein Mitverschulden am Entstehen des behaupteten Verdienstausfallschadens entgegenhalten lassen, weil er sich einer psychotherapeutischen Behandlung verweigert habe. Schon im Arztbericht des Dr. S. vom 13. September 2005 sei die Einleitung einer psychotherapeutischen Behandlung empfohlen worden. Mit aller Deutlichkeit sei dieser Vorschlag sodann in dem im Vorprozess eingeholten Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. F. vom 29. September 2008 angesprochen worden.

Vorsorglich hat die Beklagte schließlich noch die Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 2.372,11 € aus einem im Berufungsverfahren des Vorprozesses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss erklärt.

Mit am 17. November 2010 verkündeten Urteil, auf das der Senat auch zur weiteren Sachdarstellung Bezug nimmt, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, der Kläger habe einen bei ihm entstandenen kausalen Schaden weder hinreichend dargelegt noch sei dieser sonst konkret bezifferbar. Der Kläger habe, da er unstreitig Sozialleistungen erhalte, sich diese im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen zu lassen. Deshalb müsse er konkret darlegen und belegen, in welcher Höhe er solche Sozialleistungen beziehe. Seine Angabe in der mündlichen Verhandlung, die Leistungen würden mit durchschnittlich 700,00 € monatlich beziffert, reiche dazu nicht aus. Im Übrigen sei jedenfalls für die Zeit ab November 2010 eine alleinige Mithaftung des Klägers an seiner behaupteten psychischen Erkrankung in Ansatz zu bringen, denn nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. F. habe im Februar 2008 die Chance auf eine vollständige Wiederherstellung der psychischen Gesundheit des Klägers bestanden, sofern er sich in eine stationäre psychiatrische Behandlung begeben hätte. Weil sich der Kläger jedoch beharrlich geweigert habe, dieser Empfehlung zu folgen, habe er seine fortdauernde Erkrankung selbst zu verantworten.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er in erster Linie seine ursprünglichen erstinstanzlichen Klaganträge und hilfsweise die Anträge aus der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht weiterverfolgt und jeweils weiter hilfsweise wegen in der Vergangenheit erhaltener und übergeleiteter Leistungen mit Lohnersatzcharakter Zahlung an die ARGE S. begehrt. Außerdem macht er auf entsprechenden Hinweis des Senates nunmehr auch bezifferte Ansprüche auf Erstattung geleisteter Sozialleistungen nebst Kranken- und Pflegekassenbeiträgen an die jeweiligen Sozialleistungsträger geltend und erstrebt daneben einen Feststellungsausspruch in Bezug auf einen etwaigen künftigen Rentenverkürzungsschaden.

Der Kläger rügt Rechts- und Verfahrensfehler sowie eine unzureichende Tatsachenfeststellung des Landgerichts. Er meint, entgegen der Ansicht des Landgerichts seien keine Sozialleistungen von dem von ihm begehrten Erwerbsschaden in Abzug zu bringen; außerdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft ein den Erwerbsschaden ausschließendes Mitverschulden des Klägers angenommen.

Zu den Sozialleistungen führt der Kläger Folgendes aus: Es habe keinen Anspruchsübergang auf Sozialleistungsträger gegeben. Insoweit fehle es an der erforderlichen sachlichen Kongruenz, da die von ihm bezogenen Leistungen nach SGB III, II und XII keine Lohnersatzfunktion hätten. Hierzu legt der Kläger - erstmals - diverse Bestätigungsschreiben der Bundesagentur für Arbeit und des Jobcenters S. sowie verschiedene Leistungsbescheide vor (Anlagenkonvolut BfK 1, Bl. 184 ff. d. A., sowie BfK 24 bis 27 - Anlagenhefter), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Im Übrigen sei das Innenverhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungsempfänger für das Außenverhältnis des letzteren in seiner Stellung als Geschädigter im Verhältnis zum Schädiger nach Ansicht des Klägers ohnehin nicht relevant.

Hilfsweise beruft sich der Kläger darauf, dass auch keine zeitliche Kongruenz gegeben sei. Denn zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls sei mit einer Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers wegen Erwerbsunfähigkeit noch nicht zu rechnen gewesen, weil der Kläger bei dem Unfall nur leichte körperliche Primärverletzungen erlitten habe. Deshalb habe sich ein etwaiger Anspruchsübergang jedenfalls nicht rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Unfalls, sondern allenfalls erheblich später vollzogen, nämlich als der Kläger die Behandlung der sich verstärkenden psychischen Störung verweigert habe.

Unabhängig davon stehe ihm - dem Kläger - zumindest hinsichtlich der künftigen Leistung auf Erwerbsschadensersatz kraft Gesetzes wegen des Grundsatzes der Subsidiarität von Sozialhilfeleistungen eine Einzugsermächtigung zu. Er sei insoweit befugt, die Beklagte als Versicherer des Schädigers im eigenen Namen auf die Ersatzleistung in Anspruch zu nehmen, soweit Sozialleistungen noch nicht erbracht worden seien. Auf die Vorlage von Belegen oder Bescheiden könne es hier entgegen der rechtsfehlerhaften Ansicht des Landgerichts von vornherein nicht ankommen. Insoweit sei die angefochtene Entscheidung daher in jedem Fall korrekturbedürftig.

Hinsichtlich des rückständigen Erwerbsschadens sei der Geschädigte nach der Rechtsprechung des BGHs befugt, Zahlung an den Sozialhilfeträger zu verlangen, was nunmehr im Berufungsverfahren hilfsweise beantragt werde und als sachdienliche - mithin zulässige - Anpassung der Klaganträge zu bewerten sei.

Das Landgericht habe zudem verkannt, dass schon die in den PKH-Unterlagen beider Rechtsstreite enthaltenen Nachweise über bezogene Sozialleistungen für eine gerichtliche Schadensschätzung ausgereicht hätten. Anderenfalls wäre ein entsprechender weiterer Hinweis gemäß § 139 ZPO geboten gewesen. Namentlich hätte zunächst die Leistungsart thematisiert werden müssen, bevor es auf eine nähere Substantiierung zur Höhe der erhaltenen Leistungen angekommen wäre. Das Landgericht hätte auch nicht von einem etwaigen stillschweigenden Zugeständnis der von der Beklagten behaupteten Kongruenz der erhaltenen Sozialleistungen zu dem geltend gemachten Erwerbsschaden ausgehen dürfen.

Was das vom Landgericht angenommene Mitverschulden des Klägers an der Entstehung des Erwerbsschadens anbetreffe, stehe die dahingehende Annahme des Landgerichts im Widerspruch zu der einschränkungslos getroffenen Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für den Erwerbsschaden des Klägers aus dem Urteil des Vorprozesses. Da beiden Verfahren derselbe Prozessstoff zugrunde liege, bestehe insoweit eine Bindung an den rechtskräftigen Feststellungsausspruch. Berücksichtigungsfähig seien allenfalls Änderungen, die sich erstmals nach der letzten Tatsachenverhandlung im Vorprozess ergeben hätten. Der Mitverschuldenseinwand habe aber aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. F. schon zuvor im Raum gestanden.

Im Übrigen fehle es an einer zureichenden Tatsachenbasis für die Annahme eines anspruchsausschließenden oder -mindernden Mitverschuldens des Klägers. Es gebe lediglich eine unsichere Prognose des Sachverständigen, der nur von der bloßen "Möglichkeit" einer deutlichen Besserung durch den Beginn einer stationären Behandlung gesprochen habe. Zudem sei die Erfolgsprognose einer solchen Behandlung schlecht, da der Sachverständige die Chance auf eine vollständige Genesung bei deutlich unter 50 % gesehen habe. Angesichts der Belastung durch einen stationären Aufenthalt in der Psychiatrie begründe dies keine dem Kläger zumutbare Behandlungspflicht, zumal seine behandelnde Psychiaterin als maßgebliche und fachkundige Vertrauensperson die Erfolgsaussicht einer solchen Behandlung ausdrücklich verneint habe. Hierzu bezieht sich der Kläger auf ein erstmals im Berufungsverfahren vorgelegtes Attest vom 17. Dezember 2010 (Anlage BfK 2, Bl. 191 d. A.).

Darüber hinaus fehle nach dem vom Landgericht gewonnenen und ausdrücklich protokollierten persönlichen Eindruck vom Kläger, der danach in der mündlichen Verhandlung nur gegen die Wand gestarrt, nicht auf Fragen reagiert und einen geistesabwesenden Eindruck gemacht habe, die für einen Mitverschuldensvorwurf erforderliche ausreichende Einsichtsfähigkeit des Klägers.

Zumindest bedürfe es nach alledem zur erforderlichen Konkretisierung des genauen Krankheitsbildes und seines Verlaufs der Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liege indessen bei der Beklagten.

Im Übrigen fehle es auch an tragfähigen Feststellungen des Landgerichts dazu, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum sich ein etwaiges Mitverschulden überhaupt konkret ausgewirkt hätte.

Der Kläger meint, sein mit der Berufungsbegründung ergänztes und durch neue Urkunden belegtes Vorbringen sei insgesamt nicht verspätet, weil das Landgericht hierzu gebotene Hinweise unterlassen habe. Stattdessen sei der erstinstanzliche Klägervertreter durch den Hinweis vom 23. August 2010 zu unmaßgeblichen und falschen Rechtsüberlegungen verleitet worden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen,

I. in erster Linie

1. ihm, dem Kläger,

a) einen unfallbedingten Erwerbsunfähigkeitsschaden für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis einschließlich März 2010 in Höhe von 91.657,44 € [= 84 Monate x 1.091,16 €] zzgl. 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie

b) ab dem 1. April 2010 eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.091,16 €, vierteljährlich vorauszahlbar, beginnend mit dem Monatsersten des jeweiligen Quartals zzgl. 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz seit Fälligkeit zu zahlen,

2. hilfsweise:

davon die Monatsbeträge vergangener Zeiträume an die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Jobcenter S., ., zu zahlen, soweit der Kläger von dort Leistungen mit Lohnersatzcharakter für die Vergangenheit erhalten hat und in dieser Höhe Überleitung seiner Ersatzansprüche gegen die Beklagte auf die ARGE Jobcenter S. erfolgte;

II. zumindest jedoch

1. a) ihm eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monatlich 391,16 € für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis einschließlich September 2008 bei Verzinsung der jeweiligen Monatsbeträge mit 5 % über dem Basiszinssatz, beginnend mit dem 1. April 2003, sowie

b) ihm ab dem 1. November 2010 eine monatliche Unfallrente in Höhe von 763,81 €, vierteljährlich vorauszahlbar, beginnend mit dem Monatsersten des jeweiligen Quartals, zzgl. 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zu zahlen,

2. hilfsweise

davon die Monatsbeträge vergangener Zeiträume an die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Jobcenter S., ., zu zahlen, soweit der Kläger von dort Leistungen mit Lohnersatzcharakter für die Vergangenheit erhalten hat und in dieser Höhe Überleitung seiner Ersatzansprüche gegen die Beklagte auf die ARGE Jobcenter S. erfolgte.

Auf Hinweis des Senates hat der Kläger diesen Antrag noch dahingehend ergänzt, dass er ferner beantragt,

III. die Beklagte zu verurteilen,

1. für die rückständige Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Januar 2011 an die ARGE H., .,

a) Leistungen nach SGB II in Höhe von 6.015,28 €

und

b) geleistete Pflichtbeiträge für die Kranken- und Pflegekasse in Höhe von 1.404,55 €

zu erstatten,

2. für die rückständige Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Oktober 2011 an die Stadt H., .,

a) Leistungen nach SGB XII in Höhe von 6.974,65 €

und

b) geleistete Pflichtbeiträge für die Kranken- und Pflegekasse in Höhe von 1.404,55 €

zu erstatten

und

3. für die rückständige Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Mai 2012 an die Stadt H.,

a) Leistungen nach SGB XII in Höhe von 6.935,22 €

und

b) geleistete Pflichtbeiträge für die Kranken- und Pflegekasse in Höhe von 1.091,65 €

zu erstatten;

IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die möglicherweise verbleibenden Rentenverkürzungsschäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreitet insgesamt das neue Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren. Namentlich sei entgegen der Ansicht des Klägers grundsätzlich von einer Lohnersatzfunktion der erhaltenen Sozialleistungen auszugehen, weil der Kläger der Arbeitsverwaltung als Arbeitssuchender zur Verfügung gestanden habe.

Nur wegen der Leistungen nach SGB II fehle es an der für einen Anspruchsübergang erforderlichen sachlichen Kongruenz (letzte Seite des Schriftsatzes vom 7. Juni 2012). Insoweit sei dem Kläger selbst jedoch wegen seines Leistungsbezugs kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Im Übrigen sei das neue Vorbringen insgesamt verspätet, was die Beklagte im Einzelnen näher ausführt.

Das Landgericht habe ferner zu Recht einen Verstoß gegen die Pflicht zur Geringhaltung des Schadens im streitgegenständlichen Betragsverfahren geprüft und einen solchen Verstoß auch zutreffend bejaht. Die Beklagte macht geltend, eine medizinische Behandlung wäre auch unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes des Klägers für diesen möglich gewesen, was sich schon daraus zeige, dass er sich zwischenzeitlich ausweislich des vorgelegten Attestes zumindest in ambulante Behandlung begeben habe; eine solche Behandlung sei auch ohne weiteres zumutbar gewesen. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen F. hätte auch noch eine ausreichende Erfolgsaussicht bestanden.

Die Beklagte hält schließlich ihren Einwand aufrecht, dass es an einer ausreichenden Darlegung für eine auf dem Verkehrsunfall beruhende Erwerbsunfähigkeit des Klägers zumindest bis zum Sommer 2005 fehle. Denn die psychische Problematik sei erst rd. zwei Jahre nach dem Unfall aufgetreten. Der Kläger habe zudem nicht bewiesen, dass er dauerhaft das behauptete Einkommen erzielt hätte. Des Weiteren fehle - wie ebenfalls schon in erster Instanz gerügt - ein ausreichend konkreter Vortrag zum beruflichen Werdegang bis zum Zeitpunkt des Unfalls.

Sie erhebt zudem nunmehr die Einrede der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Akten des Vorprozesses 2 O 567/06 - Landgericht Stade / 14 U 115/09 - OLG Celle lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat Beweis erhoben zur Frage der beabsichtigten Erwerbstätigkeit des Klägers im Sicherheitsdienst I. durch Vernehmung des Zeugen I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22. Mai 2012 (Bl. 327 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 7. Juni 2012 lag vor und ist berücksichtigt worden. Dasselbe gilt für die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 8. Juni 2012 und 20. Juni 2012.

B) I.

Die Berufung ist teilweise in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die Anspruchsvoraussetzungen für einen Verdienstausfallersatzanspruch des Klägers gemäß §§ 842, 843 BGB liegen für den Zeitraum ab 17. Januar 2005 dem Grunde nach vor.

a) Aufhebung der Erwerbsfähigkeit des Verletzten durch den Unfall:

Infolge des streitgegenständlichen Unfalls ist für die Zeit ab 17. Januar 2005 die Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgehoben gewesen.

aa) Ob durch den Unfall vom 24. März 2003 eine bis dahin vorhandene Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgehoben worden ist, ist im vorliegenden Betragsverfahren zu prüfen. Es besteht insoweit keine Bindung durch das Feststellungsurteil aus dem Vorprozess. Zwar heißt es dort, es werde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, "den Kläger für seine Erwerbsunfähigkeit aufgrund des Verkehrsunfalls vom 24. März 2003 zu entschädigen". Dies betrifft aber lediglich die Feststellung einer Haftung dem Grunde nach für eine Erwerbsunfähigkeit, die durch den Unfall verursacht worden ist. Inwieweit diese Kausalbeziehung konkret besteht, muss nunmehr im Betragsverfahren geklärt werden.

bb) Insoweit hat der Sachverständige Prof. F. für den Begutachtungszeitpunkt vom 29. September 2008 eine 100 %ige Erwerbsunfähigkeit des Klägers aufgrund einer mittelschweren bis schweren depressiven Störung festgestellt. Ferner hat er gemeint, dieser Zustand bestehe "vermutlich zumindest ab dem Jahre 2005"; davor habe eine posttraumatische Belastungsstörung bestanden, zu deren konkreter Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit das Gutachten aber keine näheren Ausführungen enthält. Der Sachverständige hat allerdings erklärt, er gehe davon aus, dass es in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis im Jahre 2003 innerhalb der ersten Wochen nach dem Unfallereignis selbst zur Ausbildung der posttraumatischen Belastungsstörung gekommen sei (Gutachten vom 29. September 2008, S. 40 und S. 39).

Nachdem schon in dem Attest des Dr. T. vom 17. Dezember 2004 (Anlage 8, Bl. 109 der Beiakte) der Verdacht auf eine psychosomatische Depression und posttraumatische Belastungsstörung geäußert worden ist, lässt sich eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers wegen psychischer Unfallfolgen mit dem Sachverständigen Prof. F. zumindest ab Anfang 2005 feststellen. Die Depression hat sich dabei nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen maßgeblich aufgrund des Unfalls entwickelt, sodass es insoweit irrelevant ist, wenn der Kläger zusätzlich auch noch unter unfallunabhängigen degenerativen Wirbelsäulenbeschwerden gelitten haben sollte. Denn nach gefestigter Rechtsprechung reicht für eine volle Einstandspflicht des Schädigers schon die bloße Mitursächlichkeit des von ihm zu verantwortenden Schadensereignisses für die geltend gemachten Schäden aus. Die Beklagte bestreitet dies letztlich auch nicht, sondern stellt nur eine unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit in der Anfangszeit direkt nach dem Unfall vor Ausbildung der Depression in Frage.

Inwieweit auch für die Jahre 2003 und 2004 schon eine auf dem Verkehrsunfall beruhende Erwerbsunfähigkeit feststellbar ist, kann hingegen offen bleiben. Denn für Zeiträume vor dem 17. Januar 2005 ist die Klage wegen fehlender Bezifferung der erhaltenen Sozialleistungen insgesamt unschlüssig. Hierzu wird auf Abschnitt 3. a) aa) der Urteilsgründe verwiesen.

cc) Den Kläger trifft an der eingetretenen Erwerbsunfähigkeit kein anspruchsminderndes Mitverschulden.

Zwar besteht insoweit entgegen der Auffassung des Klägers keine den Mitverschuldenseinwand der Beklagten ausschließende Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils. Denn die Ermittlung der Schadenshöhe ist danach insgesamt dem Betragsverfahren vorbehalten. Der Kläger wendet aber mit Recht ein, dass ihm entgegen der Ansicht des Landgerichts keine schuldhafte Mitverursachung des Verdienstausfallschadens durch Verweigerung einer stationären psychiatrischen Behandlung angelastet werden kann. Während bei der Bemessung des Schmerzensgeldes schon jede erreichbare Besserung des psychischen Befindens durch Abmilderung der Folgen der Depression von Bedeutung war (so ausdrücklich der entsprechende Passus im Senatsurteil des Vorprozesses), würde sich im Hinblick auf den Erwerbsschaden nur eine (unterlassene) Mitwirkung auswirken, die die Erwerbsfähigkeit zumindest so weit wieder hergestellt hätte, dass der Kläger anschließend im Umfang seiner dann gegebenen Leistungsfähigkeit auch eine Anstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gefunden hätte. Für den Zeitraum nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. F., also ab Oktober 2008, kann das jedoch nicht angenommen werden. Denn zu dieser Zeit war der Kläger schon mehr als fünf Jahre ohne Arbeit und mittlerweile 52 Jahre alt. Die Chance einer kompletten Heilung der Depression hat der Sachverständige Prof. F. in der damaligen mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht als "deutlich unter 50 % liegend" eingeschätzt. Von einer vollen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (und dadurch besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt) kann demnach nicht ausgegangen werden. Selbst mit etwas gebesserten depressiven Symptomen, aber zugleich vorhandenen vorbestehenden körperlichen Vorschäden aus degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen und nahezu völlig fehlender beruflicher Erfahrung in Deutschland hätte der Kläger in seinem Alter aber voraussichtlich keine Anstellung mehr gefunden. Gegenteiliges wäre von der Beklagten darzulegen und zu beweisen; ein entsprechender Beweis ist indessen nicht angetreten und auch kein substantiierter Sachvortrag dazu gehalten worden.

b) Eintritt eines Erwerbsschadens:

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger auch einen Erwerbsschaden erlitten.

aa) Unmittelbar vor dem Unfall war der Kläger nach eigenem - insoweit unbestritten gebliebenen - Vorbringen arbeitslos. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. z. B BGHZ 90, 334 - juris-Rdnr. 9) kommt der Arbeitskraft als solcher kein Vermögenswert zu; ihr Wegfall allein stellt deshalb auch bei "normativer" Betrachtung keinen Schaden im haftungsrechtlichen Sinne dar. Falls ein Geschädigter vor einem Unfallereignis kein Erwerbseinkommen erzielt hat, entsteht ein Erwerbsschaden nur, wenn er entweder eine Sozialleistung mit Lohnersatzcharakter bezog (z. B. ALG I oder Arbeitslosenhilfe nach altem Recht) oder - falls er Sozialhilfe oder ALG II nach neuem Recht bezog - wenn er ohne den Unfall während der Zeit seiner unfallbedingten Arbeitslosigkeit in eine Erwerbsposition mit Verdienst eingetreten wäre.

bb) Letzteres ist hier vom Kläger unter Beweisantritt behauptet worden. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats erwiesen, dass der Kläger ohne den streitgegenständlichen Unfall ab 1. April 2003 ein vergütetes Arbeitsverhältnis bei dem Zeugen I. in dessen Sicherheitsdienst angetreten hätte. Der Zeuge hat detailliert geschildert, auf welche Weise seinerzeit der Kontakt zum Kläger entstand und es zum Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14. März 2003 kam. Er hat insbesondere bestätigt, dass der Arbeitsvertrag schon vor dem Verkehrsunfall verbindlich geschlossen worden und seine Durchführung auch tatsächlich ernsthaft geplant war. Die Aussage erschien dem Senat in der Sache glaubhaft. Zwar ergaben sich zu einzelnen Punkten (etwa dem seinerzeitigen Girokonto des Klägers, welches im schriftlichen Arbeitsvertrag nicht benannt worden war, oder der - in Details trotz zeitlicher Nähe jeweils abweichenden - Gestaltung der Briefköpfe) offene Fragen oder vordergründige Widersprüchlichkeiten. Auf entsprechende Vorhalte hin vermochte der Zeuge diese aber stets einer letztlich noch nachvollziehbaren Erklärung zuzuführen. Das betrifft sowohl die wechselnden Firmenbezeichnungen und Telefon- und Faxnummern als auch den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dienstausweis und die Umstände des Aufhebungsvertrages.

Der Zeuge erschien dem Senat auch glaubwürdig. Für den Senat ergab sich insgesamt das Bild eines zwar bei der Führung seiner geschäftlichen Unterlagen wenig strukturierten Kleinunternehmers, der aber gleichwohl um wahrheitsgemäße Rekonstruktion der schon erhebliche Zeit zurückliegenden Geschäftsvorgänge bemüht war. Der Zeuge hätte an einer möglichen Falschaussage zugunsten des Klägers zudem kein nachvollziehbares Interesse, da er dem Rechtsstreit inhaltlich völlig unbeteiligt gegenübersteht. Allein die von der Beklagten angesprochene landsmannschaftliche Nähe vermag den Verdacht einer wahrheitswidrigen Aussage nicht zu stützen. Der bloße Umstand, dass ein Original des schriftlichen Arbeitsvertrages nicht mehr vorgelegt werden konnte, rechtfertigt unter Berücksichtigung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen I. und des vom Senat erlangten Eindrucks von dessen Glaubwürdigkeit ebenfalls nicht die Annahme, das Arbeitsverhältnis sei erst im Nachhinein manipuliert und nachgestellt worden. Für den Zeugen hätte kein begründbarer Anlass bestanden, sich auf Derartiges einzulassen. Hinzu kommt, dass der Kläger auf das Arbeitsverhältnis bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich im Prozesskostenhilfeantrag vom 22. Dezember 2006 zum Vorprozess, erstmals hinwies. Der zugehörige Arbeitsvertrag war der Beklagten ausweislich deren Schriftsatzes im Vorprozess vom 22. Januar 2007 (Seite 6, Bl. 18 d. BA 14 U 115/09) schon zuvor im Zuge der außergerichtlichen Korrespondenz vorgelegt worden. Seinerzeit war aber noch völlig offen, ob es dem Kläger überhaupt gelingen würde, eine durch den Unfall verursachte dauernde Erwerbsunfähigkeit zu beweisen. Auch das spricht gegen einen entsprechenden Betrugsverdacht unter Einbeziehung eines Dritten. Nachdem für den Kläger im Vorfeld dieses Prozesses zudem neben den Rechtsanwälten A./B. und Baron von B. auch noch mehrere weitere Anwälte (z. B. Rechtsanwalt H. sowie Rechtsanwälte S. und Partner) tätig waren, erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, dass die Originale des Arbeitsvertrages dort verblieben oder im Rahmen der vielfältigen Korrespondenzen letztlich abhandengekommen sind.

cc) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass das Arbeitsverhältnis die vereinbarte Probezeit überdauert hätte und zunächst unbefristet fortgeführt worden wäre. Der Zeuge I., dessen Aussage auch insoweit glaubwürdig war, hat bekundet, dass sich der Kläger in der vor Abschluss des Arbeitsvertrages absolvierten Praktikumszeit den Anforderungen seines künftigen Berufes in vollem Umfang gewachsen gezeigt habe; er sei zudem überaus engagiert, arbeitseifrig und pünktlich gewesen. Nachdem der Zeuge ferner glaubhaft erläutert hat, den Kläger selbst "inkognito" vor der Einstellung einen Tag lang bei der Arbeit beobachtet und seinerzeit einen Bedarf an geeigneten Mitarbeitern gehabt zu haben, ist nicht wahrscheinlich, dass sich in der nächsten Zeit nach Antritt des regulären Arbeitsverhältnisses ein Grund für dessen vorzeitige Beendigung ergeben hätte.

2. Die Höhe des Erwerbsschadens des Klägers bemisst der Senat gemäß § 287 ZPO i. V. m. § 252 Satz 2 BGB auf 765,00 € netto monatlich (= rund 70 % von 1.091,16 €).

a) Dabei hat der Senat den im Arbeitsvertrag des Klägers mit dem Zeugen I. vereinbarten Bruttolohn von 8,50 € bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 42 Wochenstunden zugrundegelegt. Denn der Zeuge I. hat glaubhaft bestätigt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu diesen im schriftlichen Vertrag festgehaltenen Bedingungen zustandegekommen wäre. Daraus errechnet sich der vom Kläger geltend gemachte fiktive monatliche Nettolohn von 1.091,16 € (= 6,00 €/Stunde x 42 Stunden pro Woche x 4,33 Wochen pro Monat). Gemäß § 287 ZPO geht der Senat insoweit von einem Nettostundenlohn von 6,00 € aus. Dass dieser Betrag unter Berücksichtigung der persönlichen Steuer- und Abgabenmerkmale des Klägers von der Größenordnung her zutreffend ist, ergibt sich auch aus den als Anlage zum Schriftsatz vom 30. April 2012 vorgelegten Lohnberechnungen für das Jahr 2003 (Anlage BfK 14). Denn danach beträgt bei einem Bruttostundenlohn von 8,50 € die Steuer- und Abgabenlast 28,6 % des dort für neun Monate ermittelten Jahresverdienstes. Bezogen auf den Stundenlohn von 8,50 € errechnet sich daraus ein Nettobetrag von 6,07 €.

Ein weiterer Abzug hiervon im Hinblick auf ersparte Aufwendungen erschien dem Senat nicht geboten. Denn der Zeuge I. hat glaubhaft bekundet, etwaige Fahrt- und Übernachtungskosten wären dem Kläger zusätzlich zum vereinbarten Arbeitsentgelt erstattet worden.

b) Gemäß § 252 Satz 2 BGB hält der Senat allerdings einen rund 30 %-igen Abschlag auf den sich rein rechnerisch auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14. März 2003 mit dem Zeugen I. ergebenden Verdienstausfallschaden von monatlich 1.091,16 € für gerechtfertigt, um den aus den gesundheitlichen Vorschäden und der Arbeitsmarktentwicklung folgenden Risiken für die (fiktive) Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters Rechnung zu tragen. Daher verbleibt ein ersatzfähiges fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von 765,00 € netto.

Bei der Schätzung des ersatzfähigen Verdienstausfallschadens ist die Prognose der beruflichen Entwicklung erforderlich, welche der Geschädigte ohne den Unfall genommen hätte. Zwar darf die Schadensschätzung "nicht vollends in der Luft schweben"; die Anforderungen an die Prognose der beruflichen Entwicklung dürfen aber andererseits auch nicht überspannt werden, weil es in der Verantwortlichkeit gerade des Schädigers liegt, dass in die berufliche Entwicklung des Geschädigten eingegriffen wurde und sich hieraus Schwierigkeiten für die Prognoseentscheidung ergeben (vgl. BGH, VersR 2000, 233[BGH 20.04.1999 - VI ZR 65/98] - juris-Rdnr. 11). Gemäß § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO ist letztlich auf der Grundlage von Anknüpfungstatsachen im Wege der Prognose ein Wahrscheinlichkeitsurteil über die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinliche berufliche Entwicklung des Geschädigten zu treffen (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 10. Aufl., Rdnr. 47). Dabei ist in die erforderliche Prognose u. a auch einzustellen, ob der Verletzte zum Unfallzeitpunkt aufgrund einer kontinuierlichen beruflichen Entwicklung erwerbstätig oder ob er arbeitslos war und ggf. auch schon vor dem Unfall keinen klar strukturierten beruflichen Lebensweg nachweisen kann. Die Kontinuität der beruflichen Laufbahn ist also ein wesentlicher Faktor im Rahmen der Prognoseentscheidung (vgl. BGH, VersR 1990, 284[BGH 05.12.1989 - VI ZR 321/88] - juris-Rdnr. 6), die sich neben der voraussichtlichen Einkommenserzielung als solcher auch auf die Höhe des wahrscheinlich entgangenen Einkommens erstreckt.

Im vorliegenden Fall war insoweit zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Berufsausbildung hat und bis zum Unfall nicht regelmäßig gearbeitet hatte. Obwohl ihm schon Mitte August 1999 eine Arbeitserlaubnis erteilt worden war, fand er erstmals im Mai 2000 eine - ungelernte - Beschäftigung als Bauhelfer mit nur geringfügiger, Sozialhilfeniveau nicht übersteigender Entlohnung. Dabei blieb es (mit Ausnahme einer dreimonatigen Interimszeit im Frühjahr/Sommer 2001) auch im Zuge der sich anschließenden weiteren Beschäftigungsverhältnisse im Bausektor bis April 2002. Im Anschluss an die nachfolgende Sprachqualifizierung verrichtete der Kläger dann zunächst mehrwöchige Praktika im Sicherheitsdienst des Zeugen I., die nach dessen Bekundung nicht entlohnt wurden. Erstmals ab 1. April 2003 hatte er die konkrete Aussicht auf eine längerfristige und besser vergütete Tätigkeit in der Sicherheitsbranche aufgrund des mit dem Zeugen I. geschlossenen Arbeitsvertrags. Der Zeuge hat jedoch bei seiner Vernehmung durch den Senat bekundet, die Anzahl seiner Mitarbeiter habe im Verlauf der Jahre sehr geschwankt. Während er anfangs noch bis zu 28 Personen beschäftigt habe, seien es derzeit nur zwei Angestellte (wovon einer sein Halbbruder ist). Inzwischen werde aus Gründen der besseren Flexibilität überwiegend mit Subunternehmern gearbeitet. Im Großraum H. sei er schon seit etwa 2007/2008 nicht mehr tätig, weil er sein Arbeitsgebiet auf den Großraum H./O. konzentriert habe. Die längste Verweildauer eines Mitarbeiters in seinem Unternehmen habe rund acht Jahre betragen.

Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger ohne den Unfall auch heute noch bei dem Sicherheitsdienst I. beschäftigt wäre. Vielmehr besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Arbeitsverhältnis nach einigen Jahren beendet worden wäre und der Kläger sich eine neue Beschäftigung hätte suchen müssen. Da er über keine Berufsausbildung verfügt, schwere körperliche Arbeiten aufgrund der degenerativen Vorschädigung seiner Wirbelsäule (so der Kläger selbst in dem Entwurf der Klagschrift im Vorprozess vom 22. Dezember 2006, Seite 2 - Bl 3 der BA. 14 U 115/09 -) und der mit zunehmendem Alter ohnehin geringer werdenden körperlichen Leistungsfähigkeit nicht längerfristig hätte ausüben können und zudem der Konkurrenzdruck im Sicherheitsgewerbe nach den Schilderungen des Zeugen I. hoch ist, hätte für den Kläger ein hohes Risiko zumindest vorübergehender Zeiten von Arbeitslosigkeit bestanden. Dieses hätte sich mit zunehmendem Lebensalter und der daraus folgenden schwereren Vermittelbarkeit noch verstärkt. Andererseits kann nicht unterstellt werden, der Kläger hätte ab einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt nicht mehr gearbeitet, weil sein beruflicher Werdegang in Deutschland bis zum streitgegenständlichen Unfall zeigt, dass er sich stets erfolgreich bemüht hat, Arbeitstätigkeiten auszuüben, und dadurch vom Bezug öffentlicher Sozialleistungen unabhängig zu werden. Außerdem hat er nach der Bekundung des Zeugen I. vor dem Unfall eine vorbildliche Arbeitshaltung und großes Engagement gezeigt, was ihm neben der nach einer gewissen Zeit gewonnenen beruflichen Erfahrung im deutschen Arbeitsumfeld auch bei der späteren Suche neuer Beschäftigungsmöglichkeiten zugutegekommen wäre.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei solchen Sachlagen der Unsicherheit der beruflichen Entwicklung eines Unfallgeschädigten im Rahmen der Schadensschätzung dadurch Rechnung getragen werden kann, dass von einer zunächst ermittelten fiktiven durchschnittlichen Verdienstmöglichkeit ein - ggf. prozentual zu berechnender - Abschlag gemacht werden kann (vgl. Küppersbusch, aaO., Rdnr. 53 m. w. N. in Fn. 81; Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl., Rdnrn. 2094 und 2096 m. w. N.; BGH, BGHZ 137, 142 unter III. a. E. der Urteilsgründe). Diesen Abschlag hat der Senat hier unter Gewichtung der vorstehend aufgezeigten Erwerbsrisiken auf 30 % bemessen.

c) Diesen - reduzierten - Ausfallschadenbetrag legt der Senat bis zum regulären Renteneintrittsalter des 1957 geborenen Klägers von 65 Jahren und 11 Monaten, also dem Ablauf des Februar 2023, zugrunde.

Entgegen der vom früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers im ersten Rechtszug vertretenen Auffassung besteht der Schaden aufgrund entgangener Erwerbseinkünfte nicht lebenslang, weil nicht wahrscheinlich ist, dass der Kläger über den Zeitpunkt des gesetzlichen Renteneintrittsalters hinaus noch weiter gearbeitet hätte.

3. Die vorstehend ermittelten Verdienstausfallansprüche stehen dem Kläger allerdings nur teilweise selbst zu. Soweit wegen der von ihm bezogenen Sozialleistungen ein Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger stattgefunden hat, kann er keine Zahlung an sich selbst verlangen. Inwieweit er in Prozessstandschaft Zahlung an den jeweiligen Leistungsträger beanspruchen darf, hängt von der Art der bezogenen Sozialleistung und dem Leistungszeitraum ab.

a) Nach den auf die Hinweise des Senats vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen und Leistungsbescheiden, deren inhaltliche Richtigkeit von der Beklagten nicht mit Substanz infrage gestellt worden ist, hat der Kläger in folgendem Umfang Sozialleistungen bezogen:

aa) Für den Zeitraum vom 24. März 2003 bis 16. Januar 2005 ist der Kläger trotz der vom Senat erteilten Hinweise den erforderlichen Vortrag zu Art und Höhe der von ihm bezogenen Sozialleistungen schuldig geblieben. Das dazu lediglich vorgelegte Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 23. Dezember 2010 (Bl. 184 d. A. und Anlage BfK 26 - Anlagenhefter) belegt nur, dass jedenfalls kein ALG I oder andere Arbeitsförderungsleistung nach dem SGB III gezahlt worden ist, nicht aber, welche Leistung tatsächlich stattdessen erbracht worden ist. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 30. April 2012 (Seite 14) erklärt, konkrete Abrechnungen dazu seien nicht mehr auffindbar. Anderweitigen Beweis hatte er nicht angetreten. Das geht - da er für seine Aktivlegitimation darlegungs- und beweispflichtig ist - zu seinen Lasten.

Wegen des unzureichenden klägerischen Vortrags lässt sich nicht feststellen, ob und in welcher Höhe Anspruchsübergänge auf welche Sozialleistungsträger erfolgt sind. Die Klage ist daher insoweit für diesen Zeitraum unschlüssig. Denn weder kann ermittelt werden, in welcher Höhe der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert ist, noch kann der beim Kläger selbst verbleibende Teil seines Erwerbsschadens berechnet werden, weil nicht bekannt ist, in welcher Höhe durch Zahlung von ALG II, Sozialhilfe oder anderen Sozialleistungen ein Anspruchsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist.

Wegen der für den Zeitraum vom 24. März 2003 bis 16. Januar 2005 geltend gemachten Erwerbsausfallansprüche war die Berufung daher zurückzuweisen.

bb) In dem Zeitraum vom 17. Januar 2005 bis 31. Januar 2011 hat der Kläger nachgewiesen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in nachfolgender Höhe bezogen zu haben (Anlage BfK 1, Bl. 185 bis 190 d. A., sowie Anlagen BfK 24, 25 und 27 [erster Teil] - Anlagenhefter):

(1) Von der ARGE Jobcenter S.:

- vom 17. Januar 2005 bis 31. Januar 2005: 312,79 €;

- vom 1. Februar 2005 bis 31. Juli 2005: monatlich 625,58 €;

- vom 1. August 2005 bis 31. Januar 2006: monatlich 625,58 €;

- vom 1. Februar 2006 bis 31. Juli 2006: monatlich 688,70 €;

- vom 1. August 2006 bis 31. Januar 2007: monatlich 688,70 €;

- vom 1. Februar 2007 bis 30. Juni 2007: monatlich 688,70 €;

- vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007: 690,80 €;

- vom 1. August 2007 bis 31. August 2007: 690,70 €; (2) von der H. Arbeitsgemeinschaft SGB II:

- Vom 1. September 2007 bis 29. Februar 2008: monatlich 347,00 €;

- vom 1. März 2008 bis 31. August 2008: monatlich 729,87 €;

- vom 1. September 2008 bis 28. Februar 2009: monatlich 733,87 €;

- vom 1. März 2009 bis 31. August 2009: monatlich 743,91 €;

- vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010: monatlich 751,91 €;

- vom 1. März 2010 bis 31. August 2010: monatlich 751,91 €;

- vom 1. September 2010 bis 31. Januar 2011: monatlich 751,91.

cc) Ab 1. Februar 2011 bis 31. Oktober 2012 bezog (und bezieht) der Kläger sodann vom Bezirksamt B. der Stadt H. (Anlage BfK 27 [zweiter Teil] - Anlagenhefter) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in folgender Höhe (jeweils ohne Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge):

- Vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011: 764,44 €;

- vom 1. März 2011 bis 31. März 2011: 764,44 €;

- vom 1. April 2011 bis 30. Juni 2011: monatlich 764,44 €;

- vom 1. Juli 2011 bis 31. Juli 2011: 764,44 €;

- vom 1. September 2011 bis 30. September 2011: 764,44 €;

- vom 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2011: 859,23 €;

- vom 1. November 2011 bis 31. Dezember 2011: monatlich 859,23 €;

- vom 1. Januar 2012 bis 31. Oktober 2012: monatlich 869,46 €.

b) Hinsichtlich des nachgewiesenen Leistungsbezuges in den Zeiträumen ab 17. Januar 2005 stellt sich die Rechtslage zur Aktivlegitimation des Klägers wie folgt dar:

aa) 1. August 2006 bis 31. Januar 2011:

In diesem Zeitraum hat der Kläger ALG II nach SGB II bezogen. Gemäß § 116 Abs. 10 SGB X i. d. F. vom 20. Juli 2006 (gültig ab 1. August 2006 bis heute) gilt der gesetzliche Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X auch für den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinne des SGB II.

Die im vorgenannten Zeitraum bezogenen Leistungen des Klägers nach dem SGB II sind sachlich kongruent zu seinem Erwerbsschaden (vgl. dazu Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kapitel 30, Rdnr. 25 sowie Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 71. Ergänzungslieferung Oktober 2011, § 116 SGB X, Rdnrn. 118, 125, 128 und 132). Für die Kongruenz ist nach zutreffender Ansicht in erster Linie maßgeblich, dass mit der erbrachten Sozialleistung der gleiche Zweck verfolgt wird wie mit dem jeweiligen Ersatzanspruch. Die Zweckrichtung von Verdienstausfallersatz aus fiktiver (unfallbedingt entgangener) Arbeitstätigkeit ist aber die Sicherung des Lebensunterhalts durch ein Geldeinkommen.

Die gleiche Zweckrichtung verfolgt indessen auch das ALG II oder die Sozialhilfe, wenn diese gewährt werden, weil der Geschädigte trotz seiner unfallbedingten Verletzungen zwar weiter erwerbsfähig ist, aber seine alte Arbeitsstelle wegen des Unfalls verloren hat bzw. ein anstehendes neues Arbeitsverhältnis deswegen nicht antreten konnte (ALG II) oder wenn er unfallbedingt erwerbsunfähig geworden ist (Sozialhilfe nach SGB XII). Auch der BGH bejaht in diesem Sinne eine "Lohnersatzfunktion", wenn die Sozialleistung ebenso wie der Arbeitslohn dem Lebensunterhalt des Leistungsempfängers dient (vgl. BGHZ 90, 334 - juris-Rdnr. 18: dort bejaht für Krankengeld).

Soweit die Beklagte aus der von ihr vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Januar 2009 (3 U 124/08; Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 7. Juni 2012) etwas anderes ableiten will, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn der vom OLG Köln entschiedene Sachverhalt war anders gelagert, weil der dortige Geschädigte schon zum Zeitpunkt des Unfalls lediglich Arbeitslosengeld bezog und von vornherein nur dafür ein Ersatzanspruch gegenüber dem Schädiger bestand; hingegen war dort - anders als hier - kein Ersatz für ein ohne das Unfallereignis an die Stelle der Sozialleistung getretenes Erwerbseinkommen zu leisten.

Die im oben genannten Zeitraum vom Kläger bezogenen Leistungen sind auch zeitlich mit dem betreffenden Erwerbsausfallschaden kongruent, sodass im Ergebnis insoweit ein Forderungsübergang auf den Träger der gewährten Sozialleistung stattfindet.

Der Übergang erfolgt zu dem Zeitpunkt, in dem eine Bedürftigkeit im Sinne des SGB II absehbar war (vgl. Geigel, aaO., Rdnr. 41). Das ist jedenfalls der Fall für Zeiträume, wo bereits Leistungen erbracht worden sind (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rdnr. 716; ebenso letztlich BGH, BGHZ 131, 274 - juris-Rdnr. 17).

Der Kläger war deshalb von vornherein nicht Anspruchsinhaber seines Erwerbsschadens in Höhe des im gleichen Zeitraum bezogenen ALG II. Nur wegen des Differenzbetrags zu dem ihm zustehenden Erwerbsausfall von 765,00 € monatlich kann er Zahlung an sich selbst verlangen. Denn wegen der bei ihm selbst verbliebenen Anspruchsteile ist er ohne weiteres prozessführungsbefugt, da er insoweit ein eigenes Recht geltend macht.

Insoweit errechnen sich folgende Zahlbeträge:

- 1. August 2006 bis 30. Juni 2007: 765,00 € monatlich abzüglich 688,70 € = 76,30 € x 11 Monate = 839,30 €;

- 1. Juli 2007 bis 31. August 2007: 765,00 € monatlich abzüglich 690,70 € = 74,30 € x 2 Monate = 148,60 €;

- vom 1. September 2007 bis 29. Februar 2008: 765,00 € monatlich abzüglich 347,00 € = 418,00 € x 6 Monate = 2.508,00 €;

- vom 1. März 2008 bis 31. August 2008: 765,00 € monatlich abzüglich 729,87 € = 35,13 € x 6 Monate = 210,78 €;

- vom 1. September 2008 bis 28. Februar 2009: 765,00 € monatlich abzüglich 733,87 € = 31,13 € x 6 Monate = 186,78 €;

- vom 1. März 2009 bis 31. August 2009: 765,00 € monatlich abzüglich 743,91 € = 21,09 € x 6 Monate = 126,54 €;

- vom 1. September 2009 bis 31. Januar 2011: 765,00 € monatlich abzüglich 751,91 € = 13,09 € x 17 Monate = 222,53 €.

bb) 17. Januar 2005 bis 31. Juli 2006: Auch in dieser Zeit bezog der Kläger ALG II nach SGB II. Deshalb gelten grundsätzlich die Ausführungen unter aa) entsprechend.

Allerdings führte § 116 Abs. 10 SGB X in der damals gültigen Fassung des SGB X vom 27. Dezember 2003 noch nicht den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinne des SGB II auf. Vielmehr sah § 33 Abs. 1 SGB II i. d. F. vom 30. Juli 2004 seinerzeit grundsätzlich eine Überleitungsanzeige für den Anspruchsübergang vor. Jedoch regelte zugleich § 33 Abs. 4 SGB II, dass "die §§ 115 und 116 des 10. Buches . der Regelung des Abs. 1 vor[gehen]".

Nach Auffassung des Senats ist deshalb die Rechtslage im Ergebnis die gleiche wie oben unter aa) dargestellt. Dafür spricht, dass auch § 93 SGB XII (betreffend die Sozialhilfe) - bis heute - in Abs. 1 eine Überleitungsanzeige vorsieht, aber ebenfalls in Abs. 4 einen Vorrang des § 116 SGB X anordnet, woraus nach allgemeiner Ansicht der gesetzliche Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger unabhängig von einer Überleitungsanzeige folgt.

Insoweit errechnen sich folgende Zahlbeträge, für die der Kläger selbst aktivlegitimiert ist:

- Vom 17. bis 31. Januar 2005: 15/31 x 765,00 € = 370,16 € abzüglich 312,79 € = 57,37 €;

- vom 1. Februar 2005 bis 31. Januar 2006: 765,00 € monatlich abzüglich 625,58 € = 139,42 € x 12 Monate = 1.673,04 €;

- vom 1. Februar 2006 bis 31. Juli 2006: 765,00 € monatlich abzüglich 688,70 € = 76,30 € x 6 Monate = 457,80 €.

cc) 1. Februar 2011 bis zum Ende des Monats der Urteilsverkündung (Juni 2012):

Ab Februar 2011 bezog der Kläger Sozialhilfe nach SGB XII. Zwar sieht § 93 Abs. 1 SGB XII in der bis heute gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 eine Überleitungsanzeige für den Forderungsübergang vor; zugleich ist aber in § 93 Abs. 4 SGB XII wiederum geregelt, dass die §§ 115 und 116 SGB X der Regelung des Abs. 1 vorgehen. Aus den bereits unter Abschnitt bb) genannten Gründen ist deshalb die Rechtslage dieselbe wie unter Abschnitt aa). Demnach ist der Kläger auch insoweit in Höhe der erhaltenen Sozialhilfezahlungen nicht aktivlegitimiert, sondern kann Zahlung an sich selbst nur wegen des verbleibenden Differenzbetrags zu seinem Erwerbsausfallschaden verlangen.

Insoweit errechnen sich folgende Zahlbeträge:

- Vom 1. Februar 2011 bis 30. September 2011; 765,00 € monatlich abzüglich 764,44 € = 0,56 € x 8 Monate = 4,48 €;

- vom 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011: 765,00 € monatlich abzüglich 859,23 € = 0,00 € x 3 Monate = 0,00 €;

- vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012: 765,00 € monatlich abzüglich 869,46 € = 0,00 € x 6 Monate = 0,00 €.

c) Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 7. Juni 2012 erhobene Verjährungseinrede steht ihrer Zahlungspflicht nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob das Angriffsmittel - das erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist - prozessual überhaupt noch berücksichtigungsfähig wäre. Denn jedenfalls ist die Einrede in der Sache unbegründet.

Im Vorprozess 2 O 567/06 - Landgericht Stade (= 14 U 115/09 - OLG Celle) ist (erst) am 24. Juni 2009 das Urteil des Landgerichts verkündet worden, welches den Feststellungsausspruch hinsichtlich des unfallbedingten Verdienstausfallschadens des Klägers enthielt. Die damit für das rechtskräftig festgestellte Stammrecht geltende Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F. ist auch für die zur Zeit der Urteilsverkündung bereits fälligen Einzelansprüche anzuwenden (BGH, VersR 2009, 230[BGH 02.12.2008 - VI ZR 312/07] - juris-Rdnr. 21 m. w. N.; BGH, VersR 1998, 1387[BGH 23.06.1998 - VI ZR 327/97] - juris-Rdnr. 12 und Leitsatz; BGH NJW-RR 1989, 215 [BGH 03.11.1988 - IX ZR 203/87]; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 197 Rdnr. 10 a. E.; Küppersbusch, aaO., Rdnr. 784 bei Fn. 16). Die bis Juli 2009 fällig gewordenen Einzelansprüche sind daher aufgrund des Feststellungsurteils nicht verjährt. Für die ab August 2009 fällig werdenden Monatsrenten hat der am 13. April 2010 bekanntgegebene Prozesskostenhilfeantrag im vorliegenden Rechtsstreit die laufende Verjährung rechtzeitig gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB n. F.).

d) Die dem Kläger selbst danach insgesamt zustehenden Zahlungsansprüche summieren sich auf 6.435,22 €. Infolge der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit ihrem - unbestritten gebliebenen - Gegenanspruch in Höhe von 2.372,11 € ist der berechtigte Anspruch des Klägers in dieser Höhe erloschen (§ 389 BGB), sodass ein offener Restbetrag von 4.063,11 € verbleibt.

Der begründete Zahlungsanspruch des Klägers ist zudem wie beantragt ab Rechtshängigkeit (die am 14. Mai 2010 mit der Klagzustellung nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingetreten ist) zu verzinsen (§ 291 Satz 1 Hs. 1 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB), wobei hinsichtlich der erst danach fällig werdenden Monatsrenten der jeweilige spätere Fälligkeitseintritt (jeweils quartalsweise im Voraus, § 843 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 760 Abs. 1, Abs. 2 BGB) für den Zinsbeginn maßgebend ist (§ 291 Satz 1 Hs. 2 BGB).

Wegen der weitergehenden Ansprüche war der Berufungsantrag zu I. 1. a) zurückzuweisen. Dasselbe gilt für den Hilfsantrag zu II. 1. a), da insoweit die Abweisungsgründe auch gegenüber dem reduzierten Hilfsanspruch durchgreifen.

e) Hinsichtlich der im Wege der Legalzession auf Sozialleistungsträger übergegangenen Anspruchsteile ist für die vorstehend unter b) aufgeführten zurückliegenden Zeiten vom 17. Januar 2005 bis 30. Juni 2012 für die Prozessführungsbefugnis des Klägers wie folgt zu unterscheiden:

aa) Soweit es um Erwerbsausfallrenten geht, die nach Rechtshängigkeit der Klage bis zur letzten mündlichen Verhandlung des Senats fällig geworden sind, besteht eine gesetzliche Einziehungsermächtigung des Klägers, die ihn berechtigt, von der Beklagten im eigenen Namen Zahlung des auf einen Sozialleistungsträger übergegangenen Anspruchsteils an diesen zu verlangen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH hat das dem SGB XII zugrundeliegende Nachrangprinzip zur Folge, dass der Verletzte trotz Anspruchsübergangs auf den Sozialleistungsträger hinsichtlich seiner künftigen Ersatzansprüche selbst klagebefugt bleibt. Dies muss in gleicher Weise auch für Leistungen nach dem SGB II gelten, weil auch dort das Nachrangprinzip postuliert ist. Soweit dem Kläger Sozialleistungen bereits gezahlt worden sind, hat er nach der Rechtsprechung des BGH dem aber durch Umstellung des Klagantrags Rechnung zu tragen: Er muss dann Zahlung an den Sozialleistungsträger verlangen (vgl. Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl., Rdnr. 1557 m. w. N.; BGH, VersR 2006, 1383[BGH 27.06.2006 - VI ZR 337/04] - juris-Rdnrn. 14 und 15).

Die Klage ist im vorliegenden Fall der Beklagten (nach der Prozesskostenhilfebewilligung) am 14. Mai 2010 zugestellt worden (Bl. 17 d. A.). Demnach kann der Kläger also für Erwerbsschadensrenten ab 1. Juni 2010 bis Juni 2012 Zahlung des auf den Träger der ihm in diesem Zeitraum gezahlten Sozialleistung übergegangenen Anspruchsteile an diesen verlangen.

Hierauf beziehen sich im Grundsatz die Hilfsanträge des Klägers zu I. 2. u. II. 2. Allerdings sind diese Anträge in dieser Form zu unbestimmt und damit unzulässig.

Hierauf hat der Senat den Kläger in der ersten mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2012 hingewiesen, worauf der Kläger anschließend in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2012 ergänzend den Antrag zu III. gestellt hat. Dieser Antrag ist nach dem vorstehenden Zahlenwerk in folgendem Umfang begründet:

- Vom 1. Juni 2010 bis 31. Januar 2011: monatlich 751,91 € x 8 Monate = 6.015,28 €, zahlbar an die H. Arbeitsgemeinschaft SGB II;

- vom 1. Februar 2011 bis 30. September 2011: monatlich 764,44 € x 8 Monate = 6.115,51 €, zahlbar an das Bezirksamt B.;

- vom 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011: monatlich 765,00 € x 3 Monate = 2.295,00 €, zahlbar an das Bezirksamt B.;

- vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012: monatlich 765,00 € x 6 Monate = 4.590,00 €.

Zwar belief sich die Höhe der erbrachten Sozialleistungen ab 1. Oktober 2011 monatlich auf 859,23 € und ab 1. Januar 2012 sogar auf 869,46 €. Da dem Kläger aber nur ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 765,00 € monatlich entstanden ist (s. o.), kann insoweit kein weitergehender Anspruch auf den Sozialleistungsträger übergehen.

Wegen der vorstehenden Beträge ist wiederum keine Verjährung eingetreten, da es sich ohnehin nur um Ansprüche aus der Zeit nach Rechtshängigkeit der Klage im vorliegenden Rechtsstreit handelt.

bb) In Bezug auf die bereits vor Rechtshängigkeit fällig gewordenen (und übergegangenen) Teilbeträge der Erwerbsausfallrenten, also die Schadensteile in Höhe des Bezugs von ALG II nach SGB II im Zeitraum vom 17. Januar 2005 bis 31. Mai 2010, gilt Folgendes:

Nach der schadensrechtlichen Rechtsprechung des BGH besteht grundsätzlich die gesetzliche Einziehungsermächtigung des Hilfeempfängers. Entscheidungen dazu, ob das auch für vor Rechtshängigkeit fällig gewordene Ansprüche gilt, gibt es - soweit ersichtlich - vom VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht. Hierzu existieren lediglich verschiedene unterhaltsrechtliche Entscheidungen, die zu § 94 SGB XII ergangen sind. Wenn Sozialhilfe an einen Unterhaltsgläubiger gezahlt wird, geht dessen Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner auf den Sozialhilfeträger über. Die familiengerichtliche Rechtsprechung bejaht ebenfalls ein fortbestehendes Einziehungsrecht des Hilfeempfängers, verneint aber eine Prozessführungsbefugnis für schon vor Rechtshängigkeit fällig gewordene Unterhaltsrenten (vgl. BGH, FamRZ 1996, 1207 und FamRZ 2000, 1358 sowie FamRZ 2008, 1950; ferner Grote-Seifert in jurisPK-SGB II, § 33 Rdnr. 101), weil der Leistungsberechtigte an deren gerichtlicher Geltendmachung kein eigenes schutzwürdiges Interesse habe. Selbst wenn der Sozialhilfeträger von der (gesetzlich neuerdings vorgesehenen) Möglichkeit einer Rückabtretung der übergegangenen Ansprüche Gebrauch gemacht hat, soll deshalb dem Hilfeempfänger für eine solche Klage jedenfalls keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen sein (so auch Pardey, aaO., Rdnr. 1575, der sich jedoch mit der Problematik der Prozessführungsbefugnis im Übrigen nicht näher auseinandersetzt).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Auch der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nimmt nämlich bei der Festlegung des Umfangs der aus dem Nachrangprinzip der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II abgeleiteten gesetzlichen Einziehungsbefugnis Einschränkungen vor; so darf der Hilfeempfänger z. B. nicht auf übergegangene Schadensersatzansprüche ohne angemessenen Ausgleich verzichten (vgl. BGHZ 131, 274 - juris-Rdnr. 29). Der Umfang der gesetzlichen Einziehungsermächtigung ist anhand des Einziehungszwecks zu ermitteln (vgl. BGH, aaO., Rdnr. 28). Dieser liegt aber darin, künftige Leistungen des Sozialhilfeträgers von vornherein unnötig zu machen (BGH, aaO., Rdnr. 26).

Er kann durch die klagweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für vor Rechtshängigkeit liegende Zeiträume, in denen Sozialleistungen bereits gezahlt worden sind, demnach nicht erreicht werden. Aufgrund dessen ist hier die Klage wegen der vor Rechtshängigkeit übergegangenen Erwerbsschadensrückstände wegen fehlender Prozessführungsbefugnis des Klägers als unzulässig (vgl. dazu Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 50 Rdnr. 19) zu verwerfen.

f) Wegen der erst nach der letzten mündlichen Verhandlung fällig werdenden Erwerbsschadensrenten ist der Kläger nach der Rechtsprechung des BGH ohne weiteres prozessführungsbefugt. Die gesetzliche Einziehungsermächtigung geht dabei dahin, dass er in vollem Umfang Zahlung des (ungekürzten) Erwerbsausfallschadens an sich selbst verlangen kann.

Daher war dem Kläger für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 bis 28. Februar 2023 entsprechend seinem Hauptantrag zu I. 1. b) eine monatliche Erwerbsschadensrente in Höhe von 765,00 €, vierteljährlich vorauszahlbar und fällig jeweils am Ersten eines Quartals, zuzusprechen.

Zinsen auf die erst in Zukunft fällig werdenden Schadensrenten kann der Kläger ab dem jeweiligen Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit verlangen (§ 291 Satz 1 Hs. 2 ZPO i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Die berechtigten Zahlungsansprüche bis 30. Juni 2012 hat der Senat - wie dargelegt - bereits bei den rückständigen Erwerbsausfallrenten mitberücksichtigt.

4. Soweit der Kläger mit seinen Anträgen zu III. 1. b), 2. b) und und 3. b) Zahlung von ab Rechtshängigkeit geleisteten Pflichtbeiträgen für die Kranken- und Pflegekasse an den jeweiligen Sozialleistungsträger begehrt, war dem nicht stattzugeben. Bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegekasse handelt es sich um Bestandteile des Bruttolohns, die bei angestellten Arbeitnehmern direkt vom Arbeitgeber einbehalten und abgeführt werden. Der Kläger hat jedoch mit seinen ursprünglichen Berufungsanträgen lediglich seine Nettolohnansprüche geltend gemacht. Insoweit handelt es sich bei den erst mit dem Schriftsatz vom 30. April 2012 erstmals angekündigten Anträgen zu III. 1. b), 2. b) und 3. b) inhaltlich um eine Klagerweiterung, in die die Beklagte ausweislich ihres nachgelassenen Schriftsatzes vom 7. Juni 2012 nicht eingewilligt hat und die auch vom Senat nicht für sachdienlich gehalten wird. Denn aufgrund der ausführlichen Erörterung in der letzten mündlichen Verhandlung hat der Kläger insgesamt an seiner ursprünglichen Nettolohnabrechnung festhalten wollen. Das Begehren ist deshalb gemäß § 533 ZPO hier nicht zulässig.

Im Übrigen handelt es sich wegen der Höhe der geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge um neuen, von der Beklagten bestrittenen Sachvortrag, der auch durch die vorgelegten Leistungsbescheide nur teilweise belegt ist. Auch dies steht einer Berücksichtigung des Vorbringens entgegen.

Außerdem würde eine Aufklärung des neuen streitigen Vortrags zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, der ansonsten entscheidungsreif ist. Das Vorbringen ist daher auch gemäß § 282 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 296 Abs. 2, § 525 ZPO nicht berücksichtigungsfähig.

5. Das Feststellungsbegehren gemäß dem Antrag zu IV. hinsichtlich etwa verbleibender Rentenverkürzungsschäden hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn dem Kläger können insoweit keine eigenen Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Beklagte zustehen, sodass es an einem Feststellungsinteresse fehlt.

Das gilt zum einen für etwa unfallbedingt (bisher) nicht geleistete Rentenversicherungsbeiträge. Soweit ein solcher Anspruch besteht, geht er nach § 119 SGB X auf den Rentenversicherungsträger über. Nach § 119 SGB X erfolgt ein Anspruchsübergang des Sozialversicherten auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung auf den Rentenversicherungsträger, wenn der Geschädigte zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweisen kann, oder danach pflichtversichert wird. Es handelt sich hier um eine im Verhältnis zu § 116 SGB X eigenständige Legalzession. Der Anspruch geht vollständig auf den Rentenversicherungsträger als Treuhänder über, dem Geschädigten verbleibt nicht etwa eine Art Einzugsermächtigung; er kann weder aus eigenem Recht noch in gewillkürter Prozessstandschaft des Sozialversicherungsträgers klagen. Der Rentenversicherungsträger ist zur Durchsetzung des Anspruchs - allein - aktivlegitimiert. Kommt der Rentenversicherungsträger seiner sozialrechtlichen Pflicht zum Einzug der Beiträge nicht nach und kommt es daher zu einer Rentenminderung, hat der Geschädigte keinen persönlichen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Rentenversicherungsträger, der auf Gutschriften auf dem Beitragskonto gerichtet und vor dem Sozialgericht geltend gemacht werden muss. Durch den vollständigen Ersatz unfallbedingt ausgefallener Pflichtbeiträge im Rahmen der Haftung wird der Schaden ausgeglichen und erfüllt der Schädiger seine Schadensersatzpflicht. Das Beitragskonto weist im Ist-Verlauf dieselben Pflichtbeiträge wie im Soll-Verlauf aus. Ein Anspruch auf Ersatz einer Rentenminderung kommt daneben nicht mehr in Betracht (vgl. zum Ganzen: Küppersbusch, aaO., Rdnrn. 44 und 763 m. w. N. aus der Rechtsprechung; BGH, VersR 2004, 492 - insbesondere juris-Rdnr. 15).

Entsprechendes gilt auch in Bezug auf eine mögliche Rentenminderung (Reduzierung der gesetzlichen Altersrente). Auch insoweit ist der Rentenversicherungsträger gegenüber dem Geschädigten als dessen Treuhänder sozialrechtlich verpflichtet und berechtigt, den Anspruch gegen den Schädiger geltend zu machen.

Entsteht gleichwohl eine Rentenminderung, weil der Rentenversicherungsträger - aus welchen Gründen auch immer - den Beitragsanspruch nicht oder nicht in der gerechtfertigten Höhe durchsetzt, steht dem Verletzten nur ein Schadensersatzanspruch gegen den Rentenversicherungsträger zu, der im sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden muss (Küppersbusch und BGH, aaO.).

Dass der Kläger hier im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten vorzuweisen hatte, ergibt sich aus den mit dem Anlagenkonvolut BfK 4 vorgelegten Baulohnabrechnungen seines früheren Arbeitgebers C. Denn danach sind in mehreren Monaten Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1, 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen. Von dem Urteil des OLG Köln vom 27. Januar 2009 weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise ab (siehe dazu oben, Abschnitt 3. b), aa) der Urteilsgründe).