Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.05.2002, Az.: 1 A 105/99
dienstliche Beurteilung; Dienststellenleitung; Gesamturteil; gravierender Mangel; Plausibilisierungslast ; Wertungsstufe 3
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 29.05.2002
- Aktenzeichen
- 1 A 105/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43701
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 19 Abs 4 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein rational nachvollziehbares Gesamtbild des Beurteilten wird verfehlt, wenn in einer Beurteilung die Wahrnehmung einer wesentlichen (Zusatz-)Aufgabe über einen längeren Zeitraum - Leitungsgeschäfte in einer Dienstabteilung - unverwertet und unberücksichtigt bleibt.
2. Die Plausibilisierung einer Beurteilung obliegt dem Dienstherrn, so dass bei einem Misslingen die nicht nachvollziehbare Beurteilung aufzuheben ist.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt eine Neubescheidung seines Abänderungsantrages, mit dem er seine Beurteilung vom 15. August 1997 zum Stichtag: 1. Juni 1997 geändert haben möchte.
Er war in dem Beurteilungszeitraum von 15 Monaten (1.3.1996 - 31.5.1997) beim Polizeikommissariat E. tätig und dort vor allem mit der selbständig durchzuführenden Gefahrenermittlung und -abwehr sowie der Kriminalitätsverhütung und -verfolgung, der Verkehrsüberwachung und der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten befasst. Am 26. Januar 1998 wurde ihm die Beurteilung vom 15. August 1997 zum Stichtag 1. Juni 1997 eröffnet, in der ihm Erst- und Zweitbeurteiler übereinstimmend die Wertungsstufe 3 zubilligten. Hiermit erklärte er sich nicht einverstanden, nachdem er zuvor schon mit Schreiben vom 27. August 1997 Gegenvorstellungen gegen den ihm ausgehändigten Beurteilungsentwurf mit der Begründung erhoben hatte, der Entwurf schließe an eine strittige Beurteilung vom Mai 1996 an (VG 1 A 41/97) und basiere folglich immer noch auf den falschen Annahmen, bei denen vor allem seine Sonderaufgabe als Abwesenheitsvertreter des Dienstabteilungsleiters der 5. DA ausgeblendet bleibe. Im August 1997 hatte der Leiter des PK E. - F. - u.a. wie folgt Stellung genommen:
„Einen offiziellen Abwesenheitsvertreter für den DAL gibt es in keiner Dienstabteilung. In den Fällen, in denen der DAL wegen Urlaub, Krankheit etc. nicht anwesend ist, wird seine Aufgabe von einem anderen Beamten für diesen Zeitraum wahrgenommen.
Der Beurteilungsentwurf schließt nur zeitlich an die von POK G. angeführte strittige Beurteilung vom Mai 1996 an, nicht aber sachlich bzw. inhaltlich. Die aktuelle Beurteilung wurde für den auf Seite 1 des Beurteilungsvordruckes angegebenen Zeitraum erstellt. Dabei war erstmals ein Leistungsvergleich der Beamten jeder Bezugsgruppe - hier der POK - untereinander durchzuführen. Auf Grund dieses Vergleiches mit allen anderen POK der Polizeiinspektion E. - nicht nur des Polizeikommissariats - mußte eine Quotierung erfolgen.“
Gegen die ihm im Januar eröffnete Regelbeurteilung erhob der Kläger „Widerspruch“, u.zw. im wesentlichen mit der Begründung, zum einen sei die Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters der 5. DA durch ihn und zum andern sei die Absprache zwischen PHK a.D. H. und POR I. - betr. seine Höherstufung auf „gut (13 Pkt.)“ - nicht berücksichtigt worden. Derjenige, der sich ein Bild über seine tatsächlichen Leistungen machen könne, nämlich PHK J., habe an der Beurteilung nicht mitgewirkt. POR I. habe ihn - wie er geäußert habe - unter die „Quotierung“ fallen sehen.
Im Juli 1998 nahm der Leiter des PK E. nochmals zu den Ausführungen des Klägers Stellung und unterstrich darin, dass dieser nicht mit der Leitung der 5. DA „beauftragt“ worden sei. Der Dienstposten sei vielmehr „über einen langen Zeitraum nicht besetzt“ gewesen. Während dieser Zeit habe „PHK K. in Absprache mit dem Leiter der Polizeiinspektion E. die Dienstgeschäfte ´Leiter ESD´ wahrgenommen, ohne dass dies schriftlich verfügt“ worden sei. Allerdings sei „richtig, daß POK G. einzelne Aufgaben im Bereich der 5. DA wahrgenommen“ habe - jedoch nach Aussage des PHK K. „fast ausschließlich auf seine Weisung bzw. nach seinen Vorgaben“. Dass der Kläger unter die Quotierung falle, habe er nie gesagt.
Durch die angefochtene Verfügung vom 29. September 1998 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und der Antrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung wurde auf die übereinstimmenden Stellungnahmen der beiden zuständigen Beurteiler verwiesen sowie darauf, dass die einzelnen Leistungsmerkmale und das Gesamtergebnis eine Leistung kennzeichneten, die im allgemeinen den Anforderungen entspreche. Vor allem sei der Kläger nicht mit der Leitung der 5. Dienstabteilung beim PK E. „beauftragt“ worden. Für den maßgeblichen Beurteilungszeitraum seien dem zuständigen Erstbeurteiler auch keine Beurteilungsbeiträge oder Notizen vorgelegt worden, die mit Rücksicht auf die Vergleichsgruppe der Oberkommissare und den hierfür bezirkseinheitlich festgelegten Maßstab „zwingend“ eine andere Wertungsstufe rechtfertigten.
Im Dezember 1998 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen die Verfügung vom 29. September 1998 und betonte nochmals, dass der Kläger den Dienstposten des DAL 5. DA beim PK E. als eine Sonderaufgabe wahrgenommen habe, wenn er auch nicht förmlich eingewiesen worden sei. Seit dem Ausscheiden des PHK L. habe er die Aufgaben des DAL in Eigenverantwortung übernommen und geführt und das noch neben seinen Sachbearbeiteraufgaben. Mit ergänzendem Schreiben vom 9. Dezember 1998 warf er - in Form von Fragen - noch einmal die Sachfrage auf, ob der gen. Dienstposten von seinem Mandanten wahrgenommen worden sei, was der hierzu gehörte Leiter des PK E. in seiner Stellungnahme v. 1.3.1999 wiederum ausdrücklich verneinte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 17. März 1999 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe die strittigen Dienstgeschäfte nicht übernommen, sondern nur „einzelne Aufgaben im Bereich der 5. DA wahrgenommen“, aber stets auf Weisung bzw. nach entsprd. Vorgaben des PHK K.. Zwei Dienstposten nebeneinander habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen. Zutreffend sei, dass während des gesamten Beurteilungszeitraums „keinerlei Beanstandungen“ erfolgten, was jedoch nicht schon eine Höherstufung rechtfertige.
Zur Begründung seiner am 9. April 1999 erhobenen Klage hebt der Kläger hervor, dass er in der Zeit März 1996 bis Ende Mai 1997 eine Abwesenheitsvertretung für den DAL der 5. DA beim Polizeikommissariat E. wahrgenommen habe, wozu er durch den ausscheidenden PHK L. an dessen letzten Diensttag (31.3.1996) durch Übergabe der Dienstgeschäfte ausdrücklich ermächtigt worden sei. Danach habe er sämtliche Dienstgeschäfte erledigt, die angefallen seien. Am 31.5.1996 sei dann auch EPHK M. pensioniert worden, so dass er bis zur Besetzung des Dienstpostens mit PHK K. am 1. Juni 1997 die Dienstgeschäfte tatsächlich geführt habe. Die Wahrnehmung einer solchen Sonderaufgabe sei nach den Beurteilungsrichtlinien - da von erheblichem Gewicht - auch beurteilungsrelevant. Eine Tätigkeit „auf Weisung“ des PHK K. habe er nicht ausgeübt. Das habe PHK K. auch nie behauptet. PHK J. aber sei nur kurzzeitig als DAL der 5. DA eingesetzt gewesen, wobei er - der Kläger - ihm mit Rat und Tat zur Seite gestanden habe. Nachdem PHK J. wieder seine Dienstgeschäfte beim KED E. aufgenommen habe, sei er wieder tatsächlicher Abwesenheitsvertreter des DAL der 5. DA gewesen - bis zum Ende des Beurteilungszeitraums.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. September 1998 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zur erneuten, ermessensfehlerfreien Bescheidung zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und betont, bei der PI E. gebe es die Funktion eines „Abwesenheitsvertreters für Dienstabteilungsleiter“ nicht. Die „sporadisch und eher zufällig“ auf den Kläger entfallenen Aufgaben des originären DAL bei dessen Abwesenheit könnten nicht als Sonderaufgabe von erheblichem Gewicht gewertet werden. Eine Bewertbarkeit als Sonderaufgabe fehle somit. Selbst aber dann, wenn das der Fall sein sollte, sei doch letztlich nicht ersichtlich, dass die beiden zuständigen Beurteiler die vom Kläger auf diesem Dienstposten erbrachten Leistungen fehlerhaft bewertet hätten. Eine bessere als die vergebene Wertungsstufe 3 könne der Kläger somit nicht erreichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf eine Neubescheidung seines Abänderungsantrages.
Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) eingeschränkt, wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen, das Beachten allgemeingültiger Wertmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen kontrollieren (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 4. Aufl. 1998, Rdn. 480 ff. m.w.N.). Hier ist die Beurteilung in verwaltungsgerichtlich zugänglichen Kontrollbereichen zu beanstanden, weil sie sich nicht in der erforderlichen Weise als Gesamtwürdigung aller Leistungen des maßgeblichen Beurteilungszeitraums darstellt und das gefundene Gesamturteil der Wertungsstufe 3 damit nicht plausibel ist.
Die Beklagte ist im vorliegenden Fall nicht ihrer dienstherrlichen Plausibilisierungslast gerecht geworden ist (OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 mwN.). Das hier zur Rede stehende Gesamt-(Wert-)-Urteil mit der Wertungsstufe 3 ist von der Beklagten für den gesamten Beurteilungszeitraum 1.3.96 bis 31.5.97 nicht in der rechtlich gebotenen Weise verifiziert und nachvollziehbar gemacht worden (vgl. BVerwGE 60, 245 / 249 f.; OVG NW, ZBR 1975, 90/91; Bieler, Die dienstliche Beurteilung, 3. Aufl. 2000, Rdn. 91). Denn aus einer Summe von Einzel- bzw. Teilbewertungen und -beobachtungen ist grundsätzlich ein adäquates, rational - und damit auch gerichtlich - nachvollziehbares Gesamturteil zu bilden, das mit der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit harmonisch in Einklang zu bringen ist. Es darf auf keinen Fall eine nur „formelhafte Behauptung“ bleiben (BVerwG, aaO, S. 251), die mit „allgemeinen Ausführungen“ (BVerwG, aaO., S. 253) belegt wird. Für die Vergabe der Wertungsstufe 3 hätten sich also die Leistungen des Klägers während des gen. Zeitraums insgesamt nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei als solche darstellen müssen, die dem Durchschnitt zuzuordnen sind. Das ist hier nicht der Fall.
In welcher Weise für die Festlegung von Einzelnoten der Leistungsmerkmale und des Gesamturteils eine hinreichend plausible Begründung zu erfolgen hat, hängt insbesondere von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, dass das Werturteil keine formelhafte Behauptung bleibt, sondern dass es für den Beamten einsichtig und für außenstehende Dritte nachvollziehbar wird, dass der Beamte die Gründe und Argumente des Dienstherrn erfährt und für ihn der Weg, der zu der Bewertung geführt hat, sichtbar wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Mai 1999 - 5 L 3782/98 -). In der Begründung ist die unterschiedliche Gewichtung der Teilurteile und die Berücksichtigung weiterer Kriterien deshalb im einzelnen plausibel niederzulegen, weil nur so ein willkürliches Vorgehen des Vorgesetzten auszuschließen ist und nur so eine effektive gerichtliche Kontrolle der Beurteilungsentscheidung gem. Art. 19 Abs. 4 GG möglich erscheint (vgl. Huber, Anforderungen an die Erstellung dienstlicher Regelbeurteilungen, ZBR 1993, 361/368).
Die angegriffene Beurteilung ist von der Beklagten nicht ausreichend plausibel gemacht worden.
1. Aus den schriftlichen Stellungnahmen des Leiters des PK E. ergibt sich, dass die (tatsächliche) Wahrnehmung der Aufgaben des DAL durch den Kläger - wie dieser behauptet - nicht gesehen, nicht bewertet und als „Sonderaufgabe“ nicht in die Bewertung eingeflossen ist. In der Verfügung vom 16. Dezember 1996, ergangen zu den „Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen; Tätigkeitsbeschreibung; Bewertbarkeit und Gewichtung von Leistungsmerkmalen“ heißt es demgegenüber jedoch ausdrücklich, dass „Sonderaufgaben von erheblichem Gewicht“ in die Tätigkeitsbeschreibung aufzunehmen sind, so etwa „die tatsächliche dienstliche Verwendung auf einem gegenüber dem statusrechtlichen Amt höherwertigen Dienstposten“. Derartige nur tatsächliche Verwendungen sind - was einleuchtet - in „angemessener Form zu berücksichtigen“. Hier liegt eine, wie sich nach den Zeugenvernehmungen gezeigt hat, Sonderaufgabe von derart erheblichem Gewicht vor, dass diese Eingang in die Beurteilung und in die Bewertung hätte finden müssen.
Wenn der zuständige Erstbeurteiler in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28. August 1997 auf S. 3 ausdrücklich dargelegt hat, die Abwesenheitsvertretung für den DAL sei jeweils von den „anwesenden dienstranghöchsten bzw. -ältesten Beamten übernommen“ worden, so dass es sich - so ist zu folgern - nicht um eine relevante Sonderaufgabe gerade des Klägers gehandelt habe, so ist dieser für die angegriffene Beurteilung maßgebliche Ausgangspunkt nach den Zeugenvernehmungen gem. Beweisbeschlüssen v. 14. August und 19. November 2001 nicht mehr zu halten, vielmehr eindeutig unzutreffend.
2. Aufgrund der Vernehmung der Zeugen PHK a.D. N. und PHK O., sowie POR a.D. P., und KD a.D. Q., stellen sich die Dinge nach Einschätzung und Bewertung der Kammer so dar, dass der Kläger während des 15-monatigen Beurteilungszeitraums sachlich und zeitlich in ganz erheblichem Maße die Funktion eines Leiters der 5. DA faktisch wahrgenommen hat, also Dienstpläne erstellt, die Dienstpost und dienstliche Vorgänge bearbeitet, den Dienstbetrieb koordiniert, die Zusammenarbeit mit anderen Polizeidienststellen und Behörden geregelt und die erforderliche Dienstaufsicht geführt hat. Dabei könnte dahinstehen, ob das nach den eigenen Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nun für einen Zeitraum von (mindestens) 6 Monaten so war oder aber für einen - wie der Kläger meint - erheblich längeren Zeitraum. Denn auch ein sechsmonatiger Zeitraum fiele derart ins Gewicht, dass er in der Beurteilung hätte Berücksichtigung finden müssen.
Indes ist die Kammer auf der Grundlage der Zeugenvernehmungen der Ansicht, dass dieser Zeitraum erheblich länger ist und somit erst recht und auf jeden Fall in der Beurteilung hätte Berücksichtigung finden müssen:
Zeuge L. konnte sich recht gut erinnern und hat die Übergabe der Dienstgeschäfte in der 5. DA schon Anfang März 1996 an den Kläger im wesentlichen voll bestätigt (Bl. 80 d. GA), u.zw. weil der Zeuge noch vor seiner Pensionierung restlichen Urlaub genommen habe. Damit ist bewiesen, dass dem Kläger die Funktion des DAL in der 5. DA vom ausscheidenden Leiter der 5. DA im Frühjahr 1996 übertragen worden ist. Der Kläger hatte seit Anfang März 1996 „sämtliche Aufgaben - von der Erstellung des Dienstplans bis in alle Einzelheiten hin - wahrzunehmen“, einschließlich aller „Sonderaufgaben“ (Bl. 80 der GA).
Zeuge K. konnte sich im Vergleich dazu nur schlecht erinnern und war - wie er meinte - nur „formell“ noch Beamter der 5. DA, da er „ein Zimmer beim PK-Leiter beziehen“ musste: Er sei „im März/April 1996 mit der Funktion des Leiters ESD beim PK E. betraut“ worden (Bl. 81 GA), wobei er „im März 1996“ wohl im Urlaub gewesen sei, da er die Pensionierung des Zeugen L. „nicht mitbekommen habe“. Die Kontakte zur 5. DA seien „naturgemäß geringer geworden“ und „nicht mehr so wie vorher“, als er „noch integriert“ gewesen sei. Zu der „Vakanz“ im Frühjahr 1996 konnte er wenig sagen. Wer die Dienstgeschäfte geführt hat, wusste er nicht mehr. Zum 1. Juni 1997 habe er zwar formell die Funktion des Dienstabteilungsleiters der 5. DA übertragen bekommen, aber „wer die Dienstgeschäfte im einzelnen wirklich geführt hat“, konnte er nicht sagen. Er räumte ein, mit dem Kollegen G. „die anliegenden Dinge besprochen“, ja „am häufigsten gesprochen“ zu haben. Für ihn sei der gesamte Zeitraum - bis 1998 - derjenige, in dem er als Leiter ESD tätig gewesen sei (also nicht Leiter 5. DA).
Der Zeuge R. wußte ebenfalls nicht mehr viel zu sagen - nicht einmal, ob er Zweitbeurteiler war (vgl. dazu jedoch die Beurteilung v. 15.8.1997: R. Zweitb .). Er machte allgemeine Ausführungen, abgeleitet aus allgemeinen Erfahrungen. Allerdings meinte er, ca. 5 Monate lang habe PHK J. die 5. DA geleitet, so dass der Kläger für diesen Zeitraum als Leiter ausscheiden müsse.
Auch Zeuge I. konnte sich nur schlecht erinnern, wußte nicht mehr so viel und meinte, er habe PHK K. „geholt“, aber es seien auch andere Kollegen "eingesprungen“. Zu Zeiten und Zeiträumen konnte er nichts mehr sagen. Er räumte sogar ein, dass er sich irren könne, wenn gesagt worden sei, nach dem Zeugen L. habe der Zeuge K. die Dienstgeschäfte übernommen. Aber er wußte nicht mehr, wann L. ausgeschieden und wann die Besetzung des Dienstpostens der 5. DA war. Es könne auch sein, dass es gar keine Besetzung der 5. DA gegeben habe. Einzelheiten waren unklar und nicht bekannt.
3. Zusammengenommen ist damit klar, dass der Kläger jedenfalls im Frühling - von Anfang März an - und im Sommer 1996 für insgesamt ca. 7-8 Monate und auch im Frühjahr 1997 wieder für ca. 3-4 Monate die Dienstgeschäfte in der 5. DA faktisch geleitet hat. Ob es einen längeren Zeitraum gegeben hat, in dem PHK J. die Geschäfte geleitet hat (Herbst 1996 bis Anfang 1997), ist unklar, insgesamt aber - bei dem geringen Erinnerungsvermögen des Zeugen R. und nach Blick in die vorgelegten Dienstnachweisbücher - recht unwahrscheinlich. Die vom Kläger überreichten Dienstbücher für die Zeit Febr. 1996 bis April 1997 sprechen mehr dafür, dass PHK J. nur sehr kurzzeitig - z.B. im Oktober 1996 - in der 5. DA anwesend war und also auch nur wenig eigene Leitungsfunktionen - wenn überhaupt - tatsächlich wahrgenommen haben kann. Letztlich aber ist die Beklagte für diese ihr günstigen Tatsachen beweispflichtig, so dass angesichts des insoweit festzustellenden „non liquet“ vom Klägervortrag auszugehen ist, der durch die Dienstnachweisbücher gestützt wird.
Unter diesen Umständen ist ein erheblicher Teil der beurteilungsrelevanten Tätigkeit des Klägers - die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben - nicht in die Beurteilung vom 15.8./ 28.10.1997 eingeflossen und dort nicht angemessen und in der sachlich gebotenen Weise berücksichtigt worden. Das ist von der Beklagten nachzuholen. Denn das Ausblenden einer derart umfangreichen und verantwortungsvollen Tätigkeit des Klägers stellt einen gravierenden Mangel der Beurteilung dar, wobei davon abgesehen sei, dass die für den Kläger gefundene Wertungsstufe möglicherweise auch davon mitbestimmt gewesen sein könnte, dass eine „Quotierung“ einzuhalten war (vgl. dazu die Stellungnahme des Erstbeurteilers v. 28.8.1997, S. 4). Die erstellte Beurteilung ist damit für den Beurteilungszeitraum 1.3.1996 - 31.5.1997 insgesamt nicht nachvollziehbar.
Deshalb sind die - eine Änderung ablehnenden - Bescheide der Beklagten aufzuheben. Die Beklagte war zu verpflichten, eine neue Beurteilung unter Einbeziehung der Leitungstätigkeit des Klägers während einer längeren Vakanz 1996/1997 zu erstellen.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil dafür keine Gründe vorliegen (§§ 124 a i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).