Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.12.2003, Az.: 1 K 55/03
Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Vermögensteuer für künftige Zeiträume bei Eintritt der Festsetzungsverjährung für den zurückliegenden Hauptveranlagungszeitpunkt; Berechnung der Festsetzungsverjährung bei Vermögenssteuerhinterziehung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.12.2003
- Aktenzeichen
- 1 K 55/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 24944
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2003:1215.1K55.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 3 VStG
- § 170 Abs. 1 Nr. 2 AO
- § 169 Abs. 2 S. 2 AO
- § 170 Abs. 4 AO
- § 171 Abs. 5 AO
Fundstellen
- EFG 2004, 701-702
- NWB 2006, 412 (Kurzinformation)
- PStR 2004, 104-105
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Verfügt jemand über Kapitalvermögen in erheblicher Größenordnung und deklariert er dieses gegenüber den Finanzbehörden nicht, so ist eine Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gegeben.
- 2.
Entscheidend für den Umfang der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO ist, auf welche Steueransprüche sich die Fahndungsprüfung während ihres Verlaufs tatsächlich erstreckt hat.
- 3.
Hat die Steuerfahndung den Umfang ihrer Ermittlungen hinsichtlich eines bestimmten Sachverhaltskomplexes (hier: Kapitalvermögen des Kl.) nicht ausdrücklich auf bestimmte Veranlagungszeiträume beschränkt, ist davon auszugehen, dass sich die Ermittlungen auf alle noch nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeiträume erstrecken sollen. Das entspricht auch der Absicht der Behörde, die von ihr gewonnenen Erkenntnisse in allen noch offenen Veranlagungszeiträumen auszuwerten.
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der Festsetzung von Vermögensteuer für die Jahre 1987 und 1988 der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegensteht.
Der Kläger hat zeitnah keine Vermögensteuererklärungen abgegeben. In seinen Einkommensteuererklärungen gab der Kläger nur sehr geringe Einkünfte aus Kapitalvermögen unterhalb der Freibeträge an.
Nachdem den Finanzbehörden auf Grund von Kontrollmaterial bekannt wurde, dass der Kläger über Geldvermögen in Luxemburg verfügte, leitete das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) am 25. September 1998 gegen den Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung 1993 bis 1996 ein. Am 2. Oktober 1998 erließ das Amtsgericht H einen Beschluss, in dem es die Durchsuchung der Wohnräume und Bankbehältnisse des Klägers anordnete. Daraufhin fand am 13. Oktober 1998 eine Hausdurchsuchung beim Kläger statt. Im Verzeichnis der sichergestellten Gegenstände listete das FAFuSt u.a. einen Ordner Wertpapieran- und -verkäufe 1987 - 1998 sowie einen Ordner Depotauszüge 1973 - 1986 auf.
Im Anschluss daran meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim FAFuSt und beantragte Akteneinsicht. Akteneinsicht wurde am 27. Oktober 1998 gewährt.
Im Jahre 1989 forderte das FAFuSt die Volksbank H auf, Depot- und Kontostände des Klägers für die Jahre ab 1986 mitzuteilen; mit Schreiben vom 10. Juli 2001 übersandte der Prozessbevollmächtigte eine Aufstellung des Vermögens und der Erträge aus der Bankverbindung mit der DG Bank Luxemburg sowie des Union Investment Fonds für die Jahre ab 1993.
Am 30. Juli 2001 übersandte der Sachbearbeiter des FAFuSt ein Schreiben an den Prozessbevollmächtigten. Dieses lautet auszugsweise:
"Sehr geehrter Herr S,
in der Anlage übersende ich die einkommensteuerliche Auswertung der mir überlassenen Unterlagen. Das Strafverfahren ist wie folgt erweitert worden:
Einkommensteuer: auf das Jahr 1997 (Versuch)
Vermögensteuer: 1995 und 1996
Ich bitte die Auswertung mit Ihrem Mandanten zu besprechen. Bezüglich der Vermögensteuer rege ich an, Vermögensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1996 erstellen zu lassen. Die Höhe des sonstigen Vermögens ergibt sich aus der beigefügten Anlage."
Beigefügt war eine Anlage, in der die Höhe des vom FAFuSt ermittelten Vermögens für die Stichtage 01.01.1987 bis 01.01.1996 aufgelistet ist.
Mit Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1986 mit Wirkung für 1987 und 1988 vom 27. Juni 2002 setzte der Beklagte Vermögensteuer fest; dabei berücksichtigte er das Kapitalvermögen mit einem Betrag von 760.000,- DM, den er für den 01.01.1987 ermittelt hatte. Der gegen den geänderten Vermögensteuerbescheid gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren vertritt der Kläger die Auffassung, dass im Zeitpunkt des Ergehens des Vermögenssteuerbescheides für die Jahre 1987 und 1988 im Jahre 2002 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Auch bei Annahme der 10-jährigen Festsetzungsfrist sei die Festsetzungsfrist spätestens im Jahre 2000 abgelaufen.
Maßnahmen, die eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO ausgelöst haben könnten, seien nicht erfolgt; Das Ermittlungsverfahren habe sich zunächst nur auf die Einkommensteuer der Jahre 1993 - 1996 bezogen und sei auf die Vermögensteuer 1995 und 1996 erweitert worden. Es sei der Ermittlungsakte nicht zu entnehmen, dass Ermittlungen auch für 1987 und 1988 stattgefunden hätten. Auch aus dem Protokoll über die Hausdurchsuchung sei nicht zu erkennen, dass diese der Sicherstellung von Unterlagen mit Absicht der Auswertung für die Streitjahre gedient habe.
Die kommentarlose Übersendung einer Aufstellung der Besteuerungsgrundlagen an den Prozessbevollmächtigten im Jahre 2001 bewirke ebenfalls keine Verjährungsunterbrechung. Daraus sei nicht zu erkennen, dass die Besteuerungsgrundlagen der Altjahre zum Zwecke der Auswertung ermittelt worden seien oder ob diese nur aufgeführt seien, um die Vermögensentwicklung nachzuvollziehen. Darüber hinaus handele es sich bei der Übersendung nicht um Ermittlungen beim Steuerpflichtigen, sondern um Ermittlungen bei einem Dritten, die keine Verjährungsunterbrechung bewirkten.
Im Übrigen sei die Fahndungsprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für mehr als 6 Monate unterbrochen worden, weshalb ebenfalls die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 AO nicht zur Anwendung kommen könne. In den Jahren 1999 und 2000 hätten keine Ermittlungen stattgefunden.
Der Kläger beantragt,
den Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1986 mit Wirkung für 1987 und 1988 vom 27. Juni 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist durch Ermittlungsmaßnahmen des FAFuSt im Jahre 1998 gehemmt worden sei. Bei der Hausdurchsuchung seien auch Unterlagen der nicht strafbefangenen Unterlagen sichergestellt worden. Wären diese Unterlagen nicht auch für den Kläger erkennbar zu Prüfungszwecken mitgenommen worden, so hätte der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zurückgefordert. Dem Prozessbevollmächtigten sei sodann Akteneinsicht gewährt worden. Dies sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass nach Sichtung der Unterlagen eine Verständigung darüber habe getroffen werden sollen, von wem und in welcher Form die Unterlagen ausgewertet werden sollten. Nach Rückgabe der Beweismittel sei telefonisch vereinbart worden, dass die das Inland betreffenden Bankunterlagen von der Steuerfahndung angefordert werden sollten; die Unterlagen aus Luxemburg hätte der Kläger beschaffen sollen. Diese seien vom Kläger erst im Jahre 2001 vorgelegt worden. Wenn es überhaupt zu einer Prüfungsunterbrechung gekommen sei, dann sei sie durch den Kläger verursacht worden.
Gründe
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Der Beklagte hat in dem Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1986 mit Wirkung für 1987 und 1988 ein um 40.000,- DM zu hohes sonstiges Vermögen angesetzt.
Gem. § 15 Abs. 3 Vermögensteuergesetz (VStG) kann, wenn die Festsetzungsfrist für den Hauptveranlagungszeitpunkt bereits abgelaufen ist, die Hauptveranlagung unter Zugrundelegung der Verhältnisse des Hauptveranlagungszeitpunkts mit Wirkung für einen späteren Veranlagungszeitpunkt vorgenommen werden, für den diese Frist noch nicht abgelaufen ist.
Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte im Streitfall Gebrauch gemacht, weil für das Jahr 1986 unstreitig Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Allerdings hat er das sonstige Vermögen nicht nach den Verhältnissen im Hauptveranlagungszeitpunkt, d.h. auf den 01.01.1986, angesetzt, sondern vielmehr den Betrag berücksichtigt, den das FAFuSt für den 01.01.1987 ermittelt hat. Da im Streitfall die Höhe des sonstigen Vermögens, ausgehend von der bekannten Höhe auf den 01.01.1994 und unter Annahme einer kontinuierlichen Aufzinsung, für die dem 01.01.1994 vorangehenden Stichtage rückgerechnet worden ist, ist eine weitere Rückrechnung der Höhe des Vermögens vom 01.01.1987 auf den 01.01.1986 vorzunehmen. Bei Unterstellung einer im Jahre 1986 erzielten Verzinsung von rund 5 % ergibt sich eine Minderung der Höhe des Vermögens von 40.000,- DM.
Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
Für die Jahre 1987 und 1988 ist noch nicht Festsetzungsverjährung eingetreten.
Gem. § 170 Abs. 1 Nr. 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige die Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht hat, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Da der Kläger der Verpflichtung des § 19 Abs. 1 VStG nicht nachgekommen ist, für den Hauptveranlagungszeitpunkt, hier der 01.01.1986, eine Vermögensteuererklärung abzugeben, begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1989.
Die Festsetzungsfrist beträgt im Streitfall nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 10 Jahre, da der Kläger die Vermögensteuer hinterzogen hat. Der Kläger verfügte über Kapitalvermögen in ganz erheblicher Größenordnung, das er weder bei der Einkommensteuer, noch bei der Vermögensteuer offenbart hat. Indem er dieses Vermögen gegenüber dem Beklagten pflichtwidrig nicht erklärt und damit bewirkt hat, dass eine Steuerfestsetzung unterblieben ist, hat er sich einer Steuerhinterziehung in der Tatbestandsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO schuldig gemacht.
Damit endete die Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer 1986 mit Ablauf des 31.12.1989, für die Vermögensteuer 1987 und 1988 verschob sich das Ende der Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 4 AO auf den 31.12.2000 bzw. den 31.12.2001.
Zwar stammt der angefochtene Vermögensteuerbescheid aus dem Jahre 2002 und ist deshalb nach dem regulären Ende der Festsetzungsfrist für die Jahre 1987 und 1988 ergangen. Jedoch war der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 AO gehemmt.
Nach dieser Vorschrift läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind, soweit die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen beginnen. Im Streitfall hat das FAFuSt bereits im Jahre 1988 und damit vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Jahre 1987 und 1988 mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen begonnen. Entscheidend für den Umfang der Ablaufhemmung ist, auf welche Steueransprüche sich die Prüfung während ihres Verlaufs tatsächlich erstreckt hat (BFH Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl. II 1999, 28). Hier hat die Steuerfahndung auch Ermittlungen hinsichtlich der Streitjahre vorgenommen. So hat sie im Rahmen der Hausdurchsuchung Unterlagen über Kapitaleinkünfte beschlagnahmt, die sich auch auf die Jahre 1987 und 1988 bezogen; außerdem hat sie später die Volksbank H angeschrieben und diese aufgefordert, ihr Erträgnismitteilungen für die Jahre ab 1987 sowie Depot- und Kontostände ab 01.01.1986 zu übersenden.
Allerdings schränkt die Rechtsprechung die verjährungshemmenden Wirkung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung ein, indem sie fordert, dass es für den Steuerpflichtigen erkennbar ist, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2000 III B 43/00, NV 2001, 744; Urteil vom 24. April 2002 I R 25/01, BFHE 198, 303, BStBl. II 2002, 586). Auch diese zusätzliche Voraussetzung ist im Streitfall jedoch erfüllt.
Dabei erübrigt sich eine Zeugenvernehmung, wie sie sowohl von Kläger-, als auch von Beklagtenseite beantragt wurde. Für den klägerischen Beweisantrag ergibt sich das aus dem Umstand, dass das Gericht zugunsten des Klägers und im Sinne des Beweisantrages unterstellt, dass der Fahnder im Rahmen der Hausdurchsuchung nicht ausdrücklich auf die Erstreckung der Fahndungsmaßnahme auch auf die Jahre 1987 und 1988 hingewiesen hat. Dem Beweisantrag des Beklagten braucht das Gericht deshalb nicht nachzugehen, weil es hinsichtlich des streitigen Punktes bereits aus Rechtsgründen die Klage abweist.
Anders als bei allgemeinen Außenprüfungen wird der Umfang der Fahndungsprüfung nicht durch eine besondere Prüfungsanordnung abgegrenzt. Deckt die Steuerfahndung einen steuerlich relevanten Sachverhalt auf, so kann im Regelfall ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Fahndungsprüfung sich auch auf diese Sachverhalte erstrecken soll (BFH Urteil vom 9. März VIII R 19/97, NV 1999, 1186). § 171 Abs. 5 AO ist in seinen tatbestandlichen Voraussetzungen zugleich enger als auch weiter als § 171 Abs. 4 AO: enger insoweit, als die Hemmung nicht den gesamten Steueranspruch für den jeweiligen Veranlagungszeitraum erfasst, sondern nur den Sachverhalt, auf den sich die Ermittlungen erstrecken, weiter insofern, als die betroffenen Steuerarten und Veranlagungszeiträume nicht durch einen Steuerverwaltungsakt vorab umgrenzt werden müssen.
Nimmt also die Fahndungsbehörde hinsichtlich eines bestimmten Sachverhaltskomplexes Ermittlungen vor (hier: Kapitalvermögen des Klägers) und beschränkt sie nicht ausdrücklich den Umfang ihrer Ermittlungen auf bestimmte Veranlagungszeiträume, so werden von der Ablaufhemmung sämtliche noch nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeiträume erfasst, in denen sich der entsprechende Sachverhalt auswirkt. Dies entspricht einer sachgerechten Würdigung des Vorgehens der Behörde, die regelmäßig die Absicht verfolgt, die von ihr gewonnenen Erkenntnisse in allen noch offenen Veranlagungszeiträumen auszuwerten.
Dass das FAFuSt auch von der Hinterziehung des Kapitalvermögens des Klägers für die Streitjahre erfahren hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass bei der Hausdurchsuchung im Hause des Klägers auch Unterlagen, die sich auf die Jahre 1987 und 1988 bezogen, beschlagnahmt worden sind. Außerdem war aufgrund der Höhe des Vermögens des Klägers und des Umstandes, dass ein Vermögen sich allmählich über die Jahre hinweg aufbaut, davon auszugehen, dass der Kläger in allen noch nicht festsetzungsverjährten Zeiträumen über erhebliches vermögensteuerpflichtiges Vermögen verfügte.
Eine andere Beurteilung des Falles würde sich nur ergeben, wenn der Umfang der Ermittlungen ausdrücklich auf bestimmte Veranlagungszeiträume beschränkt worden wäre. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin liegt eine solche Beschränkung des Umfangs der Ermittlungen nicht schon darin, dass sich das gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren zunächst nur auf die Einkommensteuer 1993-1996 bezog und später auf die Vermögensteuer 1995 und 1996 erweitert wurde. Steuerstraf- und Besteuerungsverfahren sind unabhängig voneinander; insbesondere gelten gänzlich unterschiedliche Verjährungsregelungen. Eine strafrechtliche Ahndung der Steuerhinterziehung für weiter zurückliegender Jahre war im Streitfall nicht möglich, wohingegen steuerlich noch längst nicht Verjährung eingetreten war. Von daher bezog sich die Einleitungsverfügung ersichtlich nur auf das Straf- und nicht auf das Besteuerungsverfahren; bei vernünftiger Würdigung der Vorgehensweise des FAFuSt konnte der Kläger auch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass dieses aus dem Sachverhaltskomplex der hinterzogenen Kapitaleinkünfte nur für die noch nicht strafrechtlich verjährten Jahre würde Konsequenzen ziehen. Andere Maßnahmen der Steuerfahndungsbehörde, die eine Schlussfolgerung auf eine zeitlich beschränkte Auswertung des Sachverhalts zuließen, sind nicht ergangen.
Das weitere Argument des Klägers, die Fahndungsprüfung sei unmittelbar nach ihrem Beginn aus von der Finanzbehörde zu vertretenden Gründen für mehr als 6 Monate unterbrochen worden mit der Folge, dass keine Ablaufhemmung eintrete (§ 171 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO), ist in tatsächlicher Hinsicht nicht stichhaltig. So hat die Steuerfahndung im ersten halben Jahr zunächst beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss erwirkt, sodann die Durchsuchung durchgeführt und dabei Unterlagen beschlagnahmt, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers Akteneinsicht gewährt und schließlich bei der Volksbank H Unterlagen angefordert. Damit sind aber umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt worden; der Fall, dass die Prüfung ohne weiteren Einstieg in die Sache gleich wieder beendet wird, liegt hier nicht vor. Dass sich nicht alle der genannten Maßnahmen auf die Streitjahre 1987 und 1988 bezogen, ist nicht erheblich, weil es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Prüfung Ermittlungshandlungen in bezug auf einzelne Veranlagungszeiträume durchgeführt worden sind (BFH Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl. II 1999, 28). Eine Unterbrechung im weiteren Verlauf der Prüfung von mehr als 6 Monaten wird von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht erfasst.
Auf die weitere Frage, ob der Kläger aufgrund der Übersendung der Aufstellung der Kapitalguthaben für die Stichtage ab 01.01.1987 im Jahre 2001 davon ausgehen musste, dass Vermögensteuer auch für die Jahre 1987 und 1988 festgesetzt wird, kommt es von daher nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 712 ZPO.
Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die Frage, ob die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 AO sämtliche noch offenen Veranlagungszeitpunkte erfasst, wenn die Fahndungsbehörde nicht im einzelnen bezeichnet hat, für welche Veranlagungszeitpunkte sie ihre Ermittlungen auszuwerten beabsichtigt.