Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.12.2003, Az.: 10 K 294/00
Unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer GmbH im Wege vorweggenommener Erbfolge; Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch Ablösung eines bei der vorweggenommenen Erbfolge vereinbarten Nießbrauchsrechts gegen Einmalzahlung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.12.2003
- Aktenzeichen
- 10 K 294/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 24941
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2003:1204.10K294.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 14.06.2005 - AZ: VIII R 14/04
Rechtsgrundlage
- § 17 EStG
Fundstellen
- BBV 2004, 5
- DStRE 2004, 761-762 (Volltext mit amtl. LS)
- DStZ 2004, 246 (Kurzinformation)
- EFG 2004, 652-653
- ErbBstg 2004, 241
- KÖSDI 2004, 14240 (Kurzinformation)
- KÖSDI 2004, 14198-14199 (Kurzinformation)
- NWB 2004, 1573 (Kurzinformation)
- ZEV 2004, 523 (red. Leitsatz)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Überträgt ein Stpfl. unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge GmbH-Anteile an seine Kinder unter Vorbehalt des Nießbrauchs an den übertragenen Anteilen, so führt die nachfolgende Ablösung des Nießbrauchs gegen eine Einmalzahlung nicht dazu, dass - im Zeitpunkt der Ablösung oder mit steuerlicher Rückwirkung - der Veräußerungstatbestand des § 17 EStG erfüllt ist.
- 2.
Die im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erfolgte Übertragung der GmbH-Anteile ist keine Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nach § 17 EStG, sondern eine unentgeltliche Vermögensübertragung, bei der der vorbehaltene Nießbrauch das übertragene Vermögen von vornherein vermindert.
- 3.
Bei dem Verzicht auf den Nießbrauch gegen Einmalzahlung handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsgeschäft.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Ablösung eines bei einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorbehaltenen Nießbrauchs gegen Einmalzahlung zu Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG (Anteilsveräußerung bei wesentlicher Beteiligung) führt.
Der Kläger war zu 30 v.H., nämlich mit einer Stammeinlage von 60.000 DM von 200.000 DM, an der Kleinwohnungsgesellschaft H mbH (nachfolgend KWGHmbH) beteiligt.
Mit notariellem Vertrag vom 15.12.1995 (UR ... des Notars ....) übertrug er im Wege vorweggenommener Erbfolge je 1/4 seiner Anteile auf seine 4 Kinder unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs hieran und im Falle seines Ablebens einer dinglichen Last in Form wiederkehrender Zahlungen für die Klägerin.
Mit notariellem Vertrag vom 27.12.1997 (UR ... des Notars ....) veräußerten bis auf einen (dieser nur einen Teil) alle Anteilseigner ihre Anteile; von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von 12.250.000 DM entfielen auf die Anteile der Kinder des Klägers jeweils 1.087.500 DM. In dem Vertrag verzichteten der Kläger und die Klägerin auf ihre Rechte an den veräußerten Anteilen mit sofortiger Wirkung, wobei sich die Verzichtserklärungen ausdrücklich nicht auf die Ansprüche gegen die Kinder bezogen; diese waren einer besonderen Regelung mit diesen vorbehalten. Die Kinder zahlten den Klägern für deren Verzicht je 145.000 DM. Ein schriftlicher Vertrag hierüber existiert nicht.
Bei Erlass des Einkommensteuerbescheids 1995 vom 18.09.1996 war dieser Vorgang dem Beklagten (dem beklagten Finanzamt - FA - ) noch nicht bekannt.
Nachdem das FA von den Ausgleichszahlungen der Kinder für die Ablösung des Nießbrauchs erfahren hatte, änderte es den Bescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO), wobei es nunmehr aus der Übertragung der Anteile an die Kinder einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 570.324 DM erfasste (Einkommensteueränderungsbescheid 1995 vom 03.04.2000).
Dabei ging das FA davon aus, dass die Anteile im Verhältnis der Abstandszahlungen zu ihrem Verkehrswert in Höhe des Veräußerungspreises im Jahr 1987 (580.000 DM / 4.350.000 DM = 13.33 v.H.) entgeltlich und im Übrigen unentgeltlich auf die Kinder übertragen worden waren.
Der angesetzte Veräußerungsgewinn ergab sie hieraus wie folgt:
Veräußerungserlös 580.000 DM anteilige Anschaffungskosten 13,22 v. H. des eingezahlten Kapitals von 60.000 DM - 8.000 DM 13,22 v. H. der Veräußerungskosten lt. vorliegender Kostenrechnungen - 1.676 DM Veräußerungsgewinn 570.324 DM
Der Einspruch der Kläger, mit dem diese die Auffassung vertraten, bei der Ablösung des Nießbrauchs handele es sich um einen nicht steuerbaren Vorgang auf der privaten Vermögensebene, hatte keinen Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der sich die Kläger weiterhin gegen die Erfassung eines Veräußerungsgewinns aus der Übertragung der Anteile auf ihre Kinder wenden.
Die Ablösung des Nießbrauch sei ein selbständiges Rechtsgeschäft, beruhe auf einem eigenständigen Rechtsvorgang. Das Entgelt hierfür stelle kein nachträgliches Entgelt für die frühere Übertragung der Geschäftsanteile an der GmbH dar. Durch die Ablösezahlungen erhalte der Nießbraucher lediglich ein Entgelt für die Aufgabe der mit dem Nießbrauch verbundenen Rechtsposition. Da das Nießbrauchsrecht zum Privatvermögen gehöre, vollziehe sich die hierin liegende Vermögensumschichtung im privaten Bereich. Die Ablösungszahlungen stellten kein Entgelt für die (frühere) Übertragung der Anteile dar, sondern Entgelt für die Aufgabe eines Rechts, nämlich der Nutzungsbefugnis. Sie würden deshalb nicht vom Tatbestand des § 17 EStG erfasst, der lediglich die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft berühre (Hinweis auf BFH-Urteile vom 25.11.1992, BStBl II 1996, 663 [BFH 25.11.1992 - X R 34/89]; vom 21.07.1992, BStBl II 1993, 486 [BFH 21.07.1992 - IX R 72/90]; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rdnr. 73; Korn, Nießbrauchgestaltungen auf dem Prüfstand, DStR 1999, 1514 ff). Bei dem Nießbrauch handele es sich um ein reines Gläubigerrecht ohne Beteiligung an einem Liquidationserlös und folglich nicht um einen Anteil im Sinne des § 17 EStG (Hinweis auf Hörger in Littmann, § 17 EStG Rdnr. 11; Weber-Grellet in Schmidt, § 17 Rdnr. 22).
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteueränderungsbescheid vom 03.04.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.07.2000 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Veräußerungsgewinn von 570.324 DM außer Ansatz bleibt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist weiterhin der Meinung, durch die Übertragung der Anteile an der GmbH unter Vorbehalt des Nießbrauchs und die spätere Ablösung des Nießbrauchs durch Einmalzahlungen habe der Kläger seine wesentliche Beteiligung teilentgeltlich veräußert und damit den Tatbestand des § 17 Abs. 1 EStG erfüllt. Zwar sei die Übertragung der Anteile im Wege vorweggenommener Erbfolge an die Kinder unter Vorbehalt des Nießbrauchs noch eine unentgeltliche gewesen, doch habe der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht gegen Einmalzahlung zur Entgeltlichkeit geführt. Denn beim vorbehaltenen Nießbrauch sei das übertragene Vermögen von vornherein gemindert und der Nießbrauch deshalb keine Gegenleistung; eine Abstandszahlung führe dagegen zur Entgeltlichkeit oder teilweisen Entgeltlichkeit, da der Übergeber einen Gegenwert erlange. Werde sofort eine Abstandszahlung bei der Übertragung einer wesentlichen Beteiligung vereinbart, erziele der Übertragende Einkünfte im Sinne des § 17 EStG, folglich müsse der spätere Verzicht auf einen vorbehaltenen Nießbrauch den Vorgang zu einem entgeltlichen machen, da erst hierdurch die mit der Übertragung der Anteile erlangte Inhaberschaft zum Vollrecht erstarke.
An diesem Ergebnis ändere sich nichts dadurch, dass die Höhe der Abstandszahlung nach dem Versorgungsbedürfnis des Empfängers bemessen sei und es insoweit an einer kaufmännisch ausgewogenen Gegenleistung fehle. Dies sei lediglich für die Beurteilung von wiederkehrenden Leistungen zur Abgrenzung von Unterhaltsleistungen von Bedeutung; bei Veräußerungsgeschäften dagegen führe ein Ungleichgewicht nur zu einer Teilunentgeltlichkeit. Folgerichtig sei das FA daher von einem teilweise entgeltlichen und teilweise unentgeltlichen Vorgang ausgegangen.
Die spätere Ablösung des Nießbrauchs gegen Entgelt wirke steuerlich zurück auf den Zeitpunkt der Übertragung der Anteile, da im Jahr der Übertragung der Veräußerungsgewinn zu ermitteln sei. Die ursprüngliche Steuerfestsetzung sei daher wegen eines Ereignisses mit steuerlicher Rückwirkung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern gewesen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Das FA durfte den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1995 nicht nach der einzig in Betracht kommenden Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wegen Eintritts eines Ereignisses, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat, ändern.
1.
Zwar führen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nachträgliche Änderungen des Veräußerungsgewinns im Hinblick darauf, dass es sich bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs um einen punktuellen Besteuerungstatbestand handelt, indem an einen einmaligen Vorgang angeknüpft wird, um ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung, so dass ein bereits bestandskräftiger Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern ist (Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172/66, BStBl II 1993, 897).
Auch gilt diese zu § 16 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ergangene Rechtsprechung entsprechend für § 17 Abs. 2 EStG für die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei wesentlicher Beteiligung des Veräußerers (BFH-Urteil vom 21.12.1993 VIII R 67/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648 [BFH 21.12.1993 - VIII R 69/88]; so schon BFH-Urteil vom 09.09.1986 VIII R 95/85, BFH/NV 1986, 731), und zwar sowohl in Fällen nachträglicher Minderungen des Veräußerungsentgelts z.B. wegen Rücktritts vom Vertrag, Gewährleistung, Minderung, Wandlung oder Forderungsausfalls als auch im Fall nachträglicher Kaufpreiserhöhungen (BFH-Beschluss vom 27.09.1994 VIII B 21/94, BFHE 175, 516, DB 1995, 79).
2.
Die einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen im Wege vorweggenommener Erbfolge unter Vorbehalt des Nießbrauchs an den übertragenen Anteilen nachfolgende Ablösung des Nießbrauchs gegen Einmalzahlung führt aber entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dazu, dass nunmehr, sei es im Zeitpunkt der Ablösung oder - wie das FA meint - mit steuerlicher Rückwirkung der Veräußerungstatbestand des § 17 EStG erfüllt ist.
a)
Die im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge mit notariellem Vertrag vom 15.12.1995 unentgeltlich unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs und bei Vorversterben des Klägers wiederkehrender Leistungen zugunsten der Klägerin erfolgte Übertragung der Anteile des Klägers an der KWGHmbH auf seine Kinder stellte, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, eine unentgeltliche Vermögensübertragung und damit keine Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nach § 17 EStG dar, da das vorbehaltene Nutzungsrecht keine Gegenleistung des Übernehmers ist, dieses vielmehr von vornherein das übertragene Vermögen vermindert (zur Unentgeltlichkeit von Vermögensübertragungen unter dem Vorbehalt eines Nutzungsrechts: BFH-Urteile vom 24.04.1991 XI R 5/83, BFHE 164, 343, BStBl II 1991, 791 und vom 28.07.1981 VIII R 124/76, BFHE 134,130, BStBl II 1982, 378; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 05.07.1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847).
b)
Der im Dezember 1997 gegen Ausgleichszahlungen (Einmalzahlungen) der Kinder erfolgte Verzicht der Kläger auf ihre Nutzungsrechte an den übertragenen Anteilen hatte indes steuerlich nicht zur Folge, dass die unentgeltliche Übertragung der Anteile im Jahr 1995 nunmehr als (teil-)entgeltlich zu beurteilen wäre.
Denn bei dem Verzicht handelt es sich um ein auf einem selbständigen und neuen Willensentschluss beruhendes Rechtsgeschäft (BFH-Urteile vom 21.07.1992 IX R 14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484 und IX [BFH 26.08.1992 - VII R 50/91] R 72/90, BFHE 169, 317, BStBl II 1993, 486 [BFH 21.07.1992 - IX R 72/90]; BFH-Urteil vom 15.12.1992 IX R 323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488).
Das vorbehaltene Nutzungsrecht ist nämlich ein eigenständiges Wirtschaftsgut und kann, jedenfalls in der Form des Verzichts hierauf, sofern hierfür ein Entgelt gezahlt wird, Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts sein (BFH-Urteile vom 14.02.1996 X R 106/91, BFHE 80/87, BStBl II 1996, 687 und vom 25.11.1992 X R 34/89, BFHE 170/76, BStBl II 1996, 663, wonach der Verzicht auf den Nießbrauch ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft sein kann; BFH-Urteil vom 04.11.1980 VIII R 55/77, BFHE 132, 414, BStBl II 1981, 396, wonach Nutzungsrechte selbständige Wirtschaftsgüter darstellen; so auch schon BFH-Urteil vom 28.02.1974 IV R 60/69, BFHE 112, 257, BStBl II 1974, 481).
c)
Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der unentgeltlichen Übertragung der Anteile unter dem Vorbehalt eines Nutzungsrechts im Dezember des Streitjahres 1995 und dem späteren Verzicht hierauf gegen Einmalzahlung im Dezember 1997 um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung (§ 42 AO) handeln könnte, sind im Streitfall nicht gegeben. Die Prozessbevollmächtigten haben insoweit in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die Veräußerung der Anteile durch alle Anteilseigner an einen Erwerber Ende 1997 eine neue Entwicklung gewesen sei.
d)
Im Hinblick auf die Eigenständigkeit der Rechtsvorgänge der unentgeltlichen Übertragung unter Vorbehalt eines Nutzungsrechts und der späteren Ablösung des Nutzungsrechts durch Einmalzahlung läßt sich diese auch dann nicht als nachträgliches Entgelt für die Übertragung der Anteile werten, wenn man mit in Betracht zieht, dass der Übernehmer in dem ersten Rechtsvorgang von vornherein nur das um das Nutzungsrecht geminderte Vermögen erhält (vgl. die unter 2. a) genannten BFH-Urteile) und sich in dem zweiten Rechtsvorgang gegen Entgelt nunmehr die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht verschafft. Hieraus lässt sich zwar ableiten, dass es sich bei der Ablösezahlung um nachträgliche Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts handelt, weil die Aufwendungen getätigt werden, um die Beschränkung der Eigentümerbefugnis hinsichtlich dieses Wirtschaftsguts zu beseitigen (vgl. die zuvor angeführten BFH-Urteile sowie BFH-Urteil vom 06.07.1993 IX R 112/88, BFHE 171, 530, BStBl II 1998, 429). Insoweit geht es nämlich lediglich um die Beurteilung, ob im einkünfterelevanten Bereich sofort abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben oder nur im Wege der Abschreibung abziehbare Anschaffungskosten vorliegen.
Hier aber geht es um die vorgelagerte Frage der Besteuerung an sich, nämlich darum, ob die zur Ablösung des Nutzungsrechts vereinbarte Einmalzahlung als Entgelt für die Übertragung der Anteile zu beurteilen ist mit der ausnahmsweise nur bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 17 EStG gegebenen Besteuerung im in der Regel steuerlich nicht relevanten Bereich der Vermögensumschichtung auf der privaten Vermögensebene.
3.
Auch wenn man der Auffassung des Beklagten folgte und annähme, durch die Ablösung des Nutzungsrechts gegen Einmalzahlung werde die zunächst unentgeltliche Anteilsübertragung zu einer teilentgeltlichen Veräußerung, wäre der Klage stattzugeben gewesen.
Denn in diesem Falle hätte die Veräußerung erst im Kalenderjahr 1997 stattgefunden, weil erst in diesem Jahr ein Entgelt vereinbart worden ist. Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung bzw. Verlustverwirklichung, auf den spätere Änderungen zurückbezogen werden könnten, ist aber der Zeitpunkt der Veräußerung (vgl. BFH-Urteil vom 09.09.1986 VIII R 95/85, BFH/NV 1986, 731). Es muss erst der Tatbestand der Veräußerung gegeben sein, um nachträgliche Änderungen des Entgelts mit steuerlicher Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt berücksichtigen zu können.
Denn ob einer Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, ob mit anderen Worten eine solche Änderung dazu führt, dass bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Nur nach diesem ist zu beurteilen, ob zum einen eine Änderung des ursprünglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand überhaupt betrifft und ob darüber hinaus der bereits entstandene (vgl. § 38 AO) materielle Steueranspruch mit steuerlicher Rückwirkung noch geändert werden oder entfallen kann (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92 a.a.O.). Unter einem rückwirkenden Ereignis sind also Vorgänge tatsächlicher und rechtlicher Art zu verstehen, die den früher erfassten und besteuerten Veräußerungsgewinn dem Grunde und der Höhe nach erfassen (BFH-Beschluss vom 25.06.1998 VIII B 45/97, BFH/NV 1999, 33). Frühester Zeitpunkt, auf den ein Ereignis steuerlich zurückbezogen werden kann, kann deshalb nur der der erstmaligen Erfüllung und steuerlichen Erfassung des Besteuerungstatbestandes sein.
Der Besteuerungstatbestand der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 EStG ist aber erst mit der Vereinbarung einer Gegenleistung erfüllt. Bis dahin fehlt es an einer Veräußerung.
Die Ablösung des Nutzungsrechts im Jahr 1997 könnte mithin jedenfalls nicht als ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für das Streitjahr 1995 beurteilt werden, weil diese allenfalls zur Vollendung eines Besteuerungstatbestands im Jahr 1997 geführt haben kann.
Der Senat misst der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung bei, sodass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.