Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.10.1997, Az.: IX 738/91
Beurteilung der Aufgabe einer Durchgangsarztpraxis; Voraussetzungen an die Aufgabe einer selbständigen Arzttätigkeit; Sinn und Zweck der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 und 2 EStG (Einkommensteuergesetz); Voraussetzungen für die Erfassung der stillen Reserven bei der Aufgabe einer Arztpraxis; Aufgabe aller wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.10.1997
- Aktenzeichen
- IX 738/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 18376
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:1008.IX738.91.0A
Rechtsgrundlagen
- § 18 EStG
- § 34 EStG
Fundstellen
- NWB DokSt 1998, 1068
- SteuerBriefe 1998, 585-586
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1984
Amtlicher Leitsatz
Tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn bei Verkauf einer (auch Durchgangs-)Arzt-Praxis für Chirurgie und späteren Kauf einer Praxis für Allgemeinmedizin.
Der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung
vom 8. Oktober 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzende Richter ... am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht ..., Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Veräußerung einer Facharztpraxis für Chirurgie als tarifbegünstigte Veräußerung i.S. des § 18 Abs. 3 i.V. mit § 34 Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG - 1984 -) zu werten ist.
Der Kläger erzielt neben Einkünften aus Kapitalvermögen Einkünfte als Arzt aus selbständiger Arbeit.
Bis zum 30. Juni 1984 betrieb der Kläger eine Praxis in der Straße 25 in .... Diese Praxis hatte der Kläger zuvor (damals noch in der ... in) durch Vertrag vom 13. Juni 1980 mit, Wirkung ab 1. Juli 1980 erworben gehabt. Nach dem notariellen Vertrag war seinerzeit eine "Facharztpraxis für Chirurgie" verkauft und dem Kläger neben der Patientenkartei das in einer Inventarliste aufgeführte Inventar übereignet worden. Nach Zustimmung des Landesverbandes ... der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Schreiben vom 29. Mai 1980 hatte dann der Kläger die schon von seinem Vorgänger ausgeführte Tätigkeit als Durchgangsarzt für die Unfallversicherungsträger in dieser Praxis fortgesetzt.
Durch notariellen Vertrag vom 9. Mai 1984 veräußerte der Kläger diese jetzt als in ..., Straße, belegen bezeichnete Facharztpraxis für Chirurgie mit Wirkung zum 1. Juli 1984. Seine Tätigkeit als Durchgangsarzt stellte der Kläger bereits mit Ablauf des Jahres 1983 ein. Mit der Facharztpraxis verkaufte und übereignete der Kläger die Patientenkartei, das Röntgenarchiv und das in einer Liste aufgeführte Inventar. Der Erwerber war berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten, falls die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und die Berufsgenossenschaft in der Praxisübertragung auf den Erwerber nicht zustimmen und diesem die Zulassung nicht erteilen sollten. Grund für die Praxisveräußerung war nach Angabe des Klägers sein damaliger Gesundheitszustand.
Mit Vertrag vom 12. November 1984 erwarb der Kläger dann mit Wirkung vom 15. Januar 1985 eine Praxis für Allgemeinmedizin. Die neue Praxis war in ... nach Ansicht des Beklagten (das beklagte Finanzamt - FA -) nur ca. 2 km von der zuvor veräußerten Facharztpraxis entfernt. In der neuen Praxis stellte der Kläger noch eine weitere Ärztin ein. In den Jahren 1980 bis 1988 erzielte der Kläger durch ärztliche Tätigkeit folgende Einnahmen:
1980 | 1981 | 1982 | |
---|---|---|---|
Einnahmen KV | |||
Einnahmen PVS | 171.909,41 DM | 575.423,40 DM | 591.721,19 DM |
Einnahmen Ersatzkassen | |||
1983 | 1.1.1984-30.6.1984 | ||
Einnahmen KV | 487.515,45 DM | 426.504,78 DM | |
Einnahmen PVS | 89.494,24 DM | 56.431,93 DM | |
Einnahmen Unfallversicherung | 150.135,49 DM | 72.585,77 DM | |
727,145,18 DM | 555.522,48 DM | ||
15.1.-31.12.1985 | 1986 | ||
Einnahmen KV | 346.957,25 DM | 467.988,11 DM | |
Einnahmen PVS | 14.101,66 DM | 20.672,53 DM | |
Gutachten | 2.020,00 DM | 5.028,70 DM | |
363.978,91 DM | 493.689,34 DM | ||
1987 | 1988 | ||
Einnahmen KV | 502.397,61 DM | 635.536,20 DM | |
Einnahmen PVS | 21.037,01 DM | 21.560,40 DM | |
Gutachten | 6.893,12 DM | 8.006,10 DM | |
530.327,74 DM | 667.102,70 DM |
Nachdem das FA zunächst durch Einkommensteuerbescheid vom 13. Januar 1987 unter Vorbehalt der Nachprüfung die Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG für den Veräußerungsgewinn gewährt hatte, ging dann das FA nach einer Außenprüfung davon aus, daß der Kläger entgegen den Voraussetzungen der §§ 18, 34 EStG im selben örtlichen Wirkungskreis weiter tätig geblieben sei und deshalb die Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG nicht gewährt werden könne. Das FA erließ deshalb den Änderungsbescheid 1984 vom 11. Dezember 1990.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb in der Sache erfolglos; allein die Einkommensteuer wurde im Einspruchsbescheid vom 3. Dezember 1991 wegen jetzt höherer Kinderfreibeträge nach Neuberechnung von 320.626 DM auf 318.690 DM herabgesetzt.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, für den Veräußerungsgewinn die Steuerbegünstigung nach den §§ 18, 34 EStG zu erhalten.
Er habe im Jahre 1984 seine bisherige (Durchgangs-)Arztpraxis mit der Absicht veräußert, sich aus gesundheitlichen Gründen zur Ruhe zu setzen. Zu diesem Zeitpunkt sei die endgültige Aufgabe seiner ärztlichen und beruflichen Tätigkeit beschlossen gewesen. Da ihm zu diesem Zeitpunkt vom Rentenversicherungsträger Rentenversicherungsansprüche aber nicht zugestanden worden seien, habe er zwangsweise wieder beruflich tätig werden müssen und deshalb eine kleinere Allgemeinpraxis erworben. Zwischen Veräußerung und Erwerb hätten sechs Monate gelegen. Der Erwerb der neuen Praxis sei zwangsläufig erfolgt, da er gezwungen gewesen sei, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Einen Patientenstamm habe er nicht übernommen, da die Tätigkeit als Durchgangsarzt jeweils nur kurz gewesen sei und ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten nicht habe entwickelt werden können. Es habe sich zudem bei der neuen Praxis um eine sachlich völlig anders geartete Tätigkeit gehandelt. Die neue Allgemeinarzt-Praxis habe sich von der vorherigen (Durchgangs-)Arzt-Praxis sowohl hinsichtlich der Aufgabengebiete und Tätigkeiten als auch der Rechtsverhältnisse zwischen Arzt und Patient unterschieden. Habe sich die bisherige Praxis im Stadtzentrum (Ärztehaus) befunden, läge die jetzige Praxis am Stadtrand und sei diese von der bisherigen Praxis mit dem PKW nur schwierig und zu Fuß erst in 30 bis 45 Minuten erreichbar. Bei der vom FA angegebenen Entfernung von 2 km könne es sich nur um die nach Luftlinie gemessene Entfernung handeln. Danach sei die Veräußerung der (Durchgangs-)Arzt-Praxis im Jahre 1984 als endgültige Aufgabe zu werten. Die Begünstigung des Veräußerungsgewinns nach den §§ 18; 34 EStG sei somit gerechtfertigt. Durch die Außenprüfung seien auch keine neuen Tatsachen festgestellt worden, die eine Bescheid-Änderung gerechtfertigt hätten.
Der Kläger beantragt,
die Steuer unter Änderung des Bescheids vom 11. Dezember 1990 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 1991 soweit herabzusetzen, als sie sich bei einer tarifbegünstigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns von 199.406 DM mindert.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe seine selbständige Arzttätigkeit entgegen den §§ 18, 34 EStG nicht aufgegeben, sondern nur kurzzeitig unterbrochen und dann in nur 2 km Entfernung fortgesetzt. Welche Arzttätigkeit der Kläger jeweils ausgeübt habe, sei dabei unerheblich. Außerdem habe der Kläger auch in der zum 1. Juli 1984 veräußerten Praxis nur zu einem geringen Teil als Durchgangsarzt und weitaus überwiegend als chirurgischer Facharzt praktiziert. Zudem sei die Durchgangs-Arzt-Tätigkeit schon Ende 1983 beendet worden.
Da die vorausgegangene Einkommensteuer-Festsetzung 1984 unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei, habe unabhängig von der erfolgten Außenprüfung der Einkommensteuer-Bescheid 1984 vom 11. Dezember 1990 jederzeit bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung geändert werden können.
Zum Sachverhalt wird ergänzend auf die Steuerakten (St.-Nr.: ...), das Protokoll über die mündliche Verhandlung und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der vom Kläger bei Verkauf seiner Praxis im Jahre 1984 erzielte Veräußerungsgewinn ist nicht i.S. des § 18 Abs. 3 i.V. mit § 34 Abs. 1 und 2 EStG (1984) tarifbegünstigt. Trotz Verkaufs dieser Praxis hat der Kläger seine selbständige Tätigkeit im Jahre 1984 nicht beendet, sondern durch weitere Nutzung zurückbehaltener tätigkeitswesentlicher immaterieller Wirtschaftsgüter (Teile des Patientenstamms, Praxis-Name/Ruf) in der neuen Allgemeinarzt-Praxis fortgesetzt.
Gewinne aus der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen, das der selbständigen Arbeit i.S. des § 18 Abs. 3 EStG (1984) diente, werden entsprechend § 16 Abs. 4 EStG (1984) nur zur Einkommensteuer herangezogen, wenn sie die dort genannten Freibeträge übersteigen und werden insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG (1984) ermäßigt besteuert.
Bei außerordentlichen Einkünften i.S. der §§ 18 Abs. 3, 34 EStG hat die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 und 2 EStG den Zweck, Härten zu vermeiden, die bei Besteuerung langjährig angesammelter stiller Reserven zum Normaltarif aufträten (vgl. Urteil des BFH vom 19. Mai 1971 I R 46/70, BFHE 102, 380, BStBl II 1971, 688). Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der beiden Vorschriften ergibt, soll die Steuerbegünstigung aber nur gewährt werden, wenn zugleich die steuerliche Erfassung der stillen Reserven sichergestellt ist (vgl. Beschluß des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, 903), was bei der selbständigen Tätigkeit eines Arztes die Übertragung aller wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit auf den Praxiserwerber oder die Überführung dieser Grundlagen in das Privatvermögen voraussetzt. Zu den wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen einer freiberuflichen Praxis gehören insbesondere immaterielle Wirtschaftsgüter, und zwar sowohl die Beziehungen des Praxisinhabers zu seinen bisherigen Patienten als auch das durch den Praxisnamen bestimmte Wirkungsfeld, das die maßgebende Grundlage für die Möglichkeit darstellt, neue Patienten zu erlangen (vgl. Urteile des BFH vom 14. März 1975 IV R 78/71, BFHE 116, 8, BStBl II 1975, 661, 662 und vom 5. Februar 1987 IV R 121/83, BFH/NV 1987, 571, 572). Die Übertragung dieser wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit auf einen Erwerber ist aber in der Regel nur dann gewährleistet, wenn die freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit aufgegeben wird (vgl. Urteile des BFH vom 23. Januar 1997 IV R 36/95, BStBl II 1997, 498, und vom 7. November 1985 IV R 44/83, BFHE 145, 522, BStBl II 1986, 335). Denn die Überleitung des Patientenstamms ist nicht gesichert, wenn der Veräußerer mit seiner bisherigen Tätigkeit in räumlicher Nähe zu der veräußerten Praxis freiberuflich tätig bleibt und dadurch mit dem Erwerber zumindestens bezüglich der bisherigen Patienten in Konkurrenz tritt.
Wann die freiberufliche Tätigkeit als in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit aufgegeben angenommen werden kann, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles und insbesondere danach, ob und inwieweit und wie lange der bisherige Patientenstamm aufgrund der zwischenzeitlichen Nutzung durch den Erwerber für den Veräußerer noch eine Praxis-Grundlage darstellt. Nach wohl überwiegender Auffassung soll es der tarifbegünstigten Vermögensveräußerung i.S. der §§ 18 Abs. 3, 34 EStG entgegenstehen, wenn der Veräußernde in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis vor Ablauf einer Wartefrist von ca. 2 bis 3 Jahren seine freiberufliche Tätigkeit in einem Umfang von mehr als 10 v.H. der durchschnittlichen Jahreseinnahmen der letzten drei Veranlagungszeiträume vor dem Jahr der Betriebsveräußerung (vgl. Urteil des BFH vom 29. Oktober 1992 IV R 16/91, BFHE 169, 352, BStBl, II 182, 184) fortsetzt (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach-Brandt, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Auflage, Anm. 324 zu § 18 EStG). Für die Frage der Steuerbegünstigung ist es unbeachtlich, ob eine selbständige Tätigkeit freiwillig oder zwangsweise wie im vorliegenden Fall durch Krankheit eingestellt wird (vgl. Urteil des BFH vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802, 804).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger entgegen den §§ 18 s. 3, 34 EStG mit der Veräußerung seiner Praxis zum 1. Juli 1984 nicht alle wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgegeben. Vielmehr behielt er die auf seinen Beziehungen zu seinen bisherigen Patienten und an seine Person geknüpften immateriellen Wirtschaftsgüter, die die maßgebende Grundlage für die Möglichkeit darstellten, neue Patienten zu gewinnen. Nur so ist erklärlich, daß der Kläger ca. 6 Monate nach der Praxisveräußerung trotz veränderter Praxisausrichtung (jetzt Allgemeinarzt-Praxis) praktisch aus dem Stand heraus erneut Höchstumsätze erzielen konnte. Wieviele in der früheren Praxis behandelte Patienten vom Kläger weiterhin in der am 15. Januar 1985 eröffneten Praxis betreut wurden, kann zwar nicht genau beziffert werden. Räumte jedoch bereits der Kläger in der mündlichen Verhandlung ein, daß in der neuen Praxis auch frühere Patienten von ihm behandelt wurden, so deutet der von Beginn an hohe Umsatz auf eine nicht unerhebliche Zahl alter Patienten hin und belegt dieser Umsatz zudem, daß der Kläger bei der Neueröffnung der Praxis Anfang 1985 auf seinen früheren Patientenstamm aufbaute und von seinem früher begründeten ärztlichen Ruf profitierte. Der Praxisveräußerungsvertrag vom 9. Mai 1984 beließ dem Kläger auch die Möglichkeit, weiterhin von seinem früheren Ruf als Arzt und dem von ihm begründeten Patientenstamm zu profitieren, da keine ausdrückliche Wettbewerbsausschlußregelung getroffen worden war (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach-Brandt, a.a.O., Anm. 323 zu § 18 EStG).
Sowohl der Umstand, daß der Kläger ab Januar 1985 in anderer Form als Arzt arbeitete (jetzt als Arzt für allgemeine Medizin; vgl. zur "gleichen Berufstätigkeit" Urteil des BFH vom 26. September 1996 IV R 17/96, BFH/NV 1997, 224, 225), als auch die kurzzeitige (ca. 6 Monate) Unterbrechung der ärztlichen Tätigkeit fallen bei einer freiberuflichen Arbeit wie der hier zu beurteilenden Arzttätigkeit deshalb nicht ins Gewicht, weil der Kläger wie bereits dargestellt ausweislich des sofort wieder erzielten Umsatzes auch in seinem neuen Wirkungsfeld als Allgemeinarzt von einer wesentlichen vermögensmäßigen Grundlage seiner bis zum 1. Juli 1984 betriebenen Arztpraxis, nämlich von seinem an seine Person geknüpften Praxisnamen und Ruf, weiterhin profitieren konnte. Wie im Einspruchsbescheid dargestellt, fußten die vom Kläger nicht substantiiert bestrittenen früheren Praxis-Umsätze auch nur zu einem geringen Teil auf damaliger und zudem schon Ende 1983 beendeter Durchgangs-Arzt-Tätigkeit.
Soweit der Kläger allgemein vorgetragen hat, daß die Zahl der übernommenen Patienten wohl nicht sehr groß gewesen sei, ist auch dieses Vorbringen nicht ausreichend substantiiert. Um mit diesem Einwand Erfolg zu haben, hätte der Kläger entsprechend seiner Mitwirkungs-Verpflichtung die allein von ihm genau benennbaren Zahlen zum übernommenen Patientenstamm angeben und unter Beweis stellen müssen. Abgesehen davon, daß es der Kläger insoweit bei allgemeinen Angaben beließ, überschreiten auch die bereits vom Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Zahl von übernommenen Patienten und der dadurch erzielte Umsatz (vgl. Beschluß des BFH vom 6. Februar 1986 IV S 14/85, BFH/NV 1986, 336, 337) das für die tarifbegünstigte Veräußerung noch als unschädlich anzusehende Maß.
Der Hinweis des Klägers, daß seine neue Praxis im Gegensatz zu seiner früheren Praxis nicht mehr im Stadtzentrum Liege, sondern von dort nur sehr schwierig am Stadtrand zu erreichen sei, führt gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis. Auch dieser Umstand hinderte offenkundig weder alte Patienten noch sich an seine frühere erfolgreiche Tätigkeit erinnernde neue Patienten, ihn auch in seiner neuen Praxis aufzusuchen und entsprechende Einnahmen zu erzielen. Danach profitierte der Kläger auch noch nach ca. 6 Monaten von seiner früheren Arzt-Tätigkeit und hatte er deshalb seine freiberufliche Tätigkeit nicht in einer für die Steuerbegünstigung ausreichenden Zeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis aufgegeben.
Die vorher zu Unrecht gewährte Tarifbegünstigung konnte das FA gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung wieder zurücknehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.