Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.10.1997, Az.: IX 446/90
Höhe des Verlustabzuges bei Einkommensteuer-Festsetzungen; Zulässigkeit eines Änderungsbescheides; Wegfall der Beschwer; Erlass eines Änderungsbescheids während des Klageverfahrens; Wirksamkeit der Bekanntgabe; Verfassung von Schriftsätzen in Pluralform
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.10.1997
- Aktenzeichen
- IX 446/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 16005
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:1008.IX446.90.0A
Rechtsgrundlagen
- § 68 S. 1 FGO
- § 122 Abs. 1 S. 1 AO 1977
- § 122 Abs. 5 S. 1 AO 1977
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1980 und 1981
Adressierung der i.R. des § 68 FGO an den Prozeßbevollmächtigten bekanntzugebenden Änderungsbescheide
Redaktioneller Leitsatz
Wird ein Steueränderungsbescheid in einem laufenden Verfahren an die Partnerschaft des Steuerbevollmächtigten adressiert, ist es unbeachtlich, wenn der Prozessbevollmächtigte nicht eigens im Anschriftenfeld erwähnt wird, wenn er zuvor seine Schriftsätze in Pluralform verfasst hat.
In dem Rechtsstreit
hat der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 8. Oktober 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Verlustabzuges bei den Einkommensteuer-Festsetzungen 1980 und 1981 und ob die Klage wegen während des Klageverfahrens ergangener Einkommensteuer-Änderungsbescheide noch zulässig ist.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Die Kläger sind an verschiedenen Gesellschaften beteiligt, die überwiegend zu den verbundenen Unternehmen der "...-Gruppe" gehören. Die zur "...-Gruppe" gehörenden Gesellschaften betreiben vornehmlich Geschäfte im Zusammenhang mit Immobilien (z.B. An- und Verkauf von Grundstücken, Errichtung und Verkauf von Wohngebäuden und Hotels, Vermietung und Verwaltung, Finanz und Wirtschaftsberatung, Übernahme von Garantie- und Bürgschaftsleistungen).
Nach Außenprüfungen und mehreren Änderungen der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1984 streiten die Beteiligten darüber, welcher Verlustrücktrag bei den Einkommensteuer-Festsetzungen 1980 und 1981 gemäß § 10 d EStG zu berücksichtigen ist. Dabei ist insbesondere streitig, ob die von dem Beklagten (Finanzamt - FA -) durchgeführten Verlustabzugs-Änderungen wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtmäßig erfolgten.
Nachdem der Einspruch der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 1980 vom 17. Januar 1990 vollständig und der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1981 vom 17. Januar 1990 durch Bescheid vom 25. Juli 1990 überwiegend als unbegründet zurückgewiesen worden waren, richtet sich hiergegen die Klage.
Während des Klageverfahrens erließ das FA gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) einen weiterhin unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1981 vom 16. Januar 1995 und richtete diesen an die ... + Partner GmbH, .... Diesen Änderungsbescheid beantragte der zum alleinigen Prozeßbevollmächtigten bestellte Dipl.-Kfm. ... form- und fristgerecht gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens zu machen.
Am 25. November 1996 erließ das FA zur Aktualisierung des Vorläufigkeits-Ausspruchs auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützte Einkommensteuer-Änderungsbescheide 1980 und 1981. Die Bescheide ergingen "für Eheleute ..." und waren gerichtet an "... die ... Partnerschaft, ...". Der jeweiligen Rechtsbehelfsbelehrung ist in beiden Bescheiden folgender Hinweistext angefügt:
"I 4.
Dieser Bescheid ändert den mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 25.07.1990.Ergänzung der Rechtsbehelfsbelehrung:
Sie können innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids beim Finanzgericht beantragen (§ 68 der Finanzgerichtsordnung), diesen Bescheid zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahren zu machen; ein Einspruch erübrigt sich dann. Wird weder Einspruch eingelegt noch der Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung gestellt, wird mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ihre Klage unzulässig".
Auf fernmündlichen Hinweis des Berichterstatters am 14. März 1997 an den Prozeßbevollmächtigten der Kläger, daß bis dahin - soweit ersichtlich - weder ein Antrag nach § 68 FGO gestellt noch Einsprüche beim FA eingelegt worden seien, sagte der Prozeßbevollmächtigte eine sofortige Prüfung zu. Am 25. März 1997 teilte dann der Prozeßbevollmächtigte der Kläger dem Gericht mit, daß die fraglichen Einkommensteuer-Änderungsbescheide 1980 und 1981 nicht ihm bekanntgegeben worden seien. Sie seien ausweislich der ihm nunmehr vorliegenden Fotokopie an die ... Partnerschaft, ..., gerichtet worden. Bei dieser unter der "... Partnerschaft ..." firmierenden Gesellschaft handele es sich um eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Steuerberatungsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesetz, die im Partnerschaftsregister des Amtsgerichts ... unter der Nummer ... eingetragen sei. An dieser sei er zwar als Partner beteiligt, jedoch sei die Partnerschaft als solche nicht prozeßbevollmächtigt im vorliegenden Verfahren. Dies habe sich dahin ausgewirkt, daß ihm die in Rede stehenden Bescheide nicht vorgelegt, sondern diese der für die Kläger zuständigen steuerlichen Sachbearbeiterin bei der mit der ... Partnerschaft ... verbundenen ... GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frau Steuerberaterin ..., übermittelt und von dieser im Original an die Kläger weitergeleitet worden seien. Wegen der in dem Telefongespräch vom 14. März 1997 von dem Berichterstatter problematisierten Verfahrensfrage sei dann das FA mit Schreiben der ... GmbH ... - der steuerlichen Beraterin der Kläger - aufgefordert worden, eine wirksame Bekanntgabe nachzuholen. Zu diesem Zeitpunkt sei Frau ... noch davon ausgegangen, daß eine Bekanntgabe an die Steuerpflichtigen selbst zur Wirksamkeit führen könne. Weitere Nachforschungen in seinem Hause hätten dann jedoch ergeben, daß nur eine unmittelbare Bekanntgabe an ihn als Prozeßbevollmächtigten zur Wirksamkeit hätten führen können. Diese Bekanntgabe sei aber bisher noch nicht erfolgt. Nur rein vorsorglich beantrage er für den Fall der Wirksamkeit der Bescheide vom 25. November 1996 die Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens zu machen und beantrage er dafür Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO.
Auch wegen der so gravierenden Rechtsfolgen des § 68 FGO sei es dringend erforderlich, daß die vom Bundesfinanzhof (BFH) geforderte Bekanntgabe während eines Klageverfahrens ergehender Änderungsbescheide an den jeweiligen Prozeßbevollmächtigten korrekt erfolge. In diesem Sinne setze eine wirksame Bekanntgabe voraus, daß der bekanntzugebende Verwaltungsakt richtig adressiert, d.h. an die Person gerichtet sei, der er bekanntgegeben werden soll. Hier sei aber die Frist des § 68 FGO nur deshalb versäumt worden, weil beide Bescheide nicht richtig adressiert gewesen seien und ihn als Prozeßbevollmächtigten nicht konkret und persönlich als Adressaten angesprochen hätten. Dagegen spreche nicht, daß er, der Prozeßbevollmächtigte, unter dem 5. September 1996 im Anschluß an einen Antrag auf Verlängerung einer Stellungnahme-Frist dem Gericht mitgeteilt hatte, daß sie nachrichtlich darauf hinweisen würden, daß die bisherige Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät ... in eine Partnerschaftsgesellschaft mit den gleichen Beteiligten umgewandelt worden sei. Der Hinweis, daß die Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät, der der Prozeßbevollmächtigte angehörte, in eine Partnerschaftgesellschaft umgewandelt worden war, habe nur sicherstellen sollen, daß für den Prozeßbevollmächtigten bestimmte Mitteilungen und Bescheide diesem unter zutreffender Anschrift bekanntgegeben würden. Aus demselben Grund verwende er, der Prozeßbevollmächtigte, auch die Briefbögen der Partnerschaft. Er habe jedoch stets im Rubrum seiner Schriftsätze - so auch im Schreiben vom 5. September 1996 - kenntlich gemacht, daß er persönlich der Prozeßbevollmächtigte sei.
Nach Rückerhalt der unter dem 25. November 1996 erlassenen Original-Änderungsbescheide 1980 und 1981 von den Klägern am 24. April 1997 seien ihm, dem Prozeßbevollmächtigten, die Bescheide von der bei der ... GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigten Mitarbeiterin ... am 28. April 1997 im Original übergeben worden.
Hinsichtlich des Einkommensteuer-Änderungsbescheids 1981 Vom 25. November 1996 weisen die Kläger darauf hin, daß die Rechtsbehelfsbelehrung insofern unrichtig und unklar sei, weil danach ein mit der Klage angefochtener Bescheid vom 25. Juli 1990 geändert werde, zwischenzeitlich aber noch ein weiterer Änderungsbescheid für 1981 vom 16. Januar 1995 erlassen worden wäre. Diese Unbestimmtheit führe nach den allgemeinen Grundsätzen zur Nichtigkeit der im Hinblick auf § 68 FGO notwendigen Rechtsbehelfsbelehrung und des gesamten Bescheids.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 25. Juli 1990 und Änderung der Einkommensteuerbescheide 1980 vom 17. Januar 1990 und 1981 vom 16. Januar 1995 die Einkommensteuer 1980 auf 266.846 DM und für 1981 auf 13.138 DM herabzusetzen,
hilfsweise,
die eben genannten Einkommensteuerfestsetzungen unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 vorzunehmen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unzulässig, weil der Antrag nach § 68 FGO verspätet gestellt worden sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil schuldhaft die Frist versäumt worden sei.
Mit Schreiben vom 5. September 1996 sei dem Gericht mitgeteilt worden, daß die bisherige Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät ... in eine Partnerschaftsgesellschaft mit den gleichen Beteiligten umgewandelt worden sei. Damit sei bedeutet worden, daß dieses bei künftigem Schriftwechsel beachtet werden sollte. Deshalb seien die Änderungsbescheide vom 25. November 1996 zu Recht an die im Schreiben vom 5. September 1996 genannte ... Partnerschaft in ... gerichtet worden. Wenn dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Änderungsbescheide gleichwohl verspätet zugegangen seien, so habe das allein der Prozeßbevollmächtigte zu verantworten. Er hätte organisatorisch sicherstellen müssen, daß ihm klagebedeutsame Schreiben unverzüglich vorgelegt werden.
Zum Sachverhalt wird ergänzend auf die Steuerakten (St.-Nr.: ...), das Protokoll über die mündliche Verhandlung und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Der Klage fehlt die Beschwer, nachdem die ursprünglich angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1980 vom 17. Januar 1990 und 1981 (i.d. Fassung des Einspruchsbescheides vom 25. Juli 1990 und mit dem zum Gegenstand des Verfahrens erklärten Inhalt des Bescheids) vom 16. Januar 1995 in die danach erlassenen Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 eingegangen und jetzt die Einkommensteuerbescheide 1980 und 1991 vom 25. November 1996 bestandskräftig sind. Die Einkommensteuerbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 wurden wirksam bekanntgegeben und weder durch Einspruch angefochten noch fristgerecht gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.
1.
Verfahren bei Änderung von Steuerbescheiden während des Klageverfahrens:
Wird ein im Klageverfahren zur Überprüfung gestellter Steuerbescheid während des Klageverfahrens geändert, so nimmt nach dem Verständnis des Bundesfinanzhofs (BFH) der im Klageverfahren ergehende Änderungsbescheid den ursprünglichen Steuerbescheid in seinen Regelungsinhalt auf. Solange der Änderungsbescheid Bestand hat, entfaltet daher der ursprüngliche Bescheid keine Wirkung (vgl. Beschluß des BFH vom 30. August 1994 IX R 19/92, BFH/NV 1995, 596). Er bleibt in dem Umfang, in dem er in den Änderungsbescheid aufgenommen ist, suspendiert und tritt erst wieder in Kraft, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben wird (vgl. Beschluß des BFH vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Dabei ist allein von Bedeutung, ob der Änderungsbescheid den ursprünglichen Bescheid formell geändert und ersetzt hat; nicht erheblich ist dagegen, ob der Änderungsbescheid materielle Änderungen enthält (vgl. Beschluß des BFH vom 20. Mai 1994 XI B 76/92, BFH/NV 1995, 126, 127).
Soweit nach dem vorstehenden Verständnis ein ursprünglich angefochtener Steuerbescheid in einen Änderungsbescheid eingeht, gilt das zwangsläufig auch für die durch den ursprünglichen Steuerbescheid verursachte Beschwer. Wird also ein Änderungsbescheid bestandskräftig, entfällt zugleich endgültig eine vom ursprünglichen Steuerbescheid ausgelöste Beschwer und wird damit die gegen den ursprünglichen Steuerbescheid anhängige Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. Beschluß des BFH vom 11. Februar 1994 III B 127/93, BFHE 173, 14, BStBl II 1994, 658) unzulässig (vgl. Beschlüsse des BFH vom 27. Januar 1993 IV R 321/84, BFH/NV 1994, 177, vom 10. Oktober 1994 IV R 26/91, BFH/NV 1995, 245, und vom 15. Mai 1990 XI R 53/88, BStBl II 1997, 514) und ist wegen seiner Bestandskraft auch über den Änderungsbescheid keine Sachentscheidung mehr möglich (vgl. Beschluß des BFH vom 18. Februar 1994 IX B 1/94, BFHE 173, 305, BStBl II 1994, 405). Zur Vermeidung dieses Ergebnisses hat der Kläger die Wahl (vgl. Urteil des BFH vom 10. Juli 1996 X R 170/95, BFH/NV 1997, 184, 185), entweder den Änderungsbescheid durch Einspruch anzufechten und insoweit ein neues (Vor-)Verfahren zu beginnen (dann analog § 74 FGO Aussetzung des wegen des ursprünglichen Steuerbescheids anhängigen Klageverfahrens; vgl. Beschluß des BFH vom 20. Mai 1994 XI B 76/92, BFH/NV 1995, 126), oder (aus rechtsökonomischen Gründen) unter den Voraussetzungen des § 68 FGO gemäß § 68 Satz 1 FGO zu beantragen, (auch) den Änderungsbescheid zum Gegenstand des (damit fortzuführenden Klage-) Verfahrens zu erklären und damit ohne vorherige Durchführung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens (§ 44 Abs. 1 FGO) das Klageverfahren fortzusetzen. Ein solcher Antrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsaktes (Änderungsbescheids) zu stellen (§ 68 Satz 2 FGO), worauf in der Rechtsmittelbelehrung hinzuweisen ist (§ 68 Satz 3 FGO). Bei Korrektur eines angefochtenen Steuerbescheids wird also im gerichtlichen Verfahren, anders als im Einspruchsverfahren (§ 365 Abs. 3 Abgabenordnung - AO -), der neue Verwaltungsakt (Änderungsbescheid) nicht automatisch Gegenstand des anhängigen Verfahrens, sondern (nach ausreichender Belehrung) gemäß § 68 FGO nur auf einen entsprechenden (fristgerecht gestellten) Antrag des Rechtssuchenden hin. Diese Regelung gilt nach § 68 Satz 1 FGO in jedem Fall, in dem der angefochtene Verwaltungsakt (Steuerbescheid) nach Klageerhebung durch einen anderen Verwaltungsakt (Änderungsbescheid) geändert oder ersetzt wird, unabhängig davon, auf welcher gesetzlichen Vorschrift die Korrektur beruht. Wird während eines Klageverfahrens ein Änderungsbescheid erlassen, ist dieser nach Auffassung des BFH dem Prozeßbevollmächtigten bekanntzugeben (vgl. Urteil des BFH vom 5. Mai 1994 VI R 98/93, BFHE 174, 208, BStBl II 1994, 806). Geschieht das nicht, wird der Änderungsbescheid nicht wirksam bekanntgegeben und damit auch nicht die Antragsfrist des § 68 Satz 2 FGO in Lauf gesetzt. Dann wäre zu prüfen, ob eine Heilung (vgl. BFH-Urteil VI R 98/93, a.a.O., 808) der bislang unwirksamen Bekanntgabe eingetreten ist (z.B. wenn dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers der geänderte Steuerbescheid im Laufe des Klageverfahrens von anderer Seite, z.B. von dem Kläger oder dem Gericht, zugeleitet worden ist). Enthält der Änderungsbescheid nicht oder nicht an gebotener Stelle (vgl. Urteile des BFH vom 26. Oktober 1995 XI R 26/94, BFH/NV 1996, 444, und vom 17. April 1996 X R 98/95, BFH/NV 1996, 900) die von § 68 Satz 3 FGO geforderte Rechtsbehelfsbelehrung, beginnt auch die Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO nicht, sondern kann der Antrag entsprechend § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Änderungsbescheids gestellt werden. (vgl. Beschluß des BFH vom 16. Januar 1997 VI B 152/96, BFH/NV 1997, 584). Wird die Frist des § 68 Satz 2 FGO versäumt, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO beantragt werden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FA die ursprünglich angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1980 und 1981 im Klageverfahren formgerecht und wirksam durch die Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 ersetzt, wurden die Änderungsbescheide wegen Nichtanfechtung durch (und wegen § 355 Abs. 1 AO heute nicht mehr zugelassenen) Einspruch und verspätetem Antrag nach § 68 Satz 1 FGO bestandskräftig und wurde dadurch die Klage insgesamt wegen (nicht mehr durch die ursprünglichen Steuerbescheide ausgelöster Beschwer und deshalb) fehlendem Rechtsschutzbedürfnisses der Kläger unzulässig.
2.
Wirksame Bekanntgabe der Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996:
Entsprechend dem vom BFH aus § 68 Satz 2 FGO abgeleiteten Erfordernis hat das FA die beiden Änderungsbescheide (vom 25. November 1996) dem Prozeßbevollmächtigten ... der Kläger nach Eingang am 26. November 1996 im Büro der ... Partnerschaft ... (laut Eingangsstempel "WP ...") am 28. November 1996 (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO) gemäß § 124 AO wirksam bekanntgegeben.
Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Die Bekanntgabe kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten vorgenommen werden (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO). Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO). Abgesehen von den in § 125 Abs. 2 AO aufgelisteten Fällen ist gemäß § 125 Abs. 1 AO ein Verwaltungsakt nichtig und dann gemäß § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
Unter diesen Voraussetzungen machte die Art, in der das FA die beiden Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 bekanntgegeben hat, die Bescheide nicht nichtig und unwirksam.
a)
Die beiden Änderungsbescheide waren jeweils als für die Kläger bestimmt bezeichnet und an ihren Prozeßbevollmächtigten in der von diesem gewünschten Form gerichtet und adressiert. Aufgrund des Schreibens des Prozeßbevollmächtigten der Kläger vom 5. September 1996 sollte und durfte das FA die Änderungsbescheide in die Konsequenzen des § 68 FGO auslösenderweise an die ... Partnerschaft adressieren. Nicht notwendig war, daß der Prozeßbevollmächtigte ... noch zusätzlich im Anschriftenfeld erwähnt wurde. Zwar blieb auch nach seinem Schreiben vom 5. September 1996 Steuerberater ... und nicht die ... Partnerschaft im Klageverfahren alleiniger Prozeßbevollmächtigter. Gleichwohl hatte der Prozeßbevollmächtigte ... mit seinem Schreiben vom 5. September 1996 abgestellt auf den Empfängerhorizont (vgl. Urteil des BFH vom 19. Oktober 1994 II R 131/91, BFH/NV 1995, 475, 476) mitgeteilt, daß an ihn gerichtete Bescheide künftig ausreichend adressiert seien, wenn im Anschriftenfeld allein die ... Partnerschaft aufgeführt werde. Daß der Prozeßbevollmächtigte um Adressierung an die ... Partnerschaft bat, hat er insbesondere dadurch verdeutlicht, daß er seine (vom Gericht an das FA weiterzuleitende) Mitteilung vom 5. September 1996 in der Pluralform abgefaßt hatte. Wenn der Prozeßbevollmächtigte im Klageverfahren neben einer Bitte um Fristverlängerung allein mitteilt, daß "... wir darauf hin ..." weisen (vgl. Beschlüsse des BFH vom 27. Juni 1996 V B 34/96, BFH/NV 1997, 56, vom 31. Oktober 1996 VIII B 89/96, BFH/NV 1997, 695, und vom 19. März 1997 III B 8/97, BFH/NV 1997, 696), daß die bisherige Sozietät in die ... Partnerschaft umgewandelt wurde, so gibt er dadurch kund, daß im Klageverfahren allein an ihn zu richtende Schreiben künftig an die ... Partnerschaft adressiert werden sollen. Wird im Klageverfahren ein Schreiben an das Gericht mit einem allein das Klageverfahren betreffenden Inhalt verfaßt, soll diesem nach dem Verständnis des Empfängers (auch FA) eine das Klageverfahren betreffende Bedeutung zukommen. Zweck dieser Mitteilung konnte danach nur der Wunsch sein, bei künftiger Adressierung die Partnerschaft zu wählen, mit der sich der Prozeßbevollmächtigte durch die "wir"-Form als untrennbar verbunden darstellte. Unter diesen Umständen muß sich der Bevollmächtigte nach Treu und Glauben (vgl. Beschluß des BFH vom 1. Juli 1987 II B 204/86, BFH/NV 1988, 50, 51) - aufgrund seiner eigenen Angaben - so behandeln lassen, als hätte er die Adressierung allein an die Partnerschaft gewünscht, selbst wenn er (für den Empfänger nicht erkennbar) die Hinzufügung seines persönlichen Namens im Anschriftenfeld noch für zusätzlich erforderlich gehalten hätte.
b)
Der Annahme, daß die Änderungsbescheide vom 25. November 1996 mit Eingang bei der "WP ..." (vgl. Eingangsstempel) wirksam bekanntgegeben worden sind, steht nicht entgegen, daß die Bescheide nicht gemäß § 122 Abs. 5 AO nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) förmlich zugestellt worden waren. Denn eine förmliche Zustellung war nicht erforderlich. Bei Steuerbescheiden reicht grundsätzlich die formlose Bekanntgabe nach § 122 Abs. 1 AO aus (§ 155 Abs. 1 Satz 2 AO).
Eine (förmliche) Zustellung ist auch nicht für den Fall gesetzlich vorgeschrieben (vgl. § 122 Abs. 5 Satz 1 AO), daß während eines anhängigen Klageverfahrens ein Steuerbescheid ergeht, der den klagebefangenen Steuerbescheid ändert. Aus dem Wortlaut des § 68 FGO geht klar hervor, daß selbst in einem solchen Fall eine formlose Bekanntgabe des Steuerbescheids i.S. des § 122 Abs. 1 AO genügt. Denn nach § 68 Satz. 2 FGO ist der Antrag, den geänderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsakts zu stellen. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 68 Satz 2 FGO, der die formlose Bekanntgabe des Verwaltungsakts ausreichen läßt, ist für eine analoge Anwendung des § 53 Abs. 1 FGO, wonach Anordnungen und Entscheidungen des Gerichts, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen den Beteiligten zuzustellen sind, kein Raum. Soweit die Finanzbehörden gemäß § 122 Abs. 5 Satz 1 AO anstelle der formlosen Bekanntgabe die Zustellung schriftlicher Verwaltungsakte anordnen "können", ist es nicht ermessensfehlerhaft (§ 5 AO, § 102 FGO), wenn sie davon bei Erlaß von Änderungsbescheiden, die den Klagegegenstand eines anhängigen Klageverfahrens betreffen, in der Regel keinen Gebrauch machen. Denn der Gesetzgeber hat durch § 68 Satz 2 FGO, wonach die Frist durch die (formlose) Bekanntgabe in Lauf gesetzt wird, zu erkennen gegeben, daß er dies grundsätzlich auch bei Änderungsbescheiden während eines Klageverfahrens genügen lassen will. Dann kann es aber nicht als ermessensfehlerhaft beurteilt werden, wenn die Behörden entsprechend verfahren und die (förmliche) Zustellung auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränken (vgl. BFH-Urteil VI R 98/93, a.a.O., 807). Da ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorlag, war die formlose Bekanntgabe der beiden Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 ermessensgerecht.
c)
Da aufgrund der vorstehenden Ausführungen für die Wirksamkeit der hier zu prüfenden Bekanntgabe i.S.d. § 68 FGO allein die Grundsätze der formlosen Bekanntgabe Anwendung finden, wäre auch dann von einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe der beiden Änderungsbescheide auszugehen, wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung der Name des persönlichen Prozeßbevollmächtigten doch im Anschriftenfeld der Änderungsbescheide hätte hinzugesetzt werden müssen. In diesem Fall wäre spätestens dann von einer wirksamen Bekanntgabe auszugehen, wenn die beiden Änderungsbescheide tatsächlich in den Machtbereich (vgl. Urteil des BFH vom 14. März 1990 X R 104/88, BFHE 160, 207, BStBl II 1990, 612, 615) des Prozeßbevollmächtigten gelangt sind. Nach Auffassung des Gerichts gehörte nach dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 5. September 1996 auch der Zugangs- und Verwaltungsbereich der ... Partnerschaft und damit der "WP ..." (vgl. Eingangsstempel auf den beiden Änderungsbescheiden) zum (vom Prozeßbevollmächtigten gestaltbaren) Empfangsbereich des Prozeßbevollmächtigten. Als Beteiligten an der ... Partnerschaft ging die bei der ... Partnerschaft eingehende Post auch dem Prozeßbevollmächtigten zu. Dem Prozeßbevollmächtigten war es auch rechtlich und tatsächlich möglich, sicherzustellen, daß er die für ihn gedachte und bei der ... Partnerschaft eingehende Post auch wirklich bekam.
d)
Entgegen der Annahme der Kläger machte auch der Hinweis vor der ergänzenden Rechtsbehelfsbelehrung in dem Änderungsbescheid 1981 vom 25. November 1996, daß dieser Bescheid (nicht den Bescheid vom 16. Januar 1995, sondern irrigerweise) den mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 1990 ändere, den Änderungsbescheid 1981 nicht nichtig. Hier handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die als solche für den Empfänger bei Anwendung üblicher Sorgfalt leicht und zweifelsfrei erkennbar war. Bei Prüfung der (wegen des Vorläufigkeitsausspruchs ergangenen) Einkommensteuerfestsetzung 1981 vom 25. November 1996 war sofort erkennbar, daß diese an die Festsetzung vom 16. Januar 1995 und nicht an die vom 25. Juli 1990 anknüpfte. Danach wäre bei ordnungsgemäßer Kenntnisnahme dem Prozeßbevollmächtigten sofort aufgefallen, daß wegen des vorausgegangenen Bescheides vom 16. Januar 1995 das im Änderungsbescheid vom 25. November 1996 erwähnte Datum vom 25. Juli 1990 falsch war. Der Änderungsbescheid 1981 leidet somit nicht an einem offenkundigen besonders schwerwiegenden Fehler (bezüglich des Datums) i.S. des § 125 AO und ist deshalb keineswegs unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO).
e)
Auch im Hinblick auf Sinn und Zweck des § 68 FGO erfahren sowohl das Adressierungs-Problem als auch der falsche Datums-Hinweis (25. Juli 1990 statt 16. Januar 1995) keine andere Bewertung. Mit der regelmäßigen Verpflichtung der Finanzbehörde, Änderungsbescheide während eines Klageverfahrens dem jeweiligen Prozeßbevollmächtigten bekannt zu geben, ist ausreichend sichergestellt, daß Mißverständnisse und Probleme bei der Anwendung des § 68 FGO vom sachkundigen Prozeßbevollmächtigten bedacht und richtig gelöst werden. Die Regelung des § 68 FGO erfordert es nicht, daß darüber hinaus die an die Wirksamkeit von Steuerbescheiden zu stellenden Anforderungen angehoben werden.
3.
Versäumung der Frist des § 68 Satz 2 FGO:
Nach Erhalt der am 28. November 1996 bekanntgegebenen beiden Einkommensteuer-Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 haben die Kläger erst mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 25. März 1997 und deshalb wegen § 68 Satz 2 FGO verspätet gemäß § 68 Satz 1 FGO beantragt, die Bescheide zum Gegenstand der Verfahrens zu machen.
Wegen der Fristversäumnis kann den Klägern keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt werden, weil ihnen gemäß § 155 FGO i.V. mit § 85 Abs. 2 Zivilprozeßordnung (vgl. Urteil des BFH vom 11. August 1993 II R 6/91, BFH/NV 1994, 440, 441) zurechenbar ihr Prozeßbevollmächtigter schuldhaft die Frist des § 68 Satz 2 FGO versäumt hat. Die "WP ..." hätte die beiden Änderungsbescheide vom 25. November 1996 dem Prozeßbevollmächtigten ... rechtzeitig vor Ablauf der (auch in den beiden Eingangsstempeln festgehaltenen) Monatsfristen vorlegen müssen. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte ... durch Schreiben vom 5. September 1996 darauf hingewiesen hatte, daß die bisherige Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät in eine Partnerschaftsgesellschaft mit den gleichen Beteiligten umgewandelt worden war, hätte der Prozeßbevollmächtigte sicherstellen müssen, daß ihm bei ... Partnerschaft eingehende und für das Klageverfahren bedeutsame Schriftstücke unverzüglich vorgelegt bzw. prozeßbedeutsame Fristen auf andere Weise eingehalten wurden. Daß diese Anforderungen von den Bediensteten der "WP ..." und insbesondere von der Mitarbeiterin ... nicht beachtet wurden, ist dem Prozeßbevollmächtigten ... als Organisationsverschulden anzulasten und müssen sich die Kläger zurechnen lassen (vgl. Urteil des BFH vom 10. Juli 1996 X R 170/95, BFH/NV 1997, 184, 185 - unter 3. -).
4.
Kein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger:
Da nach Ablauf der Frist des § 68 Satz 2 FGO eine Sachprüfung der (nicht durch Einspruch angefochtenen) Änderungsbescheide 1980 und 1981 vom 25. November 1996 und der darin eingegangenen ursprünglich angefochtenen Bescheide nicht mehr erfolgen kann, besteht für die Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis mehr und ist deshalb die Klage unzulässig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.