Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.10.1997, Az.: II 238/95

Steuerliche Behandlung einer Entschädigungsleistung; Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte; Begriff der Entschädigungsleistung; Vorliegen einer Teilbetriebsaufgabe; Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
08.10.1997
Aktenzeichen
II 238/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17784
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:1008.II238.95.0A

Fundstelle

  • DStRE 1998, 557-561 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 a EStG setzt die Zahlung einer Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen und dem Zweck des § 34 EStG entsprechend einen zusammengeballten Zufluss der Entschädigung voraus.

  2. 2.

    Begrifflich setzt eine Entschädigung voraus, dass die Leistung als Ersatz an die Stelle eines ursprünglich vorhandenen Anspruchs getreten ist. Es wird deshalb verlangt, dass durch das Schadensereignis die Rechtsgrundlage für Einnahmen entfallen sein muss, mit denen der Steuerpflichtige rechnen konnte, und dass der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen muss. Es dürfen sich weder lediglich die Zahlungsmodalitäten geändert haben, noch reicht es, wenn die Parteien einen Vertrag zwar einverständlich beenden, aber sich noch Zahlungen versprechen, die Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis darstellen, wobei dies bei einer Vertragsstörung auch für die Leistung des Erfüllungsinteresses wie etwa für den entgangenen Gewinn gilt.

  3. 3.

    Eine neue Rechtsgrundlage ist insbesondere gegeben, wenn die ursprünglich zwischen den Vertragspartnern geschlossene Vereinbarung durch schuldrechtliche Vereinbarung abgeändert wird, was insbesondere im Rahmen eines Vergleichs geschehen kann.

  4. 4.

    Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 a EStG liegt nicht vor, wenn es sich bei dem verursachenden Ereignis noch um ein typisches Geschäft, nicht um einen außergewöhnlichen Vorgang handelte, der über den Rahmen einzelner, für die jeweilige Einkunftsart typischer Geschäfte hinausgeht.

  5. 5.

    An einer Teilbetriebsaufgabe fehlt es, wenn der Steuerpflichtige zwar die bisher insoweit ausgeübte Tätigkeit eingestellt hat, nicht aber die wesentlichen Betriebsgrundlagen dieses Bereichs innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ganz oder teilweise veräußert oder in der Privatvermögen ihrer Gesellschafter überführt oder vernichtet hat und dadurch die stillen Reserven in einem Zug aufgedeckt hat. Es muss sich bei einer Betriebsaufgabe um einen einheitlichen Vorgang handeln, der von der nicht begünstigten allmählichen Betriebsabwicklung abzugrenzen ist.

  6. 6.

    Sogar Gewinne aus während des Abwicklungszeitraums erfolgenden Rechtsgeschäften sind regelmäßig nicht tarifbegünstigt, wenn diese der im wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit dienen. Zum Aufgabegewinn gehören in der Regel nur die aus der Auflösung der stillen Reserven des Anlagevermögens resultierenden Gewinne.

  7. 7.

    Für das Vorliegen einer Vorleistung kommt es demgegenüber entscheidend darauf an, ob eine Entschädigung oder Abfindung Gegenleistung für eine noch zu erbringende zeitbezogene Dauerleistung in Form eines Tuns oder Unterlassens ist, ob also tatsächlich noch eine solche Dauerleistung zu erbringen ist.

  8. 8.

    Eine Entschädigung oder Abfindung ist mithin nur dann Gegenleistung für eine durch Unterlassen zu erbringende Dauerleistung, wenn das Unterlassen auf Dauer geschuldet wird; dies setzt aber voraus, dass der Verpflichtete ohne die Unterlassungspflicht die zu unterlassende Tätigkeit auch ausüben kann. Besteht das Unterlassen in der Nichtausübung eines Rechts, fehlt es an dieser Grundvoraussetzung, wenn nicht lediglich auf die Ausübung des Rechts, sondern auf das Recht als solches verzichtet wird, denn dann wird die Entschädigung für den Verzicht auf das Recht allein gewährt.

Der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 8. Oktober 1997,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtlicher Richter ... Bezirksschornsteinfeger
5. ehrenamtlicher Richter ... Ingenieur
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die steuerliche Behandlung einer Entschädigungsleistung, die die Klägerin (Kl.) im Rahmen eines Schiedsgerichtsvergleichs dafür erhalten hatte, daß sie sich auf eine Änderung ihres Lohndruckvertrages mit einer Tageszeitung einließ.

2

Es geht darum, ob die vereinbarte Entschädigungsleistung nach § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz - EStG - mit einem ermäßigten Steuersatz zu versteuern ist, ob die Kl. ggf. im Zuge des Vergleichs einen Teilbetrieb aufgegeben oder veräußert hat und die Entschädigungsleistung deshalb als Teil eines Veräußerungs-/Aufgabegewinns gem. § 34 Abs. 1, 2 EStG i.V.m. § 16 Abs. 1, 3 EStG tarifbegünstigt zu versteuern ist, oder ob für die vereinbarte Entschädigungsleistung ggf. ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in der Form zu bilden ist, daß die vereinbarte Zahlung auf die vereinbarte Laufzeit des durch den Vergleich geänderten Lohndruckvertrages zu verteilen ist.

3

Die Kl. unterhält eine Druckerei. Schon seit Jahrzehnten hatte sie Geschäftsbeziehungen zur "LZ" (Landeszeitung für die L.) und erstellte für diese den Satz und Druck, zunächst in historischen Gebäuden in der Innenstadt von L.. Durch die Umstellung auf neuere Produktionsmethoden, die zur Durchführung des Druckauftrags der LZ unumgänglich waren, mußte die Kl. schließlich ihren Betrieb in ein neues Betriebsgebäude verlegen und speziell für die Zeitungsproduktion Fotosatzmaschinen (Comtec-System) und eine Hochdruckrotation (Gesamtinvestition ca. 7,2 Mio DM) anschaffen.

4

Dieses finanzielle Engagement wurde durch einen langfristigen Lohndruckvertrag vom 17.12.1980 mit der LZ ausgeglichen. Nach dem Inhalt des frühestens zum 01.04.2001 kündbaren Vertrages hatte die Kl. den Satz sowohl des redaktionellen Teils als auch des Anzeigenteils einschließlich der Bebilderung zu liefern sowie die Zeitung insgesamt zu drucken. Außerdem enthielt der Vertrag detaillierte Regelungen über die Höhe der Vergütung der im einzelnen zu erbringenden Tätigkeiten. In § 7 des Vertrages ("technische Entwicklung") waren Regelungen darüber getroffen, welche Rechte und Pflichten im Hinblick auf die weitere technische Entwicklung für beide Vertragsparteien bestanden. Danach war die LZ frühestens nach Ablauf von fünf Jahren seit Inkrafttreten des Vertrages berechtigt, von der Kl. die Übernahme der "Texterfassung" mit der Zielsetzung zu erlangen, diese allmählich schrittweise in den Verlagsbereich zu verlagern, sofern sich eine Anpassung bestehender Produktionsabläufe an die veränderten Voraussetzungen des nachrichtentechnischen Bereichs der LZ als erforderlich erweisen sollten; ferner war die Kl. unter den gleichen zeitlichen Voraussetzungen berechtigt, vom Verlag die Übernahme des Versands zu verlangen. In beiden Fällen sollten die arbeits- und sozialrechtlichen Konsequenzen in angemessener Weise geregelt werden.

5

Nach § 4 Abs. 6 des Vertrages war die Kl. verpflichtet, im Verbreitungsgebiet der LZ und eines von dieser herausgegebenen Anzeigenblattes keine anderen Zeitungen oder Anzeigenblätter selbst oder für Dritte herauszugeben oder herzustellen.

6

Wegen der Einzelheiten wird auf § 7 und § 4 des Lohndruckvertrages vom 17.12.1980 (Bl. 72-79 GA) Bezug genommen.

7

Im Jahr 1987 richtete die LZ ein eigenes Textverarbeitungssystem ein mit dem Ziel, den kompletten Satz der gesamten Zeitung bis hin zu druckreifen Seitenfilmen selbst herzustellen. Die Investitionskosten beliefen sich auf rd. 3,8 Mio. DM; ferner entstanden dort zusätzliche Kosten von rd. 532 TDM für die Einstellung neuer Mitarbeiter. Es kam wegen der von der LZ betriebenen Übernahme des gesamten Zeitungssatzes zu Streitigkeiten zwischen der LZ und der Kl. über die Auslegung des § 7 des Lohndruckvertrages. Die Kl. vertrat insofern die Auffassung, nach § 7 Abs. 1 des Lohndruckvertrages sei die LZ nicht berechtigt, den gesamten Zeitungssatz (Umsatzvolumen von jährlich rd. 3 Mio. DM) zu übernehmen.

8

Schließlich schlossen die Vertragsparteien auf "dringendes Anraten" des angerufenen Schiedsgerichts am 20.01.1987 einen Vergleich.

9

Danach übernahm die LZ ab 01.04.1988 die Herstellung der redaktionellen Seiten einschließlich Bilder, Graphiken, Text anschließender gelieferter Anzeigen und/oder Stehsatzanzeigen für den redaktionellen Teil. Die Herstellung und Einfügung gestalteter Anzeigen erfolgte weiterhin durch die Druckerei. Die von der LZ gestalteten Seiten wurden der Kl. als Film geliefert; die Kl. hatte dann diese Seiten noch um gestaltete Anzeigen zu vervollständigen.

10

Ab dem 01.04.1992 übernahm die LZ dann die Herstellung der kompletten Zeitungsseiten einschließlich sämtlicher Anzeigen und lieferte diese der Kl. komplett als Seitenfilme an. Als Entschädigung für die auf diese Weise vereinbarte Verkürzung der Laufzeit des Lohndruckvertrages vom 17.12.1980 und zur Abgeltung aller Ansprüche aus arbeits- und sozialrechtlichen Folgen hatte die LZ an die Kl. insgesamt 5,5 Mio. DM zu zahlen, und zwar am 01.12.1987 2 Mio. DM, am 01.12.1988, am 01.12.1989 und am 01.12.1990 je 1 Mio. DM und am 01.12.1991 die restlichen 500 TDM. Ferner vereinbarten die Vertragsparteien noch einen Versandvertrag.

11

Der insoweit geänderte Lohndruckvertrag vom 17. Dez. 1980 wurde außerdem bis zum 31.12.2007 verlängert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 20. Nov. 1987 des Schiedsgerichtsverfahrens (Heftung Schadensersatz in Ordner Bp.) Bezug genommen.

12

Zur Abgeltung von arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen als Folge des mit dem Vergleich verbundenen Abbaus von Arbeitskräften entstanden der Kl. - unstreitig - Aufwendungen von rd. 322 TDM.

13

Die Kl. wies die Entschädigung in ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr 1987 als außerordentlichen Ertrag in Höhe von 5,5 Mio. DM aus, wovon 3,5 Mio. DM noch als Forderung zum 31.12.1987 aktiviert waren. Sie beantragte für einen Betrag in Höhe von 3.711.563,19 DM den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 a EStG (Entschädigung für entgangenen und entgehenden Gewinn) zu gewähren; dieser Betrag ergab sich nach Abzinsung der Forderung und Abzug von Prozeß- und Anwaltskosten sowie anteiliger Gewerbesteuer.

14

Der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA -) folgte dem zunächst in einem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheid. Nach einer bei der Kl. durchgeführten Außenprüfung versagte das FA jedoch die zunächst gewährte Vergünstigung und erließ einen entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid, gegen den die Kl. Einspruch einlegte. Die Kl. vertrat die Auffassung, die Entschädigung sei für entgehenden Gewinn gezahlt und daher tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 a EStG, oder aber wegen Aufgabe eines Teilbetriebs nach § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1, 3 EStG tarifbegünstigt; zumindest sei die Vergleichsforderung passiv abzugrenzen (passiver Rechnungsabgrenzungsposten), und zwar auf die bisherige Laufzeit des durch den Vergleich geänderten Lohndruckvertrages. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

15

Mit ihrer Klage verfolgt die Kl. ihr Begehren weiter.

16

Die Kl. ist der Auffassung, es handele sich um entgangene oder entgehende Einnahmen gem. § 34 Nr. 1 a EStG. Denn durch den vereinbarten stufenweisen Wegfall der Satzproduktion sei die Geltung des Lohndruckvertrages insoweit verkürzt worden, entgingen der Kl. mithin Einnahmen, die sie nach dem ursprünglichen Lohndruckvertrag bis zum Jahre 2000 erzielt hätte. Für diese entgehenden Einnahmen sei ihr im Vergleich eine Entschädigung gewährt worden. Der Vergleich beinhalte deshalb nicht lediglich eine Änderung von Zahlungsmodalitäten auf gleichbleibender vertraglicher Grundlage, denn es sei nicht etwa für ihre Leistung nur eine andere Zahlungsweise vereinbart worden.

17

Es handele sich auch um außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG, da Leistungen, die sonst in mehreren Veranlagungszeiträumen angefallen wären, nunmehr zusammengeballt im Streitjahr als Gewinn zu erfassen seien.

18

Zwar fasse der Bundesfinanzhof - BFH - den Begriff der Entschädigung enger und knüpfe ihn an weitere Voraussetzungen. So dürfe es sich bei Vertragsstörungen nicht um die im Rahmen des Erfüllungsinteresses geleistete Zahlung einschließlich des entgangenen Gewinns gem. § 252 BGB handeln, müsse die Entschädigungsleistung auf einer neuen Rechts- und Billigkeitsgrundlage beruhen. Auch müsse es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang handeln, d.h. um ein für den jeweiligen Geschäftsbetrieb des Steuerpflichtigen untypisches Ereignis, einen Vorgang, der über den Rahmen einzelner, für die jeweilige Einkunftsart typischer Geschäfte hinausgehe, und dürfe der Steuerpflichtige an dem Ausfall der Einnahmen nicht selbst mitgewirkt haben, müsse er insoweit zumindest unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt haben.

19

Diese vom BFH geforderten zusätzlichen Merkmale entbehrten aber einer gesetzlichen Grundlage. Der BFH stelle hier Tatbestandsmerkmale auf, die das Gesetz nicht enthalte. Davon abgesehen seien aber auch diese engeren Voraussetzungen vorliegend erfüllt.

20

Um das vertragliche Erfüllungsinteresse handele es sich nämlich deshalb nicht, weil eine Vertragsstörung bei Abschluß des Vergleichs noch gar nicht vorgelegen habe. Der Zahlungsanspruch beruhe vielmehr auf der Vertragsänderung durch den Vergleich, also auf einer neuen Rechtsgrundlage.

21

Ob ein Vorgang außergewöhnlich sei, entscheide sich danach, ob er für den jeweiligen Geschäftsbereich untypisch sei (dann außergewöhnlich) oder, ob der Steuerpflichtige unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen Druck gehandelt habe (dann ebenfalls außergewöhnlich). Es sei schon deshalb kein normaler und damit ein außergewöhnlicher Geschäftsvorfall gewesen, weil der vereinbarte stufenweise Verzicht auf die Satzproduktion nicht wiederholbar sei, einen einmaligen Vorgang darstelle; denn die Stillegung der gesamten Satzabteilung komme einer teilweisen Betriebsaufgabe gleich.

22

Außergewöhnlich sei das Vertragsverhältnis mit der LZ und damit auch der hier zu beurteilende Vorgang zudem deshalb, weil dem Geschäftsbetrieb der Kl., hätte sie sich nicht auf den Vergleich eingelassen, zumindest teilweise die Ertragsgrundlage entzogen worden wäre.

23

Die Kl. habe auch nicht etwa freiwillig in den Vergleich eingewilligt. Sie sei faktisch und wirtschaftlich dazu gezwungen gewesen, da die Geschäftsverbindung zur LZ für sie existenznotwendig gewesen sei, wie sich schon darin zeige, daß 1987 wie auch in den Vorjahren rd. 55 v.H. des Gesamtumsatzes aus der Geschäftsverbindung mit der LZ erzielt seien. Es wäre nicht möglich gewesen, auf die Produktion einer anderen Zeitung im Verkaufsgebiet der LZ auszuweichen, da der Kl. dies nach § 4 Abs. 6 des Lohndruckvertrages untersagt gewesen sei. Ohne die Einigung, hätte man etwa eine Zivilklage durchgefochten, wäre jedenfalls die Geschäftsverbindung für die Zukunft zerstört gewesen.

24

Die außergewöhnliche wirtschaftliche Bedeutung allein der nach dem vereinbarten Stufenplan verlagerten Satzerstellung spiegele sich deutlich in den Gewinnrückgängen nach Übergang des Satzes für den redaktionellen Teil am 01.04.1988 und nachfolgend den Anzeigenteil am 01.04.1992 auf die LZ wider. Wegen der Einzelheiten Wird insoweit auf die Zusammenstellung betriebswirtschaftlicher Ergebnisse im Schriftsatz vom 21.08.1995, dort S. 4 (Bl. 51, 54 GA) verwiesen.

25

Die Tarifvergünstigung des § 34 EStG sei aber auch unter einem weiteren Gesichtspunkt gegeben. Die Kl. habe nämlich mit der sukzessiven Übertragung der Satzerstellung auf die LZ gegen die vereinbarte Vergleichssumme einen Teilbetrieb - Satzerstellung für die LZ - aufgegeben oder veräußert. Der hierbei erzielte Veräußerungs-/Aufgabegewinn sei ebenfalls nach § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 16 Abs. 1, 3 EStG steuerbegünstigt.

26

Der Zeitungssatz für die LZ sei ein organisatorisch, personell und abrechnungsmäßig vom übrigen Betrieb abgegrenzter Betriebsteil mit eigenem Kundenkreis (ausschließlich Tätigkeit für die LZ) mit eigenen Räumlichkeiten, Inventar und Personal gewesen. Mit der Aufgabe des Zeitungssatzes zuletzt auch für den Anzeigenbereich sei dieser Teilbetrieb aufgegeben worden, das Inventar sei schrittweise verschrottet worden. Ein Teil der Entschädigungssumme sei sicherlich auch für die nach der Stillegung wertlosen Maschinen gezahlt worden.

27

Selbst wenn die Voraussetzungen für die Tarifbegünstigung nach § 34 EStG nicht gegeben wären, müßte für die Vergleichs summe ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden, der der Höhe nach so zu bemessen sei, daß die vereinbarte Ausgleichszahlung auf die ursprüngliche Laufzeit (bis zum Jahre 2000) des Druckvertrages zu verteilen sei. Denn die Entschädigung enthalte letztlich Vorausleistungen auf den dauernden Verzicht der Kl. auf ihre Rechte aus dem ursprünglichen Lohndruckvertrag, mithin für Leistungen in Form eines Unterlassens in späteren Veranlagungszeiträumen.

28

Die Kl. beantragt,

einen Teilbetrag in Höhe von 3.711.563 DM des festgestellten Gewinns für 1987 als außerordentliche Einkünfte gem. § 34 Abs. 1 EStG festzustellen,

29

hilfsweise,

die vereinbarte Entschädigung im Verhältnis der durch den Schiedsvergleich verursachten jährlichen Erlöseinbußen auf die Jahre 1988 bis einschließlich 2000 zu verteilen.

30

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

31

Das FA ist der Auffassung, eine Entschädigungsleistung nach § 24 Nr. 1 a EStG für entgangene oder entgehende Einnahmen liege schon deshalb nicht vor, da die im Vergleichsverfahren getroffene Vereinbarung als normaler und üblicher Geschäftsvorfall zu beurteilen sei. Die Kl. habe infolge der Störung des Lohndruckvertrages im Rahmen ihres Erfüllungsinteresses Ersatz für entgangenen Gewinn i.S.d. § 252 BGB erlangt. Außerdem sei die ursprüngliche Rechtsgrundlage, nämlich der Lohndruckvertrag, nicht weggefallen. Mit dem Vergleich habe man lediglich einen Streitpunkt des Vertrages außer Streit gesetzt. Zwar habe die Kl. unter nicht unwesentlichem Druck der LZ gehandelt, nicht jedoch eines Außenstehenden, wie es die Rechtsprechung verlange. Fehle es an der Einwirkung eines solchen Außenstehenden, gehe es nur um eine Vertragsstörung zwischen den Vertragsparteien.

32

Auch eine begünstigte Teilbetriebsaufgabe i.S.d. § 16 EStG liege nicht vor. Eine solche beginne mit von einem Aufgabeentschluß getragenen Handlungen, die objektiv auf die Auflösung des Teilbetriebes gerichtet seien. Zwar sei ab 01.04.1988 (Folgejahr) die Satzerstellung ihrem Umfang nach verringert worden, doch sei sie weitere vier Jahre von der Kl., wenn auch in vermindertem Umfange, fortgeführt worden. Folglich könne frühestens im Veranlagungszeitraum 1992 eine Teilbetriebsaufgabe begonnen haben. Darüber hinaus seien die vereinbarten Zahlungen nicht dafür geleistet worden, daß die Kl. einen Teilbetrieb aufgebe. Sofern es überhaupt zu einer Teilbetriebsaufgabe gekommen sein sollte, dann nur deshalb, weil die inzwischen stillgelegte Anlage für die Erledigung anderer Satzaufträge technisch zu langsam gewesen sei.

33

Auch eine Verteilung der Entschädigungsleistungen auf die Restlaufzeit des Vertrages durch Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens sei nicht möglich. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 2 EStG seien als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite solche Einnahmen vor dem Abschlußstichtag anzusetzen, die Erträge für eine bestimmte Zeit nach diesem Stichtag darstellten. Hierdurch sollten Einnahmen dem Jahr zugeordnet werden, zu dem sie wirtschaftlich gehörten. Die Rechnungsabgrenzung setze deshalb eine Vorleistung des einen Vertragsteils auf eine noch nicht erbrachte Gegenleistung des anderen Vertragsteils voraus, wobei die Gegenleistung auch in einem Unterlassen bestehen könne. Im Streitfall habe die Kl. indes nicht für eine bestimmte Zeitdauer eine Tätigkeit unterlassen und hierfür eine Vorauszahlung erhalten. Die Leistung der Kl. erschöpfe sich im Streitfall in der Vertragsänderung. Nach der Vertragsänderung durch den Vergleich habe die Kl. keine Ansprüche auf Satzerstellung mehr gehabt. Die Ausübung des Rechts auf Satzerstellung für einen Zeitraum bis zum Jahr 2000 könne daher nicht von der Kl. unterlassen sein.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist unbegründet.

35

Das FA hat zutreffend die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 1, 2 EStG nicht gewährt und sowohl eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen nach § 24 Nr. 1 a EStG als auch eine Teilbetriebsveräußerung bzw. -aufgabe nach § 16 Abs. 1, 3 EStG verneint. Ferner war die Vergleichssumme auch nicht passiv abzugrenzen.

36

1.

Gem. § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen.

37

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 a EStG setzt die Zahlung einer Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen und dem Zweck des § 34 EStG entsprechend einen zusammengeballten Zufluß der Entschädigung voraus.

38

An letzterem bestehen keine Zweifel, da die gesamte Vergleichssumme trotz vereinbarter Zahlungstermine über 5 Jahre als Forderung bereits im Vergleichsjahr zu aktivieren und damit bereits gewinnwirksam zu erfassen ist und mit ihr ohne den Vergleich bis zum Jahr 2000 entstehende Gewinne abgegolten werden sollten.

39

2.

Indes erfüllt die vereinbarte Ablösesumme nicht den Tatbestand des § 24 Nr. 1 a EStG.

40

a)

Begrifflich setzt - so die ständige Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 14.07.1993 I R 83/92, BFH/NV 1994, 23 [BFH 14.07.1993 - I R 84/92] m.w.N.) - eine Entschädigung voraus, daß die Leistung als Ersatz an die Stelle eines ursprünglich vorhandenen Anspruchs getreten ist. Es wird deshalb verlangt, daß durch das Schadensereignis die Rechtsgrundlage für Einnahmen entfallen sein muß, mit denen der Steuerpflichtige rechnen konnte, und daß der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen muß. Es dürfen sich weder lediglich die Zahlungsmodalitäten geändert haben, noch reicht es, wenn die Parteien einen Vertrag zwar einverständlich beenden, aber sich noch Zahlungen versprechen, die Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis darstellen, wobei dies bei einer Vertragsstörung auch für die Leistung des Erfüllungsinteresses wie etwa für den entgangenen Gewinn gilt.

41

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall zwar noch erfüllt. Denn die Kl. und die LZ haben in dem Vergleich nicht lediglich die Erfüllungsleistungen aus einem beendeten Vertrag geregelt. Eine neue Rechtsgrundlage ist nämlich insbesondere gegeben, wenn die ursprünglich zwischen den Vertragspartnern geschlossene Vereinbarung durch schuldrechtliche Vereinbarung - wie geschehen - abgeändert wird, was insbesondere im Rahmen eines Vergleichs geschehen kann (z.B. BFH-Urteile vom 14.07.1993 a.a.O., m.w.N.; vom 28.07.1993 XI R 4/93, BFH/NV 1994, 165 m.w.N.).

42

b)

Auch die weitere aus dem Begriff der Entschädigung abgeleitete Voraussetzung, daß die entscheidende Ursache für das Ereignis - hier die Vertragsänderung - nicht vom Steuerpflichtigen ausgegangen sein darf, liegt noch vor. Diese Voraussetzung ist immer gegeben, wenn der Steuerpflichtige unter rechtlichem wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt hat (BFH-Beschluß vom 11.03.1996 IV B 55/95, BFH/NV 1996, 737; BFH-Urteil vom 21.09.1987 IX R 32/90, BFH/NV 1994, 308 [BFH 21.09.1993 - IX R 32/90] m.w.N.). Denn die Kl. hat zwar bei dem Abschluß des Vergleichs mitgewirkt, sich darauf aber erst nach dringendem Anraten des Schiedsgerichts eingelassen und die Ursache für die Rechtsstreitigkeit ohnehin nicht gesetzt; dies hat vielmehr die LZ getan, indem sie in eine eigene Textverarbeitung investiert hatte und dann den bisher aufgrund des Lohndruckvertrags vom der Kl. geleisteten Satz nunmehr selbst erstellen und nicht mehr die Leistung der Kl. insoweit in Anspruch nehmen wollte. Auch darf in diesem Zusammenhang nicht verkannt werden, daß die Kl. ohne den Vergleich möglicherweise ihren Hauptkunden verloren hätte.

43

c)

Allerdings liegt eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 a EStG deshalb nicht vor, weil es sich bei dem verursachenden Ereignis - hier dem Vergleichsabschluß - noch um ein typisches Geschäft, nicht um einen außergewöhnlichen Vorgang handelte, der über den Rahmen einzelner, für die jeweilige Einkunftsart typischer Geschäfte hinausgeht. (Zum Erfordernis des außergewöhnlichen Ereignisses, insbesondere bei Einkünften aus Gewerbebetrieb: z.B. BFH-Urteile vom 27.11.1991 X R 10/91, a.a.O.; vom 21.09.1993 IX R 32/93, a.a.O.; vom 05.10.1989 IV R 126/85, BFHE 158, 404, BStBl II 1990, 155, alle m.w.N.)

44

Zwar hatte der mit der LZ bestehende Lohndruckvertrag ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Kl., weil rd. 55 v.H. der Umsätze ihres Unternehmens mit der LZ getätigt wurden. Zum üblichen Geschäftsbetrieb der Kl. gehört aber gerade die Ausführung jeder Art von Druckleistungen für Dritte einschl. Lohndruck. Im Streitfall ging es deshalb um die Abwicklung einer Vertragsstörung durch Vergleich im laufenden Geschäftsbetrieb. Dies ist kein außergewöhnlicher Vorgang (vgl. BFH-Urteil vom 05.10.1989 IV R 126/85, a.a.O., in einem Fall der Weigerung eines Vorproduktlieferanten, einen noch mehrere Jahre laufenden Vertrag zu erfüllen).

45

Nach alledem mußte eine Tarifvergünstigung gem. § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 a EStG unter dem Gesichtspunkt der Entschädigungsleistung für entgangene oder entgehende Einnahmen ausscheiden.

46

3.

Die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 1, 2 i.V.m. § 16 Abs. 1, 3 EStG wegen Veräußerung (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder Aufgabe (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG) eines Teilbetriebs ist ebenfalls nicht möglich.

47

Dabei kann offenbleiben, ob der Satzbereich der Kl., in dem ausschließlich der Satz für die LZ erstellt wurde, überhaupt ein Teilbetrieb ist.

48

a)

An einer Teilbetriebsveräußerung fehlt es schon deshalb, weil nicht die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Satzbereichs für die Erstellung der LZ und ihres Anzeigenblattes veräußert worden sind; Wirtschaftsgüter hat die LZ im Schiedsgerichtsvergleich von der Kl. nicht übernommen.

49

b)

An einer Teilbetriebsaufgabe, so der "Satzbereich LZ" ein Teilbetrieb wäre, fehlt es schon deshalb, weil die Kl. zwar die bisher insoweit ausgeübte Tätigkeit eingestellt hat, nicht aber die wesentlichen Betriebsgrundlagen dieses Bereichs innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ganz oder teilweise veräußert oder in der Privatvermögen ihrer Gesellschafter überführt oder vernichtet hat und dadurch die stillen Reserven in einem Zug aufgedeckt hat (BFH-Urteil vom 08.09.1976 I R 99/75, BFHE 120, 187, BStBl II 1977, 66). Es muß sich bei einer Betriebsaufgabe um einen einheitlichen Vorgang handeln, der von der nicht begünstigten allmählichen Betriebsabwicklung abzugrenzen ist. Dabei hat die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Gegebenheiten als einheitlichen Vorgang noch eine Dauer von bis zu 18 Monaten angesehen (BFH-Urteil vom 21.10.1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385 m.w.N.), jedenfalls einen Abwicklungszeitraum von 36 Monaten nicht mehr zugelassen (BFH-Urteil vom 26.05.1993 X R 101/90, BFHE 171, 468, BStBl II 1993, 710). Der Abwicklungszeitraum betrug aber mehr als 4 Jahre, so daß schon deshalb ein einheitlicher Vorgang und eine (Teil-)Betriebsaufgabe zu verneinen ist. Denn unter dem Blickwinkel der Teilbetriebsaufgabe muß der Abschluß des Schiedsgerichtsvergleichs vom 20.01.1987 als erste Aufgabebehandlung beurteilt werden, weil dort die Verpflichtung und die zeitliche Abfolge der Einstellung des Satzbereichs festgelegt waren und hierin nicht lediglich die Kundgabe eines inneren Aufgabeentschlusses zum Ausdruck kommt, sondern es sich vielmehr um eine erste konkrete Maßnahme im Zuge der Aufgabe der Tätigkeit handelt. Selbst wollte man als erste Aufgabebehandlung erst die Einschränkung des Satzbetriebs auf den Anzeigenteil am 01.04.1988 ansehen, wäre der noch im Rahmen einer Betriebsaufgabe liegende Abwicklungszeitraum bei weitem überschritten; denn die endgültige Einstellung der Tätigkeit erfolgte erst am 01.04.1992, also nach weiteren vier Jahren; zudem wurden die diesem Bereich dienenden Wirtschaftsgüter und wesentlichen Betriebsgrundlagen erst noch später vernichtet.

50

Wollte man den Beginn des Abwicklungszeitraums noch weiter hinausschieben und dann doch noch einen einheitlichen Abwicklungsvorgang bejahen, wäre gleichwohl die Tarifvergünstigung des § 33 Abs. 1, 2 EStG i.V.m. § 16 Abs. 1, 3 Satz 1 EStG hierfür zu verneinen. Denn die vereinbarte Entschädigung wäre nicht Teil eines begünstigten (Teil-)Betriebsaufgabegewinns, sondern vielmehr noch laufender Gewinn; der Geschäftsvorfall des Abschlusses des Schiedsvergleichs diente nämlich der Beendigung eines bisher den laufenden Gewinn beeinflussenden Rechtverhältnisses. Der zeitliche Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe allein genügte nicht (BFH-Urteil vom 06.05.1982 IV R 56/79, BFHE 136, 209, BStBl II 1982, 691), ihn einem Aufgabegewinn zuzuordnen.

51

Sogar Gewinne aus während des Abwicklungszeitraums erfolgenden Rechtsgeschäften sind regelmäßig nicht tarifbegünstigt, wenn diese der im wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit dienen. Zum Aufgabegewinn gehören in der Regel nur die aus der Auflösung der stillen Reserven des Anlagevermögens resultierenden Gewinne.

52

Wie der Gewinn aus einem Räumungsverkauf (auf der bisherigen Handelsstufe) wegen Geschäftsaufgabe (BFH-Urteil vom 29.11.1988 VIII R 316/82, BFHE 156, 408, BStBl II 1989, 602) oder der Gewinn aus der Veräußerung des gesamten Grundstücksbestands (Umlaufvermögen) bei einem gewerblichen Grundstückshandel (BFH-Urteil vom 25.01.1995 X R 76-77/92, BFHE 176, 426, BStBl II 1995, 388) zum laufenden Gewinn gehört, auch wenn die Veräußerungen durch die Betriebsaufgabe erzwungen sind, kann hier der Gewinn aus der vorzeitigen Entlassung aus einem zum normalen Geschäftskreis der Kl. gehörenden Rechtsgeschäft (Lohndruckvertrag) nicht zum Aufgabegewinn gerechnet werden.

53

4.

Auch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens ist nich möglich. Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG haben Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für Einnahmen vor dem Abschlußstichtag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Die Vorschrift, die mit § 250 Abs. 2 HGB übereinstimmt, soll gewährleisten, daß ein vom Steuerpflichtigen vereinnahmtes Entgelt für eine von ihm noch zu erbringende zeitbezogene Gegenleistung erst nach der Leistungserbringung durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens vereinnahmt wird. Sie ist darin der Passivierung von Anzahlungen (§ 266 Abs. 3 C Nr. 3 HGB) vergleichbar (BFH-Urteil vom 09.12.1993 IV R 130/91, BFHE 173, 393 [BFH 11.02.1994 - III R 117/93], BStBl II 1995, 202).

54

Dabei kann die zeitbezogene Gegenleistung auch in einem Unterlassen bestehen (BFH-Urteile vom 29.11.1990 IV R 131/89, BFHE 168, 24, BStBl II 1992, 715; vom 17.09.1987 IV R 49/86, BFHE 151, 386, BStBl II 1988, 327; vom 22.07.1982 IV R 111/79, BFHE 136, 266, BStBl II 1982, 655).

55

In der Literatur wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, eine für die Aufhebung oder Änderung eines Dauerleistungsvertrages, wie z.B. eines zeitbezogenen Liefervertrags, gezahlte Entschädigung werde für das Dulden der Nichterfüllung während der Restlaufzeit gezahlt und deshalb seien die Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens gegeben (Ga, DStZ 1984, 378).

56

Im Grundsatz wird diese Auffassung auch von Sauer (in Herrmann-Heuer-Raupach, § 5 Anm. 2000 unter "Entschädigungen") geteilt, der allerdings keine Rechnungsabgrenzung zulassen will, wenn die Entschädigung als Entgelt für die Bereitschaft zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags anzusehen sei. Abgesehen davon, daß diese Differenzierung unpraktikabel ist, bleibt ohnehin unverständlich, warum hier grundsätzlich die Rechnungsabgrenzung bejaht wird, sie auf der anderen Seite aber bei Abfindungszahlungen für die vorzeitige Entlassung aus einem Mietvertrag oder zur Befreiung aus einem belastenden Vertrag mit der Begründung verneint wird, dort solle nur die Bereitschaft zur Vertragsaufhebung abgegolten sein, nicht etwa ein dauerndes Unterlassen oder Dulden (Herrmann-Heuer-Raupach, § 5 Anm. 2000 unter Abstandszahlung für die vorzeitige Vertragsauflösung/Abstandszahlung zur Befreiung aus einem belastenden Vertrag).

57

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, kommt es demgegenüber entscheidend darauf an, ob eine Entschädigung oder Abfindung Gegenleistung für eine noch zu erbringende zeitbezogene Dauerleistung in Form eines Tuns oder Unterlassens ist, ob also tatsächlich noch eine solche Dauerleistung zu erbringen ist; denn nur dann kann von einer Vorleistung gesprochen werden.

58

So hat der BFH bei einer Entschädigung für die Aufgabe von Nutzungsrechten an einem Bahnübergang keine Rechnungsabgrenzung zugelassen, weil der Entschädigung weder eine Pflicht zu einem künftigen Handeln oder Unterlassen noch ein Verzicht auf die Ausübung eines Rechts gegenüberstehe (BFH-Urteil vom 29.11.1990 IV R 131/89, a.a.O.). Der Verzicht auf das (Dauer-)Recht selbst wird vom BFH mithin als einmalige Handlung aufgefaßt.

59

Auf derselben Linie liegen schon die BFH-Urteile vom 13.06.1986 III R 178/82 (BFHE 147, 241, BStBl II 1986, 841) und vom 11.07.1973 I R 140/71 (BFHE 110, 248, BStBl II 1973, 840): Nach der erstgenannten Entscheidung ist eine Entschädigungszahlung für den Verzicht auf eine im Kaufvertrag vereinbarte Verpflichtung des Veräußerers von Grundstücken auf Errichtung eines Gleisanschlusses für die Grundstücke nicht passiv abzugrenzen, weil der Verzicht auf diese Herstellung im Verzichtsjahr erbracht sei, in späteren Jahren keine weitere Leistung zu erbringen sei. Nach der anderen Entscheidung kann eine Ertragswertentschädigung, die der Veräußerer eines Grundstücks zu Straßenbauzwecken dafür erhält, daß der Betrieb durch die geplante Straße (durch Teilung des Betriebsgelandes) beeinträchtigt wird, auch soweit sie künftige Gewinnminderungen abgilt, nicht passiv abgegrenzt werden, weil der Empfänger keine weiteren Leistungen zu erbringen habe.

60

Eine Entschädigung oder Abfindung ist mithin nur dann Gegenleistung für eine durch Unterlassen zu erbringende Dauerleistung, wenn das Unterlassen auf Dauer geschuldet wird; dies setzt aber voraus, daß der Verpflichtete ohne die Unterlassungspflicht die zu unterlassende Tätigkeit auch ausüben kann. Besteht das Unterlassen in der Nichtausübung eines Rechts, fehlt es an dieser Grundvoraussetzung, wenn nicht lediglich auf die Ausübung des Rechts, sondern auf das Recht als solches verzichtet wird, denn dann wird die Entschädigung für den Verzicht auf das Recht allein gewährt.

61

Insofern unterscheidet sich der Streitfall und unterscheiden sich die den o.a. BFH-Urteilen zugrundeliegenden Fälle von solchen, in denen der BFH einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zugelassen hat (BFH-Urteile vom 17.07.1980 IV R 10/76, BFHE 133, 363, BStBl II 1981, 669 - Verzicht auf Energiegewinnung aus Wasserkraft -; vom 22.07.1982 IV R 111/79, a.a.O. - Verzicht auf Mühlenbetrieb -; vom 17.09.1987 IV R 49/86, a.a.O. - Prämie für Nichtvermarktung von Milcherzeugnissen -).

62

Hier wurden jeweils passive Rechnungsabgrenzungsposten zugelassen, weil die Unterlassungsleistung jeweils neu zu erbringen war; denn es war lediglich auf die Ausübung eines Rechts - vorübergehend auf eine bestimmte Zeit - verzichtet worden, nicht indes hatten sich die Steuerpflichtigen ihrer Rechte dem Grunde nach selbst begeben.

63

Da die Kl. nach dem im Vergleich vorgesehenen Stufenplan ab dem 01.04.1988 den Satz des redaktionellen Teils und ab dem 01.04.1992 auch den Satz des Anzeigenteils nicht mehr beanspruchen konnte, kann die vereinbarte Vergleichssumme nicht Gegenleistung für die Nichtinanspruchnahme eines fortbestehenden Anspruchs auf Erbringung eben dieser Leistungen sein. Sie ist ausschließlich Gegenleistung für die im Vergleich vereinbarte Aufgabe dieser Ansprüche. Die Aufgabe der Ansprüche ist durch den Verzicht selbst bereits erfolgt.

64

Ein Rechnungsabgrenzungsposten kann deshalb für Entschädigungsleistung nicht gebildet werden.

65

5.

Zutreffend hat die Kl. auch die verbliebene Restforderung von 3,5 Mio. DM aktiviert. Eine Aktivierung hätte nämlich nur unterbleiben dürfen und müssen, wenn es sich insoweit um eine Forderung aus einem schwebenden Vertrag handelte. Die Forderung resultiert aber, wie schon ausgeführt, eben nicht aus noch zu erbringenden Leistungen aus einem schwebenden Vertrag; die Kl. hat ihre Leistung vielmehr schon mit dem Verzicht erbracht.

66

Gegen die Entscheidung wird die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Hätten die Vertragsparteien des Schiedsgerichtsvergleichs diesen lediglich anders gestaltet und ein grundsätzliches Leistungsrecht der Kl. bis zum Jahr 2000 anerkannt, und hätte sich die Kl. weiter nur verpflichtet, dieses Recht gegen Entschädigung nicht auszuüben, wäre ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden gewesen; wirtschaftlich betrachtet wäre das Ergebnis allerdings kein anderes. Da es bei der Rechnungsabgrenzung aber letztlich um die Zuordnung von Gewinnen zu Jahren, zu denen sie wirtschaftlich gehören, geht, liegt die grundsätzliche Bedeutung des Streitfalles in der Bestimmung der Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.

67

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.