Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 02.04.2004, Az.: 12 B 829/04
Voraussetzungen der Ungültigkeitserklärung eines Jagdscheines und dessen Einziehung; Prüfungsumfang des Gerichts bei einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs; Frage der Vorprägung einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts; Einordnung des Waffengesetzes (WaffG) und des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) hinsichtlich ihrer Zwecke; Gesetzgeberische Möglichkeiten hinsichtlich der Anforderungen an die Erteilung eines Waffenscheines oder Jagdscheines; Zeitpunkt, auf den im Hinblick auf das Vorliegen der gesetzlichen Zuverlässigkeitsanforderungen abzustellen ist
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 02.04.2004
- Aktenzeichen
- 12 B 829/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 30145
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2004:0402.12B829.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 18 S. 1 BJagdG vom 29. November 1952 in der Fassung der Änderung durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 (WaffRNeuRegG)
- § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG
- § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WaffG
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 45 Abs. 4 WaffG
- § 18 S. 1 BJagdG
Fundstelle
- NVwZ-RR 2005, 112-114 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Einziehung des Jagdscheins
Prozessführer
Herr K.
Rechtsanwälte B. und andere, M-weg, D.
Prozessgegner
Landkreis Vechta,
vertreten durch den Landrat, Ravensberger Straße 20, 49377 Vechta
Redaktioneller Leitsatz
Der Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG n.F. ist auch dann möglich, wenn eine waffenrechtliche Erlaubnis nach den im Zeitpunkt der Tatsachenänderung geltenden gesetzlichen Anforderungen hätte versagt werden müssen.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 12. Kammer -
am 2. April 2004
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 4. Februar 2004 gegen die im Bescheid des Antragsgegners vom 8. Januar 2004 verfügten jagdrechtlichen Entscheidungen ist nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 8. Januar 2004 die sofortige Vollziehung der getroffenen Maßnahmen gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet, sodass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 4. Februar 2004 entfällt.
Im Rahmen eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei ist zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und sich ergibt, dass das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung eines belastenden Verwaltungsaktes das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Bei der in diesem Rahmen zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Gerichts kommt es maßgeblich darauf an, ob der Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, voraussichtlich Erfolg haben wird.
Bei angenommener Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattzugeben, weil der Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides nicht im öffentlichen Interesse liegen kann. Bei voraussichtlicher Rechtmäßigkeit des Bescheides, wie auch bei vorläufiger Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs als offen, kommt es im Eilverfahren entscheidend darauf an, ob das öffentliche Interesse oder das überwiegende Interesse eines Beteiligten an dem sofortigen Vollzug des Bescheides das Interesse des von dem Bescheid Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt.
Die vom Antragsgegner angeordnete sofortige Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO ist in ausreichendem Umfang schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO). Der Antragsgegner hat das erforderliche besondere öffentliche Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung darin gesehen, dass nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ungültigkeitserklärung des Jagdscheines und dessen Einziehung sichergestellt werden könne, dass der unzuverlässige Jagdscheininhaber nicht mit Waffen umgehe, da ein Jagdscheininhaber die jederzeitige Möglichkeit habe, Waffen zu erwerben und damit auch die jederzeitige Gebrauchsmöglichkeit von Waffen habe. Mit jedem Waffenbesitz sei ein Sicherheitsrisiko verbunden, das im öffentlichen Interesse möglichst gering gehalten werden müsse. Dieses Risiko dürfe nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgingen. Soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsgegner habe mit seiner Begründung der sofortigen Vollziehung nicht ein besonderes Vollzugsinteresse, sondern allein das "normale Vollzugsinteresse" dargelegt und nicht berücksichtigt, dass er sich seit 47 Jahren in jagd- und waffenrechtlicher Hinsicht einwandfrei verhalten habe, rechtfertigt nicht die Annahme eine unzureichenden Begründung. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes durch das einschlägige materielle Recht vorgeprägt sein kann (Nds. OVG, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 11 ME 286/03 -, V.n.b.; vgl. auch Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 148; Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rdnr. 92). So ist es nicht ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Rechtgrundlage sowohl die Gesichtspunkte für den Erlass des Verwaltungsakts zu liefern als auch die Dringlichkeitsgründe für die Vollziehbarkeitsanordnung zu indizieren vermag; in diesem Fall besteht dann ausnahmsweise Identität zwischen dem öffentlichen Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes und dem Interesse an dessen sofortigen Vollziehbarkeit.
Dies kann gerade im Bereich der Gefahrenabwehr zu bejahen sein (vgl. Schoch, a.a.O., Rdnr. 149 und Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 98 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung). Dies ist auch vorliegend der Fall, da die Regelungen über die Erforderlichkeit eines Jagdscheines zur Ausübung der Jagd (§ 15 Abs. 1 BJagdG) und die waffenrechtlichen Privilegierungen für Jagdscheininhaber beim Erwerb und Besitz von Waffen und der dafür bestimmten Munition (§ 13 Waffengesetz) der Gefahrenabwehr dienen (vgl. § 1 Abs. 1 Waffengesetz). Mit dem Nds. OVG (Beschluss vom 29. Oktober 2003, a.a.O.) ist die Kammer der Auffassung, dass ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran besteht, das mit dem privaten Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Ist der Betroffene waffenrechtlich unzuverlässig, überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, die im Umgang mit Schusswaffen drohenden erheblichen Gefahren unmittelbar zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen der Einziehung des Jagdscheines bis zum rechtskräftigen Abschluss eines ggf. gerichtlichen Verfahrens in der Hauptsache verschont zu bleiben.
Der Antragsgegner hat auf diese Gesichtspunkte abgestellt und damit das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides in ausreichender Weise begründet.
Die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der vom Antragsteller erhobene Widerspruch vom 4. Februar 2004 gegen die jagdrechtliche Verfügung des Antragsgegners vom 8. Januar 2004 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird, da die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung des vom Antragsgegner am 28. März 2002 unter der Nr. 703/02 ausgestellten Drei-Jahres-Jagdscheines rechtmäßig sind.
Der Antragsgegner kann die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung des Jagdscheines auf § 18 S.1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) vom 29. November 1952 (BGBl. I S. 780) in der Fassung der Änderung durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 - WaffRNeuRegG - (BGBl. I S. 3970, 4013), in Verbindung mit § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Waffengesetz - WaffG - vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592) stützen. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, die Anforderungen an die Erteilung eines Waffen- oder Jagdscheines zu erhöhen und eine rechtliche Grundlage zum Widerruf (mit Wirkung für die Zukunft) zu schaffen bzw. eine bestehende Regelung zu erweitern. Eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) wäre erst zu bejahen, wenn die Neuregelung gegen das Gebot der Rechtssicherheit verstoßen würde, das wiederum grundsätzlich rückwirkende Gesetze verbietet und Vertrauensschutz sichert. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen kann jedenfalls nicht angenommen werden, wenn - insbesondere aus Gründen der Gefahrenabwehr - behördliche Erlaubnisse allein mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Der Gesetzgeber hat mit der beschriebenen Neuregelung des BJagdG nicht in Tatbestände eingegriffen, die in der Vergangenheit begonnen und bereits abgeschlossen worden sind. Vielmehr liegt ein Fall der sog. unechten Rückwirkung bzw. der tatbestandlichen Rückanknüpfung vor, bei dem der Gesetzgeber in Tatbestände eingreift, die zwar in der Vergangenheit begonnen wurden, jedoch noch nicht abgeschlossen sind. Denn im vorliegenden Fall ist der im März 2002 und damit vor In-Kraft-Treten des WaffRNeuRegG am 1. April 2003 ausgestellte Jagdschein weiterhin gültig gewesen. Jedenfalls ist das WaffG und das BJagdG in der seit dem 1. April 2003 geltenden Fassung auf die Fälle, in denen die den Widerruf oder Einziehung der Erlaubnis begründenden Tatsachen nach In-Kraft-Treten der Neufassung des Gesetzes eingetreten sind, als geltendes Recht anzuwenden. Eine hiervon abweichende Übergangsvorschrift zugunsten der Erlaubnisinhaber enthält das WaffRNeuRegG in Bezug auf das BJagdG nicht. Ebenso kann die für das Waffenrecht in § 58 Abs. 1 WaffG n.F. enthaltene Übergangsvorschrift nicht auf das BJagdG angewendet werden. Im Übrigen bestimmt § 58 Abs. 1 WaffG n.F. allein, dass die bisherigen Erlaubnisse nach dem Waffengesetz a.F. fortgelten. Dies besagt indes nicht, dass die seit dem 1. April 2003 geltenden Regelungen über Rücknahme und Widerruf (§ 45 WaffG n.F.) für Erlaubnisse nach dem WaffG a.F. nicht anwendbar sind. Auch kann § 45 Abs. 2 WaffG n.F. nicht entnommen werden, dass die nach altem Recht erteilten Erlaubnisse nur dann widerrufen werden können, wenn nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die - im Zeitpunkt der Erteilung - zur Versagung hätten führen müssen (so wohl VG Regensburg, Beschluss vom 16. Juli 2003 - RN 7 S 03.1019 - , V.n.b.). Nach Auffassung der Kammer ist der Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG n.F. auch dann möglich, wenn eine waffenrechtliche Erlaubnis nach den im Zeitpunkt der Tatsachenänderung geltenden gesetzlichen Anforderungen hätte versagt werden müssen. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 45 Abs. 1 WaffG n.F. (Rücknahme einer Erlaubnis) ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Versagungsgründe im Zeitpunkt der Erteilung vorlagen. Demgegenüber heißt es zu § 45 Abs. 2 WaffG n.F. (Widerruf einer Erlaubnis): " ...erlangt die Waffenbehörde davon Kenntnis, dass nach Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis Versagungstatbestände eingetreten sind, ist die Erlaubnis zu widerrufen." (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 79).
Diese Formulierung legt nahe, dass im Hinblick auf die gesetzlichen Zuverlässigkeitsanforderungen auf den Zeitpunkt, in dem Versagungstatbestände eingetreten sind, abzustellen ist. Bestärkt wird dies durch die Regelung in § 45 Abs. 4 WaffG n.F.. Hieraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die nach dem WaffG oder nach einer hiernach ergangenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandbestandsvoraussetzungen "weiter" vorliegen müssen. Die Regelung stellt insoweit nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen ab, die im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gegolten haben.
Zur Begründung des § 45 Abs. 4 WaffG n.F. ist ausgeführt: " Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die erstmalige Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ein begünstigender Verwaltungsakt ist, der jedoch ... nicht befristet ist ..., sondern mit Dauerwirkung ergeht. Gleichwohl geht der Entwurf ... davon aus, dass bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen schon und noch gegeben sein müssen, um den Zustand der Begünstigung aufrecht erhalten zu können." (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 79).
Hiernach geht der Gesetzgeber davon aus, dass nur derjenige, der die geltenden Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt, diese erlangen und behalten darf, andernfalls ist die Erlaubnis zwingend zu widerrufen. Es wäre mit Sinn und Zweck des Waffenrechts, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 54 zu § 5 Abs. 2) nicht zu vereinbaren, einer nach dem geltenden Waffenrecht nicht zuverlässigen Person die Erlaubnis einschließlich dem damit verbundenen erheblichen Sicherheitsrisiko zu belassen, weil die gesetzlichen Anforderungen im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geringer waren. Vielmehr ist die Behörde nach § 4 Abs. 3 und 4 WaffG n.F. verpflichtet, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob Zuverlässigkeit und persönliche Eignung des Erlaubnisinhabers sowie das Fortbestehen eines Bedürfnisses zum Besitz und Führen einer Waffe weiterhin gegeben sind.
Die Voraussetzungen des § 18 S. 1 BJagdG, auf den der Antragsgegner seine Verfügung stützt, liegen vor. Nach dieser Regelung ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheines begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheines eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden.
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 BJagdG ist der Jagdschein bei Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen, zu versagen, wobei in den Fällen, in denen die Zuverlässigkeit im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG n.F. fehlt, nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (sog. Falknerjagdschein) erteilt werden darf. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist offenkundig, dass § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG auch Versagungsgründe im Sinne des § 18 S. 1 BJagdG regelt. Die Jagdbehörde muss nach § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG den Antrag auf Erteilung eines Jagdscheines nach § 15 Abs. 1 BJagdG bei waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit (§§ 5 und 6 WaffG) versagen und darf allenfalls einen Falknerjagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG erteilen.
Vorliegend sind entscheidungserhebliche Tatsachen im Sinne des § 18 S. 1 BJagdG nach Erteilung des Jagdscheines im März 2002 eingetreten; insoweit stützt der Antragsgegner die jagdrechtlichen Anordnungen auf die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers (§ 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG, § 5 WaffG).
Der Antragsteller ist nach dem geltenden Waffenrecht als unzuverlässig anzusehen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WaffG n.F. besitzt die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht, wer wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft der (letzten) Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Antragsteller vom Amtsgericht Vechta durch einen seit dem 19. September 2003 rechtskräftigen Strafbefehl auf Grund der Hauptverhandlung am 28. August 2003 wegen gemeinschaftlichen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten in zweiundzwanzig Fällen und wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz in zwölf Fällen (§§ 266a, 25 Abs. 2, 53 StGB, § 92a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 AuslG) und damit vorsätzlich begangener Vergehen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem 1 Jahr verurteilt worden ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Diese Verurteilung führte im Übrigen auch nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Fassung des Waffengesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2001 - BGBl. I S. 3714) gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b WaffG im Regelfall zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers. Dabei unterliegt es keinen Bedenken, dass es sich bei den Taten Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten (§ 266 a StGB) um gegen das Vermögen gerichtete Straftaten handelt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt ein Ausnahmefall, bei dem trotz einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat gegen das Vermögen von der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auszugehen ist, nicht vor. Ein Ausnahmefall ist nicht stets gegeben, wenn die begangene Straftat nicht mit der Ausübung der Jagd oder dem Besitz von Waffen in Verbindung gebracht werden kann. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. Es soll - wie bereits dargelegt - nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Auch wer in strafbarer Weise das Vermögen Dritter schädigt, begründet regelmäßig Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit.
Diese Zweifel sind auch dafür erheblich, ob er als Waffenbesitzer ein Risiko darstellt, das nach den Maßstäben des Gesetzes nicht hingenommen werden soll (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1991 - 1 B 78.91 -, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 59 = GewArch 1992, 118). Von der gesetzlichen Regelvermutung kann nur dann abgewichen werden, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung in einem derart milden Licht erscheinen lassen, dass die regelmäßig begründete Annahme eines Zuverlässigkeitsmangels nicht gerechtfertigt ist. Gegen die Annahme eines Ausnahmefalles spricht vor allem der Umstand, dass der Antragsteller durch das Amtsgericht Vechta wegen mehrerer Straftaten (§ 53 Strafgesetzbuch) verurteilt worden ist. So ist der Antragsteller wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zweiundzwanzig Fällen und wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz in zwölf Fällen verurteilt worden. Auch hat der Antragsteller diese Taten über einen längeren Zeitraum, nämlich zwischen September 1999 und August 2001, begangen. Des Weiteren sind die verurteilten Straftaten auch nicht unbedeutend gewesen; vielmehr kommt den Taten ein beachtliches Gewicht zu wie dies u.a. durch die Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr deutlich wird.
Bei der im August 2003 verhängten Strafe handelt es sich auch um eine nachträgliche Tatsachen im Sinne des § 18 S. 1 BJagdG. Maßgeblich ist hierbei auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Strafbefehls abzustellen und nicht auf den Zeitpunkt der jeweiligen strafbaren Handlung. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem eindeutigen Wortlaut der §§ 18 S. 1, 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG, wonach die strafrechtliche Verurteilung mit einem bestimmten Strafausspruch, sofern seit Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung eine bestimmte Zeitdauer noch nicht überschritten ist, zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führt (ebenso bei § 5 Abs. 2 S. 1 WaffG a.F.); dementsprechend knüpft die angeführten Regelung nicht an die der Verurteilung zugrunde liegende strafbare Handlung und den Zeitpunkt ihrer Begehung an. Daher ist das Vorbringen des Antragstellers, die dem Strafbefehl zugrunde liegenden Handlungen seien zwischen September 1999 und August 2001 und damit vor In-Kraft-Treten der Änderung des Waffen- und Jagdrechtes begangen worden, nicht entscheidungserheblich. Soweit der Antragsteller weiter geltend macht, er sei nur deshalb strafrechtlich belangt worden, weil er "nur auf dem Papier" als Geschäftsführer gestanden und die ihm vorgeworfenen Handlungen sein Sohn zu verantworten habe, ist dies ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
Wie dargelegt, ist allein auf die rechtskräftige Verurteilung als solche abzustellen, sodass Feststellungen, ob die Verurteilung zu Recht erfolgte, nur in nach der Strafprozessordnung möglichen Rechtsmittelverfahren getroffen werden können (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. Dezember 1987 - 14 OVG A 92/86 -, V.n.b.), nicht aber im Verwaltungsverfahren und ggf. nachfolgend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. [...].
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.
[D]ie Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 S. 1 Gerichtskostengesetz und orientiert sich am so genannten Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563 ff. - Abschnitt II, lfd. Nr. 17.3).
Osterloh
Winkler