Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.04.2004, Az.: 6 B 1116/04
Altersteilzeit; Anordnungsanspruch; Antragsfrist; dringende dienstliche Belange; Ermessen; Lehrer; Unterrichtsversorgung; Vorwegnahme der Hauptsache
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 06.04.2004
- Aktenzeichen
- 6 B 1116/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50538
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 80 BG ND
- § 123 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Es stellt keinen Ermessensfehlgebrauch dar, wenn Anträge von Lehrern auf Altersteilzeit zum 1. Februar 2004 deswegen abgelehnt werden, weil die 6-Monats-Frist für die Antragstellung nicht beachtet wurde. Dies gilt auch dann, wenn die Frist im Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Praxis und der alten gesetzlichen Regelung nicht beachtet wurde.
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der im ... geborene Antragsteller steht im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und ist Lehrer an einer Hauptschule mit Orientierungsstufe, die zum Ende des ablaufenden Schulhalbjahres aufgelöst werden soll. Lehrkräften, die - wie der Antragsteller - vor dem 1. Februar 2004 das 56. Lebensjahr vollendeten, konnte nach § 80 b NBG in der bis zum 7. November 2003 geltenden Fassung i.Vm. § 8 a der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte in der ebenfalls bis zum 7. November 2003 geltenden Fassung Altersteilzeit mit dem Anfangszeitpunkten 1. Februar 2003 und 1. August 2004 (im Teilzeit- oder Blockmodell) bewilligt werden. Nach einem für die niedersächsischen Behörden entwickelten Merkblatt (SVBl. 2000, 481), war ein entsprechender Antrag spätestens 6 Monate vor dem gewünschten Beginn bei der zuständigen Bezirksregierung einzureichen. Diese Frist wurde aber in der Praxis nicht als Ausschlussfrist behandelt.
Nach dem am 8. November 2003 in Kraft getretenen Gesetz vom 31. Oktober 2003 (Nds. GVBl. S. 372) darf eine ab dem 1. August 2004 beginnende Altersteilzeit erst nach Vollendung des 59. Lebensjahres bewilligt werden.
Da sich diese Gesetzesänderung bereits im Sommer 2003 in der öffentlichen Diskussion abzeichnete, beantragte eine große Anzahl von Lehrern (etwa 360), die vor dem 1. Februar 2004 das 56. oder 57. Lebensjahr vollendeten, die Bewilligung von Altersteilzeit zum Anfangszeitpunkt 1. Februar 2004.
Der Antragsteller hatte sich mit einem Schreiben ohne Datum (Blatt 205 der Personalakte) Ende 2002/Anfang 2003 allgemein nach den Voraussetzungen der Altersteilzeit erkundigt. Mit Schreiben vom 12.Februar 2003 teilte ihm daraufhin die Antragsgegnerin mit, dass ihm frühestens ab dem 1. Februar 2004 Altersteilzeit gewährt werden könne und übersandte ihm ein entsprechendes Merkblatt mit dem Antragsformular. Mit Antrag vom 21. Mai 2003, der befürwortend vom Schulleiter unter dem 22. Mai 2003 weiter geleitet wurde, beantragte daraufhin der Antragsteller die Gewährung von Altersteilzeit beginnend ab dem 1.August 2004 und endend zum Beginn seines Ruhestandes ab dem 1. August 2011. Die Antragsgegnerin bestätigte den Eingang des Antrages unter dem 23. Mai 2003.
Mit Schreiben vom 27. August 2003 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Landesregierung mit Kabinettsbeschluss vom 22. Juli 2003 die bereits angesprochene Gesetzesänderung auf den Weg gebracht habe. Voraussichtlich könne ab dem 1. August 2004 nur noch denjenigen Lehrkräften Altersteilzeit gewährt werden, die das 59. Lebensjahr vollendet hätten. Die Entscheidung über seinen Antrag werde daher zurück gestellt. Daraufhin teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. September 2003 mit, dass er an seinem Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit zum1. August 2004 festhalte, weil er davon ausgehe, dass diese ihm bewilligt werden müsse. Hilfsweise beantragte er aber zugleich die Gewährung von Altersteilzeit zum 1. Februar 2004, was er mit Schreiben vom 20. Januar 2004 wiederholte.
Bereits mit Erlass vom 5. Dezember 2003 wies das Niedersächsische Kultusministerium die Bezirksregierungen an, Anträge auf Bewilligung von Altersteilzeit zum 1. Februar 2004, die erst nach dem 31. Juli 2003 bei den Bezirksregierungen eingegangen waren, abzulehnen. Zur Begründung wurde auf die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung angesichts der unerwartet großen Anzahl von Antragstellern hingewiesen.
Am 9. März 2004 hat der Antragsteller bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er macht geltend: Der Antrag sei jetzt schon aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, weil das Schulhalbjahr nach dem 1. Februar 2004 nun schon begonnen habe und die Antragsgegnerin bislang nicht über die von ihm beantragte Gewährung von Altersteilzeit entschieden habe. Auch sei im Hinblick auf die zukünftige Auflösung der Orientierungsstufe an seiner Hauptschule es notwendig, dass zu einer ordnungsgemäßen Einplanung seines Lehrdeputats Gewissheit über den zeitmäßigen Umfang seiner Unterrichtsverpflichtung bestehe. In der Sache habe er auch einen Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004. Denn in der Vergangenheit seien stets allen Anträgen auf Bewilligung von Altersteilzeit stattgegeben worden, soweit die Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, so dass eine Selbstbindung der Verwaltung auf der Grundlage ihrer bisherigen Praxis eingetreten sei. Der Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 sei durch § 80 b Abs. 4 NBG n.F. nicht gedeckt. Diese Vorschriften stelle auf Beamtengruppen in konkret-funktionellem Sinne ab, nicht hingegen auf eine zufällig, nach dem Zeitpunkt des Antragseingangs zusammen kommende Gruppe. Im Übrigen sei die im Merkblatt vorgesehene Antragsfrist von 6 Monaten weder eine gesetzliche Ausschlussfrist, noch sei sie in dieser Art in der Vergangenheit gehandhabt worden. Durch ihr früheres Verhalten habe die Antragsgegnerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen, was insbesondere durch ihr Schreiben vom 12. Februar 2003 deutlich werde. Er habe sich in der Organisation seiner Lebensumstände auf diese Auskunft eingestellt und es seien auch keine überwiegenden Gründe des öffentlichen Interesses ersichtlich, die es gebieten würden, von dieser früheren Lage abrücken zu müssen. Insbesondere müsse bedacht werden, dass es ihm praktisch unmöglich gewesen sei, auf die Gesetzesänderung durch eine frühere Beantragung von Altersteilzeit zu reagieren. Insbesondere führe der Umstand, dass in der Praxis durchaus noch Lehrern Altersteilzeit zum 1. August 2004 auf der Grundlage der alten Regelung gewährt worden sei, ihm gegenüber zu einer sachlich nicht begründeten Ungleichbehandlung.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm auf der Grundlage seines Antrages vom 10. September 2003 Altersteilzeit zum1. Februar 2004 zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Ansicht, dass mit dem Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 eine Ausschlussregelung i.S.d. § 80 b Abs. 4 NBG ergangen sei und dass sonst im Falle einer Bewilligung der zahlreichen Altersteilzeitanträge nicht mehr hinnehmbare Einbußen in der Unterrichtsversorgung sich ergeben würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine Regelung erlassen, wenn dies - vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen - nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass ein Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der Regelung) und ein Anordnungsanspruch (die materielle Schutzbedürftigkeit) glaubhaft gemacht werden (vgl. §123 Abs. 3 VwGO i.Vm. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Dabei kann dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und darf dem Antragsteller nicht schon auf diesem Wege in vollem Umfang das gewähren - und sei es nur auf beschränkte Zeit und unter dem Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache -, was er letztlich nur in einem Hauptsacheverfahren bei stattgebender Entscheidung erreichen könnte. Daher darf grundsätzlich durch die einstweilige Anordnung eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung nicht erfolgen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 123 Rdnr. 13 und 14). Etwas anderes kann im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann gelten, wenn es zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, über die Hauptsache zu entscheiden, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und in einem Hauptsacheverfahren - sein Obsiegen unterstellt - die Folgen des Unterlassens einer einstweiligen Regelung nicht mehr zu beseitigen wären. Daneben muss ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg im Hauptsacheverfahren gegeben sein.
Ausgehend von diesen Grundsätzen steht der hier begehrten einstweiligen Anordnung dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache bereits entgegen. Denn der Antragsteller begehrt bereits jetzt mit seiner Verpflichtung, ihm Altersteilzeit ab sofort zu gewähren, etwas, was er erst nach einer stattgebenden Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren durchsetzen könnte. Auch sind durch das Unterlassen der vom Antragsteller nunmehr begehrten Regelungsanordnung für ihn keine unzumutbaren Nachteile zu befürchten. Er ist als Lebenszeitbeamter ohnehin verpflichtet, unter Wahrung seines Dienst- und Treueverhältnisses zum Dienstherrn sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (vgl. § 62 Satz 1 NBG). Sollte sich in einem Hauptsacheverfahren herausstellen, dass ihm in der Sache tatsächlich ein Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004 zur Seite stünde, so könnte dies zwar wegen des Zeitablaufs seit dem 1. Februar 2004 nicht mehr rückgängig gemacht werden, dass er seitdem vollschichtig arbeitet. Indessen sind die sich daraus für den Antragsteller ergebenden Belastungen nicht unzumutbar. Möglicherweise wird im Falle eines Erfolges seinem Begehren die dann insoweit zu viel geleistete Arbeitszeit bei der Zuteilung von Unterrichtsstunden in zukünftigen Schulhalbjahren berücksichtigt werden. Eine andere Beurteilung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin den Antrag vom 10. September 2003, dem Antragsteller ab dem 1. Februar 2004 Altersteilzeit zu gewähren, über Monate nicht bearbeitet hat.
Insbesondere hat aber der Antragsteller nicht einen Anordnungsanspruch glaubhaft dargetan.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 NBG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 31. Oktober 2003, Nds. GVBl. S. 372, in Kraft getreten am 8. November 2003) kann einem Beamten mit Dienstbezügen auf Antrag, der sich auf die Zeit bis zum Beginn des Ruhestandes erstrecken muss, eine altersabhängige Teilzeitbeschäftigung (Altersteilzeit) bewilligt werden, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat, die Altersteilzeit vor dem 1. Januar 2010 beginnt und dringende dienstliche Belange nicht entgegen stehen. Nach Satz 4 der Regelung ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für Beamte im Schuldienst Altersteilzeit zum 1. Februar 2004 erst nach Vollendung des 56. Lebensjahres und zum 1. August 2004 erst nach Vollendung des 59. Lebensjahres bewilligt werden darf.
Bereits der Wortlaut der Vorschrift macht deutlich, dass Altersteilzeit nur dann gewährt werden kann, wenn „dringende dienstliche Belange“ ihr nicht entgegen stehen. Auch wenn man zugunsten des Antragstellers betont, dass sein Antrag von der Schulleitung befürwortend an die Antragsgegnerin weiter geleitet wurde und dass es naturgemäß ihm als einzelnen Beamten schwer fällt, die nicht entgegen stehenden dringenden dienstlichen Belange darzutun, weil er keinen Einblick in das gesamte Schulgeschehen hat, so weist die Antragsgegnerin überzeugend darauf hin, dass nach dem 31. Juli 2003 bis Ende Oktober 2003 insgesamt 364 Anträge von Lehrkräften auf Arbeitszeit mit dem Beginn zum 1. Februar 2004 landesweit eingegangen sind. Würde diesen Anträgen stattgegeben, würde sich ein erheblicher Fehlbestand in der Unterrichtsversorgung ergeben, so dass es dem Antragsteller nicht gelungen ist, die nicht entgegen stehenden dienstlichen Belange darzulegen.
Selbst wenn man aber zugunsten des Antragstellers unterstellt, dieses negative Tatbestandsmerkmal griffe nicht zu seinen Lasten ein, so wäre gleichwohl nach dem Sinn und Zweck sowie dem Wortlaut der Vorschrift nach wie vor der Antragsgegnerin ein Ermessen bei der Entscheidung, ob sie dem Antragsteller als Altersteilzeit zu gewähren hat, eingeräumt. Jedenfalls kann im vorliegenden Falle im gegenwärtigen Zeitpunkt von der Kammer nicht erkannt werden, es sei eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge eingetreten, dass nur die Entscheidung rechtmäßig ist, dem Antragsteller sei Altersteilzeit zu gewähren.
Dazu hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 26. März 2004 (Az.: 5 ME 32/04) ausgeführt:
„Was die Rüge der Ungleichbehandlung angeht, so trifft es zwar zu, dass eine Behörde grundsätzlich auch im Ermessensbereich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden ist. Das bedeutet aber ohnehin nur, dass nicht willkürlich Gleiches ungleich behandelt werden darf, nicht dagegen, dass Differenzierungen aus sachlichen Gründen unzulässig wären. Hinzu kommt, dass die Behörde im Ermessensbereich durch den Gleichheitssatz nicht gehindert ist, eine Verwaltungspraxis für die Zukunft zu ändern (vgl. Knack/Henneke, VwVfG, 8. Aufl. 2004, § 40 Rdnr. 56). Wenn Anträgen auf Bewilligung von Altersteilzeit bis Mitte 2003 durchweg entsprochen worden ist, so folgt daraus also noch kein Anspruch auf eine Fortsetzung dieser Verwaltungspraxis. Abgesehen davon, dass die Ermessensausübung (wie auch bisher schon) davon abhängig ist, dass dringende dienstliche Belange nicht entgegen stehen (§ 80 b Abs. 1 Nr. 4 NBG n.F.), dürften Erfordernisse der Unterrichtsversorgung ein sachlicher Grund für eine Änderung einer großzügigen Verwaltungspraxis sein (und zwar wahrscheinlich auch dann, wenn es die Regelung des § 80 b Abs. 4 NBG n.F. und den Erlass des Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 nicht gäbe). Wäre den Erfordernissen der Unterrichtsversorgung bei einer Stattgabe aller zu einem bestimmten Anfangszeitpunkt gestellten Anträge auf Altersteilzeit nicht genügt, so ermöglicht es die Ermessensvorschrift, nur einem Teil der Anträge zu entsprechen. Sicher sind mehrere sachliche Gründe denkbar, nach denen die Behörde die Auswahl der stattzugebenden Anträge treffen könnte. Ein naheliegender Gesichtspunkt ist der vom Niedersächsischen Kultusministerium gewählte Gesichtspunkt der Priorität: Den zuerst gestellten Anträgen wird entsprochen, später gestellte Anträge werden abgelehnt. Insoweit an den Stichtag 31. Juli 2003 anzuknüpfen, lag auch deshalb nahe, weil nach dem den Beamten bekannt gegebenen Merkblatt (SVBl. 2000, 481) der Antrag spätestens 6 Monate vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit bei der zuständen Bezirksregierung zu stellen war. Wenngleich es gewiss Auswahlprinzipien gibt, die der Einzelfallgerechtigkeit besser entsprechen und dem Antragsteller eher einleuchten (z. B. ein Abstellen auf den Grad der Unterrichtsversorgung an der Schule, bei der er beschäftigt ist), so erweist sich das Prioritätsprinzip doch nicht als sachwidrig oder willkürlich.
Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität. Der Zeitpunkt des Eingangs des Eintrages bei der Bewilligungsbehörde steht eindeutig fest. Jedes andere Differenzierungskriterium würde zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand führen und könnte Quelle von mancherlei Streitigkeiten sein.
Ferner ist nicht zu beanstanden, dass der Erlass vom 5. Dezember 2003, der - falls er nicht durch § 80 Abs. 4 NBG n.F. gerechtfertigt ist - auch als ermessensbindende Regelung für den Landesbereich Wirkung haben könnte, auch diejenige Anträge einbezieht, die nach dem 31. Juli 2003 auf das Anfangsdatum 1. Februar 2004 umgestellt wurden. Denn diese Anträge unterscheiden sich nicht grundlegend von den Anträgen, die erstmals nach dem Stichtag gestellt wurden (alle Antragsteller wollten der gesetzlichen Regelung, wonach eine Bewilligung von Altersteilzeit ab dem 1.August 2004 nur noch nach Vollendung des 59. Lebensjahres möglich war, entgehen). Dass es nach dem Erlass vom 5. Dezember 2003 nicht auf die Motive dafür ankommt, weshalb bis zum 31.Juli 2003 ein Antrag auf Altersteilzeit beginnend ab dem 1. Februar 2004 nicht gestellt wurde, ist ebenfalls nicht sachwidrig. Denn in aller Regel sind die Motive nicht in nachprüfbarer Weise schriftlich niedergelegt. Die nachträgliche Erforschung der wahren Motive ist kaum zuverlässig möglich und wäre jedenfalls mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden.
Der Vertrauensschutzgedanke hindert die Antragsgegnerin ebenfalls nicht an einer Ablehnung des nach dem 31. Juli 2003 gestellten Antrages. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Unzulässigkeit belastender gesetzlicher Vorschriften mit echter Rückwirkung ist auf die hier vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Das maßgebliche Gesetz (§ 80 b NBG) stellt die Bewilligung von Altersteilzeit auch in der bisherigen Fassung schon in das Ermessen der Behörde und macht dies vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig. Der Antragsteller musste also sowohl damit rechnen, dass sich an den Voraussetzungen (nämlich dem Nichtentgegenstehen dringender dienstlicher Belange; Erfordernisse der Unterrichtsversorgung) etwas ändern würde, als auch damit, dass in der Ermessensbetätigung aus sachlichen Gründen (wozu z.B. auch fiskalische Erwägungen gehören können) eine andere Praxis Platz greifen würde. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, dass der Antragsteller eine rechtliche Position erlangt hätte, auf deren Bestand er hätte vertrauen können. Er konnte nur die unsichere Hoffnung auf eine Fortsetzung der bisherigen großzügigen Bewilligungspraxis hegen. Diese Interesse darf die Antragsgegnerin indessen hinter dem öffentlichen Interesse an einer möglichst ausgeglichenen Unterrichtsversorgung und an der Konsolidierung des Landeshaushalts zurück treten lassen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich sein Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht nicht herleiten. Die Fürsorgepflicht unterliegt der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Nur wenn die gesetzliche Regelung zu einer Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern führt, wäre an einen Rückgriff auf die Fürsorgepflicht als allgemeine Anspruchsgrundlage zu denken. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern ist hier aber von dem Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.
Schließlich macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, er habe nicht zu vertreten, dass er den Antrag erst nach dem 31. Juli 2003 gestellt habe; vielmehr beruhe dies auf dem Fehlen einer rechtzeitigen Information seitens der Behörden und damit auf einem behördlichen Verschulden. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht überzeugend, weil in dem erwähnten Merkblatt ausdrücklich auf eine sechsmonatige Frist zur Einreichung der Anträge hingewiesen worden ist. Der Antragsteller handelte also auf eigenes Risiko, wenn er diese Frist nicht beachtete. Auch wenn die Frist in der bisherigen Verwaltungspraxis nicht als Ausschlussfrist behandelt wurde, war das Kultusministerium nicht gehalten, vorher anzukündigen, dass wegen der - vielleicht auch gar nicht vorhersehbaren - ungewöhnlich hohen Anzahl nicht fristgerecht eingereichter Anträge diese sämtlich abgelehnt würden. Die Antragsgegnerin hat im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass die Ablehnung der nach dem 31. Juli 2003 gestellten Anträge nicht allein wegen der Fristversäumnis, sondern wegen de Erfordernisses der Unterrichtsversorgung erfolgt. Die Fristversäumnis wurde nur als Auswahlmerkmal bei der Entscheidung herangezogen, welchen auf Bewilligung einer Altersteilzeit zum 1. Februar 2004 gestellten Anträgen zu entsprechen war und welchen nicht.“
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Streitwert war gemäß § 20 Abs. 3 i.Vm. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in Höhe des Regelstreitwerts (sog. Auffangwert) festzusetzen. Von einer Streitwerthalbierung, wie sie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sonst wegen des vorläufigen Charakters der dort getroffenen Entscheidungen regelmäßig vorgenommen wird, hat die Kammer abgesehen. Denn der Antragsteller begehrt in der Sache eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung, so dass es gerechtfertigt erscheint, den vollen Auffangwert in Ansatz zu bringen.