Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.09.2009, Az.: 16 K 180/07

Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf medizinisch-chirurgische Gürtel und Bandagen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.09.2009
Aktenzeichen
16 K 180/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 31906
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2009:0910.16K180.07.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 11.02.2010 - AZ: VII B 234/09

Verfahrensgegenstand

Umsatzsteuer 1999
Einordnung von Bandagen in den Zolltarif; Anwendung des ermäßigten Steuersatzes

Tatbestand

1

Die Klägerin war im Streitjahr Alleingesellschafterin und Organträgerin der M-GmbH, der sie die Geschäftsräume vermietet hatte. Die GmbH betrieb ein Sanitätshaus mit dem Betrieb einer Werkstatt für Orthopädie-Technik und dem Handel mit orthopädischen Hilfsmitteln jeder Art.

2

Die M-GmbH verkaufte u.a. Bandagen mit Federstäben, die biegsam waren, sowie Bandagen mit eingearbeiteten Pelotten und/oder Federstäben. Die Bandagen waren in der Produktgruppe 05 des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 128 SGB V aufgeführt und mit einer Hilfsmittelnummer versehen. Die Hilfsmittelnummer wird durch die Spitzenverbände der Krankenkassen nur vergeben, wenn der therapeutische Nutzen, die Funktionstauglichkeit sowie die Qualität der Hilfsmittel durch den Hersteller nachgewiesen wurden.

3

Die Klägerin hatte die Umsätze aus dem Verkauf dieser Bandagen dem ermäßigten Steuersatz unterworfen. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, die damit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung (AO) stand.

4

Nach einer Außenprüfung ging der Beklagte davon aus, dass entgegen der Erklärung der Klägerin Lieferungen in Höhe von brutto 25.346 DM nicht mit dem ermäßigten Steuersatz von 7%, sondern mit dem Regelsteuersatz von 16% zu versteuern sind. Der Beklagte minderte daher die siebenprozentigen Umsätze, erhöhte die sechzehnprozentigen Umsätze und setzte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erkannte der Beklagte einzelne Lieferungen als Lieferungen, die dem ermäßigten Steuersatz unterfallen, an und korrigierte bestimmte Berechnungsfehler hinsichtlich der Bemessungsgrundlage zur Umsatzsteuer. Für folgende Umsätze erkannte der Beklagte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht an:

Ordn.-Nr.BandageProduktbezeichnung
1KniegelenkbandageGenutrain
2RückenbandageTigges-Wirbelsäulenbandage
3RückenstützbandageCamp Elcross Modell "B"
4KnöchelgelenkbandageMalleotrain
5Schlüsselbeinbandage
6HWS-BandageCervi 2
7SchultergelenksbandageGilchristbandage
8LeibbindeBandanaleibbinde
9BWS-GeradehalterGeradehalter Carolus
11HerrenleibbindeVario-Rückenbandage
13EllenbogenbandageEpipoint
15SchultergelenksbandageOmotrain
17HWS-BandagenThämert-PDC-Cervicalstütze
18AchillessehnenbandagenAchillotrain
19KreuzbandageLumbotrain
5

Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer mit Einspruchsbescheid vom 22. März 2007 entsprechend niedriger fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.

6

Die Klägerin ist der Auffassung, die Umsätze der Bandagen unterlägen dem ermäßigten Steuersatz, da sie eine medizinische Funktion erfüllen und unter die Position 9021 der Kombinierten Nomenklatur (KN) einzugruppieren seien. Der Nachweis der medizinischen Funktion ergäbe sich bereits aus der Eingruppierung in die Produktgruppe 05 des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 128 SGB V. Ferner habe das Hessische Finanzgericht mit Urteilen vom 18. September 2003 entschieden (Aktenzeichen 7 K 4003 - 4006/02), dass Spiralfedern, Federstäbe und Pelotten nicht dazu dienten, zu verhindern, dass die Bandage nachgebe oder sich aufrolle, sondern eine stabilisierende Wirkung auf den Körperteil hätten, der gehalten oder gestützt werden solle. Sie entsprächen damit auch den Anforderungen des EuGH-Urteils vom 7. November 2002 für die Einordnung zur Position 9021. Zur Position 9021 der KN gehörten Waren wie Handgelenkbandagen, Rückenstützgurte, Ellenbogenspangen und Kniebandagen, wenn diese Waren Kennzeichen aufweisen, die sie insbesondere aufgrund der verwendeten Materialien, ihrer Funktionsweise oder ihrer Eignung zur Anpassung an die spezifischen Funktionsschäden des Patienten von gewöhnlichen oder allgemeingebräuchlichen Gürteln und Bandagen unterscheiden. Da die einzelnen Kennzeichen zur Eintarifierung von Bandagen kumulative Geltung hätten, und Bandagen außer der Anpassung an die spezifischen Funktionsschäden des Patienten zumindest teilweise andere Komponenten enthielten, die nicht unerheblich zu der stabilisierenden Wirkung auf den Körperteil beitrügen, der gestützt oder gehalten werden soll, unterlägen sämtliche Umsätze aus dem Verkauf der Bandagen mit Ausnahme der Ordnungsnummer 9 dem ermäßigten Steuersatz.

7

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer 1999 auf 22.378,30 EUR herabzusetzen.

8

Der Beklagte erkennt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die unter der Ordnungsnummer 8 aufgeführten Leibbinden an und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

9

Der Beklagte ist der Auffassung, die Bandagen seien nicht in die KN 9021 1010 (alt: 9021 1910) des Zolltarifs einzuordnen. Die dort einzuordnenden Bandagen besäßen in der Regel anformbare Schienen aus Aluminium oder Kunststoff oder einstellbare Gelenke. Die Beweglichkeit des Körperteils bleibe erhalten oder werde nur wenig eingeschränkt. Hierzu gehörten nur Waren, bei denen sich der Stabilisierungseffekt nicht vorrangig aus dem Bandagenmaterial selbst ergäbe, sondern z.B. aus dem Vorhandensein von Metallschienen, dem Einsatz von orthopädischer Technik durch harte Kunststoffe und starke Teile, durch Winkeleinstellungen oder Kunststoffröhren bzw. bei thermoplatischen Bandagen. Diese Voraussetzungen erfüllten die streitigen Bandagen nicht, da sich ihre Wirksamkeit aus der Elastizität herleite. Soweit in die Bandagen teilweise Pelotten oder Federstäbe/Spiralfedern eingearbeitet seien, dienten diese der Stabilität der Bandagen. Eine erhebliche Wirkung auf den Körperteil, der gestützt oder gehalten werden soll, werde dadurch nicht erzielt. Damit unterschieden sich die Bandagen auch von denen, die Grundlage des Urteils des Hessischen Finanzgerichts gewesen seien. Die Bandagen mit den Ordnungsnummern 1, 2, 4, 6, 7, 15, 17 und 18 seien bereits nicht zur Anpassung an spezifische Funktionsschäden der Patienten geeignet und deshalb in die Unterposition 6307 bzw. 6212 einzuordnen, die dem Regelsteuersatz unterlägen. Hinsichtlich der Bandagen mit den Ordnungsnummern 2, 3, 5, 11, 13 und 19 lägen die Voraussetzungen für die Einordnung in den Zolltarif 9021 ebenfalls nicht vor. Hinsichtlich der Ordnungsnummer 3 ließen die Feststellungen überhaupt keinen Schluss darauf zu, in welchen Zolltarif die Bandage einzuordnen sei, die Bandagen der Ordnungsnummer 5 seien in die Unterposition 9021 1090 000, die Bandagen der Ordnungsnummer 11 und 19 in die Position 9019 und die Bandagen der Ordnungsnummer 13 in die Position 6307 des Zolltarifs einzuordnen und unterlägen damit dem Regelsteuersatz. Unabhängig davon käme die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur in Betracht, wenn eine entsprechende Einordnung in den Zolltarif durch eine unverbindliche Zolltarifauskunft erfolgt sei. Diese läge jedoch nicht vor.

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Das Gericht hat Beweis erhoben über die Art und Beschaffenheit der Bandagen, ihre Funktionsweise oder Eignung zur Anpassung an die spezifischen Funktionsschäden von Patienten und Kennzeichen, die sie von gewöhnlichen und allgemein gebräuchlichen Bandagen unterscheiden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Ingo Doneth, Fachgebietsleiter Hilfsmittel des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. in Essen vom 3. Februar 2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet. Die Umsätze der Klägerin aus dem Verkauf der Bandagen unterliegen mit Ausnahme der Ordnungsnummer 9 dem ermäßigten Steuersatz.

12

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit lfd.-Nr. 52 Buchstabe b der Anlage 2 zum UStG sind medizinisch-chirurgische Gürtel und Bandagen ermäßigt zu besteuern, wenn sie in die Unterposition 9021, 1010 (alt: 9021, 1910) des Zolltarifs einzureihen sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 7. November 2002 C 260/00 - C 263/00, Abl. EG 2003 Nr. C 323 Seite 14) fallen unter die begünstigte Position des Zolltarifs Waren wie Handgelenkbandagen, Rückenstützgurte, Ellenbogenspangen, Kniebandagen und Knieorthesen, wenn diese Waren Kennzeichen aufweisen, die sie insbesondere aufgrund der verwendeten Materialien, ihrer Funktionsweise oder ihrer Eignung zur Anpassung an die spezifischen Funktionsschäden der Patienten von gewöhnlichen oder allgemeingebräuchlichen Gürteln und Bandagen unterscheiden. Nicht begünstigt sind Schienen und andere Vorrichtungen zum Behandeln von Knochenbrüchen, Verrenkungen, Verletzungen der Bänder und Gelenkverletzungen. Die einzelnen Kennzeichen zur Eintarifierung von Bandagen gelten nach der Rechtsprechung des EuGH alternativ und nicht kumulativ.

13

Für alle begutachteten und noch strittigen Bandagen hat der Gutachter in seinem Gutachten vom 3. Februar 2009 festgestellt, dass ihre Wirkung sich nicht ausschließlich aus ihrer Elastizität herleitet. Sie weisen vielmehr im Einzelnen folgende andere Komponenten auf, die sie entweder aufgrund der verwendeten Materialien, ihrer Funktionsweise oder ihrer Eignung zur Anpassung an die spezifischen Funktionsschäden der Patienten von gewöhnlichen oder allgemeingebräuchlichen Gürteln und Bandagen unterscheiden und die nicht unerheblich zu der stabilisierenden Wirkung auf den Körperteil beitragen, der gestützt oder gehalten werden soll:

  • Ord.-Nr. 1 Kniegelenkbandage Genutrain: Der medizinische Nutzen wird durch das komprimierende Material erzeugt. Diese Kompression wird durch eine kniescheibenumgreifende Silikonpelotte verstärkt. Die Kompression liegt mit ca. 22 mmHg im therapeutisch wirksamen Bereich. Die Stricktechnik ist anatomisch und damit an den Beinverlauf angepasst.

  • Ord.-Nr. 2 Rückenbandage Tigges-Wirbelsäulenbandage: Der medizinische Nutzen wird durch das elastische Material in Verbindung mit den zusätzlichen Zuggurten erreicht. Zur Verstärkung dieses Effektes und zur gezielten Stützwirkung der LWS enthält die Bandage eine Gliederpelotte, die individuell bei der Abgabe des Produktes vom Orthopädie-Techniker angebracht bzw. eingestellt werden muss. Der Patient kann mittels der Unterstützungsgurte die Wirkung des Hilfsmittels individuell einstellen.

  • Ord.-Nr. 3 Rückenstützbandage Camp Elcross Modell "B": Der medizinische Nutzen wird durch das elastische Material in Verbindung mit den zusätzlichen Zuggurten erreicht. Der Patient kann mittels der Unterstützungsgurte die Wirkung des Hilfsmittels individuell einstellen. Die eingenähten Federstäbe dienen der Verstärkung der Stützwirkung der LWS und stabilisieren eindeutig mehr, als die sonst üblichen Spiralfedern, die nur der Aufrollverhinderung dienen.

  • Ord.-Nr. 4 Knöchelgelenkbandage Malleotrain: Der medizinische Nutzen wird durch das komprimierende Material erzeugt. Diese Kompression wird durch zwei knöchelumgreifende Silikonpelotten verstärkt. Die Kompression liegt mit ca. 22 mmHg im therapeutisch wirksamen Bereich. Die Stricktechnik ist anatomisch und damit an den Beinverlauf angepasst.

  • Ord.-Nr. 5 Schlüsselbeinbandage Tricodur Clavicula: Der medizinische Nutzen wird ausschließlich über das unelastische Material erzeugt, wodurch die Schulterbeweglichkeit eingeschränkt wird. Der Patient kann mittels einstellbarer Gurte die Wirkung des Hilfsmittels individuell einstellen, nachdem vom Arzt oder Orthopädie-Techniker die Voreinstellung durchgeführt wurde.

  • Ord.-Nr. 6 HWS-Bandage Cervi 2: Die Bandage besteht aus stabilisierenden Schaumstoff, der mit einem Textil ummantelt ist. Die Bandagenform ist anatomisch, wodurch sich die Bandage der unteren Kopfform (Kiefer- und Hinterkopfbereich) anpasst. Die stabilisierende Wirkung des Schaumstoffes wird durch ein aufknüpfbares Kunststoffband erhöht.

  • Ord.-Nr. 7 Schultergelenkbandage Gilchristbandage: Die Wirkung wird durch eine spezielle Gurtgestaltung mittels unelastischer Gurte erreicht. Zur Aufnahme des Arms dient ein teilelastischer Strumpf. Das therapeutische Ziel besteht in der Fixierung des Arms am Körper, um bestimmte Bewegungen einzuschränken. Das Produkt weist eine Materialgestaltung auf, die in Verbindung mit der besonderen Gurtführung die zugeschriebene Funktionsweise ermöglichen.

  • Ord.-Nr. 11 Herrenleibbinde Vario-Rückenbandage: Der medizinische Nutzen wird durch das elastische Material in Verbindung mit den zusätzlichen Zuggurten erreicht. Zur Verstärkung dieses Effektes und zur gezielten Stützwirkung der LWS enthält die Bandage eine Silikonpelotte, die individuell bei der Abgabe des Produktes vom Orthopädie-Techniker angebracht bzw. eingestellt werden muss. Der Patient kann mittels der Unterstützungsgurte die Wirkung des Hilfsmittels individuell einstellen.

  • Ord.-Nr. 13 Ellenbogenbandage Epipoint: Das Produkt besteht aus unelastischen Materialien und ist spangenartig gestaltet. Durch diese spezielle Gestaltung wird ein dosierbarer Druck auf die Muskelansätze gebracht. Zur gezielten Druckverstärkung ist ein Silikonpolster angebracht. Die Wirkung der Bandage kann vom Patienten je nach Bedarf jederzeit individuell eingestellt werden.

  • Ord.-Nr. 15 Schultergelenkbandage Omotrain: Der medizinische Nutzen wird durch das komprimierende Material erzeugt. Diese Kompression wird durch eine das Schultergelenk halb umgreifende Silikonpelotte verstärkt. Die Kompression liegt mit ca. 22 mmHg im therapeutisch wirksamen Bereich. Die Stricktechnik ist anatomisch und damit an den Armverlauf angepasst. Ein elastisches Gurtsystem ermöglicht die Befestigung am Körper.

  • Ord.-Nr. 17 HWS-Bandagen Thämert-PDC-Cervicalstütze: Die Bandage besteht aus stabilisierenden Schaumstoff, der mit einem Textil ummantelt ist. Die Bandagenform ist anatomisch, wodurch sich die Bandage der unteren Kopfform (Kiefer- und Hinterkopfbereich) anpasst. Die stabilisierende Wirkung des Schaumstoffes wird durch eine in den Schaumstoff eingelassene Kunststoffverstärkung erhöht.

  • Ord.-Nr. 18 Achillessehnenbandage Achillotrain: Der medizinische Nutzen wird durch das komprimierende Material erzeugt. Diese Kompression wird durch zwei links und rechts von der Achillessehne platzierten Silikonpelotten verstärkt. Zusätzlich enthält die Bandage einen Fersenkeil, durch den eine leichte Spitzfußstellung und damit eine Entlastung der Achillessehne erreicht wird. Um durch den Fersenkeil keinen Beckenschiefstand zu provozieren, liegt ein höhenausgleichender Fersenkeil für die Fußgegenseite bei. Die Kompression liegt mit ca. 22 mmHg und befindet sich damit im therapeutisch wirksamen Bereich. Die Stricktechnik ist anatomisch und damit an den Fußverlauf angepasst.

  • Ord.-Nr. 19 Kreuzbandage Lumbotrain: Der medizinische Nutzen wird durch das elastische Material erreicht. Zur Verstärkung dieses Effektes und zur gezielten Stützwirkung der LWS enthält die Bandage eine Silikonpelotte, die individuell bei der Abgabe des Produktes vom Orthopädie-Techniker angebracht bzw. eingestellt werden muss. Der Patient kann mittels Klettverschlüsse die Wirkung des Hilfsmittels individuell verändern.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen. Gegen die im Gutachten getroffenen Feststellungen bestehen keine Bedenken. Soweit der Beklagte darauf verweist, dass hinsichtlich der Bandagen zu den Ordnungsnummern 1, 4, 6, 7, 9, 15, 17 und 18 die Bandagen nicht zur Anpassung an spezifische Funktionsschäden der Patienten geeignet sind, fallen diese aufgrund der vom Sachverständigen im Einzelnen beschriebenen anderweitigen stabilisierenden Komponenten gleichwohl unter die KN 1921. Der Beklagte verkennt insofern, dass die verschiedenen vom EuGH aufgestellten Kriterien, die zur Einordnung unter die KN 1921 führen, kumulativ und nicht alternativ gelten. Durch die vom Gutachter getroffenen Feststellungen zur Beschaffenheit der Bandagen war das Gericht aus den dargestellten Gründen in der Lage festzustellen, dass die noch streitigen Bandagen insgesamt in die KN 9021 einzuordnen sind. Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es deshalb auch hinsichtlich der Ordnungsnummern 2, 3, 5, 11, 13 und 19 keiner Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft.

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Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zur Ordnungsnummer 8 hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung anerkannt.

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Die Steuer ist danach wie folgt festzusetzen:

Nettopreis DMUSt 7% DMBruttopreis DMNettopreis DMUSt 16% DMBruttopreis DMstrittig DM
strittige Bandagen lt. Einspruchsbescheid23.939,371.675,7625.615,1322.082,013.533,1225.615,13.1.857,36
abzüglich im Klageverfahren nicht angefochtene Bandagen Gruppe 12 Gruppe 14 Gruppe 16105,58 193,73 150,607,39 13,56 10,54112,97 207,29 161,1497,39 178,70 138,9115,58 28,59 22,23112,97 207,29 161,148,19 15,03 11,69
keine weitere Anfechtung im Klageverfahren (Gruppe 9)1.206,3284,441.290,761.112,72178,041.290,7693,60
22.283,141.559,8323.842,9720.554,293.288,6823.842,971.728,85
Beträge bei Besteuerung
IV. mit 7% USt22.283,141.559,8323.842,97
V. mit 16% USt20.554,293.288,6823.842,97
VI. Differenz V. und IV.1.728,85
VII. Umsatzsteuerfestsetzung 1999 (EUR):
Umsatzsteuer lt. EE v. 22.03.200723.262,25 EUR
Minderung (DM 1.728,85 = EUR 883,95)- 883,95 EUR
Umsatzsteuer 199922.378,30 EUR
17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).