Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.09.2009, Az.: 13 K 170/07

Ausübung eines Gewerbebetriebs bei Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Insolvenzverwalter unter Zuhilfenahme fachlich vorgebildeter Mitarbeiter

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.09.2009
Aktenzeichen
13 K 170/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 31995
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2009:0929.13K170.07.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 26.01.2011 - AZ: VIII R 3/10

Fundstellen

  • DStR 2010, 8
  • DStRE 2010, 1116-1118

Verfahrensgegenstand

Gewerbesteuermessbetrag 2000

Amtlicher Leitsatz

Wird ein Rechtsanwalt unter Zuhilfenahme fachlich vorgebildeter Mitarbeiter als Insolvenzverwalter tätig, übt er einen Gewerbebetrieb aus.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte der Klägerin für das Streitjahr 2000 der Gewerbesteuerpflicht unterliegen.

2

Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, im Streitjahr bestehend aus den Gesellschaftern A und B. Die Gesellschafter sind als Beratender Betriebswirt bzw. Dipl.-Ökonom im Bereich der Insolvenzverwaltung tätig. Neben dem Hauptsitz in Hannover betrieb die Klägerin Niederlassungen in Braunschweig und Augsburg.

3

Die Klägerin erzielt überwiegend Einnahmen aus der Konkurs-/Insolvenzverwaltung. Die Insolvenzverwaltertätigkeit erstreckt sich auf die Amtsgerichtsbezirke Hannover, Hameln, Braunschweig, Augsburg sowie gelegentlich Gifhorn und Holzminden.

4

Im Jahr 2005/2006 fand eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 statt. Der Betriebsprüfer ging nach den getroffenen Feststellungen davon aus, dass die bisher aus einer freiberuflichen Tätigkeit erklärten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind. Wegen der Ausführungen der Betriebsprüfung im Einzelnen wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 29.06.2006 (Bp-Akte Band III) verwiesen.

5

Im Jahr 2000 wurden 18 Unternehmerinsolvenzen und 18 Verbraucherinsolvenzen abgewickelt.

6

Die Klägerin beschäftigte in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen 21 und 34 Mitarbeiter (einschließlich Auszubildende und Aushilfen). Im Einzelnen wurden folgende Mitarbeiter im Streitjahr tätig:

  • Herr C ist seit 1990 als Bürokaufmann tätig. Er studierte berufsbegleitend Betriebswirtschaft. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wurde er ab dem Jahr 2000 vornehmlich im Büro Braunschweig als auch in Hannover für einzelne Insolvenzverfahren bzw. deren Abwicklung im schriftlichen Bereich tätig. Ab 2003 ist er als Partner in die Klägerin aufgenommen worden mit eigener Insolvenzverwalterbestellung.

  • Frau D, Juristin, wurde in Augsburg bis zum 31.10.2000 tätig.

  • Zusätzlich waren 19 weitere Mitarbeiter beschäftigt, davon 10 zeitweise, 1 Aushilfe, 6 Auszubildende. Ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte waren 7 Mitarbeiter das ganze Jahr vollzeitbeschäftigt, 2 Mitarbeiter teilzeitbeschäftigt und 5 Mitarbeiter nur während eines Teils des Jahres angestellt.

    Die meisten Angestellten waren mit Zuarbeiten in InsO-Verfahren beschäftigt. Die Aufgabegebiete umfasste die Bereiche der Erstellung von "offenen Posten-Listen", Vorbereitung des Forderungseinzugs, Tabellenführung, Schreibarbeiten, Buchführungsarbeiten, Lohn- und Gehaltsabrechnungen.

  • - Frau E war als Subunternehmerin für Buchführungsarbeiten mit einem Bruttorechnungsbetrag von 44.660 DM tätig.

7

Die jährlichen Aufwendungen für die Beschäftigung von Subunternehmern/Beauftragung von Versteigerern und Verwertern zu Lasten der Masse betrugen im Jahr 2000 269.385,25 DM.

8

Die erzielten Jahresgewinne (ohne Abschreibungen für Firmenwerte) der Klägerin betrugen in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen ca. 914.000 DM und 1.150.000 EUR.

9

Aufgrund der Betriebsprüfungsfeststellungen setzte der Beklagte mit Bescheid vom 20.07.2006 den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 in Höhe von 33.260 DM (17.005,57 EUR) fest.

10

Gegen den Gewerbesteuermessbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsbescheid vom 07.03.2007 als unbegründet zurückwies.

11

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheides. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, bei der Abwicklung großer Insolvenzverfahren seien die Insolvenzverwalter anerkanntermaßen auf die Mithilfe Dritter angewiesen. Im Fall der Klägerin sei diese Mithilfe durch die freiberuflich tätigen Rechtsanwälte D und F überwiegend bei Betriebsfortführungen erfolgt und insbesondere in Rechtsfragen, wie arbeitsrechtliche Fragen. Die Mitarbeit von Herrn C als angestellter Betriebswirt sei vor allem in Hinblick auf die spätere Beteiligung notwendig gewesen.

12

Eine Gewerblichkeit der Tätigkeit sei aufgrund der Vervielfältigungstheorie nicht gegeben. Die Insolvenzverfahren seien höchstpersönlich durch die Partner abgewickelt worden. Es könne nicht auf die Gesamtzahl der Mitarbeiter abgestellt werden, sondern auf den Einsatz qualifizierter Mitarbeiter. Im Vergleich von qualifizierten Mitarbeitern und abgewickelten Verfahren sei pro Verfahren weniger als ein Mitarbeiter eingesetzt worden.

13

Frau E müsse im Übrigen unberücksichtigt bleiben, da sie die Buchführung der Klägerin abgewickelt habe. Mitarbeiter der eigenen Büroorganisation seien für die Insolvenzverwaltertätigkeit unbeachtlich.

14

Nach der Rechtsprechung des BFH könnten entgegen der Ansicht des Beklagten keine festen Grenzen im Rahmen der Vervielfältigungstheorie gelten. Vielmehr sei eine Gesamtschau der Verhältnisse im Einzelfall maßgebend. Entgegen den Angaben des Beklagten seien lediglich 7 Mitarbeiter vollzeitbeschäftigt, 1 Mitarbeiter teilzeitbeschäftigt und 5 unterjährig beschäftigt gewesen. Die Gesamtaufwendungen hätten 471.000 DM betragen. Für Fremdarbeiten seien keine Ausgaben angefallen. Die Honorare für Versteigerer in Höhe von 269.000 DM seien nicht einzubeziehen, da diese keine berufstypischen Tätigkeiten erledigten. Vielmehr seien diese Ausgaben durch die Notwendigkeit der bestmöglichen Verwertung der Masse bedingt.

15

Durch die Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte sei die Abschreibungsdauer des erworbenen Firmenwerts im Jahr 2003 verlängert worden. Aufgrund der Begründung im Aussetzungsverfahren habe der Beklagte die Abschreibungsdauer wieder verkürzt. Im Hinblick auf die Verkürzung ab 2003 liege keine konsequente Umsetzung der Gewerblichkeit auch für die Jahre 2000 bis 2002 vor. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass insgesamt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit vorlägen.

16

Zudem sei eine Umqualifizierung der Einkünfte aus Vertrauensschutzgesichtspunkten unzulässig. Die Betriebsprüfung der Jahre 1997 bis 1999 im Jahr 2000 habe die Einstufung der Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit nicht bezweifelt, so dass dies auch für das Jahr 2000 gelten müsse.

17

Das Urteil des BFH vom 12.12.2001 sei nach Bestandskraft des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung für das Jahr 2000 ergangen. Der Änderungsbescheid hierzu sei erst im Jahr 2006 nach § 173 AO ergangen, obwohl die Tatsachen, nämlich Anzahl der Mitarbeiter, deren Qualifizierung und Beauftragung eines Versteigerers bereits bekannt gewesen sei. Das Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid ruhe. Zwar binde die rechtliche Qualifikation im Einkommensteuerbescheid nicht. Die Änderung des Verhaltens des Beklagten müsse jedoch als illoyal empfunden werden, so dass eine Umqualifizierung aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben unzulässig sei.

18

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid vom 20.07.2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 07.03.2007 aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, für die Frage, ob die berufstypische Tätigkeit durch die Beschäftigung vorgebildeter Mitarbeiter oder Subunternehmer ersetzt oder vervielfacht werde, komme es nicht darauf an, wie viele Hilfskräfte in den einzelnen Insolvenzverfahren beschäftigt würden. Maßgebend sei, ob insgesamt mehr als ein qualifizierter Mitarbeiter, mehr als 10 unqualifzierte Mitarbeiter oder Subunternehmer im Umfang von über 100.000 DM beschäftigt worden seien.

21

Entgegen der Ansicht der Klägerin habe die Beurteilung des Abschreibungszeitraums für den Firmenwert keine Auswirkung auf die Gewerblichkeit durch Anwendung der Vervielfältigungstheorie.

22

Die Ausführungen zum Vertrauensschutz hätten keinen Einfluss auf die erstmalige Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages. Eine Bindung zwischen Feststellungsbescheid und Gewerbesteuermessbescheid bestünde nicht. Ebenso wenig sei Verwirkung eingetreten.

Entscheidungsgründe

23

I.

Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Gewerbesteuermessbescheid 2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

24

Die Klägerin ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang gewerbesteuerpflichtig, da sie nicht nur in geringfügigem Umfang gewerbliche Einkünfte bezieht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 1997 IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254; vom 11. August 1999 XI R 12/98, BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229). Ihre Einkünfte als Verwalterin in Konkurs-, Insolvenz- und Zwangsverwaltungsverfahren sind nicht solche aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG, da ihre Gesellschafter zur Erfüllung ihrer Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sich nicht ausschließlich durch Personal unterstützen lassen, welches minderqualifizierte Hilfstätigkeiten verrichtet, sondern im erheblichen Umfang fachlich vorgebildete Arbeitskräfte zum Einsatz kommen.

25

1.

Die Tätigkeit eines Konkurs-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist eine vermögensverwaltende i. S. des§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. BFH-Urteile vom 29. März 1961 IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306; vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl II 1973, 730; vom 11. Mai 1989 IV R 152/86, BFHE 157, 148, BStBl II 1989, 729). Wird ein Rechtsanwalt (überwiegend) als Verwalter im Konkurs-, Insolvenz-, Gesamtvollstreckungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren tätig, gilt nichts anderes; auch ein Rechtsanwalt kann Vermögensverwaltung i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG betreiben.

26

Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit solche, die durch eine selbständige Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts erzielt werden. Die Zugehörigkeit zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Berufsgruppen ist danach zwar Voraussetzung für die Annahme freiberuflicher Einkünfte. Sie reicht allein jedoch nicht aus. Vielmehr muss, wie § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu entnehmen ist, die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit freiberuflicher Art sein. Sie muss für den genannten Katalogberuf berufstypisch, d.h. in besonderer Weise charakterisierend und dem Katalogberuf vorbehalten sein (vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1986 V R 99/78, BFHE 148, 184, BStBl II 1987, 147; vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524; vom 9. August 1990 V R 30/86, BFH/NV 1991, 126, zugleich Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 4. Dezember 1980 V R 27/76, BFHE 132, 136, BStBl II 1981, 193). Diese vom V. Senat des BFH im Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967/1973 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch bei unmittelbarer Anwendung des § 18 Abs. 1 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 1990 IV R 42/89, BFHE 160, 21, BStBl II 1990, 534). Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BFH an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung des BFH vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00, BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202.

27

2.

Die somit der Art nach selbständige vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin i. S. des§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist nach der sog. Vervielfältigungstheorie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Gewerbebetrieb i. S. des § 2 Abs. 1 GewStG.

28

a)

Nach der vom RFH und BFH entwickelten Vervielfältigungstheorie, die für vermögensverwaltende Tätigkeiten nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nach wie vor gilt (Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1994 IV R 126/91, BFHE 175, 284, BStBl II 1994, 936; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rdnr. 23), gehört es zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Nimmt die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erfordert, und werden den genannten Personen nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten übertragen, so beruht sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und ist deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren. Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. Mai 1984 I R 122/81, BFHE 141, 505, BStBl II 1984, 823; in BFHE 175, 284, [BFH 11.08.1994 - IV R 126/91] BStBl II 1994, 936). Allein die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger "selbständig und eigenverantwortlich" i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig war, reicht im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht aus, die Tätigkeit als selbständige zu qualifizieren. Anderenfalls ginge die vom Gesetz beabsichtigte Unterscheidung zwischen § 18 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 EStG verloren.

29

b)

Aufgrund der Abwägung der Gesamtumstände des vorliegenden Streitfalles ist der Senat der Überzeugung, dass die Klägerin durch die Tätigkeit ihrer Gesellschafter als Verwalter in Konkurs-, Insolvenz- und Zwangsverwaltungsverfahren gewerblich tätig war.

30

Die Klägerin beschäftigte bereits seit 1990 den ab dem Jahr 2003 als Gesellschafter aufgenommenen Bürokaufmann C im Umfang einer Vollzeitarbeitskraft mit qualifizierten Arbeiten im Rahmen der Insolvenzverwaltertätigkeit. Nach Abschluss des berufsbegleitenden Studiums im Jahr 1999 wickelte er eigenständig verschiedene Insolvenzverfahren, insbesondere in der Niederlassung in Braunschweig ab. Zudem war er auch im Hauptbüro in Hannover mit der eigenständigen Betreuung von Insolvenzverfahren bzw. deren Abwicklung im schriftlichen Bereich betraut. Die große Erfahrung des Mitarbeiters und seine besondere Qualifikation resultiert dabei nicht nur aus der beruflichen Ausbildung als Bürokaufmann und Betriebswirt, sondern auch aus der berufspraktischen Erfahrung jahrelanger Tätigkeit im Bereich der Insolvenzverwaltung. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im Rahmen der Gesamtwürdigung unerheblich, dass der Betriebswirt auch im Hinblick auf seine spätere Beteiligung mit Insolvenzverfahren betraut wurde. Die Motivation der Beschäftigung eines Mitarbeiters wirkt auf den Effekt der Entlastung der bestellten Insolvenzverwalter nicht ein. Folglich kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund eine Anstellung erfolgte, sondern lediglich ob durch die qualifizierte Tätigkeit des Mitarbeiters die Möglichkeit der Vervielfältigung der Insolvenzabwicklung erreicht wurde. Dieser Erfolg tritt indes auch ein, wenn ein qualifizierter Mitarbeiter - ggf. auch - im Hinblick auf eine spätere Beteiligung besonders weitreichende Befugnisse und Aufgabenerledigungen übertragen erhält.

31

Neben dem Betriebswirt C waren im Jahr 2000 die Rechtsanwälte Frau D und Herr F für die Bearbeitung von allgemeinen Verfahrensangelegenheiten, wie Arbeitsgerichtsprozessen, sowie Betriebsfortführungen im Insolvenzbereich angestellt. Auch diese Mitarbeiter übten eine qualifizierte Tätigkeit aus und entlasteten die Gesellschafter der Klägerin in erheblichem Umfang von Arbeiten, die im Insolvenzbereich anfielen.

32

Die Klägerin hatte ferner im Streitjahr mindestens 7 weitere qualifiziert-ausgebildete und berufserfahrene Mitarbeiter in Vollzeitbeschäftigung angestellt. Daneben war eine Mitarbeiterin - nach den eigenen Angaben der Klägerin - teilzeitbeschäftigt und 5 weitere Mitarbeiter unterjährig angestellt. Sämtliche dieser qualifiziert-ausgebildeten Mitarbeiter waren mit Zuarbeiten im Insolvenzverfahren betraut. Ihre Aufgaben umfassten die Bereiche der Erstellung von "offenen Posten-Listen", die Vorbereitung des Forderungseinzugs, Tabellenführung, Buchführungsarbeiten und Lohn- und Gehaltsabrechnungen im Insolvenzbereich sowie weiteren Zuarbeiten in Insolvenzverfahren. Insoweit erledigten sie nicht nur Hilfstätigkeiten, die einer angelernten Kraft ohne ein größeres Fachwissen hätten übertragen werden können, sondern entlasteten die Gesellschafter der Klägerin in vielen zeitaufwändigen Arbeiten, die zur endgültigen Abwicklung der Insolvenzverfahren notwendig waren. Die Zahl der insgesamt Beschäftigten ist dabei ein gewichtiges Indiz, das gegen die individuelle Leistung der Gesellschafter der Klägerin spricht (vgl. zur Bedeutung der Anzahl der Beschäftigten BFH-Urteil vom 18. März 1999 IV R 5/98, BFH/NV 1999, 1456). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Einsatz dieser Fachangestellten zur Erwirtschaftung nahezu sämtlicher Einnahmen der Klägerin beigetragen hat.

33

Die Klägerin hat ferner im Jahr 2000 rd. 269.000 DM für die Beschäftigung von Subunternehmern/Beauftragung von Versteigerern und Verwertern verausgabt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch der Einsatz dieser Subunternehmer in die Gesamtabwägung einzubeziehen und spricht aufgrund des erheblichen Umfangs für eine Gewerblichkeit der Betätigung. Denn gemäß § 159 InsO hat der Insolvenzverwalter das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten. Wenngleich die Verwertung der Masse nicht durch den Verwalter persönlich erfolgen muss, ist sie Teil seines Aufgabenbereichs im Rahmen der Insolvenzverwaltung. Die Einschaltung von sachkundigen Dritten führt demgemäß zur Entlastung des Verwalters und der Vervielfältigung seiner Betätigungsmöglichkeiten.

34

Angesichts der Vielzahl der betreuten Insolvenzverfahren, der Unterhaltung auswärtiger Niederlassungen sowie der Höhe des hieraus erzielten Gewinnes von ca. 914.000 DM ist der Senat unter Berücksichtigung der Vielzahl der qualifizierten Beschäftigen und dem zusätzlichen Einsatz von Subunternehmern der Überzeugung, dass die Klägerin diesen Umfang der Insolvenzverwaltertätigkeit nicht allein durch ihre Gesellschafter hätte erledigen können, sondern der Einsatz qualifizierten Personals zur wesentlichen Ausweitung der Betätigung beigetragen hat. Die dem Grunde nach vermögensverwaltende Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG stellt sich demgemäß als gewerbliche dar.

35

3.

Soweit die Klägerin meint, die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Einkünfte, insbesondere der Abschreibungsdauer, führe zu einer Bindung auch hinsichtlich der Einordnung für die Gewerbesteuer, verkennt sie, dass eine Bindungswirkung zwischen einem Einkommensteuerbescheid und dem Gewerbesteuerbescheid nicht besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 1974 I R 169/72, BFHE 113, 340, BStBl II 1975, 37; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 7 Rz 1, m.w.N.). Dies umso mehr als die einkommensteuerliche Beurteilung einen Veranlagungszeitraum betrifft, der zeitlich nach dem hier streitigen Erhebungszeitraum liegt.

36

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann aus der Behandlung der Einkünfte aufgrund der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 kein Umqualifizierungsverbot aus Vertrauensschutzgesichtspunkten hergeleitet werden. Abgesehen davon, dass für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 die Klägerin noch nicht existierte, sondern erst zum 31.12.1999 durch Einbringung des Einzelunternehmens eines Gesellschafters gegründet wurde, hatte der Beklagte den Sachverhalt der Folgejahre ohne Bindung an die frühere steuerliche Beurteilung neu zu prüfen. Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hat das FA in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 13.April 1967 V 235/64, BFHE 88, 443, BStBl III 1967, 442, m.w.N.; vom 19.November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520 unter 4.c; vom 7.Juni 1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, 413, BStBl II 1988, 886; vom 29.September 1988 V R 53/83, BFHE 154, 395, 400, BStBl II 1988, 1022 unter II. B. 2.; vom 15.Dezember 1988 IV R 36/84, BFHE 155, 538, 540, BStBl II 1989, 363; vom 28.Februar 1990 I R 120/86, BFHE 160, 96, BStBl II 1990, 553 unter 4.). Dies ist sogar dann angenommen worden, wenn die - ggf. fehlerhafte - Auffassung im Prüfungsbericht niedergelegt worden war (BFH-Urteil vom 16.Juli 1964 V 92/61 S, BFHE 80, 446, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22.Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749). Das FA ist an eine bei einer früheren Veranlagung zugrunde gelegte Rechtsauffassung auch dann nicht gebunden, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat (Urteil des BFH vom 23.Mai 1989 X R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879, m.w.N.). Dies gilt im Streitfall erst recht, weil der in der Betriebsprüfung zu beurteilende Sachverhalt von demjenigen im vorliegenden Erhebungszeitraum erheblich abweicht. Da mit der rechtlichen Einordnung der Einkünfte durch den Betriebsprüfer, der sich der Beklagte angeschlossen hat, keine verbindliche Zusage auf künftige unveränderte rechtliche Behandlung verbunden war, ist der Beklagte im Streitzeitraum nicht gehindert, eine Umqualifizierung der Einkünfte aufgrund der Vervielfältigungstheorie anzunehmen.

37

Dies gilt im Ergebnis auch hinsichtlich des Einwandes illoyalen Verhaltens. Mangels einer Bindung der steuerlichen Beurteilung in Einkommensteuersachen und in gewerbesteuerlichen Besteuerungsfragen geht bereits der Einwand widersprüchlichen Verhaltens fehl. Ein illoyales oder widersprüchliches Verhalten kann in der Inanspruchnahme von gesetzlichen Änderungsvorschriften grundsätzlich auch nicht gesehen werden. Soweit der Gesetzgeber eine nachträgliche Änderungsbefugnis trotz Eintritt der Bestandskraft eingeräumt hat, ist die gesetzliche Abwägung zugunsten der materiellen Richtigkeit an gesetzliche Änderungsvoraussetzungen geknüpft. Werden diese erfüllt, ist die Inanspruchnahme der Änderungsnorm für die Finanzverwaltung zwingend vorgeschrieben und nicht in deren Belieben oder Ermessen gestellt. Die Änderung kann mithin auch nicht "illoyal" sein. Soweit die Tatbestandsmerkmale der Änderungsvorschrift nicht vorliegen, entfällt bereits die Änderungsmöglichkeit, ohne dass es eines Rückgriffs auf den Grundsatz von Treu und Glauben bedarf. Eine rechtliche Verknüpfung mehrerer Bescheide im Hinblick auf deren Änderbarkeit erfolgt mit Ausnahme der Bindungswirkung zwischen Grundlagen- und Folgebescheid nicht.

38

4.

Die Klägerin ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang gewerbesteuerpflichtig, da sie nicht nur in geringfügigem Umfang gewerbliche Einkünfte bezieht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 1997 IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254; vom 11. August 1999 XI R 12/98, BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229). Die mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit einer nur zum Teil gewerblich tätigen Personengesellschaft unterliegt der Gewerbesteuer. Denn eine solche Tätigkeit gilt nach§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerblich. Als Personengesellschaft in diesem Sinne ist auch eine GbR bzw. Partnerschaftsgesellschaft - wie die Klägerin - anzusehen (BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 11/97, BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603).

39

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

40

Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Der Senat hat die Grundsätze des Urteils des BFH vom 12.12.2001 (BStBl II 2002, 202 [BFH 12.12.2001 - XI R 56/00]) angewendet und eine Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalls vorgenommen.