Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.09.2009, Az.: 14 K 12494/06

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Kaufpreiszahlung bei Erwerb einer stillen Beteiligung; Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei Zahlungen einer GmbH für den Erwerb einer stillen Beteiligung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
28.09.2009
Aktenzeichen
14 K 12494/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 30261
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2009:0928.14K12494.06.0A

Fundstellen

  • GmbH-StB 2010, 4-5
  • GmbHR 2009, 1338-1341

Zu den Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei Zahlungen einer GmbH für den Erwerb einer stillen Beteiligung.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob es sich bei der Zahlung des Kaufpreises für den Erwerb einer stillen Beteiligung um eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) handelt.

2

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war neben einem weiteren Gesellschafter an der 1991 gegründeten X - GmbH (im Folgenden: GmbH) beteiligt. Das Stammkapital der GmbH belief sich auf 50.000 DM; auf den Kläger entfiel ein Anteil von 25.000 DM, die andere Hälfte wurde vom Mitgesellschafter A gehalten. Die GmbH befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von ...... Bei dem Vertrieb ging sie so vor, dass ........ . Dies führte zu wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen die GmbH mit Verboten und Geldern belegt wurde.

3

Durch notariellen Vertrag vom 21. März 1995 beteiligte sich die Ehefrau des Steuerberaters der GmbH - Frau B - als stille Gesellschafterin an der GmbH. Die Einlage belief sich auf 150.000 DM und war auf Weisung der GmbH auf ein Konto der C - GmbH zu zahlen. An der C - GmbH waren ebenfalls die Gesellschafter der GmbH beteiligt. Die C - GmbH stand in Geschäftsbeziehungen zur GmbH und übernahm für diese nach dem Vorbringen der Kläger Aufgaben bei........ Der Vertrag über die stille Gesellschaft sah vor, dass die stille Gesellschafterin zur Hälfte am Gewinn und Verlust, nicht jedoch an den stillen Reserven beteiligt sein sollte. Die Einlage der stillen Gesellschafterin sollte spätestens zum 15. Mai 1995 "erstattet" werden. Die Gesellschaft konnte erstmals zum 31. Dezember 1996 gekündigt werden; insoweit stellten die Gesellschafter klar, dass § 8 des Vertrages - die Regelung der Rückzahlung der Einlage - unberührt blieb.

4

Im April 1995 beschlossen der Kläger und sein Mitgesellschafter Vorabausschüttungen auf den Gewinn der GmbH für 1995 in Höhe von 1.020.000 DM; davon erhielten die Gesellschafter der GmbH insgesamt 420.000 DM und die stille Gesellschafterin 600.000 DM. Außerdem zahlte die GmbH die Einlage an die stille Gesellschafterin vereinbarungsgemäß zurück. Durch Vertrag vom 25. Oktober 1995 verkaufte die stille Gesellschafterin ihre Beteiligung mit allen Rechten und Pflichten einschließlich dem Gewinnbezugsrecht mit Wirkung vom "heutigen Tage" zu je ein halb an die Ehefrauen der Gesellschafter der GmbH. Ein bis zum Abtretungsstichtag entstehender Gewinnanteil auf die stille Beteiligung sollte den Käufern zu gleichen Teilen zustehen und im Kaufpreis mit enthalten sein (§ 1 des Vertrages). Die Verkäuferin trat ihre stille Beteiligung mit allen Rechten und Pflichten einschließlich des Gewinnbezugsrechts an die Käufer zu gleichen Teilen ab (§ 3 des Vertrages). Der Kaufpreis betrug 140.000 DM; auf die Klägerin entfiel ein Anteil von 70.000 DM. Im folgenden Jahr verkauften die stillen Gesellschafterinnen durch Vertrag vom 31. Oktober 1996 ihre Beteiligungen mit allen Rechten und Pflichten einschließlich des Gewinnbezugsrechts ebenfalls mit Wirkung vom Tage des Vertragsschlusses für insgesamt 200.000 DM an die GmbH und traten ihre stille Beteiligung mit allen Rechten und Pflichten einschließlich des Gewinnbezugsrechts an die GmbH ab. Auch hier sollte ein bis zum Abtretungsstichtag entstehender Gewinnanteil auf die stille Beteiligung dem Käufer zustehen und im Kaufpreis enthalten sein (§ 1, § 3 des Vertrages).

5

Die GmbH erzielte im Jahre 1995 aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Gewinn von 1.256.212 DM und im Jahre 1996 von 708.531 DM (vgl. G u V 1996, Blatt 60 - 61 FG-Akte). Die GmbH wurde im Jahre 1999 aufgelöst und anschließend im Handelsregister gelöscht.

6

Eine im Jahre 2004 bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung (AP) äußerte Bedenken hinsichtlich der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Gründung der stillen Gesellschaft und der Übertragung der stillen Beteiligung. Die AP vertrat die Auffassung, dass die stille Gesellschaft durch die endgültige Rückgewähr der Einlage zum 15. Mai 1995 aufgelöst und beendet worden sei. Die stille Beteiligung habe daher nicht an die Ehefrauen der Gesellschafter veräußert werden können; aus diesem Grunde habe die stille Beteiligung auch nicht im Jahre 1996 an die GmbH zurückübertragen werden können. Die GmbH habe den Kaufpreis daher ohne Rechtsgrund gezahlt. Einen derartigen Vorteil hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nicht zugewandt. Die Zuwendung sei daher durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und den Gesellschaftern der GmbH als vGA zuzurechnen, weil Empfänger der Leistung nahe stehende Personen seien. Die AP erfasste daher u.a. einen Betrag von 100.000 DM bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen; insoweit wird auf den BP-Bericht vom 7. .... betreffend den Kläger verwiesen (Textziffer 29 - 32 des BP-Berichts). Das Finanzamt (FA) übernahm diese Feststellungen und erließ für das Streitjahr 1996 einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid vom 28. Oktober 2004, in dem auch weitere hier nicht streitige Prüfungsfeststellungen berücksichtigt wurden (Blatt 110ff Einkommensteuer-Akte - EStA). Durch weiteren Bescheid vom 22. November 2004 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

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Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt hielt daran fest, dass es für die Zahlung des Kaufpreises von 100.000 DM keine rechtliche Grundlage gegeben habe. So sei bereits die wirksame Gründung einer stillen Gesellschaft zweifelhaft, weil die Einlage nicht gemäß § 230 HGB in das Vermögen der GmbH übergegangen sei. Die GmbH habe über die Einlage nicht verfügen können. Die Absicht, zukünftige Leistungen der C - GmbH für die GmbH abzugelten, reiche nicht aus, weil insoweit noch keine vertraglichen Vereinbarungen bestanden hätten und damit die GmbH keinen Anspruch auf (Rück -) Zahlung des Geldes gehabt habe. Auch sei der Vertrag über die stille Gesellschaft nicht so wie vereinbart durchgeführt worden, denn danach hätte der Gewinnanteil 1995 der stillen Gesellschafterin B erst 14 Tage nach Fertigstellung des Jahresabschlusses der GmbH, mithin erst am 1. Juli 1996 ausgezahlt werden dürfen. Die Auszahlung des Gewinnanteils stelle auch keine Entnahme der Einlage dar, weil der Vertrag eine derartige Entnahme nicht vorsehe. Im Übrigen gehöre zum Wesen der stillen Gesellschaft die geleistete Einlage. Mit der vollständigen Rückzahlung der Einlage sei die GmbH ohne finanzielle Unterstützung der stillen Gesellschafterin tätig geworden und habe auch sämtliche Risiken und Kosten allein getragen. Durch die endgültige Rückzahlung der Einlage sei die stille Gesellschaft daher beendet worden. Unter diesen Umständen komme es nicht mehr darauf an, dass der ausgezahlte Vorabgewinnanteil von 600.000 DM bezogen auf die Höhe der Einlage von 150.000 DM und eine Laufzeit von zwei Monaten zu einer unangemessenen Rendite von 2400% geführt habe. Der vorzeitigen Beendigung der stillen Gesellschaft stehe auch nicht die im Vertrag enthaltene Kündigungsklausel entgegen, wonach die Gesellschaft frühestens zum 31. Dezember 1996 habe gekündigt werden können. Denn die Gesellschafter selbst hätten die stille Gesellschaft bereits vorher durch Übertragung der stillen Beteiligung im Vertrag vom 31. Oktober 1996 faktisch beendet.

8

Auch wenn man davon ausginge, dass die stille Beteiligung habe veräußert werden können, seien die getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter nicht zutreffend unter Berücksichtigung des § 101 Nr. 2, 2. Halbsatz BGB aufgeteilt worden. Der für 1995 festgestellte Gewinn der GmbH von 1.256.212 DM hätte zur Hälfte den beteiligten Ehefrauen als stillen Gesellschafterinnen zugestanden; die Gesellschafterin B hätte lediglich für den Zeitraum vom 21. März 1995 bis 25. Oktober 1995 einen anteiligen Gewinn beanspruchen können. Dem stünde die in § 3 (gemeint wohl: § 1) der Verträge vom 25. Oktober 1995 bzw. 31. Oktober 1996 enthaltene Regelung nicht entgegen. Danach habe zwar ein bis zum Abtretungsstichtag entstehender Gewinnanteil dem jeweiligen Käufer zustehen sollen. Die Parteien hätten jedoch nicht ausdrücklich geregelt, dass Vorabausschüttungen in Abweichung vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel beim jeweiligen Empfänger verbleiben sollten.

9

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Klage. Sie sind der Auffassung, dass durch den Vertrag vom 21. März 1995 eine stille Gesellschaft wirksam zu Stande gekommen sei. Die Einlage sei durch die vereinbarte Zahlung des geschuldeten Betrages von 150.000 DM auf ein Konto der C - GmbH geleistet worden. Dabei habe es sich in Abkürzung des Zahlungsweges um eine Vorauszahlung der GmbH auf eine noch zu erstellende Rechnung der C - GmbH für auszuführende Kurier- und Versendungsarbeiten gehandelt. Die stille Gesellschaft sei auch nicht durch die Rückzahlung der Einlage aufgelöst worden. Die vorzeitige Rückzahlung der Einlage ändere nichts am Fortbestand der stillen Gesellschaft, wenn der stille Gesellschafter weiterhin am Gewinn beteiligt bleibe. Insoweit nehmen die Kläger auf entsprechende im handelsrechtlichen Schrifttum vertretene Auffassungen Bezug (vgl. hierzu Schriftsatz vom 16. November 2006, Seite 5, Blatt 22 FG-Akte). Davon müsse hier ausgegangen werden. Weder der Gesellschaftsvertrag noch entsprechende Gesellschafterbeschlüsse ließen Gegenteiliges erkennen.

10

Die Beteiligung der stillen Gesellschafterin B an der Ausschüttung des Gewinns sei entgegen der Auffassung des FA handelsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Gewinnbeteiligung könne auch schon vor dem Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres ausgezahlt werden. Insoweit sei auch nicht gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen worden. § 7 des Gesellschaftsvertrages regele nur die Fälligkeit des auszuschüttenden Gewinns, schließe aber die Möglichkeit der früheren Auszahlung eines vorab ausgeschütteten Gewinns nicht aus. Insoweit komme es auf die Vereinbarungen der Parteien an; diesbezüglich seien auch konkludente Vereinbarungen möglich und unschädlich (Hinweis auf Koller/Roth/Morck, HGB, 5 Auflage 2005, § 232 Rn. 1). Die bestehende stille Beteiligung habe daher durch Vertrag vom 25. Oktober 1995 an die Ehefrauen der Gesellschafter verkauft werden können. Die Wirksamkeit des Verkaufs werde weder durch die vorangegangene Gewinnausschüttung noch die vom FA insoweit beanstandete unangemessene Höhe beeinträchtigt. Die Angemessenheit des Gewinnanteils sei ohnehin nicht von der Höhe der Einlage abhängig.

11

Der Verkauf vom 25. Oktober 1995 beeinträchtige auch nicht die vorangegangene Gewinnausschüttung. Der Kaufvertrag sei in Kenntnis der Gewinnausschüttung abgeschlossen worden. Dementsprechend werde dort in § 1 des Vertrags klargestellt, dass die stille Beteiligung einschließlich des Gewinnbezugsrechts zum 25. Oktober 1995 veräußert werde. Damit habe den Käuferinnen ein Gewinnbezugsrecht erst ab der Unterzeichnung des Kaufvertrags zugestanden. Andernfalls hätte der Verkauf der stillen Beteiligung für einen Betrag von 140.000 DM wirtschaftlich keinen Sinn gemacht. Denn hätte die stille Gesellschafterin B die erhaltene Vorabausschüttung in Höhe von 600.000 DM zurückzahlen müssen, hätte sich für sie ein Verlustgeschäft von ./. 460.000 DM ergeben.

12

Eine vGA der GmbH scheide aus, weil die Zahlung an die Ehefrauen der Gesellschafter nicht durch das Gesellschaftsverhältnis sondern durch den Kauf der stillen Beteiligung veranlasst sei. Die Ehefrauen der Gesellschafter hätten die erworbene stille Beteiligung an die GmbH weiterveräußern können. Der Erwerb sei für die GmbH auch wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Denn hierdurch habe sie sicherstellen können, dass zukünftig der gesamte erwirtschaftete Gewinn bei ihr verbleiben könne. Die Zahlung des Kaufpreises für den betrieblich veranlassten Erwerb der stillen Beteiligung stelle deshalb eine Betriebsausgabe dar. Bei der Bemessung des Kaufpreises habe man sich im Übrigen an den vorangegangenen Übertragungen und den in der Vergangenheit erzielten und zukünftig zu erwartenden Gewinnen der GmbH orientiert. So habe die GmbH in 1996 vor Steuern noch einen Gewinn von rund 700.000 DM erzielt.

13

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 28.10.2004 in der Fassung vom 22.11.2004 in Form der Einspruchsentscheidung vom 06.09.2006 aufzuheben.

14

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Das Finanzamt hält an seiner im Vorverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Eine stille Beteiligung sei nicht wirksam begründet worden. Selbst wenn man von einer wirksamen stillen Gesellschaft ausginge, sei diese mit der stillen Gesellschafterin B nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden bzw. vor der Veräußerung an die Ehefrauen der Gesellschafter durch die Rückzahlung der Einlage beendet worden. Unabhängig davon sehe der BFH bei entgeltlich erworbenen stillen Beteiligungen nur Renditen bis zu 35% der Einlage als üblich und angemessen an (BFH-Urteil vom 21. September 2000 IV R 50/99, BStBl II 2001, 299). Schließlich sei das Vorbringen der Kläger zum Übergang des Gewinnbezugsrechts widersprüchlich. Trotz gleich lautender vertraglicher Formulierungen solle bei dem Ersterwerb der stillen Beteiligung von der Gesellschafterin B der bis zur Abtretung entstandene Gewinnanteil bei der Verkäuferin geblieben sein; demgegenüber solle der anteilige Gewinnanspruch bei dem Erwerb durch die GmbH in vollem Umfang auf diese übergegangen sein.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat Erfolg. Der für den Erwerb der stillen Beteiligung gezahlte Kaufpreis stellt keine vGA dar.

17

1.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Zu den sonstigen Bezügen gehören auch vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Eine vGA liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH-NV 2005, 1266). Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (BFH-Urteil vom 19. März 1991 VIII R 2/85, BFH-NV 1992, 19). Eine vGA kann aber auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter dann anzunehmen sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende Personen aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BStBl II 1997, 301). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter - bzw. der nahe stehenden Person - einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Gesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 5. Oktober 2004 VIII R9/03, BFH-NV 2005, 526). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, kann die Vermögenszuwendung auch dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Personen keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zu Grunde liegt (BFH-Urteil in BFH-NV 2005, 526). Schließlich kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch darin begründet sein, dass das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter vereinbarte Rechtsgeschäft zwar von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abgeschlossen worden wäre, dass es jedoch aus anderen Gründen des Fremdvergleichs als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 88/94, BStBl II 1996, 383).

18

2.

Im Streitfall ist die Kaufpreiszahlung nach diesen Grundsätzen nicht als vGA zu beurteilen. Denn es steht nicht fest, dass der Abschluss des Kaufvertrages über den Erwerb der stillen Beteiligung durch die GmbH vom 31. Oktober 1996 durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Zwar läge eine vGA vor, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine wirksame stille Beteiligung am Handelsgewerbe der GmbH nicht (mehr) bestanden hätte. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte keinen Kaufvertrag über den Erwerb einer nicht existenten stillen Beteiligung abgeschlossen. Entgegen der Auffassung des FA hat die GmbH jedoch den Kaufpreis für den Erwerb einer (noch) bestehenden stillen Beteiligung aufgewandt.

19

a.

Der Senat geht zunächst mit den Beteiligten davon aus, dass der zwischen der GmbH und der Vertragspartnerin B abgeschlossene Vertrag die Gründung einer stillen Gesellschaft zum Gegenstand hatte. Dafür spricht neben dem ausdrücklichen Wortlaut des Vertrages auch der wirtschaftliche Gehalt der getroffenen Vereinbarung. Zwar sah die Vereinbarung eine "Erstattung" der Einlage bis zum 15. Mai 1995 und damit nur eine befristete Überlassung von Kapital zur Nutzung vor, wie sie für Darlehensverhältnisse typisch ist. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass der Vertrag auf die Begründung eines Darlehensverhältnisses abzielte. Dagegen spricht, dass die Vertragspartnerin B am Gewinn und Verlust des von der GmbH betriebenen Handelsgeschäftes teilnehmen sollte und ihr die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte des § 233 HGB zustehen sollten (Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 5. Mai 1925 II 298/24 in Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts, 17. Jahrgang 1925, Nr. 167, S. 228; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 48/04, BStBl II 2006, 334).

20

aa.

Zwar ist die stille Gesellschaft nach § 230 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) dadurch gekennzeichnet, dass sich jemand am Handelsgewerbe eines anderen durch eine Einlage beteiligt, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäftes übergeht (BFH-Urteil in BStBl II 2006, 334). Ein Eigentumserwerb durch den Inhaber des Handelsgeschäftes an der Einlage ist aber nicht erforderlich; es reicht, dass der Geschäftsinhaber die rechtliche Verfügungsmacht über den Gegenstand der Einlage erlangt (Paulick, Handbuch der stillen Gesellschaft, § 6 I Nr. 6). Die Vermögenseinlage kann deshalb auch im Wege der Hingabe an Erfüllungs Statt im Sinne des § 364 Abs. 1 BGB geleistet werden (Paulick, a.a.O., § 6 I Nr.6), denn eine die Gläubiger schützende Kapitalgarantie gibt es insoweit bei der stillen Gesellschaft nicht (Schmidt, Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl. 2007, § 230 Rn. 148). Im Streitfall ist die Vermögenseinlage nach § 1 Abs. 2 des Vertrages "zur Erfüllung aus Gründen der Beschleunigung" auf ein Konto der C - GmbH überwiesen und nach dem Vorbringen der Klägerin zur Tilgung einer (zukünftigen) Verbindlichkeit der GmbH aus einer laufenden Geschäftsbeziehung zur C - GmbH geleistet worden. Damit hatte die GmbH die rechtliche Verfügungsmacht über den Gegenstand der Einlage erlangt. Anders als das FA es offenbar meint, hätte die GmbH den überwiesenen Betrag im Falle des Nicht-zu-Stande-Kommens der Geschäftsbesorgung auch zurückverlangen können; ein entsprechender Anspruch hätte sich unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäߧ 812 Abs. 1 BGB (so genannte Zweckverfehlung) ergeben.

21

bb.

Die wirksam gegründete stille Gesellschaft ist nicht vorzeitig durch die Rückzahlung der Einlage - ohne Auseinandersetzung - voll beendet worden. Die Rückzahlung der Einlage des stillen Gesellschafters bedeutet für sich allein weder die Auflösung der Gesellschaft noch einen Verzicht auf die übrigen Rechte, wie etwa das Recht auf Gewinnbeteiligung (RG - Urteil vom 5. Mai 1925 II 298/24, Warneyer, a.a.O., S. 228, 229). Ein entsprechender konkludenter Wille der Vertragsparteien wird auch nicht aus dem Vertrag selbst oder sonstigen den Vertragsschluss begleitenden Umständen deutlich. Trotz der im Vertrag vereinbarten "Erstattung" der Einlage (§ 8 des Vertrages) wurde die stille Gesellschaft ausdrücklich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (§ 3 des Vertrages). Auch konnte die stille Gesellschaft erst zum 31. Dezember 1996 gekündigt werden. Insoweit stellt § 11 des Vertrages ausdrücklich klar, dass hiervon § 8 unberührt bleiben sollte. Damit verbietet sich die Annahme einer mit der Rückzahlung der Einlage verbundenen konkludenten Aufhebung der stillen Gesellschaft, die zu deren sofortiger Beendigung geführt hätte.

22

b.

Eine stille Beteiligung ist auch nicht im Hinblick auf die mögliche Sittenwidrigkeit des Vertrages vom 21. März 1995 gemäß § 138 BGB zu verneinen.

23

aa.

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Danach können zwar neben Kreditverträgen auch andere Verträge als sog. wucherähnliche Geschäfte sittenwidrig sein, wenn sie durch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet sind und der bevorzugte Vertragspartner in verwerflicher Gesinnung die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat (BGH-Urteil vom 6. Mai 2003 VI ZR 226/02, NJW 2003, 2230; Palandt, BGB, 68. Auflage 2009, § 138 Rn. 34). Die bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehende tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung gilt aber dann nicht, wenn der Vertragspartner Kaufmann ist (BGH-Urteil in NJW 2003, 2230).

24

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die im stillen Gesellschaftsvertrag enthaltene Regelung zur hälftigen Gewinn- und Verlustbeteiligung angesichts der zeitlich befristeten Vermögenseinlage ein der Höhe nach objektiv unangemessenes Gewinnbezugsrecht eröffnete. Selbst wenn man das bejahen wollte, kann ein Handeln der stillen Gesellschafterin in verwerflicher Gesinnung nicht vermutet werden, weil die GmbH ein Handelsgewerbe betreibt und damit Kaufmann ist (§ 6 Abs. 1 HGB).

25

bb.

Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft insbesondere dann nichtig, wenn sich jemand u.a. unter Ausbeutung der Zwangslage des Geschäftspartners für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Zwar weist das FA zu Recht darauf hin, dass die von der Gesellschafterin B im Jahre 1995 erlangte Gewinnbeteiligung zu einer unangemessen hohen Rendite der stillen Beteiligung geführt hat. Damit ist ein sittenwidriges Missverhältnis zwischen der Vermögensanlage der stillen Beteiligung und der daraus resultierenden Höhe der Gewinnbeteiligung aber noch nicht hinreichend dargetan. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist derjenige der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Entwickeln sich die wirtschaftlichen Verhältnisse später anders als von den Vertragsparteien erwartet, wird der Abschluss des Vertrages nicht dadurch sittenwidrig, dass nachträglich ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung entsteht (OLG-Braunschweig, Urteil vom 3. September 2003 3 U 231/02, OLGR Braunschweig 2003, 449, abrufbar über [...]).

26

Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass die Vertragsparteien bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages von einer (außergewöhnlich) positiven Gewinnentwicklung der GmbH ausgegangen sind, denn in den Vorjahren hatte die GmbH ausschließlich Verluste erwirtschaftet. Vor diesem Hintergrund deutet auch die zeitlich befristete Vermögenseinlage darauf hin, dass die stille Gesellschafterin von einer risikobehafteten Beteiligung ausging und zur Verringerung des Verlustrisikos der Einlage deshalb deren baldige Rückerstattung vereinbarte. Angesichts dieser nach den objektiven Anhaltspunkten anzunehmenden negativen Gewinnerwartung sowie unter Berücksichtigung der Höhe des Stammkapitals der GmbH und der Höhe der Vermögenseinlage kann jedenfalls nicht von vornherein ein objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bejaht werden.

27

Unabhängig davon finden sich jedenfalls keine Anhaltspunkte für die subjektiven Voraussetzungen des Wuchers im Sinne des§ 138 Abs. 2 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gesellschafterin B eine Zwangslage der GmbH ausgebeutet hat. Dies hätte unter anderem ein bewusstes Ausnutzen einer wirtschaftlichen Notlage der GmbH in Kenntnis des Missverhältnisses von stiller Beteiligung und daraus erzielbarem Gewinnanteil vorausgesetzt (vgl. auch Palandt, a.a.O., § 138 Rn. 74 m.w.N.). Hierzu hat die AP keine Feststellungen getroffen. Tatsächlich hat die GmbH die Unwirksamkeit des Vertrages unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit auch nicht geltend gemacht. Im Übrigen käme im Falle eines nichtigen Gesellschaftsvertrages die Anwendung der Grundsätze über die so genannte fehlerhafte Gesellschaft in Betracht, die auch auf eine typische stille Gesellschaft anwendbar sind (BGH-Urteil vom 21. März 2005 II ZR 310/03, NJW 2005, 1784). Danach ist ein fehlerhafter Gesellschaftsvertrag grundsätzlich als wirksam zu behandeln, wenn er in Vollzug gesetzt ist. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen ausnahmsweise u.a. nur bei einer "besonders groben Sittenwidrigkeit" nicht zur Anwendung (BGH-Urteil in NJW 2005, 1784). Diese Frage kann der Senat hier angesichts der verneinten Sittenwidrigkeit aber dahingestellt sein lassen.

28

c.

Eine vGA ist im Übrigen nicht deshalb anzunehmen, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Kaufvertrag über den Erwerb der stillen Beteiligung nicht abgeschlossen sondern den Gesellschaftsvertrag zum 31. Dezember 1996 gekündigt hätte. Zwar hätte hierdurch die Zahlung eines Kaufpreises vermieden werden können. Gleichwohl wäre die Beendigung der stillen Gesellschaft durch eine fristgerechte Kündigung nicht wirtschaftlich günstiger gewesen, weil die stillen Gesellschafterinnen noch an dem im Jahre 1996 erwirtschafteten Gewinn der GmbH hätten beteiligt werden müssen. Der Gewinn der GmbH aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit belief sich für 1996 auf 708 531 DM; der auf die stillen Gesellschafterinnen entfallende hälftige Gewinnanteil hätte daher den später vereinbarten Kaufpreis noch überstiegen. Bei Wahrung der halbjährigen Kündigungsfrist hätte der Geschäftsleiter ohnehin das für das gesamte Jahr 1996 zu erwartende Gewinnergebnis noch nicht voraussehen können, so dass sich auch vor diesem Hintergrund eine Kündigung als Alternative zum Erwerb nicht zwingend anbot.

29

Dass der Kaufpreis im Übrigen unangemessen hoch war, hat das FA nicht behauptet. Dafür finden sich angesichts des noch im Jahre 1996 von der GmbH erwirtschafteten Gewinns auch keine Anhaltspunkte.

30

3.

Eine vGA liegt auch nicht im Hinblick auf eine unklare vertragliche Grundlage vor. Der Vertrag über den Erwerb der stillen Beteiligung vom 31. Oktober 1996 enthält hinsichtlich des vereinbarten Kaufpreises eine eindeutige Regelung. Soweit das FA hinsichtlich des im Jahre 1995 abgewickelten vorab ausgeschütteten Gewinns eine ausreichende vertragliche Regelung im Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft vermisst, berührt dieser Umstand nicht die hier strittige Beurteilung der Kaufpreiszahlung. Auch muss die Zahlung des Kaufpreises nicht deshalb als vGA behandelt werden, weil bereits der Vertrag über die stille Gesellschaft als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist. Soweit das FA den nicht vertragsgemäßen Vollzug der stillen Gesellschaft hinsichtlich der Zurechnung des Gewinnanteils aus der in 1995 erfolgten Vorabausschüttung beanstandet, kann der Senat offen lassen, ob dem zu folgen ist. Denn die mangelnde Ernstlichkeit des Vertrages kann darauf schon deswegen nicht gestützt werden, weil zum damaligen Zeitpunkt an der stillen Gesellschaft kein Gesellschafter der GmbH beteiligt war, mithin ein Vertragsverhältnis unter Fremden vorlag. Auch die Veräußerung der stillen Beteiligung an die Ehefrauen der Gesellschafter im Oktober 1995 fand unter Fremden statt. Das FA hat nicht dargelegt, dass die damalige stille Gesellschafterin B aufgrund besonderer Umstände als eine dem Kläger oder dem anderen Mitgesellschafter der GmbH nahe stehende Person anzusehen ist.

31

4.

Der Senat legt den Klageantrag dahin aus, dass mit der Klage die Kürzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen um 100.000 DM begehrt wird. Zwar umfasst der auf "Aufhebung" gerichtete Antrag den Einkommensteuerbscheid 1996 vom 28.10.2004 in der Fassung des anschließend ergangenen Bescheids vom 22.11.2004, durch den der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Gegen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung haben die Kläger aber keine Einwendungen erhoben. Die Einkommensteuer ist daher unter Kürzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen um 100.000 DM neu zu berechnen. Die Berechnung wird gemäß § 100 Abs.2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den§§ 155 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).