Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.05.2000, Az.: 6 A 210/00
Asylrelevanz; Beleidigung; Belästigung; Streitigkeiten; Syrien; Yeziden
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.05.2000
- Aktenzeichen
- 6 A 210/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41235
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 16a Abs 2 GG
- § 51 Abs 1 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Kein Asyl oder Abschiebungsschutz bei Belästigungen ohne asylrechtliche Relevanz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist syrischer Staatsangehörige. Sie reiste im Februar 2000 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Zur Begründung dieses Begehrens trug sie vor:
Sie sei mit dem Auto nach Deutschland gekommen. Ihr Onkel, der auch die Reise bezahlt habe, habe sie begleitet. In Syrien sei sie drei oder vier Jahre zur Schule gegangen und danach zu Hause geblieben, weil sie Angst vor den Arabern gehabt habe, die sie zu einem anderen Glauben hätten bekehren wollen. Die Araber hätten sie nicht in Ruhe gelassen. Bei Hochzeitsfeiern hätten sie den Strom abgestellt. Auch hätten sie mit ihr tanzen wollen, das habe sie aber nicht gewollt. Die Araber wollten sie heiraten, was aber nach ihrer Religion nicht möglich sei. Deshalb habe ihr Onkel zu ihrem Vater gesagt, er wolle sie als Frau für seinen Sohn haben und mit ihr ausreisen. Sie gehöre der Kaste der Muriden an. Sie selbst bete nicht, aber ihre Eltern täten dies. Wenn sie in ihrem Dorf geblieben wäre, hätte sie nicht gewusst, welches Schicksal sie erwarte. Es habe immer Streitigkeiten zwischen den arabischen und yezidischen Familien gegeben. Die Zahl der arabischen und yezidischen Familien im Dorf sei etwa gleich gewesen. Die Polizei habe auf Seiten der Araber gestanden.
Mit Bescheid vom 01. März 2000 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde die Klägerin zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.
Gegen den am 06. März 2000 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 10. März 2000 Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom 01. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens von Beteiligten verhandeln und entscheiden konnte, da es in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 oder des § 53 AuslG vorliegen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte. Denn sie ist nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit aus einem "sicheren Drittstaat" in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, ohne dass die Voraussetzungen des § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG vorgelegen haben oder dass angenommen werden kann, sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, ihre Reise im Drittstaat zu unterbrechen (vgl. dazu BVerfG, Urt. vom 14.05.1996, EuGRZ 1996, 237 f; VGH Mannheim, Urt. vom 29.7.1996 - A 12 S 1313/95). Sie kann sich folglich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen und wird nicht als Asylberechtigte anerkannt (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 1 AsylVfG).
Es besteht auch kein Abschiebungshindernis gemäß § 51 Abs. 1 AuslG.
Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft; insoweit kann auf die entsprechende Rechtsprechung Bezug genommen werden. Das Individualgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG begründet einen Anspruch auf Anerkennung als politisch Verfolgter für den, der selbst politische Verfolgung erlitten oder zu befürchten hat. Voraussetzung ist, dass dem Asylbewerber in seinem Heimatland gezielt Rechtsverletzungen von beachtlicher Intensität in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale zugefügt wurden oder solche ihm drohten, d.h. aus Gründen, die in seiner politischen oder religiösen Grundüberzeugung, seiner Volkszugehörigkeit oder in anderen Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, BVerfGE 80, 315, 335). Ergibt sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung des Asylbewerbers nicht aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates, so kann sie sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, oder wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Gefahr einer Gruppenverfolgung setzt eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus. Hierfür muss eine so große Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter festgestellt sein, dass sich daraus für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten lässt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 24.09.92 - NVwZ 1993, 192; Urt. vom 05.07.94 -BVerwGE 96, 200; Urt. vom 30.04.96 - 9 C 171.95 -, BVerwGE 101, 134; vom 09.09.97 - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274; Nds. OVG, Urt. vom 29.06.98 - 11 L 5510/97 -; Urt. vom 18.01.2000 - 11 L 3404/99 -). Asyl steht darüber hinaus grundsätzlich auch demjenigen zu, der sein Heimatland unverfolgt verlassen hat, wenn er sich auf einen Nachfluchtgrund berufen kann. Ein Anspruch auf Asyl scheidet allerdings aus, soweit dem Betreffenden in seinem Heimatland eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, aaO, 343 u. vom 10.11.89, BVerfGE 81, 58; BVerwG, Urt. vom 10.05.94, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr.170).
Das Gericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Klägerin in Syrien einer individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder ihr eine solche droht. Insbesondere wegen der Zugehörigkeit zur yezidischen Glaubensgemeinschaft ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sie bei einer Rückkehr nach Syrien mit politischer Verfolgung zu rechnen hätte.
Den Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt ist zu entnehmen, dass sie wegen ihrer Zugehörigkeit zum yezidischen Glauben Nachteile von asylrechtlicher Relevanz nicht erlitten hat. Die von ihr geschilderten Streitigkeiten zwischen der muslimischen und yezidischen Bevölkerung im Ort und die von den muslimischen Dorfbewohnern ausgehenden Belästigungen stellen - jedenfalls in Bezug auf die Klägerin - nach der Intensität und Schwere keine Eingriffe in die vom Asylrecht umfassten Freiheitsgüter und Schutzrechte dar. Aus den von der Klägerin geschilderten Belästigungen lässt sich nicht entnehmen, dass sie sich in einer ausweglosen Lage befunden hat, in der in einem Maße in ihre Menschenwürde eingegriffen worden ist, dass über das hinausgeht, was Bewohner des Verfolgerstaates auf Grund des fort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerwG, Urt. vom 03.04.1995, NVwZ-RR 1995, 607 m.w.N.).
Auch die Voraussetzungen für die Annahme einer unmittelbaren oder mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden sind nicht gegeben. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts Lüneburg in den Urteilen vom 22. Juni 1999 (2 L 666/98 und 2 L 670/98) sowie vom 14. Juli 1999 (2 L 4943/97). In den Urteilen vom 22. Juni 1999 hat das Nds. Oberverwaltungsgericht dargelegt, dass für den gegenwärtigen Zeitpunkt für den Nordwesten Syriens noch von einer Bevölkerungszahl von mindestens 5.000 Yeziden ausgegangen werden kann (Urt. vom 22.06.1999 - 2 L 666/98 - Seite 33). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nach den Gutachten zur Lage der Yeziden in Syrien das Hauptsiedlungsgebiet der Yeziden im Nordosten Syriens im Bereich Al Hassake liegt, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Anzahl der dort lebenden Yeziden noch höher ist als die Anzahl der im Nordwesten angesiedelten Yeziden. Gemessen an einer Bevölkerungsgruppe von 5.000 Personen bedeutet die Zahl der ab dem Jahr 1993 ermittelten Entführungen, Tötungen und Landwegnahmen eine derart geringe Verfolgungsdichte, die es nicht rechtfertigt anzunehmen, dass alle Yeziden in Syrien als Gruppe verfolgt werden (vgl. hierzu auch: OVG Saarlouis, Urt. vom 28.05.1999, 3 R 74/98; OVG Münster, Urt. vom 21.04.1998, 9 A 6597/95.A m.w.N.)
Die Klägerin hat nicht glaubhaft machen können, dass sie als Kurdin bei einer Rückkehr nach Syrien mit politischer Verfolgung zu rechnen hat.
Bezüglich der Kurden liegen in Syrien ebenfalls nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung vor. Dieses bestätigt auch das Nds. Oberverwaltungsgericht (z.B. Beschluss vom 19.03.1997 - 2 L 4960/95 -). Ergänzend weist das erkennende Gericht darauf hin, dass auch nach den neuesten der Kammer vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln (z.B. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.07.1996; Auskunft des Orient-Institutes vom 20.07.1996 und Auskunft des Seminars für Orientkunde der Universität Mainz vom Juli 1996 jeweils an das VG Braunschweig) Kurden in Syrien allenfalls dann vom Staat verfolgt werden, wenn sie regimekritisch politisch agieren, nicht aber als solche oder wenn sie sich lediglich kulturell betätigen. Schließlich hebt das Gericht hervor, dass Kurden auch nicht wegen ihrer Eigenschaft als Kurden Verfolgungsmaßnahmen des syrischen Staates ausgesetzt sind oder - bei Wiedereinreise nach Syrien - wären. Nach der Auskunftslage ist davon auszugehen, dass die ethnische Minderheit der Kurden als solche in Syrien einer staatlichen Verfolgung nicht unterworfen ist. Fälle politischer Verfolgung allein wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden sind nicht bekannt. Die in den 60-iger Jahren von der damals regierenden syrischen Führung begonnene und von Präsident Assad bis 1976 zunächst noch fortgeführte Politik der "Arabisierung" der kurdischen Siedlungsgebiete Syriens ist noch im Jahre 1976 von der Assad-Regierung eingestellt worden (vgl. etwa die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 10.01.1990). Zwar betont die Ideologie der Baath-Partei den arabischen Charakter Syriens. Seit Ende der 70-iger Jahre sind jedoch Bestrebungen zur Zwangsarabisierung ethnischer Minderheiten oder staatliche Repressionen gegen nichtarabische Minderheiten allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht mehr feststellbar (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 10.01.1990 an das VG Berlin; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.01.2000.
Eine somit allein in Betracht kommende politisch-oppositionelle Betätigung als Kurde hat die Klägerin nicht glaubhaft machen können.
Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung zu rechnen hätte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern die Betroffenen - wie hier - sich nicht politisch betätigt haben. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes, (z. B. vom 24.10.1996 und vom 24.01.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international, (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird nämlich insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Darüber hinaus wird zwar auch angeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Andererseits wird dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie spätestens gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen Personen entnommen werden, die nicht in dem Verdacht einer regimekritischen Haltung stehen. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 08.05.1995) an, dass selbst staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten hätten, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen könnten und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte eben dieselbe Bedeutung habe wie in den Augen der Asylbewerber, nämlich die einer Formalie.
Schließlich liegen auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG nicht vor. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, der Klägerin drohten die in § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK genannten Gefahren. Nach diesen Vorschriften darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter (§ 53 Abs. 1 AuslG) oder einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Strafe oder Behandlung (§ 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK) unterworfen zu werden. Voraussetzung für die Annahme eines Abschiebungshindernisses ist, dass konkrete und ernsthafte Gründe bzw. begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der konkrete Betroffene werde mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Zielstaat der Abschiebung unmenschlich behandelt werden. Die theoretische Möglichkeit genügt hierfür allein nicht (EGMR, Urt. vom 30.10.1991, NVwZ 1992, 869; BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, 9 C 1.94; Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162). Anhaltspunkte für eine solchermaßen beachtliche Gefährdung hat die Klägerin weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich.
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG setzt das Bestehen individueller Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit voraus. Beruft sich ein Ausländer lediglich auf allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, die nicht nur ihm persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG gewährt. Einen Anspruch auf eine Ermessensbetätigung der obersten Landesbehörde hat der Ausländer allerdings nicht.
§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde. Denn es ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihr Heimatdorf zurückkehrt und dort eine Unterstützung von ihren in Syrien verbliebenen Verwandten erhält, sofern ein solcher Beistand erforderlich werden sollte.
Da das Bundesamt die Klägerin zu Recht nicht als Asylberechtigte anerkannt hat und sie keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, musste die Behörde sie gemäß §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise auffordern und die Abschiebung androhen.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1
AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.