Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 31.07.2024, Az.: 1 A 2124/22

Aussetzungszinsen; Friedhofsgebühren; Nebenleistung; Aussetzungszinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat als kommunalabgabenrechtliche Nebenleistung bei Gebühren nicht zu beanstanden

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
31.07.2024
Aktenzeichen
1 A 2124/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 20890
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2024:0731.1A2124.22.00

Amtlicher Leitsatz

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes von 0,5 % pro Monat bei der der Vollverzinsung nach § 233a AO (Beschl. v. 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 -, juris) ist nicht auf den gleich hohen Zinssatz bei Aussetzungszinsen zu übertragen, die als kommunalabgabenrechtliche Nebenleistung bei Gebühren (hier: Friedhofsgebühren) anfallen.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem eine Aussetzung der Vollziehung beendet und Aussetzungszinsen festgesetzt wurden.

Der Kläger ist Nutzungsberechtigter eines Wahlgrabes, in dem Familienangehörige bestattet wurden. Bestattungen wurden in dem zweistelligen Grab jeweils in der Tiefe und in normaler Höhe vorgenommen. Zunächst wurden 1973 die Großeltern des Klägers dorthin umgebettet. 1989 wurde auf der rechten Seite in der Tiefe die Mutter des Klägers beigesetzt; im Jahre 2003 in normaler Höhe eine Tante des Klägers. Nach der im Jahre 2003 erfolgten vierten Sargbestattung wurde wegen der Ruhezeit von 30 Jahren das Nutzungsrecht bis zum September 2033 verlängert. Im Jahre 2009 verstarb der Vater des Klägers (C. A.), der in der Tiefe auf der linken Grabstelle beigesetzt werden sollte. Die Ruhezeiten der dort beigesetzten Großeltern (D. und E.) waren auf der linken Grabstelle bereits 2001 und 2002 abgelaufen. Die beabsichtigte Beisetzung wurde jedoch nicht vorgenommen, weil schon die auf der linken Grabstelle in normaler Höhe ruhende Leiche (D.) unzureichend verwest war. Der Vater des Klägers wurde deshalb im März 2009 zunächst an anderer Stelle auf dem Friedhof in einem Einzelgrab beigesetzt. Mit Gebührenbescheid vom 27. März 2009 wurden gegenüber dem Kläger insoweit Gebühren für die Herstellung eines Einfachgrabes i. H. v. 482,00 EUR, eine Kapellenbenutzungsgebühr i. H. v. 240,00 EUR und eine Kühlungsgebühr i. H. v. 120,00 EUR festgesetzt. Betitelt wurde der Bescheid mit "Erwerb eines Reihengrabes mit Gestaltung". Der Kläger erstrebte in den Klageverfahren 1 A 7193/13 und 1 A 11013/14 - zum einen mit einer gegen die Beklagten und zum anderen mit einer gegen die Region Hannover gerichteten Klage - die Umbettung seines verstorbenen Vaters in das Familiengrab. Der Anfang des Jahres 2014 verstorbene Bruder des Klägers (F. A.) wurde eingeäschert und im Februar 2014 auf der rechten Grabstelle beigesetzt. Das Nutzungsrecht für die gesamte Wahlgrabstätte wurde anschließend im Hinblick auf die für Aschen geltende Ruhezeit von 20 Jahren bis Februar 2034 verlängert. Mit Gebührenbescheid vom 28. Februar 2014 setzte die Beklagte aus diesem Anlass u. a. eine Gebühr "Verlängerung Wahlgrab" i. H. v. 117,60 EUR für ein angefangenes Jahr der Verlängerung fest, wogegen der Kläger Klage erhob (1 A 7658/14). Die genannten Klageverfahren wurden infolge eines mit Beschluss vom 31. März 2016 vorgeschlagenen gerichtlichen Gesamtvergleichs mit folgendem Wortlaut beendet:

1.

Die Stadt Springe bettet die Vorverstorbenen D. und E. aus dem Wahlgrab Nr. 057 aus und setzt sie zur endgültigen Ruhe nach ihrer Wahl an einer anderen Stelle des Friedhofs bei. Eine aufwandsbezogene Gebühr für Aus-/Umbettungen nach der Friedhofsgebührensatzung wird dem Kläger nicht auferlegt.

2.

Die Region Hannover erteilt die Genehmigung nach § 15 BestattG zur Umbettung des Verstorbenen C. A. in das Wahlgrab Nr. 057. Die Stadt Springe bettet C. A. in diese Wahlgrabstätte um. Eine aufwandsbezogene Gebühr für Aus-/Umbettungen nach der Friedhofsgebührensatzung wird dem Kläger nicht auferlegt. Die Möglichkeit einer Gebührenerhebung für die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte Nr. 057/058 bis zum Ablauf der Ruhezeit des Verstorbenen C. A. bleibt unberührt.

3.

Der Kläger nimmt die gegen den Gebührenbescheid der Stadt Springe vom 28. Februar 2014 gerichtete Klage 1 A 7658/14 zurück.

4.

In den Verfahren 1 A 7193/13 und 1 A 11013/14 werden die Kosten jeweils gegeneinander aufgehoben.

Die Beklagte ließ nach ihrer Darstellung die Umbettungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit im November 2016 vornehmen. Mit Gebührenbescheid vom 15. Dezember 2016 setzte die Beklagte eine Gebühr "Verlängerung Wahlgrab (tief)" i. H. v. 766,80 EUR fest. Auf Antrag des Klägers vom 3. April 2017 setzte die Beklagte die Vollziehung nach § 80 Abs. 3 Satz 3 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit aus, die nach der Verwaltungspraxis allein wegen der Erhebung einer Klage angenommen würden. Die gegen die Gebührenfestsetzung gerichtete Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 6. März 2018 - 1 A 806/17 - abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Vergleich eine Gebührenerhebung für ein verlängertes Nutzungsrecht nicht sperrt, sondern die Möglichkeit einer Gebührenerhebung für die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte Nr. 057/058 bis zum Ablauf der Ruhezeit des Verstorbenen C. A. unberührt bleiben sollte, weil diese Gebühr auch angefallen wäre, wenn der Verstorbene sogleich in dem Wahlgrab beigesetzt worden wäre. Es sei auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, weil die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahrs 2016 begonnen habe und nicht schon im Jahre 2009. Ende 2020 bemerkte der Kläger, dass auf der Wahlgrabstätte kein Grabstein mehr stand. Nachfolgende Recherchen der Beklagten ergaben, dass der Grabstein vermutlich im Zuge der von der Beklagten veranlassten Umbettung entfernt wurde. In 2021 wurde das Grabmal wiederaufgestellt.

Mit "Bescheid über die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung" vom 14. April 2022 - dem Kläger zugestellt am 20. April 2022 - wurde die unter dem 18. April 2017 verfügte Aussetzung der Vollziehung beendet. In einer tabellarischen Übersicht wurden 766,80 EUR unter "Soll", "Ausgesetzter Betrag" und "Neu festgesetzter Betrag" aufgeführt. Als Datum für das Ende der Aussetzung wurde der 31. Dezember 2017 angegeben. Zinsen wurden für den Zeitraum vom 10. April 2017 bis zum 9. Dezember 2017 i. H. v. 0,5 % pro Monat auf 750,00 EUR in Ansatz gebracht und auf 30,00 EUR festgesetzt.

Der Kläger hat am 20. Mai 2022 Klage erhoben. Eine Grundlage für die Festsetzung einer Gebühr i. H. v. 766,80 EUR und in der Folge auch eine Grundlage für die Festsetzung von Aussetzungszinsen sei nicht erkennbar. Die Beklagte habe keine Gebührenordnung vorgelegt, die Grundlage der Forderungen sein könnte.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid vom 14. April 2022 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Soweit der Kläger versuche, den unanfechtbaren Ursprungsgebührenbescheid anzugreifen, sei die Klage unzulässig. Nach dem klageabweisenden Gerichtsbescheid sei eine zeitnahe förmliche Beendigung der Aussetzung der Vollziehung versäumt und schließlich mit dem angegriffenen Bescheid nachgeholt worden. Auch wenn die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung rechtswidrig geregelt worden wäre, beinhalte der angegriffene Bescheid vor allem eine Zinsfestsetzung. Die Festsetzung von Zinsen sei rechtmäßig, sie sei lediglich zu niedrig gewesen, da der Zeitraum, über den Zinsen berechnet werden könnten, der 19. Januar 2017 bis 14. April 2018 sei. Der Zinszeitraum betrage volle 14 Monate, woraus sich ein Zinssatz von 7 % ableite.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die nach dem Übertragungsbeschluss der Kammer vom 4. Juni 2024 der Einzelrichter entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die Klage ist in der Sache nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. April 2022 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage erforderlich wäre (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Inhaltlich wird auf die Ausführungen in dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 20. Juni 2024 genommen. Dort heißt es zur Frage der Erfolgsaussichten der Klage:

"Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nämlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger durch den angegriffenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt ist, wie es für eine erfolgreiche Anfechtungsklage erforderlich wäre (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Allerdings ist ein "Bescheid über die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung" rechtlich nicht vorgesehen, wenn - wie hier - die durch behördliche Aussetzung der Vollziehung bewirkte aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits kraft Gesetzes mit der Unanfechtbarkeit beendet war. Zwar ist die Änderung einer einmal getroffenen Aussetzungsentscheidung durchaus möglich, etwa wenn die Voraussetzungen einer zunächst angenommenen Härte i. S. d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mehr vorliegen. Dies geschieht indessen nicht durch einen gesonderten mit der verwaltungsgerichtlichen Klage anfechtbaren Bescheid; auch besteht ersichtlich kein Raum für eine Änderung der Aussetzungsentscheidung mehr, wenn das Ende der aufschiebenden Wirkung bereits kraft Gesetzes eingetreten war. Dies gilt nach Auffassung des Einzelrichters auch, wenn nach diesem Zeitpunkt das Ende der aufschiebenden Wirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden soll. Der Kläger ist aber durch den "Beendigungsbescheid", der in seinem weiteren Regelungsgehalt eine Festsetzung von Aussetzungszinsen enthält, im konkreten Fall nicht in seinen Rechten verletzt. Die unter dem 14. April 2022 verfügte Beendigung mit der Festlegung des Endes der Aussetzung auf den 31. Dezember 2017 stellt sich für den Kläger unter dem Aspekt von Aussetzungszinsen als begünstigend dar. Der Friedhofsgebührenbescheid über einen Betrag von 766,80 EUR wurde infolge des Urteils des Einzelrichters vom 6. März 2018 - 1 A 806/17 - kraft Gesetzes erst am 14. April 2018 unanfechtbar. Aussetzungszinsen wurden hingegen lediglich vom 10. April 2017 bis zum 9. Dezember 2017 berechnet. Die zu geringe Festsetzung von Aussetzungszinsen vermag nicht zu einer Rechtsverletzung zu führen. Dass überhaupt Aussetzungszinsen nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b NKAG i. V. m. § 237 AO festgesetzt wurden, ist wiederum rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch hinsichtlich der Höhe des in Ansatz gebrachten Zinssatzes nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b NKAG i. V. m. § 238 Abs. 1 AO, wonach die Zinsen für jeden Monat einhalb Prozent betragen (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14 -, juris). Die Beklagte geht auch nicht von (zu hohen) Säumniszuschlägen in Anknüpfung an den vorliegend angegriffenen Bescheid aus, was sich aus dem im Parallelverfahren 1 A 4119/22 streitgegenständlichen Abrechnungsbescheid vom 19. August 2022 ergibt, in dem Säumniszuschläge (zutreffend) erst ab Unanfechtbarkeit des Gebührenbescheides in Ansatz gebracht werden. Der Kläger hat das vorliegende Verfahren trotz gerichtlichen Hinweises darauf, dass Aussetzungszinsen lediglich zu niedrig festgesetzt worden seien und die Beklagte bereits eingeräumt habe, dass es zur Beendigung der Aussetzung der Vollziehung keines förmlichen Bescheides mehr bedurfte, fortgeführt. Mit der vom Kläger zur Begründung der Fortführung des Verfahrens vertretenen Auffassung, dass eine Grundlage für die Festsetzung von Friedhofsgebühren i. H. v. 766,80 EUR fehle, kann er im vorliegenden Verfahren schon im Ansatz nicht (mehr) durchdringen. Diese Frage war nämlich bereits Gegenstand des Verfahrens 1 A 806/17; der klageabweisende Gerichtsbescheid vom 6. März 2018 ist rechtskräftig und die Gebührenfestsetzung damit bestandskräftig. Auch wenn der Betrag i. H. v. 766,80 EUR im "Beendigungsbescheid" in einer Tabelle in der Spalte "neu festgesetzter Betrag" aufgeführt wird, handelt es sich erkennbar nicht um eine (anfechtbare) neue Gebührenfestsetzung, sondern lediglich um die Nennung des Betrages, der unter dem 18. April 2017 auf Antrag des Klägers ausgesetzt war. Auch den Aussetzungszinsen i. H. v. 30,00 EUR fehlt es deshalb nicht etwa nicht an einer Grundlage in Gestalt einer Gebührenforderung."

An diesen Ausführungen wird auch im Klageverfahren festgehalten.

Hinsichtlich der Höhe des in Ansatz gebrachten Zinssatzes für Aussetzungszinsen nach § 13 Abs. 4 Satz 1 BestattG i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b und Abs. 5 NKAG i. V. m. §§ 237 Abs. 1 und 2, 238 Abs. 1 AO ist zu ergänzen, dass es vorliegend mit dem Zeitraum vom 10. April 2017 bis zum 9. Dezember 2017 zum einen um einen Zinszeitraum geht, für den nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2021 (- 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 -, juris) in Bezug auf die Vollverzinsung nach § 233a AO die Fortgeltungsanordnung für den in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO vorgesehenen Zinssatz i. H. v. 0,5 % pro Monat greift. Die Fortgeltungsanordnung auf der Grundlage von § 35 BVerfGG bildet die Legitimationsgrundlage für einen Zinssatz von 0,5 % pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018, obwohl der Zinssatz für die Vollverzinsung nach § 233a AO ab dem 1. Januar 2014 an sich als verfassungswidrig eingestuft wurde (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 31.01.2024 - 9 LC 266/21 -, juris Rn. 35). Schon deshalb stellt sich der in Ansatz gebrachte Zinssatz nicht als zu hoch dar. Zum anderen geht es vorliegend nicht um eine (für Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer geltende) Vollverzinsung nach § 233a AO, sondern um Zinsen für den Zeitraum der Aussetzung der Vollziehung bei letztlich erfolglos gebliebener Klage gegen einen Gebührenbescheid. Auf diese Zinsen sind nach Auffassung des Einzelrichters die Erwägungen der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu übertragen (vgl. zum originären Anwendungsbereich der Abgabenordnung: FG Münster, Urt. v. 08.03.2023 - 6 K 2094/22 E -, juris; a. A. FG München, Beschl. v. 24.06.2024 - 7 V 11/24 -, juris). Der Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der ihm vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Verpflichtung zur Neuregelung mit nachvollziehbaren Erwägungen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, BT-Drs. 20/1633, S. 11) darauf beschränkt, den Satz für die Vollverzinsung nach § 233a AO zu verringern, nicht aber den Satz für andere Zinsen (u. a. Aussetzungszinsen mit 0,5 % pro Monat) und Säumniszuschläge (1 % pro Monat). Verwiesen wird dabei auf die schon vom Bundesverfassungsgericht angestellte Erwägung, dass bei anderen Zinsen als denjenigen nach § 233a AO die Verwirklichung des Zinstatbestandes auf einen Antrag zurückzuführen sei und eine Wahlmöglichkeit bestehe, ob der Zinssatz des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO hingenommen oder ob die Schuld unter gegebenenfalls erforderlicher Beschaffung zinsgünstigerer Geldmittel beglichen werde. Dieser gesetzgeberische Entscheidung ist gerade auch für kommunalabgabenrechtliche Gebühren beizupflichten, bei denen es für die Abgabenpflichtigen in Anbetracht der regelmäßig überschaubaren Höhe schlicht auf die Entscheidung hinausläuft, im Falle einer Klageerhebung entweder die Zahlung der Gebühr unter Inkaufnahme eines bei Misserfolg der Klage anfallenden Zinssatzes für Aussetzungszinsen von 0,5 % pro Monat zunächst abzuwenden oder aber die Gebühr zunächst zu entrichten und im Falle des Erfolgs der Klage Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag (hier nach § 13 Abs. 4 Satz 1 BestattG i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b und Abs. 5 NKAG i. V. m. §§ 236 Abs. 1 und 2, 238 Abs. 1 AO) in gleicher Höhe zu generieren. Der gesetzliche Regelfall ist in Anbetracht des Entfalls der aufschiebenden Wirkung bei Anforderung von öffentlichen Abgaben nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO derjenige, dass der Herangezogene vom Zinssatz in Höhe von 0,5 % pro Monat profitiert, wenn er auf eine beklagte Gebührenfestsetzung zunächst zahlt und sich diese später als rechtswidrig erweist. Die für den Herangezogenen im Hinblick auf die Aussetzungszinsen ungünstige Situation, dass er als "Preis" für die Aussetzung den hohen Zinssatz von 0,5 % pro Monat entrichten muss, entsteht regelmäßig nur dann, wenn aktiv ein Antrag nach § 80 Abs. 4 oder Abs. 5 VwGO gestellt wird und die Klage letztlich erfolglos bleibt. Die Situation eines regelmäßigen Zinsvorteils mit bloß optionalem Nachteil bestand bei dem vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Zinssatz bei der Vollverzinsung gerade nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 -, juris Rn. 118), so dass die Ausgangslage eine andere ist und nicht etwa gleichsam automatisch auch Aussetzungszinsen schon deshalb als verfassungswidrig zu hoch bemessen anzusehen sind, weil die Höhe der Zinssätze identisch ist. Liegt beim Abgabenschuldner im Falle einer von ihm für rechtswidrig gehaltenen Gebührenfestsetzung die Wahl, den Zinssatz von 0,5 % pro Monat entweder zu seinen Lasten "zu riskieren" oder aber zu Lasten der Kommune für sich "zu generieren", bestehen nach Auffassung des Einzelrichters keine Bedenken gegen eine Zinshöhe, die über dem marktüblichen Niveau liegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.