Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.11.2011, Az.: L 8 SO 308/11 B ER
Zulässigkeit einer abweichenden Festlegung des individuellen Bedarfs; Anspruch eines Obdachlosen auf eine Energiepauschale
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.11.2011
- Aktenzeichen
- L 8 SO 308/11 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 33223
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2011:1101.L8SO308.11B.ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 13.09.2011 - AZ: S 81 SO 297/11 ER
Rechtsgrundlagen
- § 35 SGB X
- § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII
- § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII
Fundstellen
- ZfSH/SGB 2012, 210-213
- info also 2012, 189
Redaktioneller Leitsatz
1. Bei der abweichenden Festlegung des Regelbedarfs nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (bis zum 31.12.2010: § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII) handelt es sich um die Ausnahme von der in den Absätzen 1 bis 3 normierten Regel. Eine Abweichung zu Lasten des Leistungsempfängers bedarf einer genauen Prüfung des Einzelfalles sowie einer Begründung.
2. Eine abweichende Festlegung setzt voraus, dass der gesamte Bedarf ermittelt wird und nicht nur einzelne Bedürfnisse (Bedarfe) als angeblich gedeckt vom Regelsatz abgezogen werden.
3. Die Unterstellung, ein Obdachloser benötige keinen Strom als bedarfsrelevante Verbrauchsausgabe, ist unzulässig, weil er Leistungen, die Mieter einer "normalen" Wohnung mit Hilfe der dortigen Stromversorgung in Anspruch nehmen können (Zubereiten warmer Mahlzeiten, Wäsche waschen), extern einkaufen muss. Entsprechendes kann für Bewohner eines Wohnheimes gelten. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 13. September 2011 geändert.
Die Antragsgegnerin wird vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2011 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des ungekürzten Regelsatzes nach Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe
I. Der 1984 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) erhält seit 2009 von der namens und im Auftrag der Antragsgegnerin handelnden Landeshauptstadt Hannover Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Er hält sich in einem Wohnheim der Landeshauptstadt Hannover auf, in der ihm ausweislich eines Nutzungsvertrages ein Bett zur Verfügung steht. Die dafür anfallenden Kosten von 159,00 EUR monatlich übernimmt die Antragsgegnerin im Rahmen der dem Antragsteller bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, ihm von Beginn an höhere Leistungen zu gewähren. Seines Erachtens ist der Abzug einer "Energiepauschale" von 22,64 EUR bzw seit März 2011 28,29 EUR von seiner Regelleistung verfassungswidrig. Gegen einen Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2010 hatte er am 26. Mai 2011 Widerspruch erhoben, der mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 als teilweise unzulässig (für die Zeit bis Mai 2010) und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen wurde. Klage hat der Antragsteller insoweit nicht erhoben. Am 10. Juni 2011 erging ein weiterer Bewilligungsbescheid, mit dem Leistungen "ab dem 21.09.2004 bis 30.06.2011 für den Monat 6/2011" bewilligt wurden, und zwar in Höhe von 648,35 EUR unter Berücksichtigung einer Energiepauschale von 28,29 EUR. Widerspruch hat der Antragsteller gegen diesen Bescheid nicht erhoben, sondern sich am 1. Juli 2011 direkt an das Sozialgericht (SG) Hannover gewandt und Klage erhoben (S 81 SO 303/11) sowie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Mit Beschluss vom 13. September 2011 hat das SG in dem Antragsverfahren die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit von Juli bis Dezember 2011 Hilfe zum Lebensunterhalt unter Abzug einer monatlichen Energiepauschale von lediglich 22,64 EUR zu gewähren; im Übrigen ist der Antrag abgelehnt worden. Hiergegen hat der Antragsteller am 4. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt. Er wendet sich weiterhin gegen den seines Erachtens verfassungswidrigen Abzug einer "Energiepauschale" und bemängelt zudem, dass er keine Nachzahlung für die Monate März bis Juni 2011 erhalten hat.
II. Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist für die Zeit ab Juli 2011 begründet. Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung Anspruch auf ungekürzte Hilfe zum Lebensunterhalt, allerdings erst ab Eingang seines Antrags beim Sozialgericht. Der erstinstanzliche Beschluss ist entsprechend zu ändern.
Hinsichtlich der Zeit bis einschließlich Mai 2011 ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens unzulässig geworden. Voraussetzung für den Erlass einer hier nur in Betracht kommenden Regelungsanordnung iS von § 86b Abs 2 Satz 2 SGG ist unter anderem, dass ein streitiges Rechtsverhältnis vorliegt. Dabei kann es sich um einen noch nicht vom Leistungsträger beschiedenen Antrag oder einen noch nicht bindend gewordenen Bescheid handeln. Tatsächlich hat der Antragsteller nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 keine Klage erhoben; der Bescheid vom 17. Februar 2010 sowie (durch Auszahlung weiterer Leistungen in den Folgemonaten ergangene) weitere Verwaltungsakte sind bindend geworden (§ 77 SGG).
Unabhängig davon ist im Regelfall - und auch hier - vorläufiger Rechtsschutz für Zeiten vor Einschaltung des Gerichts ohnehin nicht geboten. Vorläufiger Rechtsschutz ist bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art nur erforderlich zur Abwehr einer drohenden Notlage, also im Regelfall für zukünftige Leistungen. Durch den vorläufigen Rechtsschutz soll eine konkrete finanzielle Notlage umgehend behoben werden, dies ist grundsätzlich nur für die Zukunft möglich. Der Senat spricht daher vergleichbare Sozialhilfeleistungen frühestens ab dem Zeitpunkt des Einganges des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht zu. Hier ging der entsprechende Antrag am 1. Juli 2011 beim SG ein. Für die Zeit bis Juni 2011 kann der Antragsteller deshalb, selbst wenn der Antrag zulässig wäre, keine höheren Leistungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erstreiten. Aus diesem Grund erhält er auch für die Zeit von März bis Juni 2011 keine vorläufige Nachzahlung der Differenz zwischen der alten und der neuen Energiepauschale.
Für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 stellt sich die Sach- und Rechtslage wie folgt dar:
Den Leistungsbescheid vom 10. Juni 2011 für den Monat Juni 2001 hat der Antragsteller nicht mit Widerspruch angefochten, er hat jedoch zusammen mit dem hier streitigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Klage erhoben. Der Senat sieht hierin auch die Erhebung eines Widerspruchs (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar 9. Auflage § 84 Rdn 2; zum Meinungsstand ders. § 78 Rdn 3b), zumal der Antragsteller mit seiner Klage- und Antragsschrift eindeutig zu verstehen gegeben hat, dass er mit der Entscheidung der Landeshauptstadt Hannover nicht einverstanden ist. Der Bescheid vom 10. Juni 2011 ist damit nicht bindend geworden. Gleiches gilt für die folgenden vermutlich wiederum durch Auszahlung weiterer Leistungen in den Folgemonaten ergangenen Verwaltungsakte, gegen die wegen fehlender Rechtsbehelfsbelehrungen eine Widerspruchsfrist von einem Jahr gilt (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG). Für die Zeit seit dem 1. Juli 2011 liegen damit streitige Rechtsverhältnisse vor, die einer Regelung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG zugängig sind.
Für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 hat der Antragsteller nach summarischer Prüfung einen Anspruch auf höhere Leistungen als vom SG bereits zugesprochen.
Voraussetzung für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung ist neben dem Vorliegen eines streitigen Rechtsverhältnisses, dass das geltend gemachte Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 ZivilprozessordnungZPO).
Der hilfebedürftige Antragsteller, der sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin aufhält und auch nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Zur Deckung seines Regelbedarfs (§ 27a Abse 1, 2 SGB XII) sind ihm gemäß § 27a Abs 3 SGB XII monatliche Regelsätze in Form eines monatlichen Pauschbetrages zu gewähren, über dessen Verwendung er eigenverantwortlich zu entscheiden hat. Nach der für den Antragsteller maßgebenden Regelbedarfsstufe 1 beträgt die Höhe seines Leistungsanspruchs 364,00 EUR (§ 28 SGB XII mit Anlage). Eine abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs und damit eine Abweichung vom Regelsatz ist nach§ 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nur zulässig, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Die Voraussetzungen für eine derartige abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs des Antragstellers liegen hier nach summarischer Prüfung nicht vor. Bei der mit § 27b Abs 4 Satz 1 SGB XII (bis zum 31. Dezember 2010 im Wesentlichen inhaltsgleich: § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) ermöglichten abweichenden Festlegung des Regelsatzes handelt es sich um die Ausnahme von der in den Absätzen 1 bis 3 normierten Regel. Insbesondere eine Abweichung zu Lasten des Leistungsempfängers bedarf einer genauen Prüfung des Einzelfalles sowie einer Begründung. Eine derartige Begründung fehlt hier völlig. Aus dem Bescheid vom 10. Juni 2011 ergibt sich noch nicht einmal, dass es sich um eine abweichende Festlegung handelt, vielmehr findet sich unter der Zeile "Regelbedarf (§ 28 SGB XII) 364,00 EUR" nur eine weitere Zeile mit dem Wortlaut "abzgl. Pauschale insgesamt -28,29 EUR". Entsprechende Formulierungen finden sich auch in dem früheren Bescheid vom 17. Februar 2010. Lediglich ein Schreiben der Landeshauptstadt vom 4. März 2010 an den Antragsteller enthält folgenden Erklärungsversuch: "Bezüglich Ihrer Sozialhilfeberechnung können wir Ihnen mitteilen, dass Sie für Ihren Aufenthalt in der städtischen Unterkunft einen Anteil für Strom- und Warmwasserkosten selbst zu tragen haben, da dieser nicht durch den Regelsatz oder andere Ansprüche abgedeckt ist. Diese Energiepauschale beträgt monatlich 22,64 EUR und wird verwendet, da die exakten Verbrauchskosten nicht genau ermittelbar und in den Unterkunftskosten enthalten sind."
Bei dieser Sachlage ist schon fraglich, ob die Verwaltungsakte hinsichtlich der abgezogenen Pauschale bereits deshalb aufgehoben werden müssten, weil insoweit die gemäß § 35 SGB X erforderliche Begründung fehlt. Ein Verwaltungsakt muss aus sich heraus verständlich sein. Selbst unter Berücksichtigung des Schreibens vom 4. März 2010 kann ein verständiger Laie nicht erkennen, warum ihm von seinem Regelsatz ein Anteil für Strom- und Warmwasserkosten abgezogen wird, den er selbst zu tragen hat und der, so der Inhalt des Schreibens vom 4. März 2010, nicht durch den Regelsatz oder andere Ansprüche abgedeckt sein soll. Dass tatsächlich etwas anderes gemeint sein soll (nämlich eine Reduzierung des Regelsatzes, weil ein Teil der dort abgebildeten Bedürfnisse durch die Übernahme der Nutzungsgebühren für die Unterkunft und damit anderweitig gedeckt ist), ändert an der fehlenden bzw falschen Begründung nichts; dies erschließt sich allenfalls mit der Materie vertrauten Personen.
Unabhängig davon dürfte die (vermutlich gemeinte) abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs des Antragstellers auch daran scheitern, dass die Bedürfnisse des Antragstellers jedenfalls nicht in dem behaupteten Umfang anderweitig gedeckt sind. Eine abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs setzt voraus, dass der gesamte Bedarf ermittelt wird und nicht nur einzelne Bedürfnisse (Bedarfe) als angeblich gedeckt vom Regelsatz abgezogen werden. Bei ihrer Annahme, dass der Antragssteller keinen Bedarf an Strom hat, unterstellt die Antragsgegnerin, dass der Antragssteller keinerlei Strom als bedarfsrelevante Verbrauchsausgabe im Sinne der der Regelbedarfsermittlung zu Grunde liegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (Abteilung 04 Nrn 18, 19) benötigt. Dies erscheint abwegig. Der Antragsteller wird Leistungen, die Mieter einer "normalen" Wohnung mit Hilfe der dortigen Stromversorgung in Anspruch nehmen können, extern einkaufen müssen. Zumindest müsste vorab geklärt werden, ob der Antragsteller neben der Nutzung des Bettplatzes (für den die Stadt Hannover an sich selbst nach erfolgter Abtretung des entsprechenden Sozialhilfeanspruchs durch den Antragsteller 159,00 EUR aus Sozialhilfemitteln zahlt) auch das Recht hat, in der Unterkunft, zu kochen, zu waschen oder zu duschen bzw. ob er dafür Geld bezahlen muss. Die Situation des Antragstellers ist nicht unähnlich derjenigen eines Obdachlosen. Insoweit hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 16. Januar 1986 - 5 C 72.84 -, BVerwGE 72, 354 [BVerwG 16.01.1986 - BVerwG 5 C 72.84] = FEVS 35, 271) entschieden, dass das mit der Obdachlosigkeit einhergehende Fehlen eines Haushaltes zwar eine zu berücksichtigende Besonderheit des Einzelfalles sei, die je nach den Umständen eine vom Regelsatz abweichende Bemessung gebieten könne. Doch hat es gleichzeitig betont, auf eine mindestens überschlägige Untersuchung und Bewertung wesentlicher Bedarfspositionen könne nicht verzichtet werden, wobei die gebotene Gesamtbetrachtung auch Kompensationen zwischen Verminderung und Vermehrung von Bedürfnissen einschließen müsse. Das Niedersächsische OVG hat mit Urteil vom 10. Oktober 1997 4 L 1062/97, FEVS 48, 397 zutreffend weiter darauf hingewiesen, dass bei Obdachlosen ein Mehraufwand infolge der Unmöglichkeit, Vorräte einzukaufen und zu halten und dadurch Geld zu sparen, zu berücksichtigen sei; außerdem könnten Wohnungslose nicht kochen oder sonst warme Mahlzeiten zubereiten und ihre Kleidung nicht selbst reinigen. Die Einnahme von Speisen in Gaststätten oder in Imbissstuben sei mit erheblich höheren Aufwendungen verbunden, ebenso die Reinigung der Kleidung in Wäschereien/Waschsalons und Reinigungen. Schließlich entstünden Mehrkosten für das Aufsuchen öffentlicher Bäder zur Körperpflege und für die Aufbewahrung der persönlichen Habe, z.B. in Schließfächern eines Bahnhofs.
Das SG Berlin hat mit einem (Leistungen an einen Anspruchsberechtigten nach dem SGB II betreffenden) Urteil vom 9. Januar 2007 S 61 AS 7910/07, zitiert nach juris, darauf hingewiesen, dass es für einen Nutzer eines Wohnheimplatzes an einer hinreichenden Grundlage fehlt, um seinen Energiebezug mit einem Geldwert zu bemessen. Es sei in keiner Weise zu ermitteln, ob und wenn ja in welchem Ausmaß der Kläger in seinem Wohnheim überhaupt Haushaltsenergie für Zwecke seines Lebensunterhaltes verbraucht. Keinesfalls könne, wie dies der Beklagten des dortigen Verfahrens angenommen hatte, ohne nähere Erläuterung 8% der Regelleistung für Haushaltsenergie, insbesondere Stromkosten veranschlagt werden. Diese Beträge bezögen sich auf durchschnittliche Haushalte von Personen, die in einer Mietwohnung oder eigenen Wohnung leben und dort eine Vielzahl elektrischer Geräte nutzen, die dem Kläger ohne festen Wohnsitz nicht zugänglich seien bzw. von ihm nicht in vergleichbarer Weise genutzt werden könnten.
Diese Argumente treffen auch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu. Nur nach einer Saldierung der (ersparten oder höheren) Kosten einer in einem Wohnheim untergebrachten Person ist die abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs zulässig, dies muss zudem nachvollziehbar begründet werden. Daran fehlt es hier.
Schließlich ist nicht zu erkennen, ob die Antragsgegnerin die seit dem 1. Januar 2011 geltenden neuen Regelungen für die Warmwasserbereitung beachtet hat. Jedenfalls ist den Akten nicht zu entnehmen, ob in der Unterkunft eine zentrale Warmwasserversorgung vorhanden ist, deren Kosten mit dem Nutzungsentgelt vollständig gedeckt sind. Wäre dies nicht der Fall, hätte der Antragsteller Anspruch auf einen Mehrbedarf nach§ 30 Abs 7 SGB XII. Keinesfalls kann aber ein wie auch immer gearteter Abzug wegen anderweitig gedeckter Warmwasserkosten vorgenommen werden, wie dies die Antragsgegnerin ausweislich ihres Schreibens vom 4. März 2010 annimmt.
Der Antragsteller hat auch den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung weiter erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Bei Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt handelt es sich um existenzsichernde Leistungen, bei denen in der Regel so auch hier ohne weiteres vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes auszugehen ist.
Hinsichtlich der Dauer der einstweiligen Anordnung hat der Senat berücksichtigt, dass ein dauerhaftes Verbleiben des Antragstellers im Wohnheim nicht anzunehmen ist. Die Antragsgegnerin wird jedoch auch bei zukünftigen Bewilligungen zu beachten haben, dass ohne eine hinreichende schriftliche Begründung keine abweichende Festlegung des individuellen Bedarfs zulässig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Auch wenn der Antragsteller nicht in vollem Umfang obsiegt hat, weil ihm Leistungen für die Vergangenheit nicht vorläufig zugesprochen werden konnten, war er mit seinem Begehren doch in der Sache selber erfolgreich. Der Senat hält deshalb eine Kostenquotelung nicht für angebracht.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).