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  • ab 22.05.2024 (aktuelle Fassung)

§ 23b Nds. MVollzG - Fixierung

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) 
Amtliche Abkürzung
Nds. MVollzG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
34140010000000

(1) 1Eine Fixierung ist die vollständige oder weitgehende Aufhebung der Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person mittels einer 5-Punkt oder 7-Punkt-Befestigung auf einem Fixierbett; andere Formen der Fixierung sind vorbehaltlich des Absatzes 6 Satz 1 Halbsatz 2 unzulässig. 2Die Fixierung ist nach den neuesten medizinischen Standards durchzuführen, und die dafür verwendeten Medizinprodukte sind regelmäßig nach den wissenschaftlichen Standards zu überprüfen.

(2) 1Eine Fixierung darf nur angeordnet werden, wenn, soweit und solange sie jeweils zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr von erheblichen Gewalttätigkeiten gegen Dritte, der Selbsttötung oder einer erheblichen Selbstverletzung unerlässlich ist. 2Die Fixierung einer einwilligungsfähigen untergebrachten Person ist ohne deren Einwilligung abweichend von Satz 1 nur zulässig, wenn die Fixierung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr von erheblichen Gewalttätigkeiten gegen Dritte unerlässlich ist.

(3) 1Eine Fixierung von absehbar kurzfristiger Dauer wird von der Vollzugsleitung oder, wenn eine solche bestellt ist, von der Therapeutischen Leitung nach einer vorherigen Inaugenscheinnahme angeordnet; die vorherige Inaugenscheinnahme kann auch durch einen anderen Arzt oder eine andere Ärztin erfolgen. 2Abweichend von Satz 1 darf die Fixierung ohne vorherige ärztliche Inaugenscheinnahme und auch von anderen Bediensteten des Landes vorläufig angeordnet werden, wenn die nach Satz 1 anordnungsbefugte Person nicht so rechtzeitig erreichbar ist, dass die gegenwärtige Gefahr einer Selbsttötung oder erheblichen Selbstverletzung noch abgewendet werden kann; die ärztliche Inaugenscheinnahme und die Anordnung nach Satz 1 sind unverzüglich nachzuholen.

(4) 1Eine Fixierung, die absehbar die Dauer von 30 Minuten überschreitet, bedarf einer Anordnung des Gerichts auf schriftlichen Antrag der Einrichtung. 2Dem Antrag ist eine ärztliche Stellungnahme beizufügen. 3Bei Gefahr im Verzug kann eine Fixierung nach Satz 1 vorläufig in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 angeordnet werden; die richterliche Entscheidung ist unverzüglich zu beantragen. 4Einer richterlichen Entscheidung bedarf es in den Fällen des Satzes 3 nicht, wenn bereits zu Beginn der Fixierung abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Fixierung ergehen wird oder die Fixierung vor Herbeiführung der richterlichen Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. 5Das Gericht ist unverzüglich zu unterrichten, wenn die Fixierung nach Antragstellung bei Gericht, aber vor Erlangung einer gerichtlichen Entscheidung beendet worden ist. 6Für das gerichtliche Verfahren gelten die §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes.

(5) 1Bei der untergebrachten Person ist mit Beginn der Fixierung, im Fall des Absatzes 3 Satz 2 Halbsatz 2 mit Beginn der ärztlichen Inaugenscheinnahme, das erforderliche Maß an ärztlicher Überwachung sowie eine Eins-zu-eins-Betreuung durch qualifiziertes pflegerisches Personal nach Vorgabe der überwachenden Ärztin oder des überwachenden Arztes zu gewährleisten; die Vitalfunktionen der fixierten Person sind dabei fortlaufend zu kontrollieren. 2Die Eins-zu-eins-Betreuung durch das qualifizierte pflegerische Personal ist innerhalb des Raumes, in dem sich die fixierte Person befindet, zu gewährleisten; eine Ausnahme ist nach Zustimmung der überwachenden Ärztin oder des überwachenden Arztes nur aus therapeutischen Gründen oder zum Schutz der Gesundheit des pflegerischen Personals zulässig. 3Eine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreterin oder ein gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter der fixierten Person ist unverzüglich zu benachrichtigen. 4Die Fixierung ist mindestens unter Angabe der maßgeblichen Gründe für die Anordnung, der Art und Weise der Durchführung, der Dauer und der vorgenommenen ärztlichen Überwachung zu dokumentieren.

(6) 1Die Notwendigkeit der Fixierung ist auch unter Berücksichtigung der möglichen psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen durch die Anordnungsbefugten fortlaufend zu überprüfen; die Anordnung einer schrittweisen Lösung der Befestigungen nach Maßgabe des therapeutischen Fortschritts mit dem Ziel einer vollständigen Aufhebung der Fixierung ist zulässig. 2Eine Fixierung, deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, ist unverzüglich zu beenden. 3Die Fixierung ist mit der betroffenen Person therapeutisch aufzuarbeiten.

(7) 1Nach Beendigung einer Fixierung, die nicht richterlich angeordnet oder genehmigt worden ist, sind die untergebrachte Person und ihre rechtliche Vertretung auf die Möglichkeit eines Antrags auf gerichtliche Überprüfung der durchgeführten Fixierung hinzuweisen. 2Der Hinweis ist aktenkundig zu machen.

(8) Über die Anordnung einer Fixierung sowie den Beginn und das Ende ihrer Durchführung ist jeweils unter Darlegung der Gründe dem Fachministerium zu berichten.