Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.09.2010, Az.: 2 K 306/08
Begünstigte Besteuerung der aufgrund der Aufhebung eines Mietverhältnisses gezahlten Entschädigung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben; Gewährung von Leistungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 01.09.2010
- Aktenzeichen
- 2 K 306/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 34416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:0901.2K306.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 18.10.2011 - AZ: IX R 58/10
Rechtsgrundlagen
- § 24 Nr. 1a EStG
- § 34 EStG
Fundstellen
- EFG 2011, 1066-1069
- EStB 2011, 417
Einkommensteuer 2006
Zur Tarifermäßigung gem. § 34 EStG
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang eine Entschädigung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die aufgrund der Aufhebung eines Mietverhältnisses gezahlt wurde, nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigt zu besteuern ist.
Die - zusammen mit dem Kläger zur Einkommensteuer veranlagte - Klägerin erzielte im Streitjahr (2006) unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt X. Die Reihenhäuser waren seit dem 1. Juli 2001 für zehn Jahre an die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, vermietet und wurden von ... Streitkräften bewohnt. Die Vermietung der neun Reihenhäuser erfolgte umsatzsteuerfrei gem. § 4 Nr. 7 Umsatzsteuergesetz (UStG). Gemäß § 15 Absatz 3 Nr. 1a UStG bestand ein Vorsteuerabzug aus den Baukosten, der insgesamt 131.805 EUR betrug, im Jahr der Erstattung von den Klägern im Vordruck Anlage V in Zeile 10 in der Steuererklärung erklärt und als steuerpflichtige Einnahme versteuert wurde.
Die Mietverträge wurden im Streitjahr vorzeitig gekündigt. Anlässlich der Kündigung erhielten die Kläger (insgesamt) eine Entschädigung für das Objekt X in Höhe von insgesamt 147.918 EUR, von denen 93.950 EUR als Entschädigung für entgangene Mieteinnahmen gezahlt wurden. Die Entschädigung setzte sich - für das Gesamtobjekt X - folgendermaßen zusammen:
Abgeltung des finanziellen Risikos der Anschlussvermietung 93.950 EUR Umsatzsteuerrückzahlung 52.233 EUR Schadensersatzleistung 1.735 EUR
Summe: 147.918 EUR
Das Finanzamt erfasste zunächst in dem Steuerbescheid vom 10. April 2008 lediglich eine Zahlungen in Höhe von 41.717,25 EUR und in dem geänderten Steuerbescheid vom 30.3.2009 einen Betrag von 93.950 EUR nach § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 EStG. Die Zahlung in Höhe von 52.233,12 EUR behandelte das Finanzamt als laufende Einnahme.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen nach § 24 Nr. 1 a EStG auch hinsichtlich des Betrages in Höhe von 52.233 EUR vorliegen. Den Entschädigungszahlungen liege eine neue Rechtsgrundlage zugrunde und an die Stelle der Erfüllungsleistungen des ursprünglichen Vertrages sei die Ersatzleistung getreten. Des Weiteren sei eine Zusammenballung von Einkünften gegeben. Die Kläger hätten zudem unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt. Schließlich gelte die Entschädigungszahlung nicht die zusätzlich durch die Entschädigungszahlungen verursachte Einkommensteuerbelastung ab. Auch die streitige Voraussetzung, wonach die Entschädigungszahlung entgangene oder entgehende Einnahmen abgelten müsse, sei erfüllt. Zwar stelle der bloße Ersatz von Ausgaben keine Entschädigungszahlungen nach § 24 Nr. 1 a EStG dar. Bei den Entschädigungszahlungen handele es sich indes - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht um Zahlungen, die Ausgaben abgelten. Dies werde insbesondere durch folgende Erwägungen gestützt:
Bei den Entschädigungszahlungen handele es sich um solche, die aufgrund eines abstrakten Zahlungsanspruches geleistet würden, der losgelöst von den tatsächlichen Verhältnissen vom Mieter für die Aufhebung des Vertrages bestehe.
Die Aufhebungsvereinbarung sei zudem nicht für einen etwaigen Anspruch auf Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG ursächlich. Die Tatsachen für einen Berichtigungsanspruch würden nämlich erst durch den Abschluss neuer Mietverträge geschaffen, wie sich auch aus dem BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2005 ergebe.
Die Klägerin habe trotz möglicher Risiken aus der drohenden Rückzahlung der vereinnahmten Vorsteuererstattungen sogleich nach Aufhebung der Mietverträge zum teil umsatzsteuerpflichtige Mietverträge abgeschlossen. Würde man indes in der Entschädigungszahlung eine Kostenerstattung sehen, würde man eine Erstattung von Aufwendungen unterstellen, obwohl gar keine Kosten entstanden seien.
Die einkommensteuerpflichtige Erfassung der Vorsteuerberichtung nach § 9 b Abs. 2 EStG i.V.m. § 15 a UStG führe bei einer isolierten Betrachtung zu einem willkürlichen Ergebnis in der Frage, ob Entschädigungszahlungen für entgangene Einnahmen oder für Werbungskosten erbracht werden. Denn ob Einnahmen oder Werbungskosten nach § 9 b Abs. 2 EStG vorliegen, richte sich ausschließlich danach, ob der ursprüngliche Vorsteuerabzug zu hoch oder zu niedrig gewesen sei. Diese Tatsache führe - bei einem (nahezu) identischen Sachverhalt - zu zwei völlig unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen in der Frage der Anwendbarkeit des § 34 EStG.
Schließlich sei die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges von den damaligen Vertragsparteien, der Klägerin und der Bundesrepublik Deutschland, als Kalkulationsgrundlage bei der Bemessung des Mietzinses zugrunde gelegt worden. Dies ergebe sich u.a. aus dem Schreiben vom 7. Juni 2001 an das Bundesvermögensamt ....
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2006 vom 10.04.2008 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 17.07.2008 sowie des Änderungsbescheides vom 30.03.2009 eine weitere Entschädigungszahlung i. H. v. 52.233,12 EUR der Vergünstigung nach § 24 Nr. 1 a EStG i.V.m. § 34 EStG zu unterwerfen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus den Aufhebungsverträgen gehe in § 3 des jeweiligen Vertragstextes hervor, wie sich die Entschädigung des Mietverhältnisses zusammensetze. Dabei werde als erstes der Teilbetrag für die Umsatzsteuerrückzahlungen angegeben, dessen Ermittlung sich aus einer Anlage zu diesem Vertrag ergebe. Hierbei werde von einer konkreten Anzahl von Monaten ausgegangen. Diese Monatsanzahl entspreche dem nach der Kündigung verbleibenden Berichtigungszeitraum nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG. Multipliziere man diese Restlaufzeit mit dem monatlichen Berichtigungsbetrag in Höhe von 122,04 EUR, ergebe sich exakt die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bei der Entschädigung zugrunde gelegte Zahl, und zwar seien für die jeweilige Einheit X folgende Vorsteuererstattungen gezahlt worden:
...
Summe: 52.233, 14 EUR
Faktisch sei bei der Ermittlung der finanziellen Nachteile ausschließlich auf die (abstrakt) zu erwartende Umsatzsteuerrückzahlung abgestellt worden. Entgegen der Argumentation des Klägers komme es auch bei einer zunächst steuerfreien und dann steuerpflichtigen und zuletzt wieder steuerfreien Vermietung innerhalb des Berichtigungszeitraums des § 15 a UStG zu keiner anderen Beurteilung. Wie im Regelfall hätten sich die Vorsteuern hier zunächst voll auf die Herstellungskosten ausgewirkt und würden als AfA berücksichtigt. Bei der zwischenzeitlichen umsatzsteuerpflichtigen Vermietung werde die über die AfA berücksichtigte Umsatzsteuer für diese Jahre durch die Erstattung neutralisiert. Bei einer erneuten umsatzsteuerfreien Vermietung komme es zwar nicht mehr zu einer Erstattung von Vorsteuern durch das Finanzamt, es erfolge aber auch keine Neutralisierung der Vorsteuern mehr, die über die AfA mit berücksichtigt werde. Im Ergebnis habe der Steuerpflichtige in diesem Fall dann wieder den Aufwand, der seiner Art und Weise der Vermietung entspreche.
Die Klägerin habe die Vorsteuerbeträge zudem bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen für 2006 anteilig korrigiert; sie habe zudem eine Aufstellung über zurückzuzahlende Vorsteuern zur ESt- und USt-Erklärung 2006 beigefügt. Daraus sei zu schließen, dass die Absicht zur steuerpflichtigen Vermietung unmittelbar nach Abschluss der Aufhebungsverträge nicht mehr bestanden habe.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat auf Anfrage des Gerichts durch Schreiben vom 16. Juni 2010 Stellung genommen und ausgeführt, dass in Folge des Abzugs der ... Streitkräfte der Bedarf an den Mietobjekten vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Festmietzeit entfallen sein. Ein an die Klägerin unterbreitetes Angebot für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung hinsichtlich der mit ihr geschlossenen Mietverträge sei angenommen worden. Dies habe zu den als Anlage beigefügten Aufhebungsverträgen geführt.
Die Kläger nahmen zu diesem Schreiben dahingehend Stellung, dass die Einnahmen aus den zu erstattenden Vorsteuern in die Kalkulation der jeweiligen Mietzinsen eingeflossen seien. Eine Festsetzung der Entschädigungszahlungen habe daher nur unter Berücksichtigung des Vorsteuerschadens erfolgen können. Die Klägerin habe lediglich die Option gehabt, zwischen der Abfindungssumme bei Aufhebung oder einer Vertragsfortführung mit dem Risiko des Leerstands zu wählen, lediglich vor dem Hintergrund dieses wirtschaftlichen Druckes habe sie einer Vertragsaufhebung zugestimmt. Der jeweilige Vermieter sei zudem i.H.v. 100% des maximal denkbaren Schadens entschädigt worden, unabhängig von dem tatsächlich entstandenen Schaden. Die Klägerin habe z.B. das Objekt X an eine Rechtsanwaltskanzlei umsatzsteuerpflichtig weitervermietet, so dass insoweit ein geringerer Schaden entstanden sei.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf das Sitzungsprotokoll, die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Ansatz eines Betrages i.H.v. 52.233 EUR als Entschädigung i.S.v. § 34 EStG zu Recht versagt.
1.
Gem. § 24 Nr. 1a EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG sind Entschädigungen begünstigt nach der sog. Fünftelungsregelung zu besteuern, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen und unterliegen einem besonderen Steuersatz.
Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Entschädigungen Leistungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.
a)
Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Dementsprechend liegt eine Entschädigung nur vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. September 1993 IX R 32/90, BFH/NV 1994, 308; vom 9. Juli 2002 IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21; vom 10. September 1998 IV R 19/96, BFH/NV 1999, 308; vom 10. September 2003 XI R 9/02, BStBl II 2004, 349). Es reicht nicht aus, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur Zahlungsmodalitäten geändert haben (BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 308; in BFH/NV 2003, 21; vom 14. Mai 2003 XI R 16/02, BStBl II 2003, 881). Für die Frage, ab wann vertragliche Ansprüche nicht mehr auf der alten Rechtsgrundlage entstehen können, ist dabei von dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem die Parteien den Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam beendet haben (BFH-Urteile vom 15. Oktober 2003 XI R 17/02, BStBl II 2004, 264; vom 16. Juni 2004 XI R 55/03, BStBl II 2004, 1055, jeweils zur Abfindung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses).
b)
Löst das schädigende Ereignis für den Steuerpflichtigen zugleich anderweitige Vorteile aus, so steht dies der Beurteilung einer Abfindung als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht entgegen; ein Vorteilsausgleich ist nicht vorzunehmen (vgl. BFH-Urteile vom 9. August 1974 VI R 142/72, BStBl II 1974, 714; vom 20. Oktober 1978 VI R 107/77, BStBl II 1979, 176, jeweils zur Abfindung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses; BFH-Beschluss vom 25. März 1998 IV B 30/97, [...]Nr. STRE985051260, zur Abfindung nach Auflösung eines Mietvertrages).
c)
Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt ferner voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, wenn er vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist, dieser unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 308; vom 13. August 2003 XI R 18/02, BStBl II 2004, 106). Diesem Erfordernis liegt die Überlegung zugrunde, dass die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG nur in den Fällen gerechtfertigt ist, in denen sich der Steuerpflichtige in einer Zwangssituation befindet und sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann (BFH-Urteil in BStBl II 2004, 106 [BFH 13.08.2003 - XI R 18/02]).
d)
Außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG liegen schließlich grundsätzlich nur vor, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Denn die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG bezweckt, die Härten auszugleichen, die sich aus der progressiven Besteuerung der Entschädigung ergeben (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 308; vom 3. Juli 2002 XI R 80/00, BStBl II 2004, 447).
2.
Nach diesen Maßstäben schied eine Begünstigung hinsichtlich der gezahlten 52.233 EUR aus.
a)
Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 2 UStG tritt nicht ein, wenn die Umsätze nach § 4 Nr. 7 UStG steuerfrei sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG). Die Klägerin konnte daher zunächst von der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug Gebrauch machen.
b)
Die Zahlung i.H.v. 52.233 EUR erfolgte zum (drohenden) Ausgleich von Aufwendungen, nicht aber als Ersatz für entgehende Einnahmen.
Der Ersatz von Betriebsausgaben oder Werbungskosten wird vom Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG nicht erfasst (BFH Urteil vom 26. Oktober 1972 I R 229/70, BStBl II 1973, 121; FG München, Urteil vom 8. November 1993, 15 K 3192/92, EFG 1994, 398; BFH v. 11.2.2003 IV B 151/01; kritisch allerdings Horn in Hermann/Heuer/Raupach § 24 Anm. 38). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Sinn der Begünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, Komm. zum EStG, § 34 Rz. 15 m.w.N.) darin besteht, erhöhte Steuerbelastungen infolge einer Zusammenballung von Einkünften zu vermeiden. Der klare Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG lässt jedoch keinen Spielraum für eine Auslegung dahingehend, dass der Ersatz von Betriebsausgaben und Werbungskosten nach § 24 Nr. 1 a EStG begünstigt ist. Eine "Entschädigung" i.S.v. § 24 Nr. 1a EStG setzt nämlich voraus, dass der Steuerpflichtige einen Schaden durch den Wegfall von Einnahmen erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden auszugleichen (BFH vom 8.8.1986 VI R 28/84, BStBl 1987 II S. 106; vom 21.9.1993 IX R 32/90, BFH/NV 1994 S. 308; vom 1.7.2004 IV R 23/02, BStBl 2004 II S. 876).
aa)
Die Zahlung i.H.v. 52.233 EUR erfolgte nicht als Ausgleich für entgangene Einnahmen. Aufgrund der Aufhebungsverträge bestand die konkrete Möglichkeit, dass es zu einer Rückforderung der Vorsteuerbeträge nach Maßgabe des § 15a UStG kommen würde, da eine Vermietung zu Wohnzwecken grundsätzlich - soweit nicht, wie in den ersten Vermietungsjahren, ein Ausnahmetatbestand in § 15 Abs. 3 UStG erfüllt ist - gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges führt. Dies wurde von den Beteiligten der Aufhebungsverträge bei der Bemessung der zu ersetzenden Vorsteuer auch - abstrakt, d.h. ohne Berücksichtigung der tatsächlichen späteren Entwicklung - berücksichtigt. Etwaige von der Klägerin zu erstattende Vorsteuern stellten gem. § 9b Abs. 2 EStG Aufwand dar. Insoweit folgt auch keine andere Beurteilung vor dem Hintergrund, dass die Berichtigung der Vorsteuer jeweils lediglich jährlich, also für den jeweiligen Besteuerungszeitraum, vorzunehmen ist (§ 15a Abs. 1 UStG).
bb)
Überdies stellten die Zahlungen unabhängig vom objektiven Grund der Zahlung i.H.v. 52.233 EUR jedenfalls aus Sicht der Klägerin einen Ersatz von (möglichen) Aufwendungen dar. Ob die Entschädigung im konkreten Fall als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für andere Nachteile gezahlt wird, die durch das die Entschädigung auslösende Ereignis veranlasst sind (z.B. Umzugskosten, Aufwendungen für Ersatzräume, Ausgleich für zurückgelassene Einrichtung), ist der Entschädigungsvereinbarung, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, zu entnehmen. Es ist Sache der Vertragsparteien, die Höhe des dem Steuerpflichtigen entstehenden Schadens zu ermitteln und danach die Entschädigung zu bemessen. Auf diese, in der Entschädigungsvereinbarung zum Ausdruck kommende Sicht der Vertragsparteien ist abzustellen, sofern dieser - wie im Streitfall - kein missbräuchliches Zusammenwirken zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1974 VI R 142/72, BStBl II 1974, 714, und Urteil vom 26. Januar 1984 IV R 141/80, nicht veröffentlicht --NV--; BFH-Urteil v. 11.1.2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044). Danach war die Entschädigungszahlung indes der drohenden Vorsteuerrückzahlung geschuldet. Gem. § 3 der jeweiligen Aufhebungsvereinbarungen erfolgte die Erstattung der "Umsatzsteuerrückzahlung" (vgl. Wortlaut der jeweiligen Vereinbarungen) nämlich jeweils ausdrücklich zum Ausgleich des entstehenden (umsatz-) steuerlichen Nachteils.
Daher ist auch unbeachtlich, ob die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - die Abzugsfähigkeit Vorsteuer bei der Kalkulation der Höhe des Mietzinses zugrunde gelegt hat. Entscheidend war vielmehr die Zweckbestimmung der Entschädigungszahlung.
cc)
Aus dem Umstand, dass auf den konkret vereinbarten Zweck der Vertragsbeteiligten abzustellen ist, folgt zudem, dass die tatsächliche Gewinnentwicklung für die Jahre, für die die Entschädigung gezahlt wird, nicht nachträglich herangezogen werden darf, um danach Umfang und Zeitpunkt der eingetretenen Schäden festzustellen. Vielmehr ist im Rahmen der Vorschrift des § 24 Nr. 1 EStG keine Vorteilsausgleich vorzunehmen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1974, 714, [BFH 09.08.1974 - VI R 142/72] und vom 20. Oktober 1978 VI R 107/77, BStBl II 1979, 176, unter b). Es kommt daher gerade nicht darauf an, ob im späteren zeitlichen Verlauf steuerpflichtig vermietet wurde - wie offenbar für das Objekt X (steuerpflichtige Vermietung an eine Anwaltskanzlei) - und damit eine Vorsteuerberichtigung insoweit nicht erforderlich war.
b)
Welche weiteren steuerlichen Konsequenzen vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 9b Abs. 2 EStG eintraten, ist für die Beurteilung gem. § 34 i.V.m. § 24 Nr. 1a EStG entgegen der Klägerauffassung nicht entscheidend. Selbst in dem von den Klägern angesprochenen (hypothetischen) Fall einer zunächst vorsteuerschädlichen steuerfreien und erst im Anschluss vorsteuerunschädlichen Vermietung (vgl. insoweit zu weiteren Einzelheiten GA Bl. 30) würde es sich im Falle einer Entschädigung für die "entgehenden" Vorsteuererstattungen nach Auffassung des Senats - ohne dass dieser Fall hier abschließend zu entscheiden wäre - nicht um einen Verzicht für entgehende Einnahmen handeln. Wirtschaftlich bestünde nämlich primär ein Zusammenhang zu dem Umstand, dass in diesem Falle die AfA auch für die bei Herstellung aufgewendete Vorsteuerbeträge vorgenommen wird, die die AfA-Bemessungsgrundlage entsprechend erhöht haben (Umkehrschluss § 9b Abs. 1 EStG). Im Ergebnis kann diese Konstellation damit nicht anders behandelt werden als die im Streitfall. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da jedenfalls im Streitfall lediglich ein Ersatz von Aufwendungen i.S.v. § 9b Abs. 2 EStG, nicht aber von (entgehenden) Einnahmen geleistet wurde.
c)
Anhaltspunkte für eine Gesetzeslücke in § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, zu deren Schließung das Gericht in analoger Anwendung der Vorschrift befugt und verpflichtet wäre, sind nicht zu erkennen. Der Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG spricht vielmehr für eine bewusste gesetzgeberische Abgrenzung der Rechtsfolge (vgl. FG München vom 08.11.1993, 15 K 3192/92, EFG 1994, 398).
3.
Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da jedenfalls im (räumlichen) Einziehungsbereich des Beklagten eine erhebliche Vielzahl vergleichbarer Fallkonstellationen betroffen ist. Zudem hat der BFH, soweit ersichtlich, über den Sachverhalt der Erstattung von gem. § 15a Abs. 1 UStG zurückzuzahlenden Vorsteuerbeträgen und den Zusammenhang zu § 9b Abs. 2 EStG bisher nicht entschieden und sich lediglich dazu geäußert, dass Ersatzleistungen für Schadenfolgen, die keine entgangenen Einnahmen darstellen, nicht nach § 34 EStG begünstigt seien (BFH Urteil vom 26. Oktober 1972 I R 229/70, BStBl II 1973, 121; vgl. auch BFH v. 11.2.2003 IV B 151/01; kritisch hierzu Horn in Hermann/Heuer/Raupach, § 24 Anm. 38). Insoweit handelt es sich um eine Rechtsfrage, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht und an deren Beantwortung ein allgemeines (abstraktes) Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an einer Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt; zudem handelt es sich auch um eine rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage.