Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.01.2004, Az.: 13 ME 337/03
Flächenmaßstab; Mitgliedsbeitrag; Vorteilsmaßstab; Wasserverband
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.01.2004
- Aktenzeichen
- 13 ME 337/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50471
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 04.08.2003 - AZ: 1 B 14/03
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
- § 28 WVG
- § 30 WVG
- § 31 WVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Heranziehung der Mitglieder eines Wasser- und Bodenverbands zu Mitgliedsbeiträgen ist statt nach dem sog. Vorteilsmaßstab grundsätzlich auch nach dem sog. Flächenmaßstab, der ebenfalls eine Art Vorteilsmaßstab darstellt, zulässig.
Die Heranziehung nach dem Flächenmaßstab darf allerdings nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, wenn auch gewisse Ungleichheiten in der Verteilung der Beitragslast hingenommen werden müssen, zumal auch der reine Vorteilsmaßstab nicht einen völligen Ausgleich sämtlicher Vor- und Nachteile gewähren kann und obendrein eine gewisse Vereinfachung der Verbandsarbeit angestrebt werden darf.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen nicht ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer, u.a. die Gründe darzulegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, wobei er sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Die Beschwerdebegründung lässt die erforderliche intensive Auseinandersetzung mit der Argumentation des angefochtenen Beschlusses vermissen, so dass sich bereits die Unzulässigkeit der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO aufdrängen könnte.
Ungeachtet dessen sind aber auch die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht geeignet, zu einer anderen, dem Antragsteller günstigen Entscheidung zu gelangen, und der Beschwerde damit zum Erfolg zu verhelfen. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
Der Antragsteller hält weiterhin den zur Kalkulation der Mitgliedsbeiträge vom Antragsgegner verwendeten Flächenmaßstab für rechtswidrig. Er meint, allein der sog. Vorteilsmaßstab bilde die dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gerecht werdende Grundlage der Heranziehung der Verbandsmitglieder. Dem vermag der Senat bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage nach der dargelegten Argumentation des Antragstellers indessen nicht zu folgen.
Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen Wasser- und Bodenverband nach dem Wasserverbandsgesetz – WVG -, der für die Unterhaltung der Gewässer III. Ordnung in seinem Verbandsgebiet zuständig ist. Nach §§ 28, 31 WVG und §§ 30 f. der Verbandssatzung des Antragsgegners – VS – vom 3. April 1996 sind die Verbandsmitglieder verpflichtet, Beiträge zu leisten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Verbandes erforderlich ist. Nach § 30 Abs. 1 WVG bemisst sich der Beitrag der Verbandsmitglieder und der Nutznießer nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbands haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs reicht eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Der danach grundsätzlich maßgebliche sog. Vorteilsmaßstab darf aber nach § 30 Abs. 2 WVG durch Satzung durch einen abweichenden Beitragsmaßstab ersetzt werden. Davon hat der Antragsgegner in § 31 Abs. 1 VS Gebrauch gemacht, indem er sich gegen den Vorteilsmaßstab zugunsten des sog. Flächenmaßstabs entschieden hat. Danach wird die Beitragslast aller beitragspflichtigen Grundstücke verteilt auf die beitragspflichtigen Mitglieder im Verhältnis der Flächeninhalte der zum Verbande gehörenden Grundstücke. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Bereits der früher für das Wasserrecht zuständige 3. Senat hat in seinem Urteil vom 24. November 1997 – 3 L 5428/96 – ausdrücklich festgestellt, dass die Heranziehung der Mitglieder eines Wasser- und Bodenverbandes zu Mitgliedsbeiträgen nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich zulässig ist, wobei dies allerdings nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen darf, wenn auch bei der Einführung dieses Maßstabes gewisse Ungleichheiten in der Verteilung der Beitragslast hingenommen werden müssen, zumal auch der reine Vorteilsmaßstab nicht einen völligen Ausgleich sämtlicher Vor- und Nachteile gewährleisten kann und obendrein eine gewisse Vereinfachung der Verbandsarbeit angestrebt werden darf (BVerwGE 18, 324, 327 f.). Auch der Flächenmaßstab stellt eine Art Vorteilsmaßstab dar (BVerwGE aaO, S. 326). Dem Antragsteller ist es mit seinem Beschwerdevorbringen nicht gelungen, einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG durch die infragestehende Beitragsheranziehung darzulegen. Insbesondere stellt die von ihm geforderte Berechnung der Beiträge nach „Grabenmetern“ bzw. der Grabendichte in den einzelnen Beitragsgebieten hier eine taugliche Berechnungsgrundlage für den Vorteilsmaßstab nicht dar.
Zurecht weist der Antragsgegner darauf hin, dass beim Abstellen auf die Gewässer zur Ermittlung des individuellen Vorteils der Verbandsmitglieder mittelbar die Wassermenge zugrundegelegt werden müsste, die die jeweiligen Flächen abgeben. Maßgeblich wäre also nicht allein die Gewässerstrecke, an die die Flächen angrenzen, sondern auch die Breite, die Tiefe und Neigung des Gewässers. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht der ihm erwachsende Vorteil eben nicht in den bloßen Räumungskosten, die an dem Gewässerteil erwachsen, an das er angrenzt. Der Vorteil, der den betreffenden landwirtschaftlichen Grundstücken erwächst, besteht vielmehr in der Melioration, d.h. in der Verbesserung der landwirtschaftlichen Grundstücksflächen durch ihre Entwässerung. Unter diesem Blickwinkel liegt es auf der Hand, dass der Vorteil, der aus der Entwässerung und Melioration erwächst, mit der Größe der Flurstücksgrößen zunimmt.
Soweit der Antragsteller geltend macht, einen Vorteil aus der Durchführung der Verbandsaufgabe wegen der geografischen Lage seiner Grundstücke überhaupt nicht zu erlangen, weil diese nicht entwässert, sondern sogar bewässert werden müssten, ist dem entgegenzuhalten, dass der Antrag des Antragstellers, aus diesem Grund aus dem Wasser- und Bodenverband entlassen zu werden, rechtskräftig abgelehnt worden ist (Senatsbeschluss vom 7.4.2003 – 13 LA 42/03 -). Nach dem in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten ist davon auszugehen, dass – soweit Beiträge erhoben werden – den Flurstücken des Antragstellers durch die Tätigkeit des Antragsgegners Vorteile erwachsen. Deshalb ist er grundsätzlich auch zur Leistung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet.
Ist nach den obigen Ausführungen im Rahmen dieses Verfahrens also von der grundsätzlichen Zulässigkeit des Flächenmaßstabs auszugehen, so sind auch die weiteren Einwendungen gegen die Berechnung des Beitrags nicht begründet. Dies gilt zunächst bezüglich der vom Antragsgegner gleich behandelten Acker- und Weideflächen. Die Auffassung des Antragsgegners, beide Flächenarten seien annähernd gleich bewirtschaftet, trifft nämlich zu. Die Sichtweise des Antragstellers, bei einer vernässten Ackerfläche entstehe ein Ernteausfall, der anders als bei Weideflächen, bei denen ein Futterzukauf möglich sei, nicht ausgeglichen werden könne, greift zu kurz. Der Ernteausfall bei einer Ackerfläche führt zu einer Minderung des Ertrages, die der Landwirt auf dieser Fläche erwirtschaftet. Die geringere Futterproduktion auf einer vernässten Weidefläche führt ebenfalls zu einer Minderung des Ertrages bei dem landwirtschaftlichen Betrieb, die eben erst durch den Futterzukauf ausgeglichen wird.
Auch der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner arbeite nicht kostengünstig, weil er die Pflege der Gewässer selbst statt durch private Unternehmer vornehme, vermag nicht zu überzeugen. Die Behauptung des Antragstellers, diese könnten wesentlich billiger arbeiten, ist unsubstantiiert und nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner hat versichert, entsprechende private Angebote eingeholt zu haben, gegenüber denen er die Aufgabe selbst indessen günstiger erledigen könne.
Schließlich sind auch die Einwendungen des Antragstellers zu seiner Heranziehung zu Schuldendiensten nicht glaubhaft gemacht. Auch für den Senat sind die diesbezüglichen Darlegungen des Antragstellers nicht nachvollziehbar. Sie sind unsubstantiiert. Da der Antragsteller nach § 31 Abs. 5 WVG ein Recht auf Einsicht in die ihn betreffenden Beitragsunterlagen hat, hätte er zur Glaubhaftmachung anhand dieser Unterlagen seine Behauptung belegen müssen, dass das Beitragsgebiet, zu dem er gehört, hinsichtlich der vor 20 Jahren durchgeführten Ausbaumaßnahmen und der dazu aufgenommenen Kredite zwischenzeitlich schuldenfrei ist. Die bloße Behauptung reicht angesichts des Umstandes, dass der Antragsgegner die Schuldenfreiheit bestreitet und im Gegenteil vorträgt, für das Beitragsgebiet des Antragstellers Schuldendienste zu leisten, zur Glaubhaftmachung nicht aus.