Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.01.2004, Az.: 11 LB 257/03
Amtshaftung; Anfechtungsklage; Bestandssperre; Erstattungsanspruch; Folgenbeseitigungsanspruch; Gefahrenabwehr; Leistungsklage; Prozesszinsen; Rechtshängigkeit; Schadensersatz; Verzugszinsen; Zinsen; öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch; öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.01.2004
- Aktenzeichen
- 11 LB 257/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50470
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 07.09.2004 - AZ: BVerwG 3 B 35/04
Rechtsgrundlagen
- § 187 BGB
- § 288 BGB
- § 291 BGB
- § 818 Abs 1 BGB
- § 113 Abs 1 S 2 VwGO
- § 113 Abs 4 VwGO
- § 123 Abs 3 VwGO
- § 80 Abs 5 VwGO
- § 717 Abs 3 ZPO
- § 945 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist allein der von dem Verwaltungsgericht der Klägerin zugebilligte Zinsanspruch, da das angefochtene Urteil hinsichtlich der auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gestützten Hauptforderung rechtskräftig geworden ist. Der Klägerin steht jedoch ein Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 6 % lediglich seit dem 16. Januar 2003 bis zu der Rückzahlung des Betrages und nicht bereits seit Klageerhebung – wie vom Verwaltungsgericht fälschlicherweise angenommen – zu Für diesen Zeitraum kann die Klägerin den geltend gemachten Zinsanspruch auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verzuges oder anderen Rechtsgründen herleiten
Gründe
Die Klägerin betrieb in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Landwirtschaft und unterhielt einen Kälberaufzuchtbetrieb. Aufgrund positiver Ergebnisse einer Untersuchung von Kälbern des Betriebes der Klägerin auf Hormonrückstände untersagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 29. Juni 1990 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 15. Mai 1991 – gemäß § 7 Abs. 2 des Fleischhygienegesetzes (FlHG), Rinder aus ihrem Bestand ohne vorherige Zustimmung des Beklagten an Dritte herauszugeben (sog. Bestandssperre). In der Folgezeit traten Schwierigkeiten bei der Unterbringung der Tiere auf. Die Rinder erreichten eine Körpergröße, die eine Haltung in den vorhandenen Stallungen der Klägerin nicht mehr zuließ. Mit Bescheid vom 18. Mai 1991, ergänzt und berichtigt durch Bescheid vom 24. Mai 1991, ordnete der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzuges die anderweitige Unterbringung von 298 Bullen im Wege der Ersatzvornahme an. Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von 72.729,68 DM machte er durch Bescheid vom 19. Juli 1991 geltend. Auf den Widerspruch der Klägerin ordnete der Beklagte nach einer Teilabhilfe am 14. August 1991 in Höhe der verbliebenen 67.699,65 DM (= 34.614,28 €) die sofortige Vollziehung des Kostenbescheides an und erwirkte am 4. September 1991 eine entsprechende Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Diesen Betrag erhielt der Beklagte am 21. November 1991 von einer Drittschuldnerin.
Die von der Klägerin gegen die Umstallungsverfügung und den Kostenbescheid erhobenen Widersprüche wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Bescheid vom 29. Oktober 1991 zurück. Dagegen erhob die Klägerin mit einem am 10. Dezember 1991 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Dezember 1991 Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg, Kammern Osnabrück (1 A 206/91). Die Klägerin beantragte schriftsätzlich die Aufhebung der Bescheide des Beklagten vom 18./24. Mai 1991 und vom 19. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 29. Oktober 1991. Mit Beschluss vom 8. Oktober 1992 ordnete das Verwaltungsgericht das Ruhen des Verfahrens an. Aufgrund eines am 7. Mai 2002 beim – nunmehr selbständigen - Verwaltungsgericht Osnabrück eingegangenen Antrags der Klägerin wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 3 A 90/02 wieder aufgenommen.
Zuvor hatte die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 15. September 2000 – 2 A 1/98 – die Rechtswidrigkeit der gegen die Klägerin am 29. Juni 1990 ausgesprochenen Bestandssperre festgestellt. Mit einer im Oktober 2001 vor dem Landgericht Osnabrück erhobenen Klage machte die Klägerin wegen des sich aus der Bestandssperre ergebenden Schadens Ansprüche auf Entschädigung bzw. Schadensersatz gegen den Beklagten und das Land Niedersachsen geltend. Jener Rechtsstreit ist inzwischen beim Oberlandesgericht Oldenburg anhängig.
Im Verfahren 3 A 90/02 trug die Klägerin vor: Die Fortführung des Verfahrens sei erforderlich, da der Beklagte trotz Rechtswidrigkeit der Bestandssperre nicht zu einer Erstattung des zu Unrecht gepfändeten Betrages von 34.614,28 € bereit sei. In Erwiderung darauf hob der Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Juli 2002 den Kostenbescheid vom 19. Juli 1991 auf und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Eine Rückzahlung lehnte er jedoch ab, da die gepfändete Forderung bereits Gegenstand der erhobenen Amtshaftungsklage sei.
In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2003 hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 34.614,28 € (67.699,65 DM) nebst 6 % Zinsen seit dem 21.11.1991 zu zahlen,
auszusprechen, dass der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
auszusprechen, dass der Kostenbescheid vom 19.07.1991 in Form des Widerspruchsbescheides vom 29.10.1991 rechtswidrig war und der Beklagte die Vollziehung des genannten Bescheides rückgängig zu machen hat durch Rückzahlung von 34.614,28 € (67.699,65 DM) nebst 6 % Zinsen seit dem 21.11.1991,
auszusprechen, dass der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Am 15. Januar 2003 verurteilte das Verwaltungsgericht den Beklagten, an die Klägerin 34.614,28 € nebst 4 % Zinsen vom 6. Dezember 1991 bis zum 30. April 2000 und 6 % Zinsen seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 12. August 2003 die Berufung gegen das angefochtene Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO insoweit zugelassen, als der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin auf einen Betrag von 34.614,28 € 4 % Zinsen vom 6. Dezember 1991 bis zum 30. April 2000 und 6 % Zinsen seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Verwaltungsgericht der Klägerin zu Unrecht Prozesszinsen zugesprochen habe. Denn sie hätte erst in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003 die Anfechtungsklage auf eine Leistungsklage umgestellt. Prozesszinsen würden jedoch nur bei Leistungsklagen, die auf Zahlung einer fälligen Geldschuld gerichtet seien, in entsprechender Anwendung von § 291 BGB ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage zugebilligt.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als der Klägerin Zinsen auf den Betrag von 34.614,28 € zur Höhe von 4 % vom 6. Dezember 1991 bis zum 31. April 2000 und 6 % seit dem 1. Mai 2000 zuerkannt worden sind.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert: In dem vorliegenden Verfahren gehe es nicht allein um Prozesszinsen. Diese dürften allerdings nach § 291 ZPO unstreitig ab Antragstellung entstanden sein, d.h. ab dem 15. Januar 2003. Darüber hinaus habe sie aber auch einen Zinsanspruch aus anderen Vorschriften. Der Beklagte habe zu Unrecht gegen sie die Zwangsvollstreckung betrieben, so dass ihr ein Schadensersatzanspruch entsprechend § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO zustehe, der auch Zinsen beinhalte. Zumindest müsse § 717 Abs. 3 ZPO analog gelten, der auf die Rückgabe des Empfangenen einschließlich gezogener Nutzungen gehe. Des Weiteren ergebe sich ihr Zinsanspruch aus dem Gedanken des vom Verwaltungsgericht rechtskräftig festgestellten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechend § 818 Abs. 1 BGB. Der Beklagte habe über 12 Jahre aufgrund des unrechtmäßigen Einbehalts des gepfändeten Betrages Aufwendungen in Gestalt der Vermeidung von Bankkrediten in dieser Höhe erspart und damit zu Unrecht einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Der Senat entscheidet über die Berufung des Beklagten nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Abs. 1 VwGO durch Beschluss, weil er sie einstimmig im Wesentlichen für begründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist allein der von dem Verwaltungsgericht der Klägerin zugebilligte Zinsanspruch, da das angefochtene Urteil hinsichtlich der auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gestützten Hauptforderung von 34.614,28 € rechtskräftig geworden ist. Der Klägerin steht jedoch ein Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 6 % lediglich seit dem 16. Januar 2003 bis zu der Rückzahlung des Betrages von 34.614,28 € und nicht bereits seit Klageerhebung – wie vom Verwaltungsgericht fälschlicherweise angenommen – zu (1.). Für diesen Zeitraum kann die Klägerin den geltend gemachten Zinsanspruch auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Verzuges oder anderen Rechtsgründen herleiten (2.).
1. Soweit die Klägerin, die am 10. Dezember 1991 (Eingang ihrer Klageschrift vom 6.12.1991 beim Verwaltungsgericht) eine Anfechtungsklage auf Aufhebung des vollzogenen Kostenbescheides des Beklagten vom 19. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 29. Oktober 1991 erhoben hatte, diese aber nach Aufhebung des Kostenbescheides durch die Beklagte am 4. Juli 2002 in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003 auf eine Leistungsklage, hilfsweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Verbindung mit einem Folgenbeseitigungsanspruch umgestellt hat, Prozesszinsen für die Zeit 10. Dezember 1991 bis zum 15. Januar 2003 geltend macht, ist ihre Forderung nicht begründet.
Zwar stellt es einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts dar, dass für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen unter sinngemäßer Anwendung des § 291 BGB zu entrichten sind, wenn das jeweils einschlägige Fachrecht – wie hier – keine abweichende Regelung trifft (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. etwa Urt. v. 22.2.2001, BVerwGE 114, 61 = DVBl. 2001, 1067). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber bereits mehrfach entschieden, dass der Zinsanspruch von der Erhebung der Leistungsklage abhängt, die Anfechtungsklage gegen den (rechtswidrigen) Bescheid hingegen für den Anspruch auf Prozesszinsen nicht genügt (vgl. Urt. v. 24.3.1999, BVerwGE 108, 364 = DVBl. 1999, 1650 = NVwZ 2000, 77; Beschl. v. 4.5.1994, NJW 1994, 3116; Urt. v. 24.9.1987, NJW 1988, 1682 = NVwZ 1988, 441 [BVerwG 24.09.1987 - BVerwG 2 C 27.84]). Denn ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen entsprechend § 291 BGB besteht erst ab Rechtshängigkeit des bezifferten Rückzahlungsanspruchs. Die Klägerin des vorliegenden Falls ist jedoch – wie bereits erwähnt – erst in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2003 von einer Anfechtungs- auf eine Leistungsklage (hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsklage) mit beziffertem Rückzahlungsanspruch einschließlich Zinsen in Höhe von 6 % jährlich übergegangen, so dass erst ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Prozesszinsen entstehen konnte. Wenn die Klägerin dieses für sie ungünstige Ergebnis hätte vermeiden wollen, so hätte sie gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 4 VwGO die Anfechtungsklage mit einer Klage auf Leistung des Erstattungsbetrages verbinden müssen (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, BVerwGE 107, 304 = NJW 1999, 1201). Diese Rechtslage hat das Verwaltungsgericht verkannt und der Klägerin zu Unrecht Prozesszinsen ab Klageerhebung zugesprochen. Die Klägerin scheint inzwischen auch die vorstehend dargelegte Auffassung des Senats zu teilen, wie in ihrem Schriftsatz vom 9. Oktober 2003 (S. 2 unter 3.) angedeutet wird, und stützt ihren Zinsanspruch im Berufungsverfahren vorrangig auf andere Gründe.
Allerdings stehen der Klägerin Prozesszinsen in Höhe von 6 % jährlich ab Rechtshängigkeit des bezifferten Rückzahlungsanspruchs zu. Die Laufzeit beginnt am 16. Januar 2003, da Prozesszinsen entsprechend § 187 BGB erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag verlangt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.12.2001, BVerwGE 115,274). Der Zinsanspruch endet mit – der nach Angaben des Beklagten Mitte März 2003 erfolgten - Auszahlung des Erstattungsbetrages von 34.614,28 € an die Klägerin, so dass eine entsprechende Befristung vorzunehmen war. Die Höhe der Prozesszinsen ergibt sich aus § 291 Satz 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138), die am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Zwar beträgt danach der Zinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, doch spielt dies im vorliegenden Verfahren keine Rolle, da die Klägerin lediglich Zinsen in Höhe von 6 % beantragt hat.
2. Ein Anspruch auf Zinsen für den Zeitraum vom 21. November 1991 bis zum 15. Januar 2003 ergibt sich auch nicht aus den Gesichtspunkten eines Verzugsschadens, eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, eines Folgenbeseitigungsanspruchs oder eines vollstreckungsrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der erkennende Senat folgt, können Verzugs- und andere materiell-rechtliche Zinsen in den der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterfallenden Gebiete des öffentlichen Rechts grundsätzlich nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt werden (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22.2.2001, a.a.O.), an der es aber für die vorliegende Fallkonstellation fehlt.
a) Verzugszinsen im öffentlichen Recht können entsprechend § 288 Abs. 1 BGB nur verlangt werden können, wenn es dafür entweder – wie bereits erwähnt - eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage im jeweiligen Fachrecht gibt oder wenn dies durch Vertrag bestimmt ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 12.6.2002, BVerwGE 116, 312 = NVwZ 2003, 481). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es besteht weder eine entsprechende gesetzliche Grundlage noch geht es bei der vorliegend streitig gewesenen Bestandssperre nach § 7 Abs. 2 FlHG, der Umstallung im Wege der Ersatzvornahme nach dem Nds. SOG und den sich daraus ergebenden Kosten für Fütterung, Pflege und Unterbringung der Rinder um ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis oder eine ähnliche Beziehung auf der Grundlage einer Gleichordnung. Vielmehr handelt es sich um hoheitliche Maßnahmen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr und ihre Folgen.
b) Die Klägerin kann Zinsen auch nicht mit der Begründung verlangen, es handele sich um einen Teil ihres vom Verwaltungsgericht rechtskräftig festgestellten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Dem steht auch hier entgegen, dass es dafür an einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage fehlt. Allenfalls könnte eine Heranziehung des in § 818 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedankens (Herausgabe der gezogenen Nutzungen) erwogen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch entschieden, dass bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen eine Behörde eine „Verzinsung“ wegen tatsächlich gezogener Nutzungen grundsätzlich nicht in Betracht komme, weil zwar § 818 Abs. 1 BGB auch in dieser Konstellation entsprechend anzuwenden sei, der Staat aber öffentlich-rechtlich erlangte Einnahmen in der Regel nicht gewinnbringend anlege, sondern über die ihm zur Verfügung stehenden Mittel im Interesse der Allgemeinheit verfüge (Urt. v. 18.5.1973, NJW 1973, 1854 [BVerwG 18.05.1973 - BVerwG VII C 21.72]). Der erkennende Senat hält diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Unterschied zur Klägerin auch nicht für überholt bzw. überprüfungsbedürftig (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.10.1990, NVwZ 1991, 583 [VGH Baden-Württemberg 18.10.1990 - 2 S 2098/90]; OVG Rhl.-Pf., Urt. v. 28.11.1991, DVBl. 1992, 785, Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 59 Rdnr. 31). Allerdings trifft es zu, dass Teile des Schrifttums (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 III 4 Rdnr. 23 a und b; Schön, NJW 1993, 3289) und einzelne Oberlandesgerichte (vgl. Bay. OLG, Beschl. v. 9.12.1998, NJW 1999, 1194 [LG Chemnitz 30.09.1998 - 12 O 2670/98]; OLG Hamm, Beschl. v. 19.10.2000, NJW-RR 2001, 1440 [OLG Hamm 19.10.2000 - 15 W 250/00]) Kritik an dieser Rechtsprechung üben, weil der Staat tatsächliche Nutzungen aus rechtsgrundlos überzahlten Geldbeträgen ziehe, indem er entweder Kreditzinsen erspare oder das Geld zinsbringend anlegen könne. Ferner ist es – worauf die Klägerin ebenfalls hingewiesen hat – richtig, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 27. Oktober 1998 (BVerwGE 107, 304 = NJW 1999, 1201) ausgeführt hat, ob das Urteil vom 18. Mai 1973 (a.a.O.) der Überprüfung bedürfe, könne auf sich beruhen, da diese Frage in dem zugrunde liegenden Fall nicht entscheidungserheblich sei. Aus dieser Aussage können jedoch Zweifel an der Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage nicht hergeleitet werden. Es hat vielmehr in dem bereits zitierten Urteil vom 22. Februar 2001 (a.a.O.) ausdrücklich bekräftigt, dass Verzugs- und andere materiell-rechtliche Zinsen im öffentlichen Recht grundsätzlich nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt würden, so dass davon auszugehen ist, dass es an seiner Rechtsprechung festhält. Allenfalls sind Ausnahmen aufgrund besonderer Umstände denkbar. Dies betraf auch den dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1998 (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall. Der dortige Beklagte, bei dem es sich um einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und damit um eine juristische Person des privaten Rechts handelte, war als beliehener Unternehmer befugt, hoheitlich tätig zu werden. Er war aber nicht über den Bereich der Beitragserhebung hinaus mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen ausgestattet und die durch Beitrag erzielten Mittel flossen nicht, auch nicht mittelbar, einem „öffentlich-rechtlichem Gemeinwesen“ zu. Da somit seine Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen für die jenseits der Beitragserhebung liegende Wirtschaftsführung ohne Bedeutung war, musste er sich als Schuldner eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bezüglich der Herausgabe gezogener Nutzungen wie jeder andere private Schuldner behandeln lassen. Dies ist der grundlegende Unterschied zu dem vorliegenden Verfahren, in dem eine Zinserstattung von dem Beklagten als Behörde und damit im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses verlangt wird. Der erkennende Senat sieht auch aus anderen Gründen keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen, dass bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen eine Behörde ein Zinsanspruch grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Zwar ist auch der Staat gehalten, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sparsam und effektiv umzugehen. Das Handeln der öffentlichen Verwaltung ist jedoch nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, sondern hat dem Allgemeinwohl zu dienen. Die ihr zur Verfügung stehenden Mittel sollen in erster Linie zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden.
c) Die Forderung der Klägerin findet auch keine Grundlage im Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs. Dies scheitert bereits daran, dass dieser Anspruch auf die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustandes zielt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 30.10.1997, NVwZ 1998, 1292) und damit keine etwaigen (lediglich mittelbaren) Zinsverluste einschließt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird ein Zinsschaden nicht einmal in dem Fall vom Folgenbeseitigungsanspruch erfasst, dass eine Kreditaufnahme erforderlich war, um dem entsprechenden behördlichen Bescheid nachkommen zu können. Denn auch in einem solchen Fall beruht die Kreditaufnahme auf eigenem Entschluss und Verhalten des Betroffenen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.7.1984, NJW 1985, 817 [BVerwG 19.07.1984 - BVerwG 3 C 81.82]).
d) Schließlich steht der Klägerin ein Zinsanspruch auch nicht entsprechend dem Rechtsgedanken des § 945 i.V.m. § 717 Abs. 3 ZPO zu.
Nach § 945 ZPO ist die Partei, die eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes erwirkt hat, dem Gegner zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Maßnahme sich als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Diese Vorschrift gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO für den Erlass einer verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung entsprechend; sie gilt nach § 123 Abs. 5 VwGO aber nicht für die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts oder die Beseitigung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs. Ein derartiger Fall liegt hier aber vor. Der Beklagte hatte gegenüber der Klägerin im Kostenbescheid vom 19. Juli 1991 auch gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet, so dass eine Schadensersatzpflicht aufgrund des § 945 ZPO nicht ausgelöst werden konnte (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Beschl. v. 9.8.1990, NVwZ 1991, 270 [BVerwG 09.08.1990 - BVerwG 1 B 94.90]). Die Unanwendbarkeit der §§ 717 Abs. 3, 945 ZPO in Fällen der vorliegenden Art lässt den Betroffenen auch nicht schutzlos. Ihm stehen gegenüber der Behörde, die einen noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt vollzogen hat, der sich – wie auch hier – im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist, der Folgenbeseitigungsanspruch nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO und unter Umständen auch der Amtshaftungsanspruch zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.8.1990, a.a.O.). Hiervon abgesehen hätte die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu stellen bzw. die Aufhebung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zu verlangen. Im Übrigen hätte ihr bei rechtzeitiger Antragstellung – wie bereits oben ausgeführt – ein Anspruch auf Prozesszinsen seit Klageerhebung zugestanden.