Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.01.2004, Az.: 12 ME 563/03

Aufbauseminar; Eingriffsstufe; Fahrerlaubnisentzug; Hinweispflicht; Vertrauensschutz; Verwarnungspflicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.01.2004
Aktenzeichen
12 ME 563/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50461
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.11.2003 - AZ: 1 B 276/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Verwarnungs- und Hinweispflichten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 StVG werden nur bei Erreichen der jeweiligen Eingriffsstufe ausgelöst (vgl. bereits den Beschluss des Senats vom 16.9.2003 - 12 ME 396/03 -, VKBl. 2003, 819 f.).

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 3. Alt. StVG sofort vollziehbare Fahrerlaubnisentziehungsverfügung des Antragsgegners vom 1. Oktober 2003 abgelehnt worden ist, hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts begegnet aus den von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung angeführten Gesichtspunkten, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Bedenken.

2

Mit Bescheid vom 1. November 2001 entzog der Antragsgegner der Antragstellerin auf der Grundlage des § 4 Abs. 7 Satz 1 StVG die Fahrerlaubnis, da die Antragstellerin der unter dem 9. Juli 2001 nach Erreichen von 15 Punkten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG ergangenen Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nachgekommen war. Diese Fahrerlaubnisentziehung führte nach § 4 Abs. 2 Satz 4 StVG nicht zu einer Löschung der Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Verkehrsverstöße. Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, die am 7. Februar 2002 erfolgte, nachdem die Antragstellerin schließlich die Teilnahme an einem Aufbauseminar nachgewiesen hatte, belief sich der Punktestand der Antragstellerin daher weiterhin auf 15. Es bestand bei diesem Punktestand keine Verpflichtung des Antragsgegners, die Antragstellerin (erneut) auf die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung nach § 4 Abs. 9 StVG hinzuweisen und sie darüber zu unterrichten, dass ihr bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen werde.

3

Die Antragstellerin irrt, wenn sie in der Begründung ihrer Beschwerde geltend macht, der Antragsgegner habe durch das Unterlassen weiterer Verwarnungen für sie eine Vertrauenslage geschaffen, die dafür verantwortlich gewesen sei, dass sie ihre Verteidigung gegen die Ahndung weiterer – mit insgesamt 18 Punkten bewerteter - Verkehrsverstöße nicht entsprechend der bereits vorhandenen Punktezahl habe einstellen können. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 16.9.2003 - 12 ME 396/03 -, VKBl. 2003, 819 f.) werden die Verwarnungs- und Hinweispflichten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 StVG nur bei Erreichen der jeweiligen Eingriffsstufe ausgelöst, nicht jedoch dann, wenn der betroffene Fahrerlaubnisinhaber – wie hier die Antragstellerin – nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 StVG innerhalb einer Stufe verbleibt. Für eine nochmalige Belehrung besteht in diesen Fällen kein Anlass, da jedenfalls die erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis eine in jeder Hinsicht ausreichende Warnung darstellt und die erforderlichen Belehrungen bereits bei Erreichen der jeweiligen Eingriffsstufe erfolgt sind.

4

Schließlich hat das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der Verkehrssicherheit Vorrang vor einem durch Beruf und Ausbildung bedingten privaten Bedürfnis an der regelmäßigen Benutzung eines Kraftfahrzeuges, auf das sich die Antragstellerin beruft.