Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.05.2010, Az.: 3 U 227/09
Sittenwidrigkeit der Mithaftung des wirtschaftlich krass überforderten Ehegatten für die Finanzierung der Trennung der Ehegatten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.05.2010
- Aktenzeichen
- 3 U 227/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 35256
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0505.3U227.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 13.08.2009 - AZ: 3 O 371/08
Rechtsgrundlagen
- § 138 Abs. 1 BGB
- § 765 BGB
Fundstelle
- WM 2011, 1508-1511
Amtlicher Leitsatz
Die Vermutung, der wirtschaftlich krass überforderte Ehegatte habe eine Mitverpflichtung als Darlehensnehmer aus emotionalen Gründen übernommen, ist dann nicht gerechtfertigt, wenn sich die Ehegatten im Zeitpunkt der Mithaftungserklärung bereits getrennt hatten und die Mitverpflichtung dazu dient, die finanziellen Mittel zu beschaffen, die die räumliche Trennung der Ehegatten erst ermöglichen.
In dem Rechtsstreit
S... W..., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
XBank, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., der Richterin am Oberlandesgericht ... sowie des Richters am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 13. August 2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein 61 jähriger, pensionierter Polizeibeamter, begehrt von der Beklagten die Rückgewähr von Zahlungen, die er auf zwei Darlehensverträge erbracht hat.
Der Kläger und seine im April 2003 verstorbene Ehefrau hatten im Jahr 1994 in S... eine Immobilie erworben, die sie gemeinsam nutzten und deren gemeinsame Eigentümer sie waren. Der Kaufpreis für dieses Haus war über die Beklagte finanziert worden. Der Wert des Hausgrundstücks soll sich nach einem Gutachten aus dem Jahr 2001 auf 530.000 DM belaufen haben. Die damalige Belastung betrug 430.000 DM.
Anfang des Jahres 2000 trennte sich die Ehefrau des Klägers von diesem. Am 8. Februar 2001 wurde die Scheidung der Ehe beantragt. Zu einer Fortführung des Scheidungsverfahrens kam es jedoch nicht, vielmehr wurde der Scheidungsantrag zurückgenommen, nachdem sich Anfang des Jahres 2001 eine aggressive Krebserkrankung der Ehefrau des Klägers herausgestellt hatte. Unabhängig hiervon zog die Ehefrau aus der gemeinsamen Immobilie in S... aus und kaufte sich im Mai 2001 ein eigenes Haus in N..., dessen Alleineigentümerin sie wurde. Auch der Erwerb dieser Immobilie wurdeüber die Beklagte finanziert, und zwar mittels zweier Darlehensverträge über 252.000 DM (Darlehensvertrag Nr. ...51) sowieüber 40.000 DM (Darlehensvertrag Nr. ...52). Der Kläger hat beide Darlehensverträge als Gesamtschuldner mitunterzeichnet.
Zeitgleich veranlasste der Kläger die interne Umschuldung des Kreditengagements für die weiter von ihm genutzte Immobilie in S..., wobei neben einem weiter bestehenden Darlehen des Klägers über 190.000 DM, das durch einen im Januar 2001 mit seinerzeit 90.000 DM angesparten Bausparvertrag getilgt werden sollte, ein Darlehensvertrag über 330.000 DM geschlossen wurde. Sowohl dieser als auch die das Hausgrundstück der Ehefrau betreffenden Darlehensverträge wurden am 8. August 2001 ausgefertigt. Ob aus dem für die Immobilie für S... geschlossenen Vertrag ein Betrag von 50.000 DM an den Notar P... zur teilweisen Kaufpreiszahlung für das Grundstück der Ehefrau abgezweigt wurde, ist streitig. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge verfügte die Ehefrau des Klägers über kein geregeltes Einkommen. sie erhielt jedoch Pflegegeld für Pflegekinder sowie Kindergeld in Höhe von insgesamt ca. 2.500 DM. Der Kläger selbst war als Polizeibeamter tätig und bezog ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 5.130,67 DM, wobei er drei Personen unterhaltspflichtig war.
Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 2003 beantragte der Kläger die Übernahme der zu den Darlehensverträgen abgeschlossenen Bausparverträge. Dem stimmte die Beklagte zu. In der Folgezeit erbrachte der Kläger von Mai 2003 bis Dezember 2007 Zahlungen auf die Darlehensverträge. Diese Zahlungen, die er mit insgesamt 56.197,72€ beziffert hat, verlangt er mit der vorliegenden Klage zurück.
Bereits im Jahr 2005 war es wegen der Doppelbelastung des Klägers mit den Darlehensverträgen für beide Immobilien zu Zahlungsstockungen gekommen, woraufhin die Beklagte zunächst Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger einleitete. Die hierauf vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte konnten zunächst ein Stillhalteabkommen mit der Beklagten erzielen. die für deren Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.861,57 € sind ebenfalls Gegenstand der Klage. Darüber hinaus machten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten geltend, dass sie die Mithaftung des Klägers für die zur Finanzierung der Immobilie der Ehefrau aufgenommenen Darlehen für sittenwidrig und nichtig hielten. Die Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 29. November 2007, nochmals bestätigt mit Schreiben vom 5. Februar 2008, dass sie nach eingehender Prüfung der Darlehensabwicklung den Kläger aus der gesamtschuldnerischen Haftung für die Darlehensverträge mit den Endziffern 51 und 52 entlasse.
Dem nunmehr geltend gemachten weitergehenden Anspruch auf Rückerstattung der auf die genannten Darlehen geleisteten Zahlungen ist die Beklagte mit der Auffassung entgegengetreten, die Entlassung des Klägers aus der Gesamtschuldnerschaft sei kein Anerkenntnis der klägerischen Rechtsauffassung. die Nichtigkeit der Mithaftungserklärung sei nicht bestätigt worden. Die erklärte Freistellung gelte vielmehr nur ex nunc vom 2. Februar 2008 an.
Mit der Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Rückzahlung der in den Jahren 2003 bis 2007 für die von der Ehefrau aufgenommenen Darlehen erbrachten Leistungen, und zwar unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Überforderung. Er sei kein echter Darlehensnehmer, sondern lediglich Mithaftender und damit einem Bürgen vergleichbar. Seine Mithaftungserklärung habe er gegenüber der Beklagten nur aus emotionaler Verbundenheit zu seiner getrennt lebenden Ehefrau abgegeben. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Immobilienerwerb habe er nicht gehabt. Hinsichtlich der sittenwidrigen Überforderung sei dem Außenmitarbeiter der Beklagten C... bewusst gewesen, dass die Ehefrau des Klägers über kein eigenes Einkommen verfügte und der Kläger aus seinem pfändungsfreien Einkommen allenfalls den Kapitaldienst für die Immobilie in S... aufbringen konnte. Dennoch habe C... dem Kläger erklärt, dass bei Ehepartnern bis zur Scheidung Finanzierungen nur durchgeführt werden würden, wenn beide Ehepartner die Darlehensverträge unterzeichneten. Allerdings habe C... erklärt, bei der Unterschrift handele es sich um eine reine Formalie, die wegen der noch nicht durchgeführten Scheidung der Eheleute erforderlich sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 58.059,29€ zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit und weitere 2.028,36 € zuzüglich 5 % Zinsenüber dem Basiszinssatz an außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Aufnahme der beiden streitgegenständlichen Darlehen sei Bestandteil eines Gesamtfinanzierungskonzepts gewesen, das die Situation der Familie bei Trennung berücksichtigt habe. Da die Ehefrau des Klägers kein Einkommen hatte, sei klar, den Beteiligten bewusst und von diesen auch gewollt gewesen, dass notfalls der Kläger die Belastungen für das von der Ehefrau zu erwerbende Haus tragen sollte. In diesem Zusammenhang sei auch die Umschuldung der Darlehen für das Haus in S... erfolgt. Der Kläger habe seine Mithaftung nicht aufgrund emotionaler Verbundenheit, sondern deshalb erklärt, weil er die Trennung der Eheleute habe organisieren wollen. Soweit die Beklagte den Kläger aus der gesamtschuldnerischen Haftung entlassen habe, ergebe sich aus ihrem Schreiben, dass es sich nur um eine Entlassung für künftige Zahlungsverpflichtungen gehandelt habe. Zur Höhe bestreitet die Beklagte die vom Kläger behaupteten Zins und Tilgungsleistungen und trägt vor, der Kläger habe maximal 46.547,48€ gezahlt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei der Kläger hinsichtlich der von seiner Ehefrau aufgenommenen Darlehen nur als Mithaftender und nicht als echter Darlehensnehmer anzusehen. Ob er durch die Aufnahme der Darlehen krass überfordert gewesen sei, sei bereits fraglich, könne allerdings dahinstehen, da sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht ergebe, dass er seine Zahlungsverpflichtungen lediglich aus emotionaler Verbundenheit gegenüber seiner getrennt lebenden Ehefrau eingegangen sei. Vielmehr habe die Mitübernahme der Haftung in unmittelbarem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der Neuordnung der bereits bestehenden Kredite gestanden und einem Gesamtkonzept im Zusammenhang mit der Trennung der Eheleute entsprochen. Auf eine arglistige Täuschung durch den Vermittler C..., der die Wirkung der abgegebenen Mithaftungserklärung verharmlost habe, könne sich der Kläger nicht berufen. Nach seinem Kenntnis und Bildungsstand müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger bewusst gewesen sei, dass, da ausschließlich er über ein regelmäßiges Einkommen verfügte, letztlich er für die Verbindlichkeiten aus den neu abgeschlossenen Darlehensverträgen würde aufkommen müssen. Aus der Haftung sei der Kläger seitens der Beklagten auch nicht entlassen worden. Soweit die Beklagte auf Ansprüche verzichtet habe, habe sich ihre Erklärung auf künftige Zahlungsansprüche beschränkt. Zwar seien die Darlehensverträge aufgehoben worden. Entsprechend der regelmäßigen Wirkung eines Aufhebungsvertrages sei hierdurch das Schuldverhältnis aber nur mit Wirkung ex nunc zum Erlöschen gekommen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger auch als Miterbe seiner Ehefrau gemäß §§ 1967, 2058 BGB zur Rückführung der Darlehen verpflichtet gewesen sei. Dies stelle einen Rechtsgrund für die von ihm erbrachten Zahlungen dar, was einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entgegenstehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt und seinen Sachvortrag vertieft. Er rügt, das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung ausschließlich zur Frage einer krassen wirtschaftlichenÜberforderung Stellung genommen, jedoch nicht darauf hingewiesen, dass Bedenken bezüglich der Übernahme der Mithaftung aus emotionaler Verbundenheit bestehen könnten. Tatsächlich sei die Mithaftung ausschließlich aus diesem Grund erfolgt. Die Trennung der Eheleute sei durch die Ehefrau vollzogen worden und habe, wie sich herausgestellt habe, letztlich auf deren Erkrankung beruht. Er selbst habe die Trennung nicht gewollt. Dies ergebe sich u. a. daraus, dass nach Feststellung der Erkrankung der Ehefrau der Scheidungsantrag zurückgenommen worden sei, er mit seiner Ehefrau weiterhin die Feiertage (Weihnachten und Silvester) verbracht und auch mehrfach Reisen unternommen habe. Die Finanzierung des Hauses der Ehefrau sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht Ausfluss eines Gesamtkonzepts anlässlich der Trennung der Ehegatten gewesen. Vielmehr sei die vom Mitarbeiter der Beklagten C... geforderte Mithaftung für ihn völlig überraschend gekommen. § 814 BGB stehe einem Rückforderungsanspruch nicht entgegen, da er keine Kenntnis von der Nichtigkeit der Mithaftungserklärung gehabt habe. Zahlungen habe er auch nicht in seiner Stellung als Erbe aus dem Nachlass seiner Ehefrau, über deren Nachlass ein Insolvenzantrag gestellt, aber mangels Masse zurückgewiesen worden ist, erbracht. Die von ihm geleisteten Zahlungen hätten auf der irrigen Vorstellung beruht, zur Zahlung aufgrund der eigenen Mithaftungserklärung verpflichtet zu sein.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 13. August 2009 zu verurteilen, an den Kläger 58.059,29€ zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit und weitere 2.028,36 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz an außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt weiterhin die Auffassung, der Kläger sei im Hinblick auf die Darlehen mit den Endziffern 51 und 52, die zur Finanzierung des Hausgrundstücks seiner verstorbenen Ehefrau aufgenommen worden sind, nicht lediglich Mithaftender, sondern gesamtschuldnerisch haftender Mitdarlehensnehmer. Durch die insoweit eingegangenen Verpflichtungen seien er und seine verstorbene Ehefrau nicht sittenwidrig überfordert gewesen, wie die tatsächlichen Zahlungen der Ehefrau bis im Jahr 2003 und durch den Kläger selbst bis 2007 belegten. Die Beklagte bestreitet, dass die Mitunterzeichnung der Darlehensverträge durch den Kläger für diesen überraschend gekommen sei. Bei insgesamt fünf Terminen seien die Möglichkeiten einer Finanzierung besprochen worden. Der Kläger habe die Zahlungsverpflichtung nicht aus emotionaler Verbundenheit übernommen, sondern um das bisherige Familienwohnhaus für sich erhalten zu können. Daher seien in diesem Zusammenhang auch die eigenen Darlehen des Klägers umgeschuldet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Berufungsvorbringens der Parteien auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig. sie bleibt jedoch im Ergebnis ohne Erfolg. Mit auch gegenüber dem Berufungsvorbringen des Klägers zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
1. Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers besteht nicht bereits aufgrund der Schreiben der Beklagten vom 29. November 2007 sowie vom 5. Februar 2008 (Anlagen K 4, K 6), mit denen die Beklagte den Kläger aus der gesamtschuldnerischen Haftung für die der Finanzierung des Hauses der verstorbenen Ehefrau des Klägers dienenden Darlehen entlassen hat.
a) Aus dem Wortlaut der genannten Schreiben lässt sich ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nicht herleiten. Die Beklagte hat in jenen Schreiben keine eigene Zahlungsverpflichtung, also keine Verpflichtung zur Rückzahlung erhaltener Beträge gegenüber dem Kläger abgegeben und auch keine entsprechende Zahlungsverpflichtung anerkannt, sondern lediglich den Kläger aus der gesamtschuldnerischen Haftung entlassen. Dass damit kein Anerkenntnis zur Rückzahlung erhaltener Beträge verbunden war, ergibt sich auch aus dem Hinweis der Beklagten in ihrem Schreiben vom 29. November 2007, dass mit der Haftungsentlassung des Klägers kein Verzicht auf Ansprüche gegen den Kläger als für die Schulden seiner Frau haftender Erbe verbunden sei.
b) Die Entlassung des Klägers aus der gesamtschuldnerischen Haftung für die vorgenannten Darlehen enthält auch keinen konkludenten Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung künftiger Ansprüche. Durch die genannte Vereinbarung ist das Schuldverhältnis der Parteien aufgehoben worden mit der Folge, dass die Zahlungspflicht des Klägers entfallen ist. Ein solcher Aufhebungsvertrag bringt das Schuldverhältnis jedoch nur mit Wirkung ex nunc, also für die Zukunft, zum Erlöschen (vgl. Münchener Kommentar/Schlüter, BGB, 5. Aufl., § 397 Rn. 18). Etwas anderes würde lediglich dann gelten, wenn eine Rückabwicklung ausdrücklich vereinbart wäre, was jedoch nicht der Fall ist. Im Gegenteil legt der Wortlaut der Erklärung der Beklagten, in der es heißt, man müsse den Kläger aus der Haftung entlassen, nahe, dass sich ihre Erklärung lediglich auf die Zukunft richtete.
2. Die vom Kläger unterzeichneten, eine gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung begründenden Verträge sind auch nicht deshalb nach § 138 BGB nichtig, weil der Kläger diese Mithaftung ohne eigenes wirtschaftliches Interesse lediglich aus emotionaler Verbundenheit gegenüber seiner Frau übernommen hätte und er durch dieübernommene Verpflichtung krass überfordert wäre.
a) Der Kläger ist allerdings, wovon auch das Landgericht im angefochtenen Urteil ausgegangen ist, im Hinblick auf die seitens seiner verstorbenen Ehefrau abgeschlossenen Darlehensverträge nicht echter Mitdarlehensschuldner, sondern lediglich Mithaftender. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH WM 2009, 1460[BGH 16.06.2009 - XI ZR 539/07]. ständige Rechtsprechung), ist echter Mitdarlehensnehmer ungeachtet der konkreten Bezeichnung im Vertrag nur derjenige, der für den Darlehensgeber erkennbar aufgrund eines eigenen sachlichen oder persönlichen Interesses an der Kreditaufnahme seine Verpflichtung eingegangen ist und der als wesentlich gleichberechtigter Partner über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf.
b) Ein solches unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse des Klägers an der Darlehensaufnahme vermag der Senat nicht festzustellen. Mit dem Darlehen sollte der Kaufpreis für ein Haus, das die von ihm getrennt lebende Ehefrau erworben hatte, finanziert werden. Der Kläger ist nicht Miteigentümer jenes Hausgrundstücks geworden. Er konnte, nachdem sich seine Frau von ihm getrennt hatte und ein Scheidungsantrag eingereicht war, auch nicht damit rechnen, Erbe nach seiner Frau und damit Miteigentümer des Hauses zu werden. Ob er auf die Verwendung der Darlehensvaluta unmittelbaren Einfluss hatte, ist nicht sicher. Nach seinem - insoweit bestrittenen - Vortrag waren die Darlehensverträge in dem Zeitpunkt, in dem er vom Mitarbeiter der Beklagten C... auf die Notwendigkeit der Mitunterzeichnung der Verträge angesprochen wurde, bereits durch die Ehefrau ausgehandelt. Die Verwendung der Darlehensvaluta zur Finanzierung des Kaufpreises für das von der Ehefrau erworbene Hausgrundstück stand fest.
c) Der Kläger war auch, was das Landgericht offen gelassen hat, durch die von ihm übernommenen Verpflichtungen finanziell krassüberfordert. Der Kläger hat erstinstanzlich dargelegt, dass er bei einem Einkommen von knapp 5.200 DM monatlich (ggf. zzgl. Urlaubs und Weihnachtsgeld) sowie den Zahlungsverpflichtungen gegenüber drei Unterhaltsberechtigten aus seinem pfändbaren Einkommen gerade über ausreichende Mittel verfügte, um die Kredite zu bedienen, die er zur Finanzierung des Hausgrundstücks in S... aufgenommen hatte. Der Kläger war daher aus seinen laufenden Einkünften nicht in der Lage, zusätzlich auch nur die Zinsen für die seitens der Ehefrau aufgenommenen Darlehen zu bedienen.
3. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich im Ergebnis aber deshalb als zutreffend, weil auch der Senat nicht festzustellen vermag, dass die Haftungsübernahme seitens des Klägers allein aus emotionaler Verbundenheit zur Hauptschuldnerin, seiner getrennt lebenden und auf Scheidung drängenden Ehefrau, erfolgte.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht in Fällen, in denen ein Ehegatte oder naher Angehöriger durch die von ihm übernommene Mithaftung krass überfordert wird, eine tatsächliche, jedoch widerlegliche Vermutung dafür, dass die Mithaftung ohne rationale Einschätzung der Interessenlage und der wirtschaftlichen Risiken aus emotionaler Verbundenheit übernommen worden ist und dass das Kreditinstitut die emotionale Beziehung zwischen Hauptschuldner und Mithaftendem in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (vgl. BGH NJW 1999, 2584 [BGH 29.06.1999 - XI ZR 10/98]. 2005, 971. ständige Rechtsprechung).
b) Die genannte Vermutung gilt jedoch bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht. Insoweit ist von besonderer und ausschlaggebender Bedeutung, dass sich die Ehegatten im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme bereits seit mehr als einem Jahr getrennt hatten. Die eheliche Lebensgemeinschaft, die die Grundlage für die Vermutung bildet, die Mithaftungsübernahme sei emotional veranlasst, bestand mithin schon seit längerer Zeit nicht mehr. Die Aufnahme der Darlehen diente dem Zweck, der Ehefrau und den Kindern den Auszug aus dem gemeinsamen Haus zu ermöglichen und damit letztlich die Trennung der Eheleute, die, wie der eingereichte Scheidungsantrag zeigt, endgültig sein sollte, zu manifestieren.
Der zeitliche Zusammenhang mit der Umschuldung eigener Kredite, deren Verwendung - etwa die Auszahlung des Baudarlehensvertrags Nr. 54über 50.000 € an den Notar P... - offen geblieben ist, belegt zudem, dass die Unterzeichnung der Darlehensverträge durch den Kläger keine unbedachte Spontanentscheidung war, sondern Teil eines Gesamtkonzepts, mit dem das jedenfalls von der Ehefrau des Klägers erstrebte Ziel einer Trennung der Partner umgesetzt werden sollte. Der Nachweis, der Kläger habe seine Mithaftung ausschließlich aus emotionaler Verbundenheitübernommen, ist damit nicht geführt. Hierfür sind auch die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats ohne hinreichende Anhaltspunkte geblieben.
4. Dem Kläger stehen auch keine Schadensersatzansprüche wegen arglistiger Täuschung zu. Die Behauptung des Klägers, er sei ohne jede Vorkenntnis vom Mitarbeiter der Beklagten C... überrascht worden und habe die Mithaftungserklärung im Hausflur unterzeichnet, ist schon vor dem Hintergrund, dass zeitgleich auch die Umschuldung eigener Kredite und eine besondere Auszahlungsanweisung an den Notar erfolgt sind, wenig glaubwürdig. Zudem muss dem Kläger bewusst gewesen sein, dass, da seine Frau über keine regelmäßigen Einkünfte verfügte, seine eigene Mithaftung eben nicht lediglich auf dem Papier stand, vielmehr die konkrete Gefahr einer Inanspruchnahme wegen dieser Forderung durch die Beklagte bestand.
5. Ob einem etwaigen Rückzahlungsanspruch des Klägers§ 814 BGB, wonach derjenige, der in Kenntnis der Nichtschuld leistet, zur Rückforderung nicht berechtigt ist, entgegen stehen würde, kann dahinstehen. Allerdings ist nichts dafür erkennbar, dass der Kläger als Schuldner aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre sich des Umstandes, nicht verpflichtet zu sein, bewusst war. Auch die Vorschriften der §§ 1967, 2058 BGB stünden einem Rückforderungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Zwar ist der Kläger als Erbe seiner Ehefrau auch zum Ausgleich bestehender Verbindlichkeiten verpflichtet. Wegen des nach dem Tod seiner Ehefrau gestellten Insolvenzantrags sowie des Umstandes, dass die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, ergibt sich jedoch aus § 1990 BGB, dass der Kläger als Erbe jedem Gläubiger gegenüber die Dürftigkeitseinrede erheben und die Befriedigung der Nachlassgläubiger insoweit verweigern durfte, als der Nachlass nicht ausreichte, um den Gläubiger zu befriedigen. Dass der Kläger insoweit auf seine Rechte aus § 1990 BGB verzichtet hätte, ist nicht anzunehmen. Aus den tatsächlich vom Kläger geleitsteten Zahlungen lässt sich dies nicht herleiten, vielmehr spricht eine Vermutung dafür, dass der Kläger diese Zahlungen aufgrund der Annahme geleistet hat, infolge seiner eigenen Mithaftungserklärung zur Zahlung verpflichtet zu sein. Die Zahlungen des Klägers sind daher i. S. v. 366 BGB auf seine eigene Zahlungsverpflichtung, nicht im Hinblick auf eine mögliche Verpflichtung als Erbe seiner Ehefrau erfolgt. Letztlich kann aber auch dies aus den vorgenannten Gründen dahinstehen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.