Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.05.2010, Az.: Not 19/09

Pflichtwidrigkeit der auswärtigen Beurkundungstätigkeit eines Notars in Räumlichkeiten einerüberörtlichen Sozietät; Pflicht zur Erhebung der Auswärtsgebühr

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.05.2010
Aktenzeichen
Not 19/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 25968
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0525.NOT19.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerfG - 01.12.2010 - AZ: 1 BvR 1747/10

Fundstelle

  • DNotZ 2010, 949-953

Amtlicher Leitsatz

Beurkundet ein Notar außerhalb seines Amtssitzes, aber innerhalb seines Amtsbereiches, in den Räumlichkeiten derüberörtlichen Sozietät, bei der er gleichzeitig als Anwalt tätig ist, ohne dass er eine Genehmigung zur Unterhaltung einer weiteren Geschäftsstelle hat, verstößt er jedenfalls dann gegen das Verbot aus § 10 Abs. 4 BNotO, wenn er es gleichzeitig unterlässt, die Urkundsbeteiligten auf die Entstehung einer Auswärtsgebühr nach§ 58 KostO hinzuweisen und nach außen den Eindruck erweckt, gebührenrechtlich mache es keinen Unterschied, ob er an seiner Geschäftsstelle oder in den auswärtigen Kanzleiräumen beurkundet.

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 28. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert für das Verfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. 1. Der Notar betreibt als Rechtsanwalt gemeinsam mit den Rechtsanwälten und Notaren W. B. und A. G. sowie der Rechtsanwältin G. eine überörtliche Rechtsanwaltssozietät. Die Kanzleiräume der Sozietät befinden sich in R. und L. Der Antragsteller hat wie der Notar G. seinen Amtssitz in R.; der Notar B. hat seinen Amtssitz in L. Der Antragsteller hat nach seinen Angaben aus dem Schriftsatz vom 22. August 2008 feste anwaltliche Sprechzeiten in L., und zwar montags von 17:00 Uhr bis 18:00 Uhr und donnerstags von 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr.

2

Im Jahr 2006 hat der Antragsteller insgesamt 674 Beurkundungen vorgenommen. 119 Beurkundungen erfolgten außerhalb der notariellen Geschäftsstelle in R. Hiervon fanden 113 Beurkundungen in den Räumen der Rechtsanwaltskanzlei in L. und 6 Beurkundungen an anderen Orten statt. Bei 91 Fällen der Auswärtsbeurkundungen in L. erfolgten diese am selben Tage, an dem der Antragsteller auch Beurkundungen an seinem Amtssitz in R. vornahm. 89 Auswärtsbeurkundungen erfolgten an den beiden Wochentagen in L., an denen der Notar seine anwaltliche Sprechzeit ausübte. Nur in einem Fall erhob der Notar eine Auswärtsgebühr.

3

2007 nahm der Notar insgesamt 791 Beurkundungen vor; hiervon waren 121 Auswärtsbeurkundungen. 114 Beurkundungen erfolgten in den Räumen der Rechtsanwaltskanzlei in L., 7 Fälle an anderen Orten. Hierbei nahm der Notar in 88 Fällen am selben Tage sowohl Beurkundungen in R. als auch in L. vor. 80 Beurkundungen erfolgten an anwaltlichen Sprechtagen des Antragstellers. In vier Fällen hat der Notar eine Auswärtsgebühr nacherhoben.

4

Der Notar hat in keinem Fall der Auswärtsbeurkundung darauf hingewiesen, dass durch die Beurkundung an einem Ort außerhalb seines Amtssitzes eine Auswärtsgebühr entstehen könnte.

5

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen der Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts A. vom 8. September 2009 Bezug genommen.

6

2. Der Präsident des Landgerichts A. hat mit der angefochtenen Disziplinarverfügung vom 8. September 2009 gegen den Notar eine Geldbuße von 5.000 € wegen schuldhafter Verletzung seiner Amtspflichten als Notar verhängt. Zur Begründung führt die Disziplinarverfügung aus, der Notar habe gegen § 10 Abs. 4 Satz 1 2. Hs. BNotO verstoßen, da er in den Jahren 2006 und 2007 eine weitere notarielle Geschäftsstelle unterhalten habe, ohne über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen. Er habe in L. über die personellen, sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen zur Ausübung des Notaramtes verfügt und diese ausgenutzt. Der Notar habe vorsätzlich gehandelt, da ihm die tatsächlichen Umstände seiner Beurkundungstätigkeit bekannt gewesen seien. Der Notar habe ferner durch sein Verhalten in 241 Fällen mittelbar gegen seine Gebührenerhebungspflicht nach den §§ 17 BNotO, 58 KostO verstoßen, indem er das Entstehen der Auswärtsgebühr pflichtwidrig verhindert habe. Er habe es unterlassen, die Urkundsbeteiligten in den in der Disziplinarverfügung näher aufgeführten Fällen ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei einer Beurkundung außerhalb der Geschäftsstelle eine Auswärtsgebühr nach§ 58 KostO entstehen könne. Auch insoweit habe der Antragsteller vorsätzlich gehandelt. Ferner habe er durch sein Verhalten in diesen Fällen gegen § 29 Abs. 1 BNotO verstoßen, da der Notar in einer seinem öffentlichen Amte widersprechenden Art und Weise geworben habe. Der Anschein amtswidriger Werbung sei dadurch entstanden, dass der Notar sich bereit erklärt habe, Beurkundungen außerhalb seiner Geschäftsstelle vorzunehmen, ohne auf die in der Regel entstehende Zusatzgebühr hinzuweisen und diese zu erheben. Vielmehr habe er den Eindruck erweckt, über zwei Geschäftsstellen zu verfügen und problemlos, insbesondere ohne jegliche Mehrkosten Beurkundungen vornehmen zu können. Dies sei vorsätzlich geschehen. Außerdem sei in seinem Verhalten auch ein allgemeiner Verstoß gegen die Amtspflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO zu sehen, da sich der Notar durch sein Beurkundungsverhalten amtspflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil in vorsätzlicher Weise verschafft habe.

7

Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers vom 9. Oktober 2009 hat der Präsident des Oberlandesgerichts O. mit der Entscheidung vom 20. November 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er sich im wesentlichen die Ausführungen der Disziplinarverfügung zu eigen gemacht, allerdings ausgeführt, dass der Antragsteller möglicherweise nicht aus L. auf das mit dem Büro R. vernetzte EDV-System Zugriff genommen und die Angestellte G. B. nicht in L. beschäftigt habe.

8

Hiergegen richtet sich der Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung vom 28. Dezember 2009. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. August 2000 vertritt der Antragsteller die Auffassung, dass es kein Verbot von Auswärtsbeurkundungen innerhalb des dem Notar zugewiesenen Amtsbereichs gebe. Die Ansicht des Antragsgegners widerspreche den Mitteilungen der Notarkammer vom 16. Juli 2008 und 18. Dezember 2008, wonach ein bestimmter prozentualer Anteil von Auswärtsbeurkundungen an den Gesamtbeurkundungen erlaubt sei. Ferner meint er, eine Auswärtsgebühr sei nicht in Ansatz zu bringen, weil er die Urkundsbeteiligten von sich aus auf die Möglichkeit hingewiesen habe, in R. oder L. zu beurkunden. Der Antragsteller begehrt ferner die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C - 54/08, ggfls. die Vorlage des Verfahrens an den EuGH.

9

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen. Er verweist darauf, dass entgegen der Auffassung des Antragstellers ein Widerspruch zu den Mitteilungen der Notarkammer nicht zu erkennen sei, da das Unterhalten einer Geschäftsstelle auch bei Unterschreiten der dort genannten Richtwerte in Betracht komme. Der Antragsgegner hält daran fest, dass der Antragsteller die Urkundsbeteiligten darauf hätte hinweisen müssen, dass eine Auswärtsgebühr zu erheben sei.

10

II. Der zulässige Antrag des Notars ist unbegründet. Anlass für eine Aussetzung oder Vorlage des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof besteht nach Auffassung des Senats nicht. Der Senat entscheidet gemäß den §§ 96 BNotO a. F., 32 Abs. 5 NDO ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und von einer mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sind.

11

1. Der Antragsteller hat in der Hauptsache keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich aber hinreichend sicher, dass er die Aufhebung der Diziplinarverfügung vom 8. September 2009 mitsamt der Beschwerdeentscheidung vom 20. November 2009 begehrt.

12

2. Der Antragsteller hat durch 224 Auswärtsbeurkundungen in den Räumen der überörtlichen Anwaltssozietät in L. in den Jahren 2006 und 2007 ohne Erhebung einer Auswärtsgebühr gegen § 10 Abs. 4 Satz 1 2. Hs. BNotO i. V. m. den §§ 17 Abs. 1 BNotO, 58 KostO verstoßen. Er hat durch dieses Verhalten den Anschein erweckt, als ob er neben seinem Amtssitz in R. eine weitere notarielle Geschäftsstelle in den Räumen der überörtlichen Anwaltssozietät in L. unterhalten hätte.

13

a) Bei der Neufassung von § 10 BNotO im Jahr 1999 hat der Gesetzgeber ausgeführt, bereits daraus, dass der Notar eine zu bestimmten Zeiten offen zu haltende Geschäftsstelle zu unterhalten habe, folge, dass die Tätigkeit des Notars im Allgemeinen in der Geschäftsstelle erfolgen solle. Einschränkungen für Beurkundungen außerhalb der Geschäftsstelle ergäben sich aus den allgemeinen Berufspflichten des Notars, namentlich der Verpflichtung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (BT-Drucks. 13/11034, S. 38). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner vom Antragsteller in Bezug genommenen Entscheidung vom 9. August 2000 (NJW 2000, 3486 ff. [BVerfG 09.08.2000 - 1 BvR 647/98][BVerfG 09.08.2000 - 1 BvR 647/98]) ausgeführt, gelegentliche Auswärtsbeurkundungen innerhalb des Amtsbereiches stünden aufgrund des damaligen Stands der Verkehrskommunikationsmittel einer Verfügbarkeit notarieller Leistungen regelmäßig nicht entgegen. Es sei eine Frage des Einzelfalls, ob die Unabhängigkeit des Notars und seine Verpflichtung zur Unparteilichkeit durch Beurkundungen außerhalb der Geschäftsstelle gefährdet werden könne. Der Notar habe von einer Auswärtsbeurkundung Abstand zu nehmen, sofern im Einzelfall aufgrund einer Auswärtsbeurkundung innerhalb des Amtsbereiches die Klarheit der Amtsführung leiden und die Gefahr des Anscheins einer Parteilichkeit des Notars entstehen könnte. In welchem Rahmen und in welchem Umfang der Notar Auswärtsbeurkundungen mit seinem Amt vereinbaren könne, sei in erster Linie ihm zu überlassen, solange er den Anschein von Abhängigkeit oder Parteilichkeit vermeidet, den Schutzzweck des Beurkundungserfordernisses nicht gefährdet und jede amtswidrige Werbung unterlässt. Unter Übernahme dieser Grundsätze hat das OLG Köln in seinem Beschluss vom 20. Juni 2007 (DNotZ 2008, 149 ff. [OLG Köln 20.06.2007 - 2 X (Not) 15/06]) dem Antrag einer Notarin auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben, mit der diese sich gegen eine Missbilligungsverfügung (mitsamt der Beschwerdeentscheidung) gewandt hatte. Dem lag zugrunde, dass die dortige Antragstellerin ungefähr 20 % ihrer Amtsgeschäfte in den Kanzleiräumlichkeiten der überörtlichen Sozietät, in der sie als Anwältin tätig war, an einem anderen Ort als demjenigen ihrer Geschäftsstelle, aber innerhalb ihres Amtsbereichs vorgenommen hatte. Für die Auswärtsbeurkundungen hatte die Antragstellerin in jedem Fall, ggf. anteilig, die Auswärtsgebühr gemäß § 58 KostO sowie Reisekosten gemäß § 153 KostO in Rechnung gestellt.

14

b) Der Verstoß gegen § 10 Abs. 4 Satz 1 2. Hs. BNotO im Jahr 2006 ergibt sich aus folgenden 112 Beurkundungen in der Sozietät in L. (Bl. 22 ff., 122 ff. SH 1):

15

UR-Nrn. 9, 10, 13 - 15, 39, 40, 42 - 45, 52, 53, 56, 63, 64, 65, 66, 74, 79, 82, 86 - 88, 104, 108, 109 - 111, 117, 123, 135 - 137, 159, 165 - 171, 177, 178, 181 - 185, 204, 205, 207, 209, 210, 215, 220, 236, 239, 240 - 242, 249, 263, 265, 275, 280 - 282, 296, 297, 303, 324, 326, 330, 348, 349, 367, 368, 387 - 389, 391, 392, 402 - 404, 427, 431, 462, 483, 485, 491, 513, 514, 515, 529, 557, 565, 575, 577, 578, 601, 602, 605, 615, 626, 632, 643, 644 sowie 651 - 653.

16

Im Fall der UR-Nr. 517/06 liegt kein Verstoß vor, da der Antragsteller die Auswärtsgebühr erhoben hat und dieser Einzelfall nicht die Annahme des Unterhaltens einer Geschäftsstelle rechtfertigt.

17

Für das Jahr 2007 stützt sich der Vorwurf gegen den Notar auf folgende 112 Beurkundungen (Bl. 62 ff., 134 ff. SH 1):

18

UR-Nrn. 26, 30, 51, 58, 87, 92, 99 - 102, 104 - 107, 131, 146, 147, 154 - 156, 178 - 180, 184, 189, 204, 207 - 211, 223, 228 - 230, 240, 249, 253, 254, 266 - 268, 273 - 275, 282, 288, 317, 319 - 321, 342 - 344, 349, 354, 355, 356, 359, 360, 365, 379, 380, 388, 394, 403 - 410, 414, 417, 420, 423, 444, 456, 475 - 479, 491, 492, 505, 557, 581, 598, 616, 622, 625, 635, 636, 658, 661, 679, 681, 703, 711, 712, 741 - 743, 752, 753, 755 - 758, 786.

19

Im Fall der UR-Nr. 524/07 liegt kein Verstoß vor, weil die Beurkundung nach den nicht widerlegten Angaben des Antragstellers im Kreiskrankenhaus stattfand und der Antragsteller zudem die Nacherhebung einer Auswärtsgebühr angekündigt hat. Die Beurkundung UR-Nr. 542/07 ist vom Antragsteller nicht als in L. durchgeführt angegeben worden; eine anderweitige Feststellung hat der Antragsgegner nicht getroffen. Nach der hier vertretenen Ansicht ist bei den UR-Nrn. 781/07 und 782/07 aufgrund der Einzelfallgestaltung kein Verstoß festzustellen, da der Antragsteller die Auswärtsgebühr (nach)erhoben hat.

20

Der Antragsteller hat zwar keine Einwendungen gegen den vom Antragsgegner festgestellten Sachverhalt geltend gemacht. Die o. g., zu Gunsten des Antragstellers berücksichtigten Abweichungen zu den Feststellungen der Disziplinarverfügung ergeben sich jedoch aus den in den Akten befindlichen Unterlagen.

21

Der Senat legt seiner Beurteilung nicht zugrunde, dass der Notar in den Räumen der überörtlichen Anwaltssozietät in L. die betrieblichen Einrichtungen eines notariellen Amtssitzes unterhält. Insbesondere geht der Senat nicht davon aus, dass die Notariatsangestellte G. B. für den Antragsteller in den Räumlichkeiten in L. tätig gewesen ist. Tatsächliche Anhaltspunkte für diesen der Disziplinarverfügung zugrunde gelegten Sachverhalt ergeben sich aus der Akte nicht.

22

c) Nach den oben dargestellten Maßstäben (lit a) hat der Notar durch die unter Ziffer II. 1. b) aufgeführten Beurkundungen gegen das Verbot verstoßen, ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde eine Geschäftsstelle zu unterhalten. Der Anschein einer weiteren Geschäftsstelle ergibt sich daraus, dass der Antragsteller mit Amtssitz R. seine Beurkundungen in L. mit denselben Gebühren abgerechnet hat wie ein Notar mit Amtssitz L., obwohl der Antragsteller an sich eine Auswärtsgebühr hätte erheben müssen (s. lit d); dies wäre bei einer genehmigten zweiten Geschäftsstelle gem. § 160 KostO nicht erforderlich gewesen.

23

Durch die Nichterhebung der Auswärtsgebühr für Beurkundungen in den Räumen der überörtlichen Anwaltssozietät wird der Unterschied zwischen einer Auswärtsbeurkundung, also einer Tätigkeit außerhalb der Geschäftsstelle, mit der Beurkundung an dem zugewiesenen Amtssitz verwischt. Damit entsteht bei den Urkundsbeteiligten der Eindruck, es sei gleichgültig, an welchem Ort sie die Beurkundung vornehmen lassen wollten, da dies jedenfalls für sie kostenneutral sei. Der Antragsteller hat gegenüber seinen Mandanten den Anschein erweckt, die von ihm in L. vorgenommen Beurkundungen würden dieselben Kosten wie bei exakt derselben Leistung bei einem anderen Notar mit Amtssitz L. verursachen. Dieser Grundsatz - die Urkundsbeteiligten tragen dieselben Kosten für dieselbe Leistung - findet seine Stütze in § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 BNotO, wonach den Notar eine Pflicht zur Gebührenerhebung trifft und grundsätzlich Gebührenerlass, -ermäßigung und -teilung verboten sind (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl., § 17 Rn 58) und trifft nur dann zu, wenn der Notar an der ihm zugewiesenen Geschäftsstelle beurkundet. Beurkundet er nicht an seiner Geschäftsstelle, ist er verpflichtet, den Mandanten darauf hinzuweisen, dass möglicherweise eine Auswärtsgebühr entsteht (s. lit d). Umgeht der Notar dieses, verstößt er damit gegen das oben genannte Prinzip, dass für exakt dieselbe Leistung dieselben Kosten anfallen und erweckt den Anschein, auch bei einer Auswärtsbeurkundung würde es sich um eine Tätigkeit auf der oder einer ihm zugewiesenen Geschäftsstelle handeln. Denn der Notar kann davon ausgehen, dass ein verständiger Antragsteller wenigstens damit rechnet, dass Geschäfte außerhalb des Amtssitzes beim Notar, wie bei anderen Berufen, erhöhte Kosten verursachen (Schippel/Bracker-Schäfer, BNotO, 8. Aufl., § 17 Rn 16). Erhebt ein Notar solche Gebühren nicht, obwohl sie an sich entstehen würden, erweckt er dabei gegenüber den Urkundsbeteiligten den Eindruck, als würde er an seinem eigentlichen Amtssitz beurkunden, an dem eine solche Auswärtsgebühr nicht zu erheben ist. Er erweckt damit den Anschein,über zwei gleichberechtigte Geschäftsstellen zu verfügen.

24

Der Verstoß gegen die Unterhaltung einer nicht genehmigten weiteren Geschäftsstelle zeigt sich auch darin, dass die Vorgehensweise des Antragstellers das Gefüge der Zuweisung der Amtssitze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BNotO beeinträchtigt. Zwar kann sich der Notar seinen Amtssitz aussuchen; in diesem Fall muss aber dort ein entsprechendes Bedürfnis für die Einrichtung einer Notarstelle bestehen (Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO., § 10 Rn 7). Die Zuweisung der Amtssitze dient ausschließlich dem Interesse einer geordneten Rechtspflege nach § 4 BNotO (BGH, Beschluss vom 3. November 2003, Az: NotZ 10/03). Gem. § 4 BNotO soll u. a. das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtssuchenden an notarieller Leistung berücksichtigt werden. Dabei hat die Landesjustizverwaltung bei der Ausübung des ihr zustehenden Organisationsermessens nach § 4 BNotO zu beachten, dass jedem Notar zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe als unabhängiger und unparteiischer Berater ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu gewährleisten ist, so dass er nötigenfalls wirtschaftlichen Druck standhalten sowie im übrigen die zur Ausübung seines Amtes erforderliche vielseitige Erfahrung sammeln kann (BGH DNotZ 1999, 239 [BGH 24.11.1997 - NotZ 10/97]; DNotZ 2002, 70 [BGH 16.07.2001 - NotZ 7/01]; DNotZ 2005, 947, 949 [BGH 11.07.2005 - NotZ 1/05][BGH 11.07.2005 - NotZ 1/05]). Nimmt ein Notar in den Räumen der überörtlichen Anwaltssozietät Beurkundungen ohne Erhebung der Auswärtsgebühr vor, beeinträchtigt er das mit der ursprünglichen Zuweisung an Amtssitzen bestehende und beabsichtigte System, weil er damit eine weitere Geschäftsstelle unterhält, die keiner Zuweisung oder Auswahl unterlag und keine Berücksichtigung gefunden hat.

25

Angesichts der Vielzahl an Beurkundungen ohne Erhebung der Auswärtsgebühr bedarf es auch keinen Ausführungen dazu, welchen Anteil diese Auswärtsbeurkundungen an dem gesamten Jahresaufkommen an Beurkundungen haben müssen, um von der Unterhaltung einer Geschäftsstelle ausgehen zu können.

26

d) Der Notar hat in den unter lit b genannten Fällen mittelbar gegen seine Gebührenerhebungspflicht nach den §§ 17 BNotO, 58 KostO verstoßen, indem er das Entstehen der Auswärtsgebühr pflichtwidrig verhindert hat, obwohl er zu deren Erhebung anschließend nach § 17 Abs. 1 BNotO verpflichtet gewesen wäre. Zwar entsteht - wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat - aus dem Verhalten des Antragstellers keine Pflicht zur unmittelbaren Erhebung der Auswärtsgebühr, da die Auswärtsbeurkundung nicht auf Verlangen eines Beteiligten erfolgt ist. Der Antragsteller hat den Urkundsbeteiligten jedoch gar nicht die Möglichkeit eingeräumt, ein derartiges Verlangen zu äußern. Er hat es unterlassen, die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass bei den grundsätzlich möglichen Beurkundungen außerhalb seines Amtssitzes eine Auswärtsgebühr anfällt, jedenfalls wenn die Beteiligten das wünschen. Zweck der Auswärtsgebühr ist die Deckung zusätzlich entstandener Kosten für den Notar, die dieser aufgrund der Beurkundung außerhalb seiner Geschäftsstelle hat. Aufgrund der Kostenerhebungspflicht nach § 17 Abs. 1 BNotO steht es nicht zur Disposition des Notars, hiervon bei Bedarf oder bei einem vom Notar veranlassten Sachverhalt absehen zu können. Der Senat nimmt im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen der Disziplinarverfügung vom 8. September 2009 unter Ziffer II. 2.

27

e) In der Unterlassung der Erhebung der Auswärtsgebühr liegt auch der entscheidende Unterschied zu dem vom OLG Köln zu beurteilenden Sachverhalt. Denn dort hatte die Antragstellerin ausweislich des veröffentlichten Sachverhalts die erforderliche Auswärtsgebühr in Rechnung gestellt. Der Senat betont allerdings, dass sich seinen Ausführungen kein Präjudiz für einen dem OLG Köln unterbreiteten vergleichbaren Sachverhalt entnehmen lässt. Der Senat hält es deshalb auch nicht für geboten, sich aus Anlass dieses Einzelfalls allgemein dazu zu äußern, ab welchem prozentualen Anteil von Beurkundungen in der auswärtigen Anwaltskanzlei von einer ungenehmigten auswärtigen Geschäftsstelle auszugehen ist. Das wesentliche Gepräge gibt dem Verhalten des Notars vielmehr der Umstand, dass er durch unterschiedslose Gebührenerhebung an seinem Amtssitz in R. sowie in L. bei der rechtsuchenden Bevölkerung den Eindruck erweckt, es sei gleichgültig, wo er beurkundet. Die hier vorliegenden Geschäftszahlen von 113 bei insgesamt 674 Beurkundungen im Jahr 2006 bzw. 114 bei insgesamt 791 im Jahr 2007 belegen jedenfalls hinreichend deutlich ein planmäßiges Verhalten des Notars.

28

f) Es kommt hiernach für die Entscheidung dieses Sachverhalts nicht darauf an, welche Richtlinien für Auswärtsbeurkundungen die Notarkammer und der Präsident vereinbart und verabschiedet haben.

29

g) Der Notar hat vorsätzlich gehandelt. Ihm waren die tatsächlichen Umstände seiner Beurkundungstätigkeit bekannt. Ihm war bewusst, dass er außerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftssitzes beurkundete und bei einem Hinweis auf die Auswärtsbeurkundung eine zusätzliche Gebühr nach § 58 KostO hätte erheben müssen. Dies hat er durch das Angebot an die Urkundsbeteiligten, in L. kostenneutral beurkunden zu können, unterlassen. Das gilt insbesondere für den vom Senat für die Beurteilung des Verhaltens als pflichtwidrig hervorgehobenen gebührenrechtlichen Aspekt. Der Notar hat selbst vorgetragen, dass ihm von der Notarkammer von Anfang an die gebührenrechtlichen Bedenken vorgehalten worden sind und er sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, weil er anderer Auffassung war (Seite 2 des Schriftsatzes vom 30. Juni 2009, Bl. 169 der Ermittlungsvorgänge des Landgerichts).

30

3. Der Notar hat in insgesamt 235 Fällen mittelbar gegen seine Gebührenerhebungspflicht nach den §§ 17 BNotO, 58 KostO verstoßen, indem er das Entstehen der Auswärtsgebühr pflichtwidrig verhindert hat, obwohl er zu deren Erhebung anschließend nach § 17 Abs. 1 BNotO verpflichtet gewesen wäre.

31

a) Die Vorwürfe betreffen folgende 118 Beurkundungen im Jahr 2006:

32

UR-Nrn. 9, 10, 13 - 15, 39, 40, 42 - 45, 52, 53, 56, 63, 64, 65, 66, 74, 79, 82, 86 - 88, 104, 108, 109 - 111, 117, 123, 129, 135 - 137, 159, 165 - 171, 177, 178, 181 - 185, 204, 205, 207, 209, 210, 215, 220, 236, 239, 240 - 243, 249, 263, 265, 275, 280 - 282, 296, 297, 303, 324, 326 - 328, 330, 347 - 349, 367, 368, 387 - 389, 391, 392, 402 - 404, 427, 431, 462, 473, 483, 485, 491, 513, 514, 515, 529, 557, 565, 575, 577, 578, 601, 602, 605, 615, 626, 632, 643, 644 sowie 651 - 653.

33

Der Notar hat 2007 in folgenden 117 Fällen auf eine Auswärtsgebühr pflichtwidrig nicht hingewiesen:

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UR-Nrn. 26, 30, 51, 58, 60, 61, 87, 92, 99 - 102, 104 - 107, 131, 145 - 147, 154 - 156, 178 - 180, 184, 189, 204, 207 - 211, 223, 228 - 230, 240, 249, 253, 254, 266 - 268, 273 - 275, 282, 283, 288, 317, 319 - 321, 342 - 344, 349, 354, 355, 356, 359, 360, 365, 379, 380, 388, 394, 403 - 410, 414, 417, 420, 423, 444, 456, 475 - 479, 491, 492, 505, 557, 581, 598, 616, 622, 625, 635, 636, 656, 658, 661, 679, 681, 703, 711, 712, 741 - 743, 752, 753, 755 - 758, 786.

35

Die erhöhte Anzahl an Beurkundungen gegenüber Ziffer 1 resultiert daraus, dass der Antragsteller auch bei nicht in Räumlichkeiten in L. durchgeführten Auswärtsbeurkundungen eine Gebühr nach§ 58 KostO nicht erhoben hat.

36

b) Der Senat verweist zur Begründung für den Verstoß gegen §§ 17 Abs. 1 BNotO, 58 KostO auf seine Ausführungen zu Ziffer II 2 d).

37

4. Der Notar hat durch seine Tätigkeit in den unter Ziffer II 3 genannten 235 Fällen gegen § 29 Abs. 1 BNotO verstoßen. Er hat durch die Unterlassung des Hinweises auf das Entstehen der Zusatzgebühr gemäß § 58 Abs. 1 KostO in einer seinem öffentlichen Amt widersprechenden Art und Weise geworben.

38

a) § 29 Abs. 1 BNotO untersagt allein die dem öffentlichen Amt des Notars widersprechende Werbung. Gerechtfertigt ist dieses Verbot als flankierende Maßnahme zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Berufsausübung der Notare. Amtswidrig ist deswegen eine Werbung nur dann, wenn sie die ordnungsgemäße Berufsausübung des Notars in Frage stellt (BVerfG NJW 2006, 359, 360 [BVerfG 24.11.2005 - 1 BvR 1870/04] m. w. N.).

39

Zweck des § 29 Abs. 1 BNotO ist es, dem Notar, der ein öffentliches Amt ausübt, grundsätzlich jedes Verhalten zu untersagen, das den Eindruck erwecken könnte, seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit werde durch ein gewerbliches, gewinnorientiertes Marktverhalten beeinflusst (BT-Drs. 13/4184, S. 27; Senat OLGR Celle 2006, 655 ff.; BGH NJW-RR 2002, 58 [BGH 16.07.2001 - NotZ 12/01]; BGH DNotZ 2010, 75 [BGH 11.05.2009 - NotZ 17/08]).

40

Unter Werbung i. S. v. § 29 Abs. 1 BNotO ist deshalb ein Verhalten zu verstehen, das darauf angelegt ist, das rechtsuchende Publikum als ganzes oder einzelne Personen auf die Dienstleistungen des Notars aufmerksam zu machen und zu motivieren, ihn mit notariellen Angelegenheiten zu betrauen. Ob eine solche Tätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach objektiven Kriterien und der Sicht des Adressaten, so dass eine Werbung auch zu bejahen ist, wenn der Notar dies nicht beabsichtigt hat (Senat OLGR Celle 2006, 655 ff.; Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO., § 29 Rn 8 m. w. N.; Eylmann/Vaasen-Eylmann, BNotO, 2.Aufl., § 29 Rn 4).

41

b) Der Notar hat durch sein Verhalten gegenüber den Urkundsbeteiligten zum Ausdruck gebracht, ihnen entstünden keine weiteren Kosten, da sie sich frei entscheiden könnten, ob sie an dem Amtssitz des Notars in R. oder in den Räumlichkeiten in L. oder in einem anderen Ort die Beurkundung würden vornehmen lassen. Dieses Verhalten ist geeignet, für sich zu werben und andere für sich einzunehmen. So ist in mehreren Fällen durch Dritte für den Antragsteller geworben worden (UR-Nrn. 82/06 sowie 189/07, 253/07, 423/07, 557/07, 758/07, 786/07) bzw. war den Urkundsbeteiligten bekannt, dass der Antragsteller ohne zusätzliche Kosten in L. beurkunden würde (UR-Nrn. 491/06, 514/06). Diese Werbung ist amtspflichtwidrig, weil sie gegen die Pflicht zur Kostenerhebung gem. § 17 Abs. 1 BNotO verstößt.

42

c) Der Notar hat insoweit ebenfalls vorsätzlich gehandelt, da ihm die tatsächlichen Umstände der gesamten Vorgänge, außerhalb seines Amtssitzes ohne Erhebung eines Auswärtsgebühr zu beurkunden, bekannt waren.

43

5. Der Notar hat durch sein Verhalten in den zu Ziffer II 3 genannten 235 Beurkundungen ferner gegen seine Amtspflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BNotO verstoßen. Denn hierdurch hat er sich gegenüber anderen Notaren amtspflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

44

a) Durch den unterlassenen Hinweis auf die mögliche Entstehung einer Auswärtsgebühr wurden die Mandanten davon abgehalten, überlegen und entscheiden zu können, ob sie die zusätzlichen Kosten bei der Beurkundung durch den Antragsteller in Kauf nehmen oder sich an einen anderen Notar (in L.) wenden, um an dessen Geschäftsstelle die Beurkundung ohne Entstehung der Auswärtsgebühr vornehmen zu können.

45

Der Wettbewerbsvorteil besteht auch gegenüber den Notaren, die bei einer Auswärtsbeurkundung gehalten gewesen wären, auf die Entstehung der Gebühr nach § 58 KostO hinzuweisen, wodurch sich deren Tätigkeit verteuert hätte. Gegenüber den in L. ansässigen Notaren hat sich der Antragsteller ebenfalls einen Wettbewerbsvorteil verschafft, da er als nicht ortsansässiger Notar in der Stadt L. beurkundet hat, ohne die Auswärtsgebühr zu erheben und dadurch den Eindruck verschaffte, er würde in der Stadt L. eine Geschäftsstelle betreiben mit der Folge, dass hierdurch keine weiteren Kosten entstünden.

46

b) Der Notar hat vorsätzlich gehandelt. Ihm waren die tatsächlichen Umstände der Beurkundungstätigkeit bekannt.

47

6. Art. 12 GG steht der Annahme eines Verstoßes nicht entgegen. Das Grundrecht der Berufsfreiheit und Berufsausübungsfreiheit schützt nicht die amtspflichtwidrige Tätigkeit eines Notars, indem er gegen seine Pflicht zur Erhebung von Gebühren verstößt. In diesem Sinne hat auch das Bundesverfassungsgericht in dem oben angesprochenen Beschluss ausgeführt, Auswärtsbeurkundungen seien mit dem Amt eines Notars nur zu vereinbaren, solange der Notar dabei jede amtswidrige Werbung unterlässt. Eine solche Werbung ist vorliegend jedoch gegeben. Denn der Notar verspricht durch sein Anerbieten der Kostenneutralität der Beurkundung bzw. durch das Unterlassen der eigentlich zu erhebenden Gebühr, günstiger als seine notariellen Mitkonkurrenten bzw. kostenneutral diese Beurkundungen vornehmen zu können. Damit verschafft er sich gegenüber den Konkurrenten in unzulässiger Weise einen Wettbewerbsvorteil. Die Pflicht zur Gebührenerhebung nach § 17 Abs.1 BNotO ist eine wichtige Konkretisierung des Verbots amtswidriger Werbung gem. § 29 Abs. 1 BNotO (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, aaO., § 29 Rn 5).

48

III. Der Senat hegt keine Bedenken gegen die Höhe der in der Disziplinarverfügung ausgesprochenen Geldbuße von 5.000 €. Die Disziplinarverfügung enthält - soweit ersichtlich - alle für und wider den Antragsteller sprechenden Erwägungen. Der Notar trägt auch keine Argumente vor, woraus sich die Verringerung der auferlegten Geldbuße rechtfertigen könnte.

49

Die Disziplinarverfügung berücksichtigt, dass es sich bei den vorbezeichneten dienstlichen Verletzungen um ein einheitliches Dienstvergehen nach § 95 BNotO handelt. Die Geldbuße in Höhe von 5.000 € als Disziplinarmaßnahme gemäß § 97 Abs. 1 BNotO ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn bei der Bemessung der Geldbuße zu beachten ist, ob der Notar Einkünfte durch die pflichtwidrige Amtstätigkeit erzielt hat, die durch die Geldbuße abzuschöpfen sind (Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl., § 97 Rn. 28), was hier nicht der Fall ist, da der Notar die Auswärtsgebühr nicht erhoben hat, begegnet die Höhe der Geldbuße keinen Bedenken. Denn andererseits ist zu bedenken, dass dem Notar u. U. Beurkundungen entgangen wären, wenn die Urkundsbeteiligten auf die mit der Auswärtsbeurkundung entstehenden höheren Kosten hingewiesen worden wären. Der Notar hat ferner in allen Fällen vorsätzlich gehandelt.

50

Zugunsten des Notars hat sich ausgewirkt, dass er aufsichtsrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist.

51

IV. Für eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH im Verfahren C-54/08 bietet dieses Verfahren keinen Anlass. In dem dortigen Verfahren geht es um die Frage, ob die Bundesrepublik gegen Art. 43, 45 EGV verstoßen hat, indem sie die deutsche Staatsbürgerschaft zur Voraussetzung für den Zugang zum Beruf macht; diese Frage stellt sich vorliegend aber nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass insoweit entscheidend sein könnte, ob es sich bei der Ausübung notarieller Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland um eine solche in Ausübung öffentlicher Gewalt handelt. Daran ändert nichts, dass der EuGH möglicherweise bei der Entscheidung in diesem Verfahren Rechtsfragen betreffend die Möglichkeit von Urkundstätigkeiten von Notaren im Ausland oder anderes entscheidet. Dies hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Frage, ob der Antragsteller berechtigt ist, ohne Erhebung einer Auswärtsgebühr außerhalb des ihm zugewiesenen Amtssitzes R. zu beurkunden.

52

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, im Hinblick auf einen von dem Antragsteller behaupteten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit das Verfahren dem EuGH vorzulegen. Gemäß Art. 55 EGV scheidet ein Verstoß gegen Art. 49 EGV aus, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die in einem Mitgliedsstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Dies ist hier der Fall. Der Notar ist in der Bundesrepublik Deutschland Träger einesöffentlichen Amtes.

53

V. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 96 BNotO a. F., 114, 115 NDO. Gegen die Entscheidung des Senats ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 105 BNotO a. F. i. V. m. 31 Abs. 4 Satz 2 BDO.